TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/12 I412 2133690-2

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Veröffentlicht am 12.03.2019
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Entscheidungsdatum

12.03.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I412 2133690-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. MAROKKO, vertreten durch DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH, Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH p.A. ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.02.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Nachdem der Beschwerdeführer bereits am 02.01.2012 in Griechenland und am 16.09.2015, 17.11.2015 und 07.12.2015 in Ungarn Asylanträge stellte, reiste er erstmals im Jahr 2016 ins Bundesgebiet ein und stellte am 03.08.2016 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser wurde am 19.08.2016 von der belangten Behörde abgewiesen und eine Beschwerde dagegen vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 20.09.2016 ebenso als unbegründet abgewiesen.

Noch während laufendem Asylverfahren in Österreich reiste der Beschwerdeführer nach Deutschland und in die Niederlande und stellte er in den dortigen Staaten weitere Asylanträge und zwar am 28.08.2016 und 29.08.2016 in Würzburg und in Schweinfurt (Deutschland) und am 03.10.2016 in den Niederlanden.

Nur knapp zwei Monate nach Abschluss des Verfahrens in Österreich stellte er einen Folgeantrag und brachte vor, als Christ nicht in Marokko leben zu können. Zudem sei er homosexuell und psychisch krank. Am 15.05.2017 wurde der Beschwerdeführer bei Suchtgiftdelinquenzen betreten und am 26.06.2017 von einem österreichischen Strafgericht rechtskräftig zu einer teilbedingten Haftstrafe von acht Monaten verurteilt. Seine Freiheitsstrafe verbüßte er bis zum 14.07.2017. Der Antrag wurde sodann mit Bescheid vom 29.11.2017 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG von der belangten Behörde zurückgewiesen, eine Rückkehrentscheidung erlassen und mit einem Einreiseverbot in der Dauer von sieben Jahren verbunden. Die Entscheidung erwuchs unbekämpft in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung erst im Jahr 2018 nach, verließ das Bundesgebiet in Richtung Deutschland, stellte dort am 13.06.2018 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz und kehrte schließlich illegal wieder nach Österreich zurück. Bei seinem Aufgriff am 23.01.2019 stellte er gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Befragt zu seinen Fluchtgründen gab er zu Protokoll, als Christ in Marokko umgebracht zu werden und dass es für ihn als Homosexuellen keinen Platz gäbe. Es habe sich nichts gegenüber seiner früheren Anträge geändert. Die belangte Behörde wies den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten neuerlich wegen § 68 Abs 1 AVG zurück.

Dagegen wurde fristgerecht durch die Rechtsberatung Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass res judicata nicht vorliege. Der Beschwerdeführer sei während seines Aufenthaltes in Deutschland getauft worden und habe seinen Vornamen im Zuge dessen auf "Jesus Maria" geändert. Einerseits fürchte er nunmehr Verfolgung wegen seiner Konversion, andererseits schon alleine wegen seines Namens. Die herangezogenen Länderfeststellungen seien zudem veraltet und drohe ihm aufgrund der prekären Sicherheitslage in Marokko eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK. Beantragt wurde unter anderem die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Die Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 18.02.2019 zur Entscheidung vorgelegt. Am 25.02.2019 wurde eine Meldung über die Verlegung in eine Sicherheitszelle wegen psychischer Probleme nachgereicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ledig, niemanden gegenüber unterhaltspflichtig, in keiner Lebensgemeinschaft oder familienähnlichen Beziehung und ist seit 22.02.2019 im Polizeianhaltezentrum untergebracht. Seit seinem zweiten Asylverfahren in Österreich im Jahr 2016 ist bekannt, dass der Beschwerdeführer an psychischen Problemen leidet, sich zum christlichen Glauben bekennt und marokkanischer Staatsangehöriger ist.

Er trat in den bisherigen Verfahren unter diversen Aliasidentitäten auf gibt seit geraumer Zeit seinen Vornamen mit "Jesus Maria" an. Mangels Vorlage von Dokumenten steht seine tatsächliche Identität nicht fest.

