TE OGH 2019/5/28 2Ob220/18v

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Veröffentlicht am 28.05.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach H***** E*****, verstorben am *****, zuletzt wohnhaft in *****, wegen Feststellung des Erbrechts zwischen den Antragstellern 1. K***** K*****, und 2. G***** K*****, beide vertreten durch Dr. Franz Xaver Berndorfer, Rechtsanwalt in Linz, sowie 3. der Antragstellerin M***** K*****, vertreten durch GKP Gabl Kogler Leitner Stöglehner Bodingbauer Rechtsanwälte OG in Linz, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Erst- und des Zweitantragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 11. September 2018, GZ 15 R 270/18h-37, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Urfahr vom 16. Mai 2018, GZ 2 A 411/17h-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Erst- und der Zweitantragsteller sind schuldig, der Drittantragstellerin die mit 2.606,42 EUR (darin enthalten 434,40 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Erst- und der Zweitantragsteller gaben aufgrund eines schriftlichen Testaments der seit 2012 unter Sachwalterschaft stehenden Erblasserin vom 20. 6. 2013 bedingte Erbantrittserklärungen je zur Hälfte des Nachlasses ab. Die Drittantragstellerin gab aufgrund eines Testaments vom 30. 4. 2010 eine bedingte Erbantrittserklärung zur gesamten Verlassenschaft ab.

Nach Vertagung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren über das Erbrecht, langte am 14. 5. 2018 eine Eingabe des Erst- und des Zweitantragstellers ein, worin sie erklärten, die Erbantrittserklärung der Drittantragstellerin anzuerkennen und ihre eigenen bedingten Erbantrittserklärungen nicht weiter aufrecht zu halten.

Daraufhin sprach das Erstgericht am 16. 5. 2018 mit Beschluss aus, dass gemäß § 161 Abs 1 AußStrG das Erbrecht der Drittantragstellerin zur gesamten Verlassenschaft festgestellt werde und die vom Erst- und Zweitantragsteller abgegebenen Erbantrittserklärungen abgewiesen würden. Der Beschluss wurde am 18. 5. 2018 zur Ausfertigung abgegeben, an diesem Tag abgefertigt und dem Erst- und dem Zweitantragsteller am 24. 5. 2018 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 25. 5. 2018 widerriefen sie ihr Anerkenntnis und erhoben in der Folge Rekurs.

Diesem gab das Rekursgericht nicht Folge. Es verneinte die gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens und führte rechtlich aus, dass das Anerkenntnis nur die Grundlage für die gerichtliche Feststellung des Erbrechts bilde und erst aus dieser Entscheidung Bindungswirkung resultiere. Daher sei bis zu diesem Zeitpunkt ein Widerruf möglich. Die Bindung des Gerichts trete in dem Zeitpunkt ein, in dem der Richter seine Entscheidung zur Abfertigung an die Kanzlei übergebe. Der danach erfolgte Widerruf des Anerkenntnisses sei somit verspätet.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Erst- und des Zweitantragstellers mit dem Antrag, ihr Erbrecht festzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Drittantragstellerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung die Zurückweisung des Revisionsrekurses, hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur Frage des Widerrufs eines Anerkenntnisses im Verfahren über das Erbrecht keine höchstgerichtliche Judikatur vorliegt; er ist aber nicht berechtigt.

1. Das Rekursgericht hat einen Verfahrensmangel wegen der unterlassenen Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verneint. Dieser Umstand kann daher in dritter Instanz nicht weiter geltend gemacht werden (RS0050037).

2. Das vom Erst- und vom Zweitantragsteller abgegebene Anerkenntnis bildete die Grundlage für die Feststellung des Erbrechts der Drittantragstellerin durch das Erstgericht. Die grundsätzliche Zulässigkeit des Widerrufs des Anerkenntnisses eines anderen Erbrechts (§ 160 AußStrG) wird in der Lehre bejaht (Höllwerth in Gitschthaler/ Höllwerth, AußStrG § 160 Rz 20; Metzler, Die Anerkennung des Erbrechts, ÖJZ 2006, 515 [522]; Schilchegger/Kieber, Österreichisches Verlassenschaftsverfahren2 156). Es stellt sich somit die Frage, ob der Widerruf auch noch nach der – hier mit gesondertem Beschluss getroffenen – Entscheidung über das Erbrecht möglich ist.

3. In der Literatur wird zur Frage des Zeitpunkts, bis zu dem ein Anerkenntnis widerrufen werden kann, Unterschiedliches vertreten:

Teils wird auf die Bindung des Gerichts an die Entscheidung über das Erbrecht (Metzler, Die Anerkennung des Erbrechts, ÖJZ 2006, 515 [523]), teils auf die Rechtskraft der Entscheidung im Erbrechtsstreit „bzw“ auf die Bindung des Gerichts an den Einantwortungsbeschluss (Verweijen, Handbuch Verlassenschaftsverfahren2 219; ders in Schneider/Verweijen, AußStrG § 160 Rz 10) abgestellt. Andere Autoren halten den Widerruf ohne nähere Präzisierung bis zur gerichtlichen Feststellung des Erbrechts für zulässig, wobei sie auf die erst aus dieser Entscheidung resultierende „Bindungswirkung“ verweisen (Schilchegger/Kieber, Österreichisches Verlassenschaftsverfahren2 156; Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 160 Rz 20 sowie § 161 Rz 32).

4. Entscheidend ist die Bindung des Gerichts an seinen (hier: gesonderten) Beschluss über die Feststellung des Erbrechts. Diese tritt gemäß § 40 AußStrG mit dem Zeitpunkt der Abgabe der schriftlichen Abfassung der Entscheidung zur Abfertigung ein. Danach können zwar im Rahmen des § 49 AußStrG zulässige Neuerungen (neue Tatsachen und Beweismittel) beachtlich sein, neue Sachanträge oder Einwände bleiben aber ausgeschlossen (vgl RS0006796 [T7]; 2 Ob 26/07y; 6 Ob 3/09y zur Behauptung eines Motivirrtums; Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 49 Rz 4 mwN). Somit ist aber auch der auf einen nachträglichen Widerruf des erklärten Anerkenntnisses gestützte Einwand als unzulässige Neuerung zu qualifizieren. Ein Fall des § 164 AußStrG liegt nicht vor.

5. Inwiefern hier die Übergangsvorschrift des § 1503 Abs 7 Z 4a ABGB von Bedeutung sein soll und von Amts wegen hätte angewendet werden müssen, ist nicht nachvollziehbar und wird auch im Revisionsrekurs nicht ausgeführt. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser Bestimmung kann daher auf sich beruhen.

6. Ergebnis:

Eine im Verfahren über das Erbrecht abgegebene Anerkenntniserklärung kann gemäß § 40 AußStrG bis zur Bindung des Gerichts an seine Entscheidung im Verfahren über das Erbrecht widerrufen werden.

Dem Revisionsrekurs ist daher der Erfolg zu versagen.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 185 AußStrG.

Textnummer

E125429

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0020OB00220.18V.0528.000

Im RIS seit

08.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

19.03.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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