TE Vwgh Beschluss 2019/5/29 Ra 2018/06/0085

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Veröffentlicht am 29.05.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
27/04 Sonstige Rechtspflege
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §52
AVG §75
AVG §76
B-VG Art133 Abs4
GebAG 1975 §38 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17

Betreff

? Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revision der Mag. S S in R, vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, LL.M. in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichte s Tirol vom 18. April 2018, LVwG-2016/43/1239-45, betreffend Sachverständigengebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Marktgemeinde Rum; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss

Spruch

gefasst:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). 2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit dem angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichte s Tirol (LVwG) wurden der Revisionswerberin gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 76 AVG die mit Beschluss des LVwG vom 19. März 2018 festgesetzten Sachverständigengebühren in Höhe von EUR 3.060,00 zur Zahlung binnen 14 Tagen auferlegt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen diesen Beschluss eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Begründend führte das LVwG aus, in dem bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahren über die Zulässigkeit der Durchführung von Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück (Abgrabung einer Böschung) im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben der Revisionswerberin sei DI H. mit Beschluss des LVwG vom 1. August 2017 zum nichtamtlichen Sachverständigen für Geotechnik für das verwaltungsgerichtliche Verfahren bestellt worden. Der Gutachtensauftrag sei mit Schreiben vom 4. Juli 2017 ergangen und mit weiterem Schreiben vom 27. September 2017 erweitert worden. Nach Einlangen des geotechnischen Gutachtens vom 6. Oktober 2017 sei vom Sachverständigen ein Aktenvermerk des LVwG überarbeitet bzw. kommentiert und ergänzt und zuletzt mit E-Mail vom 29. Oktober 2017 samt Beantwortung weiterer Fragen an das LVwG retourniert worden. In Wahrung des Parteiengehörs seien Gutachten und Aktenvermerk der Revisionswerberin übermittelt und dabei festgehalten worden, dass eine weitere geotechnische Beurteilung des Projektbereichs erforderlich sei. Nach Einschränkung des verfahrenseinleitenden Antrags der Revisionswerberin dahingehend, dass die Errichtung einer Böschung am Nachbargrundstück nicht mehr antragsgegenständlich sei, und Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem LVwG am 22. Februar 2018 über dieses Ansuchen habe das LVwG den nichtamtlichen Sachverständigen DI H. mit E-Mail vom 9. März 2018 zur Übermittlung der Gebührennote aufgefordert, weil eine geotechnische Beurteilung auf Grund der Antragseinschränkung nicht mehr erforderlich sei. Zur Gebührennote des DI H. vom 14. März 2018 sei der Revisionswerberin Parteiengehör eingeräumt worden. Die mit Beschluss vom 19. März 2018 festgesetzten Gebühren in Höhe von EUR 3.060,00 seien am 22. März 2018 bezahlt worden.

6 In rechtlicher Hinsicht führte das LVwG aus, die Voraussetzungen zur Beiziehung eines nichtamtlichen Sachverständigen gemäß § 52 Abs. 2 AVG seien vorgelegen, weil in dem beim LVwG geführten Verzeichnis der beim Amt der Tiroler Landesregierung und bei den Bezirkshauptmannschaften zur Verfügung stehenden Amtssachverständigen kein geotechnischer Sachverständiger geführt werde.