Das gegenständliche Verfahren betrifft den nunmehr dritten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Seit dem Jahr 2012 hat der Beschwerdeführer bereits zehn Asylanträge verteilt in Griechenland, Ungarn, Deutschland, den Niederlanden und Österreich gestellt.

Aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung wegen Suchtgiftdelinquenzen verbüßte er eine Strafhaft in Österreich und wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot in der Dauer von 7 Jahren erlassen, die weiterhin aufrecht ist.

Beim Beschwerdeführer können keinerlei integrative Bemühungen erkannt werden. Er spricht weder die deutsche Sprache, noch ist er außer durch Straffälligkeit, illegaler Einreise und das Stellen von mehreren Asylanträgen nicht in Erscheinung getreten. Der Beschwerdeführer ist seiner Ausreiseverpflichtung in den Herkunftsstaat nicht nachgekommen und hat seither stattdessen versucht, sich durch Stellen von Asylanträgen in Deutschland einen legalen Aufenthalt in Europa zu sichern. Er verfügt auch sonst über kein Aufenthaltsrecht. Aufgrund der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat unter maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner existenziellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat:

Marokko ist nach § 1 Z 9 HStV ein sicherer Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG. Betreffend der aktuellen Lage sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen keine entscheidungsrelevanten Änderungen eingetreten. Der Beschwerdeführer hat gegenüber dem vorangegangenen Verfahren keine neuen Verfolgungsgründe vorgebracht. Im gegebenen Zusammenhang sind daher mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

Marokko ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land. Marokko ist fähig und willig, seine Bürger zu schützen. Justiz und Sicherheitsapparate funktionieren. Die Justiz ist gemäß der geltenden Verfassung unabhängig. Ein rechtsstaatliches, faires Verfahren mit dem Recht, Berufung einzulegen, ist gesetzlich gewährleistet. Über Beeinflussung der Gerichte durch Korruption oder durch außergerichtliche Einflussmaßnahmen wird berichtet. Der Sicherheitsapparat besteht aus Polizei- und paramilitärischen Organisationen Eine zivile Kontrolle über Sicherheitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv. Folter steht unter Strafe, wobei Berichte über Folterungen und Gewaltanwendung gegenüber Gefangenen bestehen. Die in Marokko verbreitete Korruption steht unter Strafe, welche aber nicht effektiv vollzogen wird. Eine Reform der Korruptionsbekämpfungsbehörde ist geplant, aber noch nicht verwirklicht.

Marokko verfügt über einen umfassenden Grundrechtebestand, lediglich das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit fehlt. Die Grundrechte werden durch den Vorbehalt in Bezug auf die Monarchie, den islamischen Charakter von Staat und Gesellschaft und die territoriale Integrität beschränkt. Ferner fehlen zT Durchführungsgesetze. Allgemein bestehen grundrechtliche Probleme hinsichtlich der Sicherheitskräfte sowie schlechter Haftbedingungen. Staatliche Repressionen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer religiösen Überzeugung können nicht festgestellt werden. Die Haftbedingungen sind generell schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Hygienische Verhältnisse und die medizinische Versorgung in Gefängnissen sind nicht gut. Gefängnisse sind in Marokko überbelegt. Es existieren Berichte über folterähnliche Praktiken in Gefängnissen. Die Todesstrafe wird weiterhin in Marokko verhängt. Seit 1993 wurden aber keine Todesstrafen mehr vollstreckt.

Eine nach Marokko zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

1.3. Weitere Feststellungen zum Sachverhalt:

In den ersten beiden Asylverfahren gab der Beschwerdeführer an, gegen die Regierung zu sein, sich zum Christentum zu bekennen, homosexuell zu sein und unter psychischen Problemen zu leiden. Im nunmehrigen zweiten Folgeantrag brachte er keine neuen oder anderen Fluchtgründe vor. Er fürchte, dass er als Christ von Moslems umgebracht werde, als Homosexueller gäbe es keinen Platz für ihn im Herkunftsstaat und die psychischen Probleme habe er nach wie vor. Eine konkrete Verfolgungshandlung führte er wiederum nicht ins Treffen. In der Beschwerde führte er nur mehr Probleme wegen der Konversion an. Von Homosexualität und psychischen Beeinträchtigungen wird nichts mehr erwähnt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde sowie des vorliegenden Gerichtsaktes einschließlich des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.09.2016.

Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Zentralen Fremdenregister (IZR) und dem Register der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher auch auf die schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seinen Lebensumständen, seinem Personenstand und seinem Privatleben beruhen auf seinen diesbezüglichen Angaben, den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen sowie jenen des Gerichts und der belangten Behörde in den vorangegangenen Verfahren.

Mangels Vorlage von identitätsbezeugenden Dokumenten steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest. Dass er mehrfach unter Aliasidentitäten aufgetreten ist, ergibt sich aus dem Zentralen Fremdenregister. Daraus lassen sich auch die zahlreichen gestellten Asylanträge im In- und Ausland ablesen.

Die Feststellungen zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung ergeben sich aus dem Strafregister und dem Urteil des Strafgerichtes. Seine Wohnsitzmeldungen und die nunmehrige Meldung und die Unterbringung im Polizeianhaltezentrum ergeben sich aus dem ZMR und der Eingabe vom 25.02.2019.

Negativfeststellungen zur Integration mussten mangels Vorlage von Unterlagen oder Kenntnissen der deutschen Sprache angestellt werden. Der Beschwerdeführer war in allen seinen bisherigen Einvernahmen auf Dolmetscher angewiesen.

Darüber hinaus folgen die Feststellungen den unwidersprochen gebliebenen Teilen des bekämpften Bescheids.

2.3. Zur Lage im Herkunftsland

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie z. B. des UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Bei den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen handelt es sich um eine ausgewogene Auswahl sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs, die es ermöglicht, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen.

Der Beschwerdeführer ist ihnen auch nicht substantiiert entgegengetreten und hat in der Beschwerde bloß angemerkt, dass die Länderfeststellungen veraltet seien. Da die belangte Behörde das aktuellste LIB der Staatendokumentation herangezogen hat, der Beschwerdeführer nicht konkret vorbrachte, inwiefern er die Feststellungen für nicht mehr aktuell befinde und sich auch sonst keine Hinweise auf neue entscheidungsrelevante Änderungen im Herkunftsstaat ergeben haben, stützt sich die erkennende Richterin ebenso auf das Länderinformationsblatt zu Marokko, Stand 10.10.2018.

2.4. Zum sonstigen Sachverhalt:

Aus einer Gesamtschau hinsichtlich der Vorbringen ergibt sich, dass über die nunmehrigen Fluchtgründe bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Wenn der Beschwerdeführer ins Treffen führt, dass er erst in Deutschland und nach der letzten Asylentscheidung getauft worden ist und deshalb eine neue Tatsache vorliege, so ist zu entgegnen, dass die Konversion bereits im Asylantrag vom 30.11.2016 Eingang gefunden hat. Dass der Beschwerdeführer nun auch getauft sei, ändert nichts an seinem bisherigen Vorbringen, sich zum Christentum zu bekennen. Zudem wurde eine christliche Taufe bloß behauptet, entsprechende Unterlagen wurden zwar angekündigt, aber nie vorgelegt. Dass er nun seinen Vornamen geändert hat und dieser eine christliche Einstellung sofort erkennen lässt, stellt ebenso keine solche Änderung dar, weshalb er einer Verfolgung wegen religiöser Ansichten nunmehr ausgesetzt wäre. Anzumerken ist, dass der Beschwerdeführer nie seine wahre Identität preisgab, unter zahlreichen Aliasnamen in Erscheinung trat und er sich nur selbst "Jesus Maria" nennt, dieser Umstand aber nicht in einem offiziellen Dokument eingetragen ist, daher ist eine Verfolgung und Ausforschung aufgrund der "christlichen" Vornamen nicht zu befürchten.

