TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/9 98/11/0243

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Veröffentlicht am 09.02.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Führerscheingesetz;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §58 Abs2;
FSG 1997 §25;
FSG 1997 §7 Abs2;
FSG 1997 §7 Abs4;
KFG 1967 §66 Abs2 impl;
StGB §146;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des M in K, vertreten durch Dr. Ludwig Pfleger, Rechtsanwalt in Wien I, Mahlerstraße 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. Juni 1998, Zl. MA 65-8/140/98, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 Führerscheingesetz die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klasse B entzogen und gemäß § 25 Abs. 3 FSG verfügt, daß ihm bis 12. März 2000 keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Grund für die bekämpfte Entziehungsmaßnahme war, daß der Beschwerdeführer mit zwei im Jahre 1997 ergangenen Urteilen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien einer Reihe strafbarer Handlungen schuldig erkannt worden ist. Bei diesen strafbaren Handlungen handelt es sich um die Vergehen des (zum Teil) schweren Betruges, der Entziehung von Energie (§ 132 Abs. 1 StGB), der Sachbeschädigung, der Urkundenfälschung und des Diebstahls. Die überwiegende Zahl dieser strafbaren Handlungen wurde im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen begangen, und zwar bei Ausfolgung von Mietwagen bzw. Leasingfahrzeugen, durch vorsätzliches Beschädigen eines Kraftfahrzeuges, durch Diebstahl von Benzin und durch Begehung eines Versicherungsbetrugs im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall. Darin erblickte die belangte Behörde eine der Aufzählung von strafbaren Handlungen in § 7 Abs. 4 FSG gleichwertige bestimmte Tatsache, die die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers nach sich ziehe.

Der Beschwerdeführer stellt zunächst in Abrede, daß eine Gleichwertigkeit der von ihm begangenen strafbaren Handlungen mit den im § 7 Abs. 4 FSG aufgezählten gegeben sei. Erstere seien weder sehr verwerflich noch unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen worden.

Der Umstand, daß Betrugshandlungen nicht im Katalog der ausdrücklich als bestimmte Tatsachen angeführten strafbaren Handlungen aufscheinen, ist insofern nicht entscheidend, als es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht, daß derartige, im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen begangene strafbare Handlungen jedenfalls bei mehrfacher Begehung und hoher Schadenssumme sehr wohl die Verkehrszuverlässigkeit der betreffenden Person ausschließen kann (vgl. die Erkenntnisse vom 13. Oktober 1987, Zl. 87/11/0138, und vom 16. Juni 1992, Zl. 92/11/0079).

Allein die Betrugshandlungen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der Ausfolgung von Mietwagen bzw. Leasingfahrzeugen und einer Versicherungsmeldung reichen für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers aus: In der Zeit zwischen Juli und "Herbst/Winter" 1996 hat er nach den Feststellungen des Strafgerichtes fünf derartige strafbare Handlungen mit einem Gesamtschadensausmaß von über 280.000 S begangen. Die Behauptung, die Handlungen seien nicht besonders verwerflich, ist angesichts dessen unbegründet. Die "jugendliche Unbesonnenheit" kann beim damals etwa 20-jährigen Beschwerdeführer nicht für ihn positiv ins Gewicht fallen. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund der übrigen vom Gericht geahndeten strafbaren Handlungen. Die zwischen den Taten und der Entziehung der Lenkberechtigung durch Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 6. März 1998 verstrichene Zeit von etwas mehr als einem Jahr ist für den Beschwerdeführer schon wegen der Anhängigkeit des gerichtlichen Strafverfahrens bis August 1997 von verhältnismäßig geringer Bedeutung.

Dem Beschwerdeführer ist aber beizupflichten, daß die Begründung für die Bemessung der Dauer der Entziehung gemäß § 25 FSG mangelhaft ist. Das Argument, es entspreche der "allgemeinen Erfahrung", daß die verfügte Dauer die Mindestdauer für die Herbeiführung der Änderung der Sinnesart des Beschwerdeführers sei, ist eine Leerformel und nicht nachvollziehbar. Dieser Begründungsmangel ist wesentlich. Hätte sich die Behörde ausführlicher mit der Frage auseinandergesetzt, wie lange die - mit der Begehung der strafbaren Handlungen im Jahr 1996 einsetzende - Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers dauern würde, anstatt die von der Erstbehörde ebenfalls praktisch begründungslos verfügte Entziehungsdauer zu bestätigen, hätte sie auch zum Ergebnis kommen können, daß die Annahme, der Beschwerdeführer werde insgesamt etwa dreieinhalb Jahre verkehrsunzuverlässig sein, überzogen und nicht haltbar ist.

Die belangte Behörde hätte freilich auf der anderen Seite, wenn sie über den Kreis der strafgerichtlich geahndeten strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers hinausgegangen wäre und die erforderlichen Ermittlungen in Ansehung der zahlreichen sonstigen Auffälligkeiten des Beschwerdeführers im Straßenverkehr, wie sie sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergeben, angestellt hätten, auch zu dem Ergebnis kommen können, die Entziehungsdauer sei jedenfalls in dem von der Erstbehörde verfügten Ausmaß gerechtfertigt.

Als Folge des genannten Begründungsmangels war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. Februar 1999

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998110243.X00

Im RIS seit

24.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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