Zur Frage der fristgerechten Geltendmachung des Gebührenanspruches binnen 14 Tagen nach Abschluss der Tätigkeit im Sinne des § 38 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz (GebAG) sei auszuführen, dass die Frage, wann der Sachverständige seine Tätigkeit abgeschlossen habe, unter Bedachtnahme auf den Gerichtsauftrag zu klären sei. Vorliegend sei der Sachverständige nach Abgabe seines schriftlichen Gutachtens am 6. Oktober 2017 laufend weiter befasst worden und seien bis zuletzt die geotechnischen Gegebenheiten nicht ausreichend geklärt gewesen. Aufgrund der Einschränkung des verfahrenseinleitenden Antrags der Revisionswerberin habe letztlich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22. Februar 2018 ohne weitere Befassung des nichtamtlichen Sachverständigen entschieden werden können, worüber dieser mit E-Mail vom 9. März 2018 in Kenntnis gesetzt worden sei und daraufhin am 14. März 2018 fristgerecht gemäß § 38 Abs. 1 GebAG seine detaillierte Gebührennote gelegt habe. Ein weiterer Bedarf an Ergänzung bzw. Aufschlüsselung der Gebührennote bestehe nicht (wird näher ausgeführt). Für diese (festgesetzten und tatsächlich bezahlten) Sachverständigengebühren als Barauslagen gemäß § 76 Abs. 1 AVG habe die Revisionswerberin, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt habe, aufzukommen. 7 In den zur Zulässigkeit vorgetragenen Gründen macht die Revisionswerberin geltend, primär seien Amtssachverständige heranzuziehen (§ 52 Abs. 1 AVG). Aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses ergebe sich nicht bzw. nicht ausreichend, dass die Beiziehung eines Amtssachverständigen aus dem in Rede stehenden Fachbereich überhaupt versucht worden sei (Hinweis auf VwGH 29.4.2015, 2013/06/0023). Dazu komme die Frage, ob die Beiziehung eines Sachverständigen, der bereits im "unterinstanzlichen" Verfahren tätig gewesen sei, überhaupt notwendig gewesen sei (Hinweis auf VwGH 30.6.2011, 2010/03/0069).

Gemäß § 75 AVG sei überdies der amtswegigen Kostentragung der Vorrang eingeräumt, sodass sich die Frage stelle, unter welchen Voraussetzungen die Kosten eines nichtamtlichen Sachverständigen überhaupt in Rechnung gestellt werden können. Zudem sehe § 76 Abs. 3 AVG vor, dass die Barauslagen bei Vorliegen mehrerer Beteiligter auf diese angemessen zu verteilen seien (Hinweis auf VwGH 20.4.2016, Ra 2015/04/0050).

Der Gebührenanspruch sei auch nicht rechtzeitig und nicht nachvollziehbar geltend gemacht worden (Hinweis auf VwGH 18.3.2004, 2002/03/0225).

Das LVwG habe sich von der jeweils angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfernt, weshalb die vorliegende Revision zulässig sei.

8 Die Revisionswerberin bringt gegen den vom LVwG festgestellten Sachverhalt, insbesondere dass in dem beim LVwG geführten Verzeichnis der zur Verfügung stehenden Amtssachverständigen kein geotechnischer Sachverständiger geführt werde, nichts Substanzielles vor. Davon ausgehend zeigt die Revisionswerberin mit ihren allgemein gehaltenen Hinweisen auf zu § 52 AVG ergangene Rechtsprechung keine grundsätzliche Rechtsfrage auf. Dies gilt in gleicher Weise für das Vorbringen zur Notwendigkeit der Beiziehung eines Sachverständigen (auch) im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Der Umstand allein, dass der Sachverständige bereits vor der Verwaltungsbehörde beigezogen worden war, wirft bei der vorliegend vom LVwG für notwendig erachteten Beiziehung des Sachverständigen auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Rechtsfrage auf, der grundsätzliche Bedeutung zukäme.

9 Dem Vorbringen, der Revisionswerberin seien die Kosten entgegen den §§ 75 und 76 AVG auferlegt worden, ist der klare Gesetzeswortlaut dieser Bestimmungen entgegenzuhalten, sodass auch diesbezüglich keine grundsätzliche Rechtsfrage dargetan wird. 10 Was die Frage der fristgerechten Geltendmachung des Gebührenanspruches im Sinne des § 38 Abs. 1 GebAG betrifft, hinsichtlich der die Revisionswerberin ein Abweichen von VwGH 18.3.2004, 2002/03/0225, geltend macht, ist festzustellen, dass das LVwG in nicht als unvertretbar zu erkennenden Weise festgestellt hat, dass im Revisionsfall - im Gegensatz zu dem dem vorzitierten Erkenntnis zugrunde liegenden Sachverhalt - der Gutachtensauftrag nicht bereits durch die Vorlage des Gutachtens erfüllt war.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 29. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018060085.L00

Im RIS seit

22.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

22.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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