Auch waren die psychischen Probleme bereits bekannt und floss auch das dahingehende Vorbringen bereits in die frühere Entscheidung ein. Neue Befunde wurden jedenfalls keine vorgelegt. Konkret befragt zu seinen Fluchtgründen gab er auch selbst an, dass sich seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung nicht geändert habe. Die anfänglich vorgebrachte Homosexualität kam weder in der niederschriftlichen Einvernahme am 04.02.2019 noch im Beschwerdeschriftsatz zur Sprache. Daher konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer keine neuen Fluchtgründe glaubhaft machen konnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Das schon in den vorangegangenen Verfahren erstattete Fluchtvorbringen und die dort geltend gemachten Gründe sind bereits abschließend beurteilt und in den diesbezüglichen, rechtskräftigen Erledigungen berücksichtigt worden. Insofern ist Sache des aktuellen Folgeverfahrens eine Prüfung der darüber hinaus geltend gemachten neuen Tatsachen.

Da die belangte Behörde den Folgeantrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, ist Beschwerdegegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung dieses Antrages, nicht aber der Antrag selbst.

Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache:

Nach § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG findet. Letzteres betrifft die amtswegige oder aufsichtsbehördliche Bescheidänderung oder -aufhebung. Die §§ 69 und 71 AVG bezeichnen die Rechtsinstitute der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die beide hier nicht anwendbar sind.

Die Anordnung, dass Anbringen unter den Voraussetzungen des § 68 Abs 1 AVG nicht inhaltlich behandelt, sondern zurückgewiesen werden, soll die wiederholte Befassung der Behörde mit einer bereits entschiedenen Sache vermeiden, wobei es auf die unveränderte Sach- und Rechtslage ankommt.

Dies gilt fallbezogen sowohl für die Zurückweisung des Antrags in Bezug auf den Status eines Asylberechtigten wie für die Zurückweisung bezogen auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten.

Entscheidend ist somit, ob vor der belangten Behörde neue, mit einem glaubwürdigen Kern versehene Tatsachen vorgebracht wurden, die eine andere Entscheidung im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder auch des subsidiär Schutzberechtigten indizieren können. Wie festgestellt, hat der Beschwerdeführer kein neues Vorbringen erstattet. Weder in Bezug auf seine Person noch auf die bestehenden und zu erwartenden Verhältnisse im Herkunftsstaat sind gegenüber den Feststellungen in den vorigen Entscheidungen der belangten Behörde bzw. dieses Gerichts Verschlechterungen aufgetreten, die eine Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK weniger unwahrscheinlich erscheinen ließen.

Der belangten Behörde ist also auch darin beizupflichten, dass sich die Lage im Herkunftsstaat seit der Rechtskraft der Entscheidung im vorangegangenen Asylverfahren nicht entscheidungswesentlich geändert hat.

Demnach ergab sich weder aus dem Vorbringen noch aus dem Amtswissen der belangten Behörde oder des Gerichts ein Hinweis darauf, dass betreffend den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers eine Änderung der Sach- oder der Rechtslage eingetreten wäre.

Es liegt damit eine entschiedene Sache vor, was einer neuen inhaltlichen Entscheidung entgegensteht Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz aus diesem Grund war also rechtmäßig, weshalb die Beschwerde im Hinblick auf beide Spruchpunkte des bekämpften Bescheides abzuweisen war.

Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebender Wirkung:

Nach § 17 Abs. 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Wie eben dargetan, lagen und liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung aufschiebender Wirkung nicht vor.

Ein Antragsrecht, das auf diese Entscheidung gerichtet wäre, ist nicht vorgesehen. Der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erweist sich damit als unzulässig, weshalb er mit Beschluss zurückzuweisen wäre, würde er nicht mit der Erlassung der vorliegenden inhaltlichen Entscheidung ohnehin gegenstandslos (vgl. VwGH 30.01.2015, Ra 2014/02/0174 mwH).

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass seit der Bescheiderlassung rund ein Monat vergangen ist - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung der belangten Behörde hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwH).

Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zu übereinstimmenden Fluchtvorbringen im Folgeantrag und zu den Voraussetzungen der Zurückweisung nach § 68 Abs 1 AVG.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

Schlagworte

Asylverfahren, aufschiebende Wirkung, entschiedene Sache,
Folgeantrag, Gegenstandslosigkeit, Homosexualität, Identität der
Sache, Rechtskraft der Entscheidung, Rechtskraftwirkung, res
iudicata, sexuelle Orientierung, subsidiärer Schutz,
Suchtmitteldelikt, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I412.2133690.2.00

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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