TE OGH 2019/5/24 8ObA53/18d

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Veröffentlicht am 24.05.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Helmut Purker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei V***** K*****, vertreten durch Janezic & Schmid Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die beklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Christoph Orgler, Rechtsanwalt in Graz, wegen Feststellung (Wert des Interesses 192.486 EUR brutto), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Juni 2018, GZ 7 Ra 5/18m-33, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 2. Oktober 2017, GZ 58 Cga 66/16i-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Gesellschafter der beklagten GmbH sind die Klägerin und deren zwei Brüder (jeweils mit 2 % des Stammkapitals), sowie eine vom Vater der Geschwister errichtete Privatstiftung (mit 94 % des Stammkapitals).

Im Dezember 2011 wurde ein Dienstvertrag zwischen den Streitteilen errichtet, dessen Abschluss von allen Gesellschaftern der Beklagten nachträglich im Jahre 2012 durch Umlaufbeschluss genehmigt wurde. Der Klägerin wurde darin unter anderem für die Tätigkeiten einer Handlungsbevollmächtigten, Rechnungswesenbeauftragten und Vermögensverwalterin ein Bruttogehalt von 3.700 EUR zuzüglich 800 EUR Leistungsprämie bei einer 40-Stunden-Woche zugesagt. Die Möglichkeit der Kündigung wurde im Vertrag auf wichtige Gründe eingeschränkt, beispielsweise den Fall, dass „die bisherige Beschäftigung nicht mehr gewährleistet“ sei.

Bis Dezember 2014 war die Klägerin auch Geschäftsführerin einer zum Familienimperium gehörenden Holdinggesellschaft.

Nach dem Tod des Vaters der Klägerin kam es zu Unstimmigkeiten innerhalb der Familie über die wechselseitigen wirtschaftlichen Beziehungen der einzelnen Unternehmen. Die Vorstandsmitglieder der Privatstiftung waren bemüht, eine für alle tragbare Lösung zu finden. Nach langwierigen Diskussionen wurde die Klägerin als Geschäftsführerin der Holdinggesellschaft abberufen und ein Bruder an ihrer Stelle zum Geschäftsführer bestellt. In der gleichen Sitzung wurde in Anwesenheit aller Gesellschafter der Beklagten der Beschluss gefasst, den bestehenden Dienstvertrag der Klägerin (und auch jenen ihres Bruders) unkündbar zu stellen.

In der Folge dauerten die Unstimmigkeiten unter den Geschwistern dennoch weiter an. Der Klägerin wurde vom Vorstandsvorsitzenden der Stiftung vorgeworfen, ihre Arbeit vollkommen unzulänglich zu erledigen. Anfang Mai 2016 wurde die Klägerin schließlich von der außerordentlichen Generalversammlung der Beklagten als Geschäftsführerin der Beklagten abberufen und ihr Dienstverhältnis zum 31. 12. 2016 gekündigt. Im Protokoll dieser Generalversammlung wurde die Auffassung des Stiftungsvorstands festgehalten, dass die Klägerin wesentlichen Dienstpflichten nicht nachgekommen sei und deshalb ihre Entlassung gerechtfertigt wäre. Zur Vermeidung der Kosten eines Gerichtsverfahrens solle jedoch von einer Entlassung abgesehen werden. Der Ausspruch der Kündigung wurde gegenüber der Klägerin vom neu bestellten Geschäftsführer der Beklagten mit Schreiben vom 26. 9. 2016 wiederholt.

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ihr Dienstverhältnis über den 31. 12. 2016 hinaus aufrecht sei. Die Kündigung sei unwirksam, weil sie nicht vom zuständigen Organ der Beklagten ausgesprochen worden sei, vor allem widerspreche sie dem vereinbarten Kündigungsverzicht. Das Motiv der Beendigung sei sittenwidrig.

