TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/2 G306 2213986-3

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Veröffentlicht am 02.04.2019
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Entscheidungsdatum

02.04.2019

Norm

BFA-VG §22a
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76

Spruch

G306 2213986-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Algerien, alias Marokko, BFA-Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die

für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Feststellungen:

Der Beschwerdeführer (BF) ist Staatsangerhöriger Algeriens und besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

Der BF ist gesund und ist haftfähig.

Der BF weist im Bundesgebiet folgende strafrechtliche Verurteilungen auf:

01) LG XXXX vom XXXX2015 RK XXXX2015

§§ 127, 129 Z 1 StGB

§15 StGB §269(1) StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX2015

Freiheitsstrafe 7 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Jugendstraftat

Vollzugsdatum XXXX2018

zu LG XXXX RK XXXX2015 Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre LG F.STRAFS.XXXX vom XXXX2016 zu LG XXXX RK XXXX2015 Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen LG F.STRAFS.XXXX vom XXXX2017

02) LG F.STRAFS.XXXX vom XXXX2016 RK XXXX2016

§§ 127, 129 (1) Z 1, 130 (2) 2. Fall StGB § 241 e (3) StGB §229(1) StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX2016

Freiheitsstrafe 12 Monate, davon Freiheitsstrafe 8 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre Junge(r) Erwachsene(r)

zu LG F.STRAFS.XXXX RK XXXX2016 Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am XXXX2017 LG F.STRAFS.XXXX vom XXXX2017

zu LG F.STRAFS.XXXX RK XXXX2016 Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre LG F.STRAFS.XXXX vom XXXX2017

Der BF wurde am XXXX2018 aus der Strafhaft/Gerichtshaft entlassen und in Schubhaft genommen. Der BF wurde in das XXXX verbracht und befindet sich seit dieser Zeit dort in Schubhaft. Der BF befindet sich somit seit dem XXXX2018, 08:40 Uhr durchgängig in Schubhaft.

Am 06.02.2019 erfolgte gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die erste Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft und wurde vom Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) festgestellt, dass die weitere Anhaltung als verhältnismäßig erachtet wird. Die zweite Überprüfung fand am 05.03.2019 statt und wurde wiederum festgestellt, dass die weitere Anhaltung erforderlich und auch verhältnismäßig ist.

Am 02.04.2019 erfolgte gegenständlich die dritte Aktenvorlage bezüglich Überprüfung der Verlängerung der Schubhaft - Verhältnismäßigkeitsüberprüfung - gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG.

Erwägungen:

Die belangte Behörde hat sich weiterhin um die Erlangung eines Heimreisezertifikates bemüht. Die letzte Urgenz bei der Botschaft von Marokko fand am XXXX2019 statt. Der BF wurde am XXXX2019 einer weiteren ED-Behandlung unterzogen und diese nun neuerlich der Botschaft vorgelegt. Die algerische Botschaft teilte nämlich mit, dass es Probleme beim Einlesen der Fingerabdrücke gegeben habe. Mit den neuerlichen Fingerabdrücken wird nochmals geprüft, ob der BF algerischer Staatsangehöriger ist.

Betreffend Ägypten ist ein Interviewtermin bei der ägyptischen Botschaft für den XXXX2019 geplant. Auch dieses Ergebnis ist abzuwarten.

Auch betreffend die libysche Botschaft wurde am 14.03.2019 um einen Interviewtermin angesucht. Eine Antwort steht noch aus und wäre auch dies abzuwarten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Festgestellt wird, dass der BF seit XXXX2018, 08:40 Uhr durchgängig in Schubhaft angehalten wird, dass er haftfähig ist und keine Umstände hervorgekommen sind, die eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts indizieren oder Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft erwecken. Festgestellt wird, dass vor dem BVwG bereits am 06.02.2019 die erste und am 05.03.2019 die zweite Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG stattgefunden hat.

Festgestellt wird, dass die Behörde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats rechtzeitig und mit Nachdrücklichkeit geführt hat und auch weiterhin mit ihr zur Verfügung stehenden Mitteln versucht ein Heimreisezertifikat zu erlangen.

Aufgrund des bisher gezeigten Verhalten des BF ist davon auszugehen, dass beim BF nach wie vor eine hohe Fluchtgefahr besteht und diese, da der BF nunmehr die Möglichkeit einer Schubhaft verspürt hat, noch erheblich angestiegen ist. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vor gegeben, sie ist auch verhältnismäßig und dringend erforderlich.

Der BF verfügt über keinerlei berufliche, familiäre oder sonstige soziale Bindungen in Österreich, er hat keinen Wohnsitz und ist in keiner Weise selbsterhaltungsfähig. Der BF ist bereits mehrfach rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden. Verwiesen wird darauf, dass der BF bereits einmal - XXXX2016 - von der algerischen Botschaft als algerischer Staatsbürger identifiziert wurde. Es ist daher davon auszugehen, dass nach neuerlichen Vorlage von Fingerabdrücken an die algerische Botschaft, diese den BF abermals als ihren Staatangehörigen identifiziert.

Beweiswürdigung:

Den Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts.

Aufgrund des bisherigen Verhalten des BF steht fest, dass der BF nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren möchte, bzw. nicht gewillt ist, sich Rechtsordnungen entsprechend zu verhalten. Sein bisheriges Verhalten und seine Lebensweise lassen keine Zweifel daran, dass der BF in Österreich nicht integriert ist und dass er seine Freilassung nur dazu nützen wird, sich seiner Abschiebung zu entziehen und wiederum Straftaten zu begehen.

Die Behörde ist zutreffend von hoher Fluchtgefahr und akutem Sicherungsbedarf hinsichtlich des BF ausgegangen, was die Verhängung der Schubhaft und das Absehen eines gelinderen Mittels rechtfertigte. Die Schubhaft ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten und unter Berücksichtigung aller Umstände auch verhältnismäßig.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A. - Fortsetzung der Schubhaft

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakte so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakte gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

Die Behörde hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet, weil aus dem vergangenen Verhalten des BF mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der BF seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Die Behörde hat im Hinblick auf das bisherige Verhalten des BF und seine unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine hohe Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen. Der BF hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten des BF in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus. Es besteht nicht nur ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts, wie die politische Diskussion in der Bundesregierung und in der Öffentlichkeit aktuell zeigt, besteht auch ein erhebliches öffentliches Interesse, Fremde nach abgeschlossenem negativen Asylverfahren, die sich ohne Rechtsgrundlage in Österreich aufhalten, außer Landes zu bringen. In diesem Sinne hat die Behörde bisher alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel eingesetzt um ein Heimreisezertifikat für den BF erlangen zu können.

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und die Anberaumung einer Verhandlung auch nicht beantragt wurde, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG iVm 24 Abs. 4 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B. (Unzulässigkeit der Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH vom 19.02.2015, Zl. Ro 2013/21/0075, vom 23.04.2015, Zl. Ro 2014/21/0077, und vom 19.05.2015, Zl. Ro 2014/21/0071, sowie auch der die Schubhaft betreffenden Erkenntnisse des VfGH vom 12.03.2015, G 151/2014 ua., und E 4/2014.

Schlagworte

Fluchtgefahr, gelinderes Mittel, Interessenabwägung, öffentliche
Interessen, Schubhaft, Sicherungsbedarf, strafrechtliche
Verurteilung, Verhältnismäßigkeit, Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G306.2213986.3.00

Zuletzt aktualisiert am

27.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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