TE Vwgh Erkenntnis 2019/4/25 Ro 2018/09/0010

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Veröffentlicht am 25.04.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verfassungsgerichtshof
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
60/04 Arbeitsrecht allgemein
62 Arbeitsmarktverwaltung
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze

Norm

AlVG 1977 §56 Abs2
AuslBG §20g Abs1
B-VG Art83 Abs2
B-VG §18 Abs1
BVwGG 2014 §6
BVwGG 2014 §9 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z2
VwGVG 2014 §28 Abs2
VwGVG 2014 §28 Abs3

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ro 2018/09/0011 E 22.05.2019

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer und Mag. Feiel sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die Revision der regionalen Geschäftsstelle Steyr des Arbeitsmarktservice gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. Juli 2018, Zl. L517 2190709- 1/4E, betreffend Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. M Z in T, 2. H GmbH in N), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde - der nunmehr revisionswerbenden regionalen Geschäftsstelle Steyr des Arbeitsmarktservice - vom 7. März 2018 wurde der Antrag der erstmitbeteiligten Partei vom 5. Februar 2018 auf Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) abgewiesen.

2 Begründend ging die belangte Behörde davon aus, dass das Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass lediglich 30 Punkte anstatt der erforderlichen Mindestpunkteanzahl von 50 Punkten angerechnet werden könnten. Die erstmitbeteiligte Partei habe eine Ausbildung als Maschinenbautechniker für Computerprojektierung. Beantragt worden sei "ein 3D Planer, Bauleiter, Materialbringer". Dafür sei die abgeschlossene Ausbildung nicht relevant, da es sich "um Bautätigkeiten im größeren Sinne" handle; Ausbildung und Praxis könnten nicht angerechnet werden.

3 In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde im Wesentlichen geltend gemacht, die mangelnde Berücksichtigung der Qualifikation bzw. ausbildungsadäquaten Berufserfahrung könne nicht nachvollzogen werden. Der Erstmitbeteiligte habe die Ausbildung Maschinenbautechniker für Computerprojektierung abgeschlossen. In seiner Tätigkeit bei der zweitmitbeteiligten Partei habe er unter anderem die 3D-Planungen und Konstruktionsplanungen für Turn- und Sporthallen auszuführen, die Stahlteile der Turngeräte und Zwischenkonstruktionen planerisch und technisch zu konstruieren. Als Bauleiter habe er zusätzlich an den Baubesprechungen teilzunehmen und Naturmaße zu nehmen. Seine Ausbildung müsse daher angerechnet werden. Zudem verfüge er über Sprachkenntnisse (Deutsch, Englisch, Bosnisch, Serbisch, Kroatisch), die im Unternehmen für Zwecke der Auftragsabwicklung bzw. Bestellung von Artikel benötigt würden. Es handle sie bei den Bestellungen oft um technische Artikel mit Ausführungsspezifikationen, die ohne einen technisch versierten Mitarbeiter nicht möglich seien. 4 Mit dem angefochtenen, durch einen Einzelrichter gefällten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. Juli 2018 wurde in Erledigung dieser Beschwerde der Bescheid vom 7. März 2018 gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei. 5 Begründend führte das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe von Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes liege zwar eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes für die Prüfung der Beschwerde vor, eine Senatszuständigkeit, wie sie in § 20g AuslBG normiert sei, werde dadurch aber nicht begründet. Nach § 20g AuslBG liege eine zwingende Senatszuständigkeit hinsichtlich Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vor. Im gegenständlichen Fall bedürfe es "aber keiner Entscheidung auf Grundlage der zitierten Bestimmung". Es liege daher keine Zuständigkeit eines Senates iSd § 20g AuslBG, sondern eine Einzelrichterzuständigkeit iSd § 6 BVwGG vor.

6 § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG - so das Verwaltungsgericht weiter - bilde die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen habe. Durch die Zurückverweisung werde die Rechtssache nicht materiell erledigt, sondern es handle sich um eine prozessuale Entscheidung. Gemäß § 9 Abs. 1 erster und zweiter Satz BVwGG leite der Vorsitzende die Geschäfte des Senats und führe das Verfahren bis zur Verhandlung; die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürften keines Senatsbeschlusses. Da die gegenständliche Rechtssache für eine materielle Entscheidung mangels hinreichend feststehenden Sachverhaltes für den Senat noch nicht verhandlungsbzw. entscheidungsreif sei, ergebe sich die Zuständigkeit für diese Zurückverweisung als Einzelrichter.