Die Beklagte wandte insbesondere ein, der Dienstvertrag der Klägerin sei bereits im Jahr 2011 nicht wirksam zustandegekommen, jedenfalls sei aber das Zugeständnis der Unkündbarkeit nicht von einem wirksamen Generalversammlungsbeschluss gedeckt. Eine solche Vereinbarung mit einer Gesellschafterin halte keinem Fremdvergleich stand und verstoße gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr, weil es die Beklagte zwingen würde, der Klägerin auf Dauer ein weit überhöhtes Gehalt ohne entsprechende Gegenleistung zu bezahlen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es bejahte die formale Wirksamkeit beider strittigen Gesellschafter- bzw Generalversammlungsbeschlüsse ebenso wie die Zulässigkeit des Kündigungsverzichts. Das vereinbarte Entgelt der Klägerin sei für die definierten Aufgaben und die Vollzeitbeschäftigung nicht fremdunüblich hoch. Ob sie einen Entlassungsgrund verwirklicht habe, könne rechtlich dahingestellt bleiben, weil die Beklagte bewusst auf den Ausspruch einer Entlassung verzichtet habe.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Ob eine überhöhte Entgeltvereinbarung und insoweit ein zur Teilnichtigkeit führender Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr vorliege, könne dahingestellt bleiben, weil sich der Verfahrensgegenstand auf die Frage des aufrechten Bestands des Dienstverhältnisses beschränke. Die Kapitalerhaltungsvorschriften stünden aber einem vertraglichen Kündigungsverzicht nicht entgegen, weil mit diesem kein Vermögenstransfer verbunden sei. Das unkündbare Dienstverhältnis hätte lediglich durch den
– unterbliebenen – Ausspruch einer Entlassung wirksam beendet werden können.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung darüber vorliege, ob allenfalls die behauptete Kombination einer unangemessen hohen Gehaltsvereinbarung mit einem vertraglichen Kündigungsverzicht einen Verstoß gegen § 82 GmbHG begründe.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin beantwortete Revision der Beklagten ist zulässig, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts einer Klarstellung der Rechtslage bedarf. Die Revision ist im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1. Einen wesentlichen Mangel des Berufungsverfahrens erblickt die Beklagte darin, dass das gerügte Unterbleiben von Beweisaufnahmen für die vorgebrachten Entlassungsgründe vom Berufungsgericht nicht inhaltlich behandelt worden sei.

Mit diesen Ausführungen wird – wie die Revisionsausführungen in der Folge auch einräumen – keine primäre Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens behauptet. Die von der Beklagten vermissten Beweisaufnahmen und Feststellungen sind unterblieben, weil die Vorinstanzen der Ansicht waren, dass es darauf mangels Ausspruchs einer Entlassung für das rechtliche Ergebnis nicht ankäme. Das Fehlen von entscheidungswesentlichen Sachverhaltsfeststellungen fällt unter den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (RIS-Justiz RS0043304; RS0043480 [T8]), weshalb die Revisionswerberin damit auf die folgende Behandlung der Rechtsrüge zu verweisen ist.

2. Den gegen die formale Wirksamkeit des einstimmig gefassten Gesellschafterbeschlusses vom 22. 12. 2014 gerichteten Argumenten der Revision kommt keine Berechtigung zu.

Es genügt dazu, auf die im Einklang mit der Rechtsprechung stehenden und von der Revision insoweit auch nicht in Frage gestellten Rechtsausführungen des Berufungsgerichts zu verweisen. Weshalb die Abhaltung einer förmlichen Generalversammlung zur Beschlussfassung über eine Frage, in der bereits Einvernehmen unter den Gesellschaftern erzielt wurde, hier doch mehr als eine bloße Formalität dargestellt hätte, vermag die Revision nicht überzeugend zu begründen. Es ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen, dass den drei Minderheitsgesellschaftern der Beklagten (von denen nur einer nicht selbst durch den Beschluss begünstigt wurde) keine ausreichende Frage- und Beratungsmöglichkeit zu dem von der Mehrheitsgesellschafterin ausgearbeiteten Vorschlag gewährt worden wäre.

