TE Vwgh Erkenntnis 2019/5/28 Ra 2018/10/0073

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Veröffentlicht am 28.05.2019
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
82/04 Apotheken Arzneimittel

Norm

ApG 1907 §12 Abs2 Z2 idF 1984/502
ApG 1907 §12 idF 1984/502
ApGNov 1984
B-VG Art10 Abs1 Z8
B-VG Art129
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGG §47 Abs5
VwRallg

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision der Österreichischen Apothekerkammer in Wien, vertreten durch die Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Parkring 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14. März 2018, Zl. W127 2172577- 1/5E, betreffend Genehmigung eines Gesellschaftsvertrages gemäß § 12 Apothekengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Österreichische Apothekerkammer; mitbeteiligte Parteien:

1.

Apotheke "N" KG in W, 2. G J in W, 3. H R in W, 4. R R in A,

5.

B R in W, 6. A R in W und 7. E R in W, alle vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gauermanngasse 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

I.

1 1. Mit Schreiben vom 26. Jänner 2017 beantragten die mitbeteiligten Parteien bei der belangten Behörde die Genehmigung eines am 28. Dezember 2016 abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages der Apotheke "N" KG (der erstmitbeteiligten Partei) als Betreiberin der öffentlichen Apotheke "N" in W.

2 Nach diesem Gesellschaftsvertrag hält die Zweitmitbeteiligte als persönlich haftende Gesellschafterin der KG (Komplementärin) und Konzessionärin der Apotheke einen Anteil von 25 % an der Gesellschaft; die Kommanditisten der KG, die dritt- bis siebtmitbeteiligte Partei, halten jeweils folgende Anteile: der Drittmitbeteiligte 27 %, der Viertmitbeteiligte 23 %, der Fünftmitbeteiligte 10 % sowie der Sechstmitbeteiligte und die Siebtmitbeteiligte jeweils 7,5 %.

3 Die Klausel § 2 Abs. 5 dieses Gesellschaftsvertrages hat die "Übertragung von Gesellschaftsanteilen" zum Gegenstand. Darin sind die folgenden Vertragsbestimmungen enthalten:

"5.3. a) Ab 01.10.2026 (ersten Oktober zweitausendsechsundzwanzig) hat die Konzessionärin die Option, einen weiteren Anteil, der bis zu 15 % des Gesamtvermögens der Gesellschaft entspricht, verhältnismäßig von den Gesellschaftsanteilen der Kommanditisten gegen Abfindung der Kommanditisten gemäß § 12 dieses Gesellschaftsvertrags zu erwerben. Durch Ausübung der Option kann der Gesellschaftsanteil der Konzessionärin aber auf nicht mehr als 51 % des Gesamtvermögens der Gesellschaft vergrößert werden. Soweit durch Ausübung der Option der Anteil der Komplementärin am Gesamtvermögen der Gesellschaft 51 % übersteigt, ist die Ausübung der Option unwirksam. Falls die Komplementärin schon zu 51 % am Gesellschaftsvermögen beteiligt sein sollte, kann diese Option nicht ausgeübt werden.

Diese Option kann jeweils nur zum Beginn eines jeden Geschäftsjahres, erstmals zum 01.01.2027 durch an die Kommanditisten spätestens 3 Monate vor Beginn des Geschäftsjahrs abzusendende eingeschriebene Briefe ausgeübt werden. Im Falle der Ausübung der Option durch die Konzessionärin steht es den Kommanditisten frei, von ihren Anteilen auch mehr oder weniger an die Konzessionärin abzutreten, aber insgesamt nicht mehr als 15 % des Gesellschaftskapitals, dies insbesondere dann, wenn steuerliche Erwägungen dafür sprechen, dass eine verhältnismäßige Abtretung nicht opportun erscheint. Wenn bereits einzelne Kommanditisten verstorben sein sollten und deren Übergang gemäß den nachfolgenden Absätzen stattgefunden hat, reduziert sich der Anteil für die Option von 15 % um den Anteil, den der (die) verstorbene(n) Kommanditist(en) im Rahmen der Option hätte(n) abtreten müssen.

b) Im Falle des Ablebens eines Kommanditisten geht jeweils ein Teil seines Kommanditanteils, der 34,67 % der Kapitaleinlage dieses Kommanditanteils entspricht, auf die Komplementärin gegen Abfindung gemäß § 12 dieses Gesellschaftsvertrages über; diese Regelung findet solange Anwendung, bis die Komplementärin eine Beteiligung am gesamten Apothekenunternehmen von 51 % des gesamten Kapitals besitzt, also am Vermögen der Gesellschaft (§ 1 Absatz 1) mehrheitlich beteiligt ist.

