TE Vwgh Erkenntnis 2019/4/30 Ro 2017/06/0001

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Veröffentlicht am 30.04.2019
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Tirol
L82000 Bauordnung
L82007 Bauordnung Tirol
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
95/08 Sonstige Angelegenheiten der Technik

Norm

BauO Tir 1989 §3 Abs3
BauO Tir 2011 §17 Abs1
BauO Tir 2011 §19 Abs1
BauO Tir 2011 §2 Abs3
BauO Tir 2011 §2 Abs3 idF 2011/048
Bauvorschriften Tir 2008 §19 Abs1
Bauvorschriften Tir 2008 §19 Abs2
Bauvorschriften Tir 2008 §19 Abs3
Bauvorschriften Tir 2008 §35 Abs1 litc
Bauvorschriften Tir 2008 §35 Abs4
Bauvorschriften Tir 2016 §43
OIB-Richtlinie 3 Hygiene Gesundheit und Umweltschutz
VwGG §21 Abs1 Z2
VwGG §48 Abs2 Z1
VwRallg

Betreff

?

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, die Hofrätinnen Dr. Bayjones, Mag.a Merl und Mag. Rehak sowie Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, über die Revision des K L in K, vertreten durch Mag. Roland Reisch, Rechtsanwalt in 6370 Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 11a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 10. Oktober 2016, LVwG-2016/39/1076-9, betreffend eine Bauangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bürgermeister der Gemeinde Kirchdorf in Tirol; weitere Partei:

Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (LVwG) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde K. vom 4. April 2016, mit welchem sein Bauansuchen zum Umbau und zur Änderung des Verwendungszweckes von Kellerräumen in einer bestehenden Wohnanlage auf Hobbyraum mit WC und Lager abgewiesen worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei.

2 Begründend führte das LVwG - zusammengefasst - aus, der beantragte Hobbyraum stelle in seiner beabsichtigten Nutzung einen Aufenthaltsraum im Sinne des Gesetzes dar. So habe der Revisionswerber angegeben, den tatsächlichen Aufenthalt im Hobbyraum im Regelfall zur Ausübung seines Hobbys "Kochen" zwar in zeitlicher Hinsicht beschränken zu wollen, jedoch zugestanden, dass er in Ausnahmefällen auch häufigere bzw. längerfristige Nutzungen des Hobbyraumes zu Aufenthaltszwecken für Kochen und anschließenden Verzehr der zubereiteten Speisen beabsichtige, dies sowohl im Familien- als auch im Freundeskreis. Zum Verzehr der Speisen würde das Gekochte im Regelfall in die darüber liegende Wohnung des Revisionswerbers transportiert werden, es finde aber auch ein Verzehr im Hobbyraum selbst statt. Damit sei die objektive Nutzung des Hobbyraumes zu Aufenthaltszwecken jedenfalls gegeben. Zudem lasse sich den Einreichunterlagen und der ergänzenden Bau- und Verwendungsbeschreibung entnehmen, dass im unmittelbaren räumlichen Verbund mit dem Hobbyraum die Errichtung eines eigenen WC-Raumes und im Hobbyraum selbst eine Sitzgelegenheit, bestehend aus einem Tisch mit vier Stühlen, geplant sei. Der Hobbyraum werde über die Zentralheizung beheizt und es befänden sich zu diesem Zweck mehrere Heizkörper an den Wänden. Auch daraus erschließe sich die tatsächliche Nutzung des Hobbyraumes zu länger dauernden Aufenthalten sowie der darauf gerichtete Wille des Revisionswerbers.