3. Zutreffend sind die Vorinstanzen auch davon ausgegangen, dass ein Dauerschuldverhältnis bei vereinbarter Unkündbarkeit durch einseitige Erklärung dann vorzeitig aufgelöst werden kann, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für einen der Vertragsteile unzumutbar erscheinen lässt (RS0027780; RS0018377 [T5]; 6 Ob 68/15s; 8 Ob 4/17x).

Diese ausnahmsweise Möglichkeit zur vorzeitigen Auflösung unkündbarer Schuldverhältnisse wird aufgrund der Überlegung bejaht, dass auf Dauer angelegte Rechtsverhältnisse für eine Veränderung der für den Vertrag wesentlichen Verhältnisse in besonderem Maß empfindlich sind und es auch den sorgfältigsten Parteien nicht möglich ist, für alle derartigen Fälle in Zukunft vertraglich vorzusorgen (RS0027780 [T11]). Dies gilt mit der Einschränkung, dass solche Gründe, die schon bei Abschluss des Dauerschuldverhältnisses bekannt waren, mit denen zumindest gerechnet werden musste, sowie Veränderungen, die von den Vertragsparteien offensichtlich in Kauf genommen wurden (RS0018368 [T13]; 8 ObA 26/00g; 8 Ob 4/17x), oder die nur in die Sphäre des beendigungswilligen Vertragsteils fallen (RS0018368 [T15, T21]), die vorzeitige Auflösung nicht rechtfertigen können.

Es entspricht ferner der ständigen Rechtsprechung, dass die für die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund entwickelten Grundsätze wegen Rechtsähnlichkeit auch auf die Kündigung von nur aus wichtigem Grund kündbaren Dienstverhältnisse anzuwenden sind. Ein bekannt gewordener Beendigungsgrund muss demnach bei sonstigem Verlust des Auflösungsrechts unverzüglich geltend gemacht werden (RS0029273 [T9, T11]; RS0027780 [T67]; 8 Ob 97/16x).

Zu Recht wendet sich die Revision aber gegen die Auffassung der Vorinstanzen, dass nach der Vereinbarung das Dienstverhältnis durch den Dienstgeber auch bei Vorliegen wichtiger Gründe grundsätzlich nur in der Form einer Entlassung beendet werden könne.

Der Oberste Gerichtshof hat etwa im Zusammenhang mit dem Kündigungsschutz nach den §§ 120 f ArbVG ausgesprochen, dass dann, wenn ein Entlassungstatbestand nach § 122 Abs 1 Z 5 ArbVG erfüllt ist, auch die Zustimmung zur Kündigung nach § 121 Z 3 ArbVG erteilt werden kann (9 ObA 285/88).

Hier ging es nun den Vertragsparteien darum, die Rechtsstellung der Klägerin als Arbeitnehmerin durch einen besonderen Beendigungsschutz zu verbessern. Das spricht aber dafür, dass die Vertragsparteien dem Arbeitgeber selbst bei Vorliegen von Entlassungsgründen die Möglichkeit einräumen wollten, statt einer Entlassung die für die Klägerin als Arbeitnehmerin günstigere Form der Auflösung durch eine bloße Kündigung mit den daraus ableitbaren gesetzlichen Ansprüchen zu wählen.

Mit der Entscheidung, vorsichtshalber doch nur eine Kündigung auszusprechen, hat die Beklagte zwar zugunsten der Klägerin für den Anlassfall schlüssig auf das Recht zur fristlosen Beendigung verzichtet. Davon unabhängig stand es ihr aber offen, sich auf den behaupteten Entlassungsgrund zu berufen, um eine wirksame Ausnahme von der vereinbarten Unkündbarkeit zu begründen.

Entgegen der vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Ansicht der Vorinstanzen ist damit zur abschließenden rechtlichen Beurteilung eine Befassung mit dem behaupteten wichtigen Auflösungsgrund erforderlich.