Falls bei Tod eines Kommanditisten der 34,67 %ige Anteil des Kommanditanteils, den die Komplementärin zu erwerben berechtigt ist, dazu führen kann, dass die Beteiligung der Komplementärin am Vermögen der Gesellschaft 51 % übersteigt, so reduziert sich der vorangeführte Prozentsatz von 34,67 % auf jenen Prozentsatz, der notwendig ist und zugleich ausreicht, damit die Komplementärin eine Vermögensbeteiligung von 51 % des Vermögens der Gesellschaft erreicht.

Einvernehmlich festgehalten wird, dass die Kommanditisten zusammen nicht mehr als insgesamt 26 % Beteiligung am Vermögen der Gesellschaft von Todeswegen an den Konzessionär zu übertragen haben und damit auf Dauer insgesamt mit 49 % Beteiligung am Vermögen der Gesellschaft beteiligt bleiben."

4 Die Klausel § 13 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages enthält die folgenden Bestimmungen betreffend das Ableben von Kommanditisten:

"(5) Im Falle des Ablebens von Kommanditisten gehen deren Anteile - abzüglich des an die Komplementärin gemäß § 2 Abs. 5.3. übergehenden Teiles des Kommanditanteiles - auf deren testamentarisch bestimmte oder gesetzliche Erben bzw Vermächtnisnehmer bzw Geschenknehmer auf den Todesfall über, sofern der/die Erwerber von Todes wegen dem Kreis der übrigen Kommanditisten angehört (angehören) oder Deszendent oder Ehegatte des Verstorbenen ist (sind).

(...)"

5 2. Mit Bescheid vom 30. August 2017 wies die belangte Behörde (die revisionswerbende Partei) den Antrag der Mitbeteiligten auf Genehmigung des Gesellschaftsvertrages vom 28. Dezember 2016 zum weiteren Betrieb der öffentlichen Apotheke "N" gemäß § 12 Abs. 2 und Abs. 4 Apothekengesetz (ApG) ab. 6 Dies begründete die belangte Behörde im Kern damit, § 12 Abs. 2 Z 2 ApG sehe eine vom Regelfall der Mehrheitsbeteiligung abweichende "Anfangsbeteiligung" des Konzessionsinhabers am Apothekenunternehmen in der Höhe von mindestens einem Viertel nur als einen "vorübergehenden Zustand" vor, der möglichst rasch durch die Auffüllung der Beteiligung am gesamten Apothekenunternehmen auf die Mehrheitsbeteiligung beseitigt werden solle (Hinweis auf VwGH 22.12.1993, 93/10/0161).

7 Nach der Klausel § 2 Punkt 5.3. lit. a) des vorgelegten Gesellschaftsvertrages könne die Zweitmitbeteiligte als Konzessionsinhaberin ihre Beteiligung am Apothekenunternehmen einerseits nur auf höchstens 40 % und somit nicht auf die geforderten 51 % erhöhen. Zudem werde diese Option erst ab 1. Oktober 2026 wirksam, sodass eine Erhöhung der Anteile der Konzessionsinhaberin am Apothekenunternehmen innerhalb von zehn Jahren ab Konzessionserteilung nicht möglich sei. Damit entspreche die Klausel § 12 Abs. 2 Z 2 (zweiter Fall) ApG nicht. 8 Die Bestimmung des § 2 Punkt 5.3. lit. b) des Gesellschaftsvertrages wiederum ermögliche die geforderte Mehrheitsbeteiligung der Konzessionsinhaberin am Apothekenunternehmen in Höhe von 51 % "nur im Falle des Ablebens aller fünf Kommanditisten" (vor jenem der Konzessionsinhaberin). Dieser Fall sei allerdings nach allgemeiner Lebenserfahrung auch in Anbetracht des Alters einiger Gesellschafter - drei von fünf Mitgesellschaftern seien jünger als die Konzessionsinhaberin - äußerst unwahrscheinlich bzw. ausgeschlossen, sodass diese Regelung eine Aufstockung der Beteiligung der Konzessionsinhaberin am Apothekenunternehmen auf mehr als die Hälfte auf Dauer verhindere.