3 Aufgrund der speziellen Nutzungsmöglichkeit des verfahrensgegenständlichen Hobbyraumes sei eine sowohl in § 19 Abs. 1 Technische Bauvorschriften 2016 (TBV 2016) als auch in den Technischen Bauvorschriften 2008 (TBV 2008) normierte und in der OIB-Richtlinie 3 "Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz" (OIB-Richtlinie 3), Ausgabe Oktober 2011 bzw. März 2015, näher definierte, ausreichende natürliche Belichtung zu fordern. Eine solche sei jedoch nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens nicht eingehalten. Die Ausführungen des hochbautechnischen Amtssachverständigen hätten gezeigt, dass der nach der OIB-Richtlinie 3 erforderliche freie Lichteinfall nicht gewährleistet sei. Wenngleich § 19 Abs. 2 TBV 2016, wie schon ident § 19 Abs. 2 TBV 2008, das Erfordernis des notwendigen Lichteinfalls und der freien Sicht nach außen für den Neubau von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen formuliere und diese Bestimmungen in ihren jeweiligen Abs. 3 Sonderregelungen für Aufenthaltsräume im Falle des Abbruchs und Wiederaufbaus von Gebäuden träfen, könne allein aus dieser Bezugnahme auf Neubauten nicht geschlossen werden, dass damit die entsprechenden technischen Erfordernisse des notwendigen Lichteinfalls und der freien Sicht nicht auch in dem Falle zu gelten hätten, in dem erst (nachträglich) durch Verwendungszweckänderungen aus bisher anderweitig genutzten Räumen Aufenthaltsräume geschaffen werden.

4 Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das LVwG mit fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Regelung des § 19 TBV 2016, in ihrem Inhalt eingeführt durch die Novelle LGBl. Nr. 78/2013 zu den TBV 2008, LGBl. Nr. 93/2007, das Erfordernis des notwendigen Lichteinfalls auf den Fall von Neubauten von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen und Abbruch und Wiederaufbau von Gebäuden einschränke.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, es dahingehend abzuändern, dass dem Bauansuchen vollinhaltlich stattgegeben werde, in eventu das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. 6 Das LVwG legte die Akten des Verfahrens vor. Der Bürgermeister der Gemeinde K. erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er beantragt, die Revision möge als unbegründet abgewiesen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Die Revision erweist sich angesichts der Ausführungen des LVwG zum Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Regelung des § 19 TBV 2008 das Erfordernis des notwendigen Lichteinfalls auf den Fall von Neubauten von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen und Abbruch und Wiederaufbau von Gebäuden einschränke, als zulässig.

8 § 3 Abs. 3 Tiroler Bauordnung (TBO 1989), LGBl. Nr. 33/1989,

lautet (auszugsweise):

"§ 3

Begriffsbestimmungen

...

(3) Aufenthaltsräume sind Räume in Gebäuden, die zum ständigen oder längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt sind.

..."

9 § 2 Abs. 3 Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011), LGBl Nr. 57/2011, in der im Revisionsfall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 94/2016, lautet:

"§ 2

Begriffsbestimmungen

...

(3) Aufenthaltsräume sind Räume in Gebäuden, die zum länger dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, wie Wohn- und Schlafräume, Arbeits- und Geschäftsräume, Unterrichtsräume und dergleichen.

..."

10 § 17 Abs. 1 TBO 2011, LGBl Nr. 57/2011, in der im Revisionsfall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 103/2015, lautet

(auszugsweise):

"§ 17

Allgemeine bautechnische Erfordernisse

(1) Bauliche Anlagen und alle ihre Teile müssen so geplant und ausgeführt sein, dass sie unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit gebrauchstauglich sind und entsprechend dem Stand der Technik die bautechnischen Erfordernisse insbesondere

...

erfüllen. ...

..."

11 § 43 TBV 2016, LGBl. Nr. 33/2016, lautet:

"§ 43

Übergangsbestimmungen

Für Bauverfahren, welche vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung anhängig waren, genügt es, wenn das Bauvorhaben statt dieser Verordnung den Technischen Bauvorschriften 2008 in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 41/2015 entspricht."

12 Die maßgeblichen Bestimmungen der TBV 2008, LGBl. Nr. 93/2007 in der im Revisionsfall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 78/2013, lauten (auszugsweise):

"§ 19

Belichtung, Beleuchtung

(1) Aufenthaltsräume müssen über eine für den Schutz der Gesundheit und des Wohlbefindens von Menschen ausreichende natürliche Belichtung verfügen, sofern nicht aufgrund ihres besonderen Verwendungszweckes eine ausschließlich künstliche Beleuchtung ausreichend ist. Dabei sind insbesondere die Raumgeometrie und die Belichtungsverhältnisse zu berücksichtigen.