4. Der Schwerpunkt der Revisionsausführungen liegt in der Argumentation, die vertragliche Unkündbarkeit des Dienstvertrags einer Gesellschafterin verstoße gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 82 GmbHG. Die Revision vertritt den Standpunkt, ein freiwilliger Kündigungsverzicht sei gegenüber Gesellschaftern insbesondere dann unwirksam, wenn er mit einem weit überhöhten Gehalt zusammentreffe. Diese Voraussetzung liege entgegen der Beurteilung des Erstgerichts vor, weil die Aufgaben der Klägerin tatsächlich in weniger als der Hälfte der vereinbarten Vollarbeitszeit erledigt werden könnten.

5. Nach § 82 Abs 1 GmbHG können die Gesellschafter ihre Stammeinlage nicht zurückfordern; sie haben, solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den nach dem Jahresabschluss als Überschuss der Aktiven über die Passiven sich ergebenden Bilanzgewinn, soweit dieser nicht aus dem Gesellschaftsvertrag oder durch einen Beschluss der Gesellschaft von der Verteilung ausgeschlossen ist. Damit bewirkt § 82 Abs 1 GmbHG eine umfassende Vermögensbindung der GmbH (6 Ob 195/18x). Das Verbot der Einlagenrückgewähr erfasst alle Geschäfte, die einem Fremdvergleich nicht standhalten, also nicht oder nicht so geschlossen worden wären, wenn kein Gesellschafter daraus seinen Vorteil zöge (RS0105540). Unter das Verbot der Einlagenrückgewähr fallen nicht nur offene Barzahlungen an die Gesellschafter, sondern auch im Gewand anderer Rechtsgeschäfte erfolgte verdeckte Leistungen (RS0105540 [T3]).

Die Kapitalerhaltungsvorschriften sollen nach ihrem Sinn und Zweck jede (unmittelbare oder mittelbare) Leistung an einen Gesellschafter erfassen, der keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht und die wirtschaftlich das Vermögen der Gesellschaft verringert. Darunter fallen Zuwendungen oder Vergünstigungen aller Art ohne Rücksicht darauf, ob sie in der Handelsbilanz der Gesellschaft (oder des Gesellschafters) einen Niederschlag finden (RS0105532). Unzulässig ist jeder Vermögenstransfer von der Gesellschaft zum Gesellschafter in Vertragsform oder auf andere Weise, die den Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zu Lasten des gemeinsamen Sondervermögens bevorteilt (RS0105532 [T8]). Verboten ist nicht nur die Gewährung, sondern bereits die bloße Zusage einer unzulässigen Leistung (Köppl in U.Torggler [Hrsg], GmbHG § 82 Rz 8; RS0105532).

6. Bei der Beurteilung, ob ein unzulässiger Vorteil gewährt wurde, ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise anzustellen (RS0105532 [T11]), deren Ergebnis grundsätzlich einzelfallabhängig ist. Allerdings ist die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass eine verbotene Einlagenrückgewähr immer einen aktuellen Vermögenstransfer voraussetze, weshalb die Einräumung immaterieller Vorteile zulässig sein müsse, in dieser Allgemeinheit nicht mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung vereinbar. Es wurde bereits ausgesprochen, dass ein Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften auch in der bloßen Bestellung von Sicherheiten zugunsten von Gesellschaftern liegen kann, wenn die Gesellschaft keine angemessene, bei vergleichbaren Bankgeschäften übliche Gegenleistung erhält (RS0105534). Dabei ist bei einer verdeckten Rückgewähr nicht nur auf die konkreten Konditionen abzustellen, sondern auch zu prüfen, ob das betreffende Geschäft mit Außenstehenden überhaupt geschlossen worden wäre (6 Ob 110/12p; 6 Ob 232/16k).

Es kommt für diese Beurteilung nicht darauf an, ob bei Abschluss der Vereinbarung mit einer tatsächlichen Inanspruchnahme und damit einem Vermögenstransfer zu rechnen war oder es in der Folge dazu kommt, weil bereits die Bestellung der Sicherheit eine vermögenswerte Leistung darstellt (6 Ob 232/16k). Es genügt, wenn durch Rechtsgeschäfte zwischen Gesellschaft und Gesellