TE Vwgh Erkenntnis 1993/12/22 93/10/0161

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Veröffentlicht am 22.12.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

ApG 1907 §12 Abs2 idF 1984/502;
ApG 1907 §12 Abs4 idF 1984/502;
ApG 1907 §12 idF 1984/502;
ApGNov 1984;
AVG §13 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des Mag. T in X, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 25. Juni 1993, Zl. 262.238/4-II/A/4-93, betreffend Genehmigung einer Änderung des Gesellschaftsvertrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. Juni 1987 wurde dem Beschwerdeführer die Konzession zum Betrieb einer bestehenden öffentlichen Apotheke in Wien erteilt und gleichzeitig der Kommanditgesellschaftsvertrag vom 5. Dezember 1986 mit Nachtrag vom 15. Juni 1987 gemäß § 12 Abs. 4 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 (ApG) genehmigt.

Abschnitt VII/7.3 des Gesellschaftsvertrages lautete in der ursprünglichen Fassung vom 5. Dezember 1986 wie folgt:

"Mit dem Tag des Todes eines Mitgesellschafters erwirbt der Konzessionär für den Fall seines späteren Ausscheidens aus der Gesellschaft zu Lasten des Gesellschaftsanteiles des Verstorbenen zusätzlich folgende prozentuale Anteile an dem zur Berechnung der Ausscheidensansprüche vertragsgemäß zu ermittelnden Wert des gesellschaftlichen Unternehmens:

Bei Tod des (der):

    Erben nach Mr. X (D)                              0,250 %,

    Frau S                                            6,250 %,

    Fräulein F                                       12,500 %,

    Herrn H                                           3,125 %,

    Dr. A                                             3,125 %.

Hat einer der vorstehend erwähnten Altgesellschafter seinen Gesellschaftsanteil zu Lebzeiten ganz oder teilweise an einen Nachfolgegesellschafter übertragen, so gilt die vorstehende Regelung auch zu Lasten des jeweiligen Nachfolgegesellschafters. Wurde der Gesellschaftsanteil des Altgesellschafters geteilt, so werden die entstehenden Anteile aliquot belastet.

Jeder Gesellschaftsanteil ist auf die vorbeschriebene Weise nur einmal belastet."

Da der vorletzte Absatz aus dem zitierten Vertragspunkt 7.3 von der Österreichischen Apothekerkammer beanstandet wurde, kam es mit dem Nachtrag vom 15. Juni 1987 zur Einfügung folgender Textpassage im Abschnitt VII, Punkt 7.3 des Kommanditgesellschaftsvertrages vor dem letzten Absatz:

"Der Tod eines Altgesellschafters (D, S, F, H bzw. Dr. A) löst die Erhöhung der Beteiligung des Konzessionärs stets auch zu Lasten der zu Lebzeiten des Verstorbenen in dessen Gesellschaftsanteil eingetretenen Nachfolgegesellschafter aus, der Tod eines Nachfolgegesellschafters nur hinsichtlich seines Anteiles."

In dieser Form wurde der Gesellschaftsvertrag mit dem bereits erwähnten Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. Juni 1987 genehmigt.

Mit Beschluß vom 16. Mai 1990 haben die Gesellschafter den Nachtrag vom 15. Juni 1987 wieder ersatzlos gestrichen. Der Beschwerdeführer beantragte mit Eingabe vom 14. Dezember 1990 beim Landeshauptmann von Wien die Genehmigung dieser Änderung sowie die Bewilligung zur Änderung des Geschäftsjahres.