(2) Bei Neubauten von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen sind der notwendige Lichteinfall und die freie Sicht nach außen zu gewährleisten. Dabei sind hinsichtlich des betroffenen Grundstückes

a)

der Baubestand und

b)

Bauvorhaben für die eine rechtskräftige Baubewilligung oder

eine Bauanzeige, aufgrund deren ein Bauvorhaben ausgeführt werden darf, vorliegt, zu berücksichtigen. Hinsichtlich der angrenzenden bzw. gegenüberliegenden Grundstücke ist das Ausmaß der nach den baurechtlichen Vorschriften dort zulässigen Bebauung zu berücksichtigen.

(3) Beim Abbruch und Wiederaufbau von Gebäuden gelten der notwendige Lichteinfall und die freie Sicht nach außen für Aufenthaltsräume als gesichert, sofern diese mindestens im selben Ausmaß wie beim abgebrochenen bzw. zerstörten Gebäude gegeben sind.

...

§ 35

Richtlinien

(1) Folgende vom Österreichischen Institut für Bautechnik herausgegebene bautechnische Richtlinien werden für verbindlich erklärt:

...

c) OIB-Richtlinie 3, Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz, Ausgabe Oktober 2011, mit Ausnahme der Punkte 8.3.5 und 8.3.6, (Anlage 3),

...

(4) Den in dieser Verordnung festgelegten bautechnischen Anforderungen wird entsprochen, wenn die in Abs. 1 für verbindlich erklärten Richtlinien des Österreichischen Instituts für Bautechnik eingehalten werden."

13 Punkt 9 der OIB-Richtlinie 3, Ausgabe Oktober 2011, lautet

(auszugsweise):

"9 Belichtung und Beleuchtung

9.1 Anforderungen an die Belichtung

9.1.1 Bei Aufenthaltsräumen muss die gesamte Lichteintrittsfläche (Nettoglasfläche) der Fenster mindestens 10 % der Bodenfläche dieses Raumes betragen, es sei denn, die spezielle Nutzung erfordert dies nicht. Dieses Maß vergrößert sich ab einer Raumtiefe von mehr als 5 m um jeweils 1 % der gesamten Bodenfläche des Raumes pro angefangenen Meter zusätzlicher Raumtiefe. Weist die verwendete Verglasung einen Lichttransmissionsgrad ?v von weniger als 0,65 auf, so ist die Lichteintrittsfläche im gleichen Verhältnis zu vergrößern.

9.1.2 Es muss für die gemäß 9.1.1 notwendigen Lichteintrittsflächen ein zur Belichtung ausreichender freier Lichteinfall gewährleistet sein. Dies gilt jedenfalls als erfüllt, wenn ein freier Lichteinfallswinkel von 45 Grad, bezogen auf die Unterkante der Belichtungsöffnung in der Fassadenflucht, nicht überschritten wird. Die Lichteinfallsrichtung darf dabei seitlich um nicht mehr als 30 Grad verschwenkt werden.

9.1.3 Ragen Bauteile wie Balkone, Dachvorsprünge etc. desselben Bauwerkes mehr als 50 cm horizontal gemessen in den erforderlichen freien Lichteinfall hinein, so muss die Lichteintrittsfläche pro angefangenem Meter, gemessen vom Eintritt des vorspringenden Bauteils in den freien Lichteinfall, um jeweils 2 % der Bodenfläche des Raumes erhöht werden. Solche Bauteile dürfen jedoch nicht mehr als 3 m vor die Gebäudefront ragen.

9.2 Anforderungen bezüglich der Sichtverbindung nach Außen

In Aufenthaltsräumen von Wohnungen ...

..."

14 Punkt 9 der OIB-Richtlinie 3, Ausgabe April 2007, lautet

(auszugsweise):

"9 Belichtung und Beleuchtung

9.1 Anforderungen an die Belichtung

9.1.1 Bei Aufenthaltsräumen muss die gesamte Lichteintrittsfläche der Fenster mindestens 10 % der Bodenfläche dieses Raumes betragen, es sei denn, die spezielle Nutzung erfordert dies nicht. Dieses Maß vergrößert sich ab einer Raumtiefe von mehr als 5 m um jeweils 1 % pro Meter Raumtiefe.

9.1.2 Es muss für die gemäß 9.1.1 notwendigen Lichteintrittsflächen ein zur Belichtung ausreichender freier Lichteinfall gewährleistet sein. Dies gilt jedenfalls als erfüllt, wenn ein freier Lichteinfallswinkel von 45 Grad, bezogen auf die Unterkante der Belichtungsöffnung in der Fassadenflucht, nicht überschritten wird. Die Lichteinfallsrichtung darf dabei seitlich um nicht mehr als 30 Grad verschwenkt werden.

9.1.3 Ragen Bauteile wie Balkone, Dachvorsprünge etc. desselben Bauwerkes mehr als 50 cm horizontal gemessen in den freien Lichteinfall hinein, so muss die erforderliche Lichteintrittsfläche pro angefangenem Meter des Hineinragens um jeweils 2 % der Bodenfläche des Raumes erhöht werden. Solche Bauteile dürfen jedoch nicht mehr als 3 m in den freien Lichteinfall ragen.

9.2 Anforderungen bezüglich der Sichtverbindung nach Außen

In Aufenthaltsräumen von Wohnungen ...

..."

15 Punkt 9 der OIB-Richtlinie 3, Ausgabe März 2015, lautet

(auszugsweise):

"9 Belichtung und Beleuchtung

9.1 Anforderungen an die Belichtung

...

9.1.4 Die Anforderungen der Punkte 9.1.1 bis 9.1.3 gelten nicht für Räume, bei denen die spezielle Nutzung eine geringere oder keine natürliche Belichtung erfordert.

..."

16 Der Revisionswerber bringt im Wesentlichen vor, der beantragte Hobbyraum stelle weder einen Aufenthaltsraum im Sinne des § 3 Abs. 3 TBO dar, noch unterliege er dem § 19 TBV. Wenn das LVwG unter Heranziehung der Rechtsprechung VwGH 17.2.1994, 90/06/0217, anführe, dass ein Hobbyraum jedenfalls einen Aufenthaltsraum darstelle, so übersehe es, dass diese Rechtsprechung nicht mehr der aktuellen Rechtslage entspreche. Die erläuternden Bemerkungen zur Novelle LGBl. Nr. 48/2011 wiesen nämlich darauf hin, dass beispielweise Hobbywerkstätten keine Aufenthaltsräume darstellten. Es sei allgemein bekannt, dass die Dauer eines Aufenthaltes in Hobbywerkstätten jedenfalls mit der Dauer eines Aufenthaltes in einer Hobbyküche wie der beantragten gleichzusetzen sei, zumal in Hobbywerkstätten auch umfangreiche Arbeiten durchgeführt würden. Darüber hinaus sei es wohl auch geläufig, dass in einer Hobbywerkstätte kleinere Speisen und Getränke eingenommen würden. Es sei auch nicht unüblich, dass sich neben einer Hobbywerkstätte ein eigenes WC befinde und die Werkstätte beheizt werde. Wenn das LVwG die gemäß OIB-Richtlinie 3 in beleuchtungstechnischer Hinsicht begünstigten Vorhaben aufzähle und zu dem Schluss komme, das gegenständliche Vorhaben lasse sich darunter nicht einordnen, sei dem entgegenzuhalten, dass für einen Hobbyraum wie dem beantragten keinesfalls ein natürlicher Lichteinfall von außen von Nöten sei; im Rahmen der beabsichtigten Nutzung sei künstliches Licht jedenfalls gleichermaßen geeignet, um dem Hobby des Revisionswerbers nachzugehen. Zuzustimmen sei dem LVwG jedenfalls insoweit, dass die OIB-Richtlinie 3 nur für Aufenthaltsräume in Wohnungen zur Anwendung komme.

