Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoffmann als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Huber und die Richterin Dr. Prantl als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei T***** N*****, Rechtsanwalt, *****, wider die beklagte Partei M***** R*****, *****, vertreten durch Dr. Oliver Kühnl, Rechtsanwalt in Innsbruck, als bestellter Verfahrenshelfer, wegen EUR 35.000,-- s.A., über den Rekurs des Verfahrenshelfers gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 17.12.2018, 12 Cg 59/18h-37 (Rekursinteresse EUR 270,35), in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird t e i l w e i s e Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass die Barauslagen des Verfahrenshelfers (§ 64 Abs 1 Z 1 lit f ZPO) Dr. Oliver Kühnl mit weiteren EUR 115,85, insgesamt daher mit EUR 157,36 (brutto) bestimmt werden.
Die Zahlungsanweisung bleibt dem Erstgericht vorbehalten.
Der Verfahrenshelfer hat die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls u n z u l ä s s i g .
Begründung:
Text
Dem Beklagten wurde mit Beschluss des LGfZRS Wien vom 10.1.2018 im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit f und Z 3 ZPO die Verfahrenshilfe bewilligt. Nach Überweisung der Rechtssache (§ 230a ZPO) an das Erstgericht erfolgte eine Umbestellung in der Person des Verfahrenshelfers und wurde mit Bescheid der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 3.7.2018 (ON 27) der nunmehrige Rekurswerber zum Verfahrenshelfer des Beklagten bestellt.
Mit dem (rechtskräftigen) Beschluss des Erstgerichts vom 6.8.2018 (ON 32) wurde die gegenständliche (Honorar-)Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen. Eine Kostenentscheidung ist in diesem Zurückweisungsbeschluss nicht enthalten. Dem insoferne vom Beklagten dagegen erhobenen Rekurs, mit dem Antrag, den (Zurückweisungs-)Beschluss des Erstgerichts dahingehend abzuändern (zu ergänzen), dass der Kläger schuldig sei, ihm Verfahrenskosten in Höhe von EUR 1.468,44 zu ersetzen, wurde mit Beschluss des Rekursgerichts vom 15.10.2018 (4 R 126/18p-35) keine Folge gegeben.
Mit dem am 28.11.2018 beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrte der Verfahrenshelfer, seine Barauslagen mit EUR 311,86 zu bestimmen, darin enthalten (jeweils netto) Telefonkosten von EUR 12,80, Kosten von „Kopien“ für eine Aktenabschrift vom Gericht im Umfang von 77 Seiten EUR 66,99 und Kopien für Urkunden Gegenseite (207 Seiten) von EUR 180,09.
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht die Barauslagen des Verfahrenshelfers mit (brutto) EUR 41,51 (ohne ausdrückliche Abweisung des Mehrbegehrens). Die Telefonspesen seien aufgegliedert und für das Gericht nachvollziehbar dargestellt worden, sohin einem Ersatz zugänglich. Für die „Aktenabschrift vom Gericht“ habe der Verfahrenshelfer (brutto) EUR 1,05 (pro Seite) verrechnet. Eine Kopie durch den Anwalt selbst koste bei Gericht EUR 0,34 bzw, wenn diese Kopie vom Gericht angefertigt werde, EUR 0,66. Mangels Bescheinigung letzterer Vorgangsweise seien dem Beklagtenvertreter EUR 0,34 (inklusive USt) pro Kopie zuzusprechen. Die Kopien für „Urkunden Gegenseite“ seien vom Anwaltshonorar (Einheitssatz) umfasst, es im Übrigen unterlassen worden, diese Kosten für das Gericht nachvollziehbar zu bescheinigen.
Dagegen richtet sich der rechtzeitige Rekurs des Verfahrenshelfers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass seine Barauslagen mit weiteren EUR 270,35 (insgesamt sohin - wie beantragt - mit EUR 311,86) bestimmt werden; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Eine Rekursbeantwortung (Revisor) wurde nicht erstattet.