9 Mit § 2 Punkt 5.3. des vorgelegten Gesellschaftsvertrages werde daher der Erwerb der Mehrheitsbeteiligung der Konzessionsinhaberin am Apothekenunternehmen nicht sichergestellt und diese demzufolge in ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Verfügungsmacht im Apothekenunternehmen auf unzulässige Weise eingeschränkt. Da der Gesellschaftsvertrag somit die gesetzlichen Anforderungen des § 12 Abs. 2 ApG nicht erfülle, werde ihm die Genehmigung versagt.

10 3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 14. März 2018 gab das Verwaltungsgericht einer von den mitbeteiligten Parteien gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 30. August 2017 erhobenen Beschwerde statt und genehmigte den Gesellschaftsvertrag vom 28. Dezember 2016, wobei es die Revision nicht zuließ. 11 Rechtlich vertritt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen die Auffassung, die erwähnte Klausel entspreche in der Variante "Übergang von Todes wegen" dem § 12 Abs. 2 Z 2 ApG; darin habe der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass bei dieser Variante auch eine Viertel-Beteiligung als ausreichend angesehen werde, auch wenn die Beteiligung von mehr als der Hälfte nicht erreicht werden könne, weil beispielsweise der oder die Kommanditist/en jünger als die Konzessionärin seien.

12 Eine Einschränkung dahin, dass bei der Variante "Übergang von Todes wegen" der Zustand der "wesentlichen Beteiligung von mindestens einem Viertel" nur ein vorübergehender Zustand sein solle, sei dem Wortlaut des Gesetzestextes nicht zu entnehmen, weshalb sich "kein Spielraum für Interpretationsmethoden" ergebe. 13 Das von der belangten Behörde erwähnte hg. Erkenntnis 93/10/0161 sei für den vorliegenden Fall nicht maßgebend, weil der ihm zugrunde liegende Sachverhalt - nämlich, dass ein Gesellschafter noch zu Lebzeiten seine Anteile an einen jüngeren Gesellschafter abtreten könne - nach dem gegenständlichen Gesellschaftsvertrag nicht vorliege.

14 4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der belangten Behörde.

15 Die mitbeteiligten Parteien haben eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision beantragen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

16 1. In den Zulässigkeitsausführungen der Revision bringt die revisionswerbende Partei (unter anderem) vor, das Verwaltungsgericht habe mit seiner Auffassung, der vorgelegte Gesellschaftsvertrag sei in der Variante "Übergang von Todes wegen" genehmigungsfähig, die hg. Rechtsprechung verkannt:

Entgegen dem hg. Erkenntnis 93/10/0161 werde nämlich die Konzessionärin nach dem gegenständlichen Gesellschaftsvertrag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht "möglichst rasch", sondern ganz im Gegenteil erst nach dem Erreichen ihres Pensionsantrittsalters bzw. niemals eine Mehrheitsbeteiligung erlangen.

17 2. Für den vorliegenden Fall sind folgende Bestimmungen des Apothekengesetzes (ApG), RGBl. Nr. 5/1907 idF BGBl. I Nr. 127/2017, in den Blick zu nehmen:

"Leitung

§ 4. (1) Eine öffentliche Apotheke ist durch den Konzessionsinhaber, Pächter oder Leiter (§§ 17a und 17b) zu führen. Die Leitung ist persönlich auszuüben.

(...)

Konzession und Rechtsform des Betriebes öffentlicher

Apotheken

§ 12. (1) Die Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke ist ein persönliches Betriebsrecht und darf auf andere nicht übertragen werden. Der Apothekenbetrieb hat, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, in der Rechtsform eines Einzelunternehmens des Konzessionsinhabers zu erfolgen.