7 Im vorliegenden Fall gehe das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Z 1 und 2 VwGVG, welche zu einer meritorischen Entscheidungspflicht führten, nicht gegeben seien: In der Arbeitgebererklärung sei die Beschäftigung "als Computertechniker für die Erstellung eigener Programme sowie Wartung und Erstellung einer Homepage" begehrt worden. In einem Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 13. Februar 2018 hingegen sei die Suche "eines Estrichlegers, Mischers" angegeben und ausgeführt worden, dass es schon lange ein Inserat beim Arbeitsmarktservice für die Tätigkeit "Estrichleger, Mischer" gebe, die Firma benötige dringend vier Arbeiter "im Bereich Estrich". Im Vermittlungsauftrag bezüglich Ersatzkraftverfahren sei die Berufsbezeichnung von "Estrichleger", die durchgestrichen worden sei, auf "3D Planer, Bauleiter, Materialbringer" geändert worden, als erforderliche Ausbildung sei "C-Führerschein, Maschinenbautechniker mit Computerprogrammierung" sowie als zusätzliche erforderliche Qualifikationen, Kenntnisse und Berufspraxis "Planung von Turn- und Sporthallen, Bauleitung, Materiallieferung an Baustelle, 3D Planung Sporthallen, Sprachkenntnisse Kroatisch, Bosnisch, Serbisch, Englisch, Deutsch für internationalen Materialeinkauf" angeführt worden. Was nun tatsächlich beantragt worden sei, erschließe sich aufgrund dieser divergierenden Angaben nicht; es sei daher Aufgabe der belangten Behörde gewesen, diese Unklarheiten aufzugreifen. Eine "restlose Aufklärung des Sachverhalts" sei nicht erfolgt. Da der Parteiwille nicht feststehe, könne daraus keine klar erkennbare Ausrichtung des Tätigkeitsprofils des begehrten Arbeitnehmers abgeleitet werden. Es sei an der belangten Behörde gelegen, den objektiven Parteiwillen zu ermitteln. Dieser werde im fortgesetzten Verfahren zu erforschen sein. Es handle sich "hierbei um fehlende Feststellungen sowie um divergierende Aussagen, die der Annahme einer umfassenden Sachverhaltsermittlung entgegenstehen und eine Entscheidung auf Grundlage dieser mangelhaften Sachlage" nicht zuließen. Erst wenn der konkrete Parteiwille in Bezug auf das begehrte Tätigkeitsprofil feststehe, könne über die Rechtssache entschieden werden.

8 Aus dem Verwaltungsakt gehe nicht hervor, inwieweit die belangte Behörde überhaupt ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt habe. Die belangte Behörde habe es daher unterlassen, in einer der nachprüfbaren Kontrolle zugänglichen Weise hinreichend darzutun, dass nach den Ergebnissen eines ordnungsgemäß durchgeführten Ermittlungsverfahrens keine der in § 4 Abs. 3 AuslBG geforderten Voraussetzungen vorliege. Dem Verwaltungsgericht sei auf Basis des lediglich fragmenthaften und nicht rekonstruierbaren Verwaltungsaktes eine nachfolgende Überprüfung verwehrt. Wenn man vom prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch die Verwaltungsgerichte ausgehe, bedeute dies im konkreten Fall, dass das Verwaltungsgericht "sämtliche Erhebungen, welche grundsätzlich bereits von der belangten Behörde durchzuführen gewesen wären, selbst zu tätigen" habe. Diese Erhebungen hätten dann durch das Verwaltungsgericht zu erfolgen, wenn sie eine raschere Verfahrenserledigung erlaubten oder erheblich zur Kostenersparnis beitrügen. Davon könne hier nicht gesprochen werden, zumal grundlegende Sachverhaltserhebungen fehlten. Es erscheine im Interesse der Raschheit gelegen, wenn diese Erhebungen von der belangten Behörde durchgeführt würden.