Der Rekurs ist teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 64 Abs 1 Z 1 lit f ZPO kann die Verfahrenshilfe unter anderem die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der notwendigen Barauslagen, die von dem vom Gericht bestellten gesetzlichen Vertreter oder von dem der Partei beigegebenen Rechtsanwalt oder Vertreter geltend gemacht worden sind, umfassen. Nach Abs 4 dieser Bestimmung ist der in Abs 1 Z 1 lit f genannten Vertretung auf Antrag ein angemessener Vorschuss auf die vorläufig zu leistenden notwendigen Barauslagen zu gewähren, wenn diese insgesamt den Betrag von EUR 100,-- voraussichtlich übersteigen. Der Anspruch auf Vergütung dieser Barauslagen steht dem Verfahrenshelfer selbst zu, nicht der vertretenen Partei (M. Bydlinski in Fasching/Konecny³ II/1, § 64 ZPO Rz 10). Der Antrag kann nach Entrichtung der Auslagen jederzeit gestellt werden und unterliegt weder der Präklusion nach § 54 ZPO noch sonst einer eigenen gesetzlichen Befristung (OLG Wien, WR 987, 934). Erfasst sind auch jene im Rahmen der Verfahrenshilfevertretung im konkreten Fall getätigten Auslagen, die nach § 23 RATG durch den Einheitssatz abgedeckt wären, wie etwa Telefon- oder Postgebühren (M. Bydlinski, aaO). Die vom Verfahrenshelfer ausgelegten Kosten sind nachvollziehbar aufzuschlüsseln und zu bescheinigen. Steht fest, dass der Verfahrenshelfer bestimmte Kosten getragen hat, wird besondere Kleinlichkeit regelmäßig nicht am Platz sein (ebenda).
Die hier gegenständliche Aktenabschrift (77 Seiten) wie auch die Urkunden der Gegenseite (207 Seiten) wurden dem Verfahrenshelfer im elektronischen Rechtsverkehr übermittelt. Von „Kopierkosten“ im eigentlichen Sinn kann somit keine Rede sein. Das Rekursgericht hat allerdings zu 4 R 38/18x bereits die Auffassung vertreten, dass der Barauslagenersatzanspruch des Verfahrenshelfers auch jene Kosten umfassen kann, die diesem aus der Übermittlung von Schriftsätzen etc im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs erwachsen, zumal diese als Barauslagen im Sinne des § 64 Abs 1 Z 1 lit. f ZPO begriffen werden können. Immerhin darf nicht übersehen werden, dass mit dem Ausdruck der elektronisch übermittelten Urkunden und Aktenstücke unzweifelhaft Kosten verbunden sind.
In der angeführten Entscheidung (4 R 38/18x) wurde ein Betrag von EUR 0,42 (brutto), wie dort begehrt, für ein im ERV empfangenes Schriftstück als angemessen erachtet. Hier begehrt der Verfahrenshelfer - ohne nähere Begründung - pro „Kopie“ netto EUR 0,87. Dies erscheint aber als überhöht. Ein Betrag von EUR 0,50 (brutto) pro ausgedruckter Seite erscheint hingegen angemessen und gerechtfertigt.
Für insgesamt 284 „Kopien“ (sprich ausgedruckten Seiten) stehen dem Rekurswerber daher EUR 142,-- (brutto) zu. Hinzukommen noch (brutto) EUR 15,36 für die geltend gemachten Telefonspesen. Abzüglich der bereits vom Erstgericht zugesprochenen Barauslagen von EUR 41,31 gebühren dem Rekurswerber daher weitere EUR 115,85 an Barauslagen.
In diesem Sinne war der angefochtene Beschluss in teilweiser Stattgebung des Rekurses abzuändern. Ein Kostenersatzanspruch im Verfahren auf Bestimmung der Barauslagen des Verfahrenshelfers nach § 64 Abs 1 Z 1 lit f ZPO kommt nicht in Frage. Es geht - wie bereits angemerkt - um einen Ersatzanspruch des Verfahrenshelfers selbst, der sich weder gegen die Partei noch den Gegner der von ihm als Verfahrenshelfer vertretenen Partei richtet. Im Übrigen ist in Verfahrenshilfesachen grundsätzlich ein Kostenersatz nicht vorgesehen (§ 72 Abs 3 letzter Satz ZPO - siehe Klauser/Kodek, JN-ZPO18, § 72 E 22).
§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist gegenständlich analog anzuwenden, weshalb der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist.
Oberlandesgericht Innsbruck, Abteilung 4
Innsbruck, am 22.3.2019
Dr. Georg Hoffmann, Senatspräsident
Textnummer
EI0100069European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0819:2019:00400R00025.19M.0322.000Im RIS seit
25.06.2019Zuletzt aktualisiert am
25.06.2019