(2) Die Errichtung und der Betrieb einer öffentlichen Apotheke in der Rechtsform einer Personengesellschaft nach handels- und sonstigen zivilrechtlichen Vorschriften ist nur zulässig, wenn zur Gewährleistung ausreichender rechtlicher und wirtschaftlicher Verfügungsmacht im Apothekenunternehmen der Konzessionsinhaber

1. Gesellschafter mit ausschließlicher Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, insbesondere allein berechtigt ist, sämtliche für die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung notwendigen Maßnahmen durchzuführen, und

2. über eine Beteiligung am gesamten Apothekenunternehmen von mehr als der Hälfte verfügt. Dieser Bestimmung wird auch entsprochen, wenn der Konzessionsinhaber über eine wesentliche Beteiligung am gesamten Apothekenunternehmen von mindestens einem Viertel verfügt sowie berechtigt und verpflichtet ist, seine Beteiligung entweder durch Übergang von Todes wegen oder längstens innerhalb von zehn Jahren durch Übergang unter Lebenden auf insgesamt mehr als die Hälfte des gesamten Apothekenunternehmens zu erhöhen. Die Beteiligung am gesamten Apothekenunternehmen ist nach dem Verhältnis der Ansprüche des Konzessionsinhabers im Falle seines Ausscheidens aus der Gesellschaft zu den Ansprüchen der übrigen Gesellschafter im Falle ihres Ausscheidens festzustellen.

(3) Die Errichtung und der Betrieb einer öffentlichen Apotheke in der Rechtsform einer juristischen Person oder einer Kommanditgesellschaft mit einer juristischen Person als persönlich haftender Gesellschafter sowie die Erteilung einer Prokura sind unzulässig, ebenso die Errichtung und der Betrieb einer öffentlichen Apotheke in der Rechtsform einer stillen Gesellschaft, wenn die im Abs. 2 geforderten Voraussetzungen nicht gegeben sind.

(4) Vereinbarungen jeder Art über Errichtung und Betrieb einer öffentlichen Apotheke gemäß Abs. 2 sowie Änderungen solcher Vereinbarungen bedürfen der Genehmigung durch die Österreichische Apothekerkammer. Entsprechen Vereinbarungen oder Änderungen derselben nicht den in Abs. 2 geforderten Voraussetzungen, ist die Genehmigung zu versagen. (...)"

18 3. Die Revision ist mit Blick auf das wiedergegebene Vorbringen der revisionswerbenden Partei zulässig. Sie erweist sich auch als berechtigt.

19 3.1. Korrespondierend zu der Verpflichtung des Konzessionsinhabers, die öffentliche Apotheke nach § 4 Abs. 1 ApG zu führen und die Leitung persönlich auszuüben, normiert § 12 Abs. 1 ApG, dass die Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke ein persönliches Betriebsrecht ist und auf andere nicht übertragen werden darf und dass der Apothekenbetrieb - grundsätzlich - in der Rechtsform eines Einzelunternehmens des Konzessionsinhabers zu erfolgen hat.

20 Dementsprechend schließt § 12 Abs. 3 ApG (u.a.) die Errichtung und den Betrieb einer öffentlichen Apotheke in der Rechtsform einer juristischen Person oder einer Kommanditgesellschaft mit einer juristischen Person als persönlich haftender Gesellschafterin (GmbH & Co. KG) als unzulässig aus. 21 Als Ausnahme von diesen Grundsätzen lässt § 12 Abs. 2 ApG die Errichtung und den Betrieb einer öffentlichen Apotheke in der Rechtsform einer Personengesellschaft nach handels- und sonstigen zivilrechtlichen Vorschriften nur unter bestimmten einschränkenden Voraussetzungen zu; so ist (unter anderem) nach § 12 Abs. 2 Z 2 ApG dafür erforderlich, dass der Konzessionsinhaber "über eine Beteiligung am gesamten Apothekenunternehmen von mehr als der Hälfte verfügt". Dieser Bestimmung wird "auch entsprochen, wenn der Konzessionsinhaber über eine wesentliche Beteiligung am gesamten Apothekenunternehmen von mindestens einem Viertel verfügt sowie berechtigt und verpflichtet ist, seine Beteiligung entweder durch Übergang von Todes wegen oder längstens innerhalb von zehn Jahren durch Übergabe unter Lebenden auf insgesamt mehr als die Hälfte des gesamten Apothekenunternehmens zu erhöhen". 22 3.2. Diese Bestimmungen des § 12 ApG gehen auf die Apothekengesetznovelle 1984, BGBl. Nr. 502, zurück. 23 Durch die dabei vorgenommene Neufassung des § 12 ApG sollte nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (395 BlgNR. XVI. GP, S. 14) die "rechtliche und wirtschaftliche alleinige Verfügungsmacht des Konzessionärs im Apothekenunternehmen abgesichert werden". Mit Blick auf die ausnahmsweise zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke ermöglichte Rechtsform einer Personengesellschaft mit einer Beteiligung des Konzessionsinhabers am Apothekenunternehmen im Umfang von bloß einem Viertel führten die Erläuterungen aus, aus wirtschaftlichen Gründen solle "eine zeitlich begrenzte stufenweise Heranführung an die Mehrheitsbeteiligung ermöglicht werden, wodurch vor allem angestellten Pharmazeuten der Erwerb einer eigenen Apotheke erleichtert wird".

24 3.3. Unter Hinweis auf diese Gesetzesmaterialien hat der Gerichtshof in seinem mehrmals zitierten Erkenntnis vom 22. Dezember 1993, 93/10/0161, zu § 12 ApG in der Fassung der Apothekengesetznovelle 1984 bereits ausgesprochen, dass nach dieser Bestimmung eine Beteiligung des Konzessionärs am gesamten Apothekenunternehmen, die nicht mehr als die Hälfte beträgt, "nur ein vorübergehender Zustand sein sollte, der möglichst rasch durch Auffüllung auf das genannte Beteiligungsverhältnis beseitigt werden sollte".

25 Diesem Erkenntnis ist auch zu entnehmen, dass eine Gestaltung eines Gesellschaftsvertrages, welche die "vom Gesetzgeber als Endziel vorgesehene Mehrheitsbeteiligung des Konzessionärs" auf Dauer verhindern kann, mit Blick auf § 12 Abs. 2 Z 2 ApG unzulässig ist.

26 3.4. Diesen Anforderungen wird die im vorliegenden Revisionsfall entscheidende Klausel des § 2 Punkt 5.3. lit. b) des vorgelegten Gesellschaftsvertrages vom 28. Dezember 2016 - auf welche das Verwaltungsgericht die Genehmigung gestützt hat - nicht gerecht.

27 Bei lebensnaher Betrachtung kann nämlich keine Rede davon sein, der der Apothekenbehörde zur Genehmigung vorgelegte Gesellschaftsvertrag sehe die Minderheitsbeteiligung der Konzessionärin an der Gesellschaft nur als einen bloß vorübergehenden Zustand vor, der "möglichst rasch" durch Auffüllung auf die Mehrheitsbeteiligung der Konzessionärin - wie sie der Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 2 ApG als Regelfall vor Augen steht - beseitigt werden könnte. Vielmehr ist angesichts der gegenständlichen Klausel des § 2 Punkt 5.3. des Gesellschaftsvertrages - wie die belangte Behörde in ihrem Bescheid vom 30. August 2017 zutreffend ausgeführt hat - eine Vereitelung der Mehrheitsbeteiligung der Konzessionärin auf Dauer wahrscheinlich.

28 An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass das Vorbringen der Mitbeteiligten in ihrer Revisionsbeantwortung (Rz 52), wonach bei jedem Ableben eines Kommanditisten auch die Kommanditanteile, die sich in den Händen der anderen Kommanditisten befinden, wachsen würden, sodass die Konzessionsinhaberin "beim nächsten Tod eines Kommanditisten" einen größeren Anteil erhalte, als die revisionswerbende Partei vermeine (und daher - nach Auffassung der Mitbeteiligten - die Konzessionsinhaberin nicht erst nach dem Ableben aller fünf Kommanditisten über die Mehrheitsbeteiligung verfüge), nicht mit der Klausel § 13 Abs. 5 des zu genehmigenden Gesellschaftsvertrages in Einklang steht: Danach ist nämlich ein Übergang des Kommanditanteiles eines verstorbenen Kommanditisten auf die anderen Kommanditisten nicht zwingend vorgesehen; der Anteil eines verstorbenen Kommanditisten darf vielmehr auch auf dessen Deszendenten oder Ehegatten übergehen, selbst wenn diese nicht dem Kreis der Kommanditisten angehören.

29 4. Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Bei diesem Ergebnis muss auf das weitere Revisionsvorbringen nicht eingegangen werden.

30 Der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Zuspruch von Aufwandersatz war abzuweisen, weil diese funktionell für denselben Rechtsträger tätig wurde wie das Bundesverwaltungsgericht, nämlich für den Bund (vgl. etwa VwGH 27.2.2019, Fr 2018/10/0018, oder 28.5.2015, Ro 2014/07/0079, jeweils mwN).

Wien, am 28. Mai 2019

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018100073.L00

Im RIS seit

10.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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