9 Würde im konkreten Fall das Verwaltungsgericht die Instanz sein, die im Verfahren erstmals einen begründeten Bescheid mit den Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes erlasse, so sei damit der Rechtsschutz eingeschränkt. Es sei in erster Linie die Aufgabe der belangten Behörde, sich sachgerecht mit dem Antrag auseinanderzusetzen, den maßgeblichen Sachverhalt vollständig festzustellen, ihre Begründung im Bescheid nachvollziehbar darzustellen und diese zentrale Aufgabe nicht etwa an das Verwaltungsgericht auszulagern. Gemäß § 27 VwGVG sei es Aufgabe der Verwaltungsgerichte, die angefochtene Entscheidung zu überprüfen. Das Verwaltungsgericht sei damit in erster Linie Kontrollinstanz. Insbesondere angesichts der gerichtlichen Verfahrensführung durch einen einzelnen Richter, der Beachtung des Unmittelbarkeitsprinzips bei der Beweisaufnahme und grundsätzlich gegebenen Verhandlungspflicht könne gegenständlich auch nicht festgestellt werden, dass die Verfahrensführung durch das Verwaltungsgericht selbst mit einer erheblichen Zeit- und Kostenersparnis verbunden wäre. Der angefochtene Bescheid sei daher aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen gewesen. 10 Seinen Ausspruch nach § 25a Abs. 1 VwGG begründete das Verwaltungsgericht damit, dass "im gegenständlichen Fall die Entscheidung als Einzelrichter gemäß § 6 BVwGG iVm § 28 Abs. 3 VwGVG" von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Diesbezüglich lägen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes "Gründe vor, insbesondere aufgrund der im § 45 Abs. 3 BBG normierten Senatszuständigkeit, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen" ließen.

11 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Amtsrevision der belangten Behörde.

12 Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 Die Amtsrevisionswerberin macht zur Zulässigkeit der Revision geltend, der angefochtene Beschluss weiche von der - vom Verwaltungsgericht selbst zitierten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zurückverweisungsmöglichkeit nach § 28 Abs. 3 VwGVG ab (Verweis auf VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063, VwSlg. 18886 A; 10.9.2014, Ra 2014/08/0005; 24.3.2015, Ra 2014/09/0043, 0044). Es liege keinesfalls eine krasse bzw. besonders gravierende Lücke vor, die eine Zurückverweisung rechtfertige. Das Verwaltungsgericht führe nicht aus, worin die krassen Ermittlungslücken bestehen sollten. Als einzige Ermittlungslücke werde angeführt, dass aufgrund divergierender Angaben der Parteiwille nicht feststehe und daraus keine klar erkennbare Ausrichtung des Tätigkeitsprofils des begehrten Arbeitnehmers abgeleitet werden könne. Nach Ansicht der Revisionswerberin sei das Gegenteil der Fall, der Parteiwille sei aufgrund der Eingaben eindeutig ersichtlich. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, stelle dies keine krasse Ermittlungslücke dar, da diese Ermittlung vom Verwaltungsgericht mit geringem Aufwand nachgeholt werden könne. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde den Parteiwillen rascher und zweckmäßiger ermitteln könne. Durch die Zurückverweisung an die belangte Behörde, damit diese die zweitmitbeteiligte Partei befrage, für welche Tätigkeit sie den Erstmitbeteiligten genau einsetzen wolle, komme es erst recht zu Verfahrensverzögerungen.

14 Die Revision ist zulässig und begründet:

15 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes

ist in § 28 VwGVG ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden; eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Sind (lediglich) ergänzende Ermittlungen vorzunehmen, liegt die (ergänzende) Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht im Interesse der Raschheit im Sinn des § 28 Abs. 2 Z 2 erster Fall VwGVG, zumal diesbezüglich nicht bloß auf die voraussichtliche Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens alleine, sondern auf die Dauer des bis zur meritorischen Entscheidung insgesamt erforderlichen Verfahrens abzustellen ist. Nur mit dieser Sichtweise kann ein dem Ausbau des Rechtsschutzes im Sinn einer Verfahrensbeschleunigung Rechnung tragendes Ergebnis erzielt werden, führt doch die mit der verwaltungsgerichtlichen Kassation einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung verbundene Eröffnung eines neuerlichen Rechtszugs gegen die abermalige verwaltungsbehördliche Entscheidung an ein Verwaltungsgericht insgesamt zu einer Verfahrensverlängerung (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 27.6.2018, Ra 2017/09/0031, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur).

16 Das Verwaltungsgericht begründet seine Entscheidung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGG ausschließlich damit, dass unklar bzw. zu klären sei, was "tatsächlich beantragt worden sei" bzw. welche "klar erkennbare Ausrichtung des Tätigkeitsprofils des begehrten Arbeitnehmers" dem Parteiwillen entspreche. 17 Mit dieser Begründung wird das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGG schon deshalb nicht nachvollziehbar begründet, weil die belangte Behörde - die grundsätzlich an das von der antragstellenden Partei formulierte Anforderungsprofil gebunden ist (vgl. VwGH 10.9.2015, Ro 2015/09/0011; 15.5.2008, 2005/09/0106) - gestützt auf den von der zweitmitbeteiligten Partei erteilten Vermittlungsauftrag davon ausgegangen ist, dass "ein 3D Planer, Bauleiter, Materialbringer" beantragt worden sei. Dieser Beurteilung ist die zweitmitbeteiligte Partei in ihrer Beschwerde in keiner Weise entgegengetreten, sie hat vielmehr dieses Anforderungsprofil in ihrem Rechtsmittel näher zu erläutern versucht. Davon ausgehend kann aber keine Rede davon sein, dass von einem ungeklärten Parteiwillen in Bezug auf das formulierte Anforderungsprofil auszugehen gewesen wäre.