Auf Grund eines Devolutionsantrages des Beschwerdeführers ging die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die belangte Behörde über. Diese wies mit Bescheid vom 25. Juni 1993 den Antrag auf Genehmigung der Änderung des Gesellschaftsvertrages, soweit er die Streichung des vorletzten Absatzes im Abschnitt VII/7.3 betraf, ab. Die Änderung des Geschäftsjahres wurde genehmigt. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, Sinn der Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z. 2 ApG sei es, die Arzneimittelversorgung Österreichs durch engagierte Apotheker zu sichern. Dies sei - wie auch die Österreichische Apothekerkammer in ihrer Stellungnahme ausgedrückt habe - nur dann gegeben, wenn die Konzessionäre öffentlicher Apotheken vor betriebsfremden Einflüssen solcher Personen geschützt seien, die nicht als Pharmazeuten in der Apotheke mitarbeiteten. Eine wirtschaftliche Beteiligung am Apothekenunternehmen von mehr als der Hälfte solle dem Konzessionär in wirtschaftlichen Dispositionen ein entsprechendes Maß an Unabhängigkeit gewährleisten. Die Gesellschaftsverträge dürften daher vom Landeshauptmann in erster Instanz und von der belangten Behörde in zweiter Instanz nur dann genehmigt werden, wenn dadurch einem Konzessionär die Möglichkeit gegeben werde, diesen Anteil am Apothekenunternehmen zu erreichen. Im vorliegenden Vertrag seien die Bestimmungen des VII. Abschnittes - auch im Zusammenhang mit Punkt 9.6 so abgefaßt, daß nach der allgemeinen Lebenserwartung der Konzessionär nie in die Lage kommen werde, mehr als 50 % des Apothekenunternehmens zu erwerben, zumal der jüngste Mitgesellschafter 27 Jahre jünger als der Konzessionär sei und erst nach dem Tod aller Altgesellschafter und deren Nachfolger der Konzessionär seinen Anteil auf 50,25 % erhöhen dürfe. Es liege offensichtlich im Interesse der Mitgesellschafter, dem Konzessionär keine weiteren Anteile zukommen zu lassen, da die den Mitgesellschaftern gehörigen Anteile eine uneingeschränkte Einkommensquelle ohne jede Gegenleistung darstellten. In dieser Ausgestaltung entspreche der Gesellschaftsvertrag daher nicht der gesetzlichen Regelung des § 12 ApG, sodaß die Genehmigung habe versagt werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, § 12 ApG solle die rechtliche und wirtschaftliche alleinige Verfügungsmacht des Konzessionärs im Apothekenunternehmen absichern. Diesem Erfordernis entspreche der Gesellschaftsvertrag vom 5. Dezember 1986 auch in der ursprünglichen Fassung. Im Abschnitt VII/6.4 sei ausdrücklich festgehalten, daß der Beschwerdeführer als Konzessionär stets eigenverantwortlich ohne Zustimmung der Kommanditisten zu Geschäftsführungsmaßnahmen, die für die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung notwendig seien, berechtigt sei, notfalls auch gegen einen anderslautenden Gesellschafterbeschluß. Der Beschwerdeführer habe mit seinen Mitgesellschaftern einen pauschalierten Gewinnanteil vereinbart, damit er auch in seiner wirtschaftlichen Gestion möglichst frei agieren könne. Durch den bestehenden Gesellschaftsvertrag sei er jedenfalls in seiner Eigenschaft als Konzessionär vor betriebsfremden Einflüssen seiner Mitgesellschafter geschützt. Die vom § 12 Abs. 2 Z. 2 ApG vorgesehene Zehn-Jahresfrist unter Lebenden gelte nicht auch für den Übergang von Todes wegen. Es sei daher rechtens, daß der Beschwerdeführer als Konzessionär bei Übertragung des Gesellschaftsanteiles eines sogenannten Altgesellschafters an einen Nachfolgegesellschafter erst wieder beim Tod des Nachfolgegesellschafters, also des jeweiligen Gesellschafters, berechtigt und verpflichtet sei, seinen Gesellschaftsanteil im festgelegten Ausmaß zu erhöhen. Folge man den Intentionen der belangten Behörde, komme man "in gefährliche Nähe des verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundrechtes der Unverletzlichkeit des Eigentums etc.". Auch die von der belangten Behörde verwendete Argumentation, daß die den Mitgesellschaftern gehörenden Anteile eine "uneingeschränkte Einkommensquelle ohne jede Gegenleistung" darstellten, sei keine sachliche Begründung. Auch die übrigen Begründungselemente könnten die angefochtene Entscheidung nicht tragen. Der Gesetzgeber sei natürlich davon ausgegangen, daß es immer Mitgesellschafter geben werde, welche erheblich jünger oder älter als der Konzessionär seien. Eine Vorschrift des Inhalts, daß bereits der Tod des Altgesellschafters und nicht erst jener eines Nachfolgegesellschafters die Erhöhungspflicht auslöse, enthalte das ApG nicht. Die belangte Behörde lasse auch außer acht, daß der Beschwerdeführer bereits einen weiteren Achtelanteil an Gesellschaftsanteilen unter Lebenden übernommen habe. Das Alter der Mitgesellschafter habe sich zufällig ergeben. Der Übergang von Todes wegen habe den vom Gesetzgeber gewollten Glückspielcharakter. Jeder Gesellschafter hoffe, den Beschwerdeführer zu überleben, und dieser wieder hoffe, alle übrigen Gesellschafter zu überleben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 12 Abs. 2 ApG ist die Errichtung und der Betrieb einer öffentlichen Apotheke in der Rechtsform einer Personengesellschaft nach handels- und sonstigen zivilrechtlichen Vorschriften nur zulässig, wenn zur Gewährleistung ausreichender rechtlicher und wirtschaftlicher Verfügungsmacht im Apothekenunternehmen der Konzessionsinhaber (Z. 1) Gesellschafter mit ausschließlicher Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, insbesondere allein berechtigt ist, sämtliche für die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung notwendigen Maßnahmen durchzuführen, und (Z. 2) über eine Beteiligung am gesamten Apothekenunternehmen von mehr als der Hälfte verfügt. Dieser Bestimmung wird auch entsprochen, wenn der Konzessionsinhaber über eine wesentliche Beteiligung am gesamten Apothekenunternehmen von mindestens einem Viertel verfügt sowie berechtigt und verpflichtet ist, seine Beteiligung entweder durch Übergang von Todes wegen oder längstens innerhalb von 10 Jahren durch Übergang unter Lebenden auf insgesamt mehr als die Hälfte des gesamten Apothekenunternehmens zu erhöhen. Die Beteiligung am gesamten Apothekenunternehmen ist nach dem Verhältnis der Ansprüche des Konzessionsinhabers im Falle seines Ausscheidens aus der Gesellschaft zu den Ansprüchen der übrigen Gesellschafter im Falle ihres Ausscheidens festzustellen.

Nach § 12 Abs. 4 leg. cit. bedürfen Vereinbarungen jeder Art über Errichtung und Betrieb einer öffentlichen Apotheke gemäß Abs. 2 sowie Änderungen solcher Vereinbarungen der Genehmigung durch den Landeshauptmann. Vor der Entscheidung ist die österreichische Apothekerkammer zu hören. Entsprechen Vereinbarungen oder Änderungen derselben nicht den in Abs. 2 geforderten Voraussetzungen, so hat der Landeshauptmann die Genehigung zu versagen. Den Abs. 1 bis 3 widersprechende Erklärungen, Vereinbarungen oder Beschlüsse jeder Art sowie Treuhandverträge sind für die Vertragspartner rechtsunwirksam.

§ 12 ApG enthält keine ausdrückliche Bestimmung darüber, wer eine Genehmigung im Sinne des Abs. 4 zu beantragen hat und wer Adressat einer solchen Genehmigung ist. Die Frage nach dem Adressaten ist danach zu beurteilen, wer durch einen solchen Bescheid in seinen Rechten berührt sein kann. Dies trifft jedenfalls auf den Konzessionär zu. Diesem steht das Recht zu, sein durch die Konzession verliehenes persönliches Betriebsrecht im Rahmen einer Personengesellschaft des Handelsrechts auszuüben, wobei durch den Gesellschaftsvertrag die privatrechtliche Seite dieser Konzessionsausübung geregelt wird. Ein Bescheid, mit dem über die Genehmigung des Gesellschaftsvertrages oder einer Änderung desselben abgesprochen wird, kann daher in das Recht des Konzessionärs, sein persönliches Betriebsrecht im Rahmen einer Personengesellschaft nach Maßgabe der durch den Gesellschaftsvertrag geschaffenen Bedingungen auszuüben, eingreifen. Es ist daher jedenfalls der Konzessionär berechtigt, den Antrag auf Genehmigung einer Änderung des Gesellschaftsvertrages zu stellen.

§ 12 ApG erhielt seine geltende Fassung durch die Apothekengesetz-Novelle 1984, BGBl. Nr. 502. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage,

395 BlG NR XVI.GP, S. 14 heißt es zur Neufassung des § 12:

"Aus wirtschaftlichen Gründen soll eine zeitlich begrenzte stufenweise Heranführung an die Mehrheitsbeteiligung ermöglicht werden, wodurch vor allem angestellten Pharmazeuten der Erwerb einer eigenen Apotheke erleichtert wird.

Die Vereinbarung über den Gesellschaftsabschluß und deren Änderung soll zur Sicherstellung der Stellung des Konzessionärs im Sinne der vorstehenden Ausführungen der behördlichen Genehmigung unterliegen. Nebenabreden sollen unzulässig sein, um gewisse Arten von Nebenvereinbarungen, wie z.B. Treuhandverträge, von vornherein auszuschließen."

Daraus erhellt, daß nach der Absicht des Gesetzgebers der Apothekengesetz-Novelle 1984 eine Beteiligung des Konzessionärs am gesamten Apothekenunternehmen, die nicht mehr als die Hälfte beträgt, nur ein vorübergehender Zustand sein sollte, der möglichst rasch durch Auffüllung auf das genannte Beteiligungsverhältnis beseitigt werden sollte.

Bei Streichung des durch den Nachtragsbeschluß vom 15. Juli 1987 in den Gesellschaftsvertrag eingefügten vorletzten Absatzes im Abschnitt VII/7.3 bestünde die Möglichkeit, den Zeitpunkt, zu dem der Konzessionär über eine Beteiligung am gesamten Apothekenunternehmen von mehr als der Hälfte verfügt, dadurch immer wieder hinauszuschieben, daß Gesellschafter ihren Anteil wieder an neue - jüngere - Gesellschafter abtreten. Im Extremfall könnte die vom Gesetzgeber als Endziel vorgesehene Mehrheitsbeteiligung des Konzessionärs überhaupt auf Dauer verhindert werden. Ein Gesellschaftsvertrag mit einem solchen Inhalt widerspricht daher diametral den Intentionen des § 12 ApG. Der belangten Behörde ist daher kein Rechtsirrtum unterlaufen, wenn sie einer solchen Änderung des Gesellschaftsvertrages die Genehmigung versagt hat.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993100161.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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