17 Darüber hinaus sei den Ausführungen des LVwG entgegenzuhalten, dass § 19 TBV ausdrücklich nur auf die Fälle des Neubaus bzw. des Abbruchs und Wiederaufbaus von Gebäuden anzuwenden sei. Eine Erweiterung des Anwendungsgebietes, wie sie vom LVwG vorgenommen worden sei, sei keinesfalls dem Gesetz zu entnehmen und es sei auch nicht davon auszugehen, dass dies vom Gesetzgeber so vorgesehen worden wäre. Der Gesetzgeber ziele eindeutig darauf ab, ob die Bausubstanz verändert werde. Im Rahmen untergeordneter Umbaumaßnahmen wie im vorliegenden Fall wäre die Anwendung des § 19 TBV jedenfalls überschießend. Außerdem lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen, dass die privilegierte Regelung des § 19 Abs. 3 TBV lediglich auf beengte Stadt- und Ortszentren anzuwenden sei. Eine derartige Absicht hätte der Gesetzgeber im Gesetz verankert. Auch wenn das LVwG unrichtigerweise zu dem Schluss komme, dass eine Baubewilligung für den Hobbyraum nicht zu erteilen gewesen sei, hätte jedenfalls eine solche für den Lagerraum erteilt werden müssen, weil Hobby- und Lagerraum keine untrennbare Einheit bildeten.

18 Nach der vom Revisionswerber zitierten Entscheidung VwGH 17.2.1994, 90/06/0217, entspricht es "allgemeiner Lebenserfahrung, daß ein Hobbyraum als Aufenthaltsraum im Sinne des § 3 Abs. 3 TBO 1989 angesehen werden kann, der zum ständigen, jedenfalls aber zum längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt ist. ... Das Gesetz stellt dabei auf die objektive Eignung eines Raumes ab".

19 Der gegenständlich anzuwendende, durch die Novelle LGBl. Nr. 48/2011 zur TBO 2011 neu gefasste § 2 Abs. 3 stellt auf Räume ab, die zum länger dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, wie Wohn- und Schlafräume, Arbeits- und Geschäftsräume, Unterrichtsräume und dergleichen. Nach den erläuternden Bemerkungen zu dieser Novelle handelt es sich dabei um eine beispielhafte Aufzählung, durch welche klargestellt sei, dass als Bäder, Wasch- und Trockenräume und Hobbywerkstätten genutzte Räume, welche bisher Anlass zu Unklarheiten gegeben hätten, nicht als Aufenthaltsräume gälten.

20 Beide Definitionen beziehen sich demnach auf Räume, die zum längeren (TBO 1989) bzw. länger dauernden Aufenthalt (TBO 2011) von Menschen bestimmt sind.

21 Wenn der Gesetzgeber in den erläuternden Bemerkungen zur Novelle LGBl. Nr. 48/2011 zur TBO 2011 ausführt, dass Bäder, Wasch- und Trockenräume und Hobbywerkstätten nicht als Aufenthaltsräume im Sinne der TBO 2011 gelten, ist davon auszugehen, dass er auf eine übliche Nutzung dieser Räume abstellt, also darauf, dass die dem jeweiligen Zweck entsprechende Tätigkeit in diesen Räumen möglichst zielgerichtet vorgenommen und der Raum danach wieder verlassen wird. Die geplante Ausführung des Hobbyraumes, insbesondere mit Sitz- bzw. Verweilmöglichkeiten, erfüllt nicht dieses Kriterium, zumal der Raum somit nicht zum Kochen allein bestimmt ist. Angesichts dessen ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine derart ausgestaltete (Wohn-)Küche, ebenso wie die in den erläuternden Bemerkungen zur Novelle LGBl. Nr. 48/2011 zur TBO 2011 genannten Räume, nicht als Aufenthaltsraum im Sinne der TBO 2011 qualifizieren wollte. Dass das LVwG den geplanten Hobbyraum mit den in der Aufzählung des § 2 Abs. 3 TBO 2011 genannten Räumen vergleichbar erachtete und seine objektive Eignung zum länger dauernden Aufenthalt bejahte, ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.

22 Aus § 17 Abs. 1 TBO 2011 ergibt sich, dass bauliche Anlagen die bautechnischen Erfordernisse einzuhalten haben, die gemäß § 19 Abs. 1 leg. cit. durch Verordnung der Landesregierung näher zu bestimmen sind.

23 Die in den zum Zeitpunkt der Entscheidung des LVwG grundsätzlich maßgeblichen TBV 2016 enthaltene Übergangsbestimmung des § 43 TBV 2016 sieht vor, dass es für Bauvorhaben, welche vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung anhängig gewesen sind, genügt, wenn das Bauvorhaben statt dieser Verordnung den TBV 2008 in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 41/2015 entspricht. Da das gegenständliche Bauansuchen am 15. Februar 2016 gestellt wurde, war es vor dem Inkrafttreten der TBV 2016 (1. Mai 2016) anhängig. Somit war die Einhaltung der Vorgaben der TBV 2008 in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 41/2015 ausreichend, weshalb in der Folge ausschließlich auf die TBV 2008 Bezug genommen wird. 24 Der vorliegende Fall eines Umbaus und der Änderung des Verwendungszweckes von Räumen ist in § 19 TBV 2008 nicht explizit geregelt. Abs. 1 der Bestimmung bezieht sich auf Aufenthaltsräume im Allgemeinen und normiert, dass diese über eine ausreichende natürliche Belichtung verfügen müssen. Abs. 2 und Abs. 3 sehen bei Neubauten von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen und beim Abbruch und Wiederaufbau von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen jeweils die Einhaltung eines notwendigen Lichteinfalls und der freien Sicht nach außen vor.

25 Nach dem in Abs. 1 des § 19 TBV 2008 formulierten Zweck der Bestimmung, nämlich dem Schutz der Gesundheit und des Wohlbefindens von Menschen, ist nicht ersichtlich, weshalb der Verordnungsgeber lediglich die Fälle eines Neubaus oder Abbruchs und Wiederaufbaus von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen, jedoch nicht den gegenständlichen Fall eines Umbaus und der Änderung des Verwendungszweckes von bestehenden Räumen erfassen hätte wollen, führt doch jede der genannten Vorgehensweisen zur Nutzung eines Aufenthaltsraumes durch Menschen und ist nicht ersichtlich, weshalb für deren Schutzwürdigkeit entscheidend sein sollte, ob die Bausubstanz verändert wird oder lediglich untergeordnete Umbaumaßnahmen durchgeführt werden.

26 Diesbezüglich ist auch dem LVwG beizupflichten, dass jede andere Interpretation es ermöglichte, in bewusster Umgehung der belichtungstechnischen Vorschriften die Bewilligung von Neubauten bzw. Teile davon mit vorläufiger anderer Zweckwidmung zu beantragen und erst im Nachhinein durch die Änderung des Verwendungszweckes Räume in Aufenthaltsräume (im äußersten Fall sogar ohne jegliche natürliche Belichtung) umzuwandeln. 27 Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber durch die mit der Novelle LGBl. Nr. 78/2013 eingefügten Abs. 2 und 3 in § 19 TBV 2008 das Kriterium des notwendigen Lichteinfalls auf Fälle des Neubaus bzw. Abbruchs und Wiederaufbaus einschränken wollte. Eine solche Absicht lässt sich den erläuternden Bemerkungen zum Entwurf der Novelle LGBl. Nr. 78/2013 nicht entnehmen, wonach die neu eingefügten Bestimmungen primär der Klarstellung in Bezug auf die Ermittlung des notwendigen Lichteinfalls und der freien Sicht nach Außen dienten und im Hinblick auf Bestandsgebäude in beengten Stadt- und Ortszentren eine privilegierte Regelung hinsichtlich des Abbruchs und Wiederaufbaus geschaffen worden sei.

28 Nach § 35 Abs. 4 TBV 2008 wird den in der Verordnung festgelegten bautechnischen Anforderungen entsprochen, wenn die in Abs. 1 für verbindlich erklärten OIB-Richtlinien eingehalten werden. Aus Abs. 1 lit. c des § 35 TBV 2008 ergibt sich die Anwendung der OIB-Richtlinie 3. Wenn die Revision behauptet, diese sei nur für Aufenthaltsräume in Wohnungen maßgeblich, ist darauf hinzuweisen, dass sich lediglich Punkt 9.2 ausdrücklich auf Aufenthaltsräume in Wohnungen bezieht und daher bezüglich des fallgegenständlich relevanten Punktes 9.1 (samt Unterpunkten) von keiner entsprechenden Einschränkung auszugehen war. 29 Die OIB-Richtlinie 3 stellt in ihrer vor (April 2007) und nach der Novelle LGBl. Nr. 78/2013 (Oktober 2011) zu berücksichtigenden Ausgabe inhaltlich gleich lautend in Punkt 9.1.2 darauf ab, dass für die, sich auf Aufenthaltsräume im Allgemeinen beziehenden, notwendigen Lichteintrittsflächen gemäß Punkt 9.1.1 ein zur Belichtung ausreichender freier Lichteinfall zu gewährleisten ist. Somit sieht die Richtlinie das Kriterium des freien Lichteinfalls auch nach der Novelle LGBl. Nr. 78/2013 allgemein für Aufenthaltsräume vor, ohne diesbezüglich zwischen bestimmten Bauvorhaben zu differenzieren.

30 Unter Berücksichtigung des Regelungsinhaltes der OIB-Richtlinie 3 und der erläuternden Bemerkungen zur Novelle LGBl. Nr. 78/2013 begegnet die vom LVwG vorgenommene Anwendung des Erfordernisses des notwendigen Lichteinfalls auf den gegenständlichen Fall daher im Ergebnis keinen Bedenken. 31 Wenn die Revision vermeint, der Hobbyraum stelle einen Fall des mit der OIB-Richtlinie 3, Ausgabe 2015, neu eingefügten Punktes 9.1.4 dar, wonach die Anforderungen der Punkte 9.1.1 bis 9.1.3 nicht für Räume gelten, bei denen die spezielle Nutzung eine geringere oder keine Belichtung erfordert, kann ihr nicht gefolgt werden. Weshalb ein Vergleich mit den dazu in den erläuternden Bemerkungen genannten Räumen, insbesondere den in der Revision erwähnten Kellerlokalen, möglich sein sollte, wurde in der Revision nicht nachvollziehbar dargelegt.

32 Soweit die Revision § 19 Abs. 3 TBV 2008 für anwendbar erachtet, war dies schon mangels Vorliegens eines Abbruchs und Wiederaufbaus zu verneinen. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass für den Hobbyraum, ebenso wie für die in den erläuternden Bemerkungen zur Novelle LGBl. Nr. 78/2013 genannten Bestandsgebäude in beengten Stadt- und Ortszentren, eine privilegierte Regelung geschaffen hätte werden sollen. 33 Wenn die Revision ausführt, auch bei Nichterteilen einer Baubewilligung für den Hobbyraum hätte jedenfalls eine solche für den Lagerraum erteilt werden müssen, wird damit erstmals Interesse an einer teilweisen Bewilligung des Bauvorhabens bekundet. Der Berücksichtigung dieses Vorbringens stand somit das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitende Neuerungsverbot entgegen (vgl. etwa VwGH 30.6.2015, Ra 2015/06/0052, mwN).

34 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

35 Der Antrag der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht auf Zuerkennung von Aufwandersatz für Schriftsatzaufwand war abzuweisen, weil der Inhalt des als Revisionsbeantwortung bezeichneten Schriftsatzes außer allgemeinen Ausführungen, dass der Sachverhalt ordnungsgemäß erhoben und festgestellt, das Erkenntnis ausreichend begründet worden und keine Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden seien, kein sonstiges auf die Revision Bezug habendes Vorbringen enthält (vgl. VwGH 28.2.2018, Ra 2016/10/0061, mwN).

Wien, am 30. April 2019

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2017060001.J00

Im RIS seit

10.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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