18 Im Übrigen käme aber selbst unter der Annahme, es hätten Zweifel am formulierten Anforderungsprofil der zweitmitbeteiligten Partei bestanden, eine Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG allein deshalb, um den "objektiven Parteiwillen" zu klären, nicht in Betracht. Selbst bei Zweifeln über den Antragsinhalt wäre das Verwaltungsgericht nämlich nicht ohne weiteres berechtigt gewesen, die Sache an die Behörde zurückzuverweisen, sondern hätte diesbezüglich selbst Ermittlungen durchzuführen gehabt (vgl. VwGH 30.9.2014, Ro 2014/22/0021; 30.9.2014, Ro 2014/22/0022).

19 Dass die belangte Behörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt durch Unterlassung eines notwendigen Ersatzkraftfeststellungsverfahrens nur sehr unzureichend festgestellt, und damit keine für eine Entscheidung in der Sache nach § 28 Abs. 2 VwGVG ausreichenden "brauchbaren Ermittlungsergebnisse" geliefert habe, wurde nicht ausgeführt (vgl. VwGH 23.2.2017, Ra 2016/09/0103).

20 Der angefochtene Beschluss kann demnach schon von daher keinen Bestand haben.

21 Er erweist sich allerdings noch aus einem weiteren, vorrangig wahrzunehmenden Grund als rechtswidrig:

22 Das Verwaltungsgericht geht (mit der oben wiedergegebenen Begründung) davon aus, dass die vorliegende Entscheidung durch einen Einzelrichter zu treffen sei. In seiner Zulässigkeitsbegründung bezieht es sich - ungeachtet der Zitierung des hier nicht maßgeblichen § 45 Abs. 3 Bundesbehindertengesetz - offenbar auf diese Frage, um eine grundsätzliche Rechtsfrage darzulegen.

23 Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören.

24 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 7. September 2017, Ra 2017/08/0065, zur Frage der Einzelrichterzuständigkeit in Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide einer regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 56 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) bereits Folgendes ausgeführt:

"Der Tatbestand, aus dem sich die Senatszuständigkeit ableitet, stellt nur auf die bescheiderlassende Behörde und nicht etwa darauf ab, worüber sie entschieden hat. Die Regelung trägt dem Legalitätsprinzip iSd Art. 18 Abs. 1 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG Rechnung, wonach der Gesetzgeber insbesondere in Bezug auf die Behörden- und Gerichtszuständigkeit zu einer präzisen, strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden Regelung verpflichtet ist und eine Zuständigkeitsfestlegung klar und unmissverständlich sein muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2016, Ra 2016/02/0159). § 9 Abs. 1 BVwGG betrifft hingegen nur die der Entscheidung in der Hauptsache vorangehenden Beschlüsse."

25 Nichts anderes gilt aber für die hier maßgebliche - mit § 56 Abs. 2 AlVG insofern übereinstimmende - Norm des § 20g Abs. 1 AuslBG. Der Umstand, dass durch die Zurückverweisung die Rechtssache "nicht materiell erledigt" werde bzw. es sich "um eine prozessuale Entscheidung" handle, vermag daran nichts zu ändern, zumal es sich auch hier - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes - um keinen der Entscheidung in der Hauptsache vorangehenden Beschluss im Sinne des § 9 Abs. 1 BVwGG handelt (vgl. auch VwGH 11.4.2018, Ro 2017/08/0033; 5.9.2018, Ra 2018/03/0056).

26 Da das Bundesverwaltungsgericht entgegen § 20g Abs. 1 AuslBG über die Beschwerde gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle Steyr des Arbeitsmarktservice vom 7. März 2018 durch einen Einzelrichter und somit nicht in der gesetzmäßigen Senatsbesetzung entschieden hat, erweist sich der angefochtene Beschluss daher als rechtswidrig.

27 Eine Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes ist vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 VwGG von Amts wegen aufzugreifen, wenn sich die Revision - wie hier - als zulässig erweist (vgl. VwGH 27.2.2019, Ro 2017/10/0038; 27.11.2018, Ra 2017/02/0141).

28 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufzuheben.

Wien, am 25. April 2019

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018090010.J00

Im RIS seit

22.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

22.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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