TE Vwgh Beschluss 2019/5/27 Ra 2019/14/0197

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Veröffentlicht am 27.05.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §19 Abs1
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
BFA-VG 2014 §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des X Y, vertreten durch Mag. Andreas Reichenbach, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Theobaldgasse 15/21, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. März 2019, L504 2208737-1/13E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Irak, stellte am 17. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er sei in Gefangenschaft des IS gewesen bzw. werde er auch von irakischen Milizen gesucht, die annähmen, er habe auf der Seite des IS gekämpft.

2 Mit Bescheid vom 2. Oktober 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei, erkannte einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung ab und sprach aus, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht bestehe und dass der Revisionswerber das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab einem näher genannten Zeitpunkt verloren habe. Unter einem erließ das BFA gegen den Revisionswerber ein befristetes Einreiseverbot.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG habe entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterlassen. Hätte sich das Gericht einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschafft, hätte es festgestellt, dass das Vorbringen des Revisionswerbers richtig bzw. glaubhaft sei. Das BVwG habe auch unreflektiert die vermeintliche Steigerung des Fluchtvorbringens gegenüber der Erstbefragung in die Beweiswürdigung einbezogen. Auch sei die rechtliche Beurteilung grob fehlerhaft. 8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind zur Beurteilung, ob der Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG geklärt erscheint und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, sowie aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 4.3.2019, Ra 2018/14/0289, mwN).

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach festgehalten, dass ein Revisionswerber, der - wie im vorliegenden Fall - ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, konkret anzuführen hat, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. wiederum VwGH 4.3.2019, Ra 2018/14/0289, mwN). 10 Die Revision legt mit ihren bloß pauschalen Behauptungen, die erstinstanzliche Beweiswürdigung sei nicht mängelfrei erfolgt, der Revisionswerber habe den festgestellten Sachverhalt in der Beschwerde substantiiert bestritten und das BVwG hätte bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Glaubwürdigkeit des Revisionswerbers und seines Fluchtvorbringens festgestellt, nicht konkret dar, inwiefern das BVwG von den dargestellten Leitlinien zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung abgewichen wäre. 11 Auf dem Boden des § 19 Abs. 1 AsylG 2005 ist es weder der Behörde noch dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt, im Rahmen beweiswürdigender Überlegungen Widersprüche und sonstige Ungereimtheiten in den Angaben in der Erstbefragung zu späteren Angaben - unter Abklärung und in der Begründung vorzunehmender Offenlegung, worauf diese fallbezogen zurückzuführen sind - einzubeziehen (vgl. VwGH 31.1.2019, Ra 2018/14/0252, mwN). 12 Entgegen dem Vorbringen in der Revision hat das BVwG dargelegt, warum es dem BFA nicht verwehrt war, die aufgezeigten Widersprüche zur Erstbefragung in seine Beweiswürdigung einzubeziehen. Das BVwG hat sich mit näherer Begründung der Beweiswürdigung des BFA angeschlossen, welches auf Grund einer Reihe weiterer, von ihm angenommener Widersprüche und Unstimmigkeiten im Vorbringen des Revisionswerbers zum Ergebnis gelangt ist, dieser habe eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft machen können. Die Revision zeigt nicht auf, dass diese Beweiswürdigung im Ergebnis unvertretbar wäre.

13 Insoweit die Revision lediglich allgemein behauptet, die rechtliche Beurteilung sei grob fehlerhaft, legt sie nicht dar, worin die behauptete Rechtswidrigkeit liegen soll.

14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 28. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140197.L00

Im RIS seit

22.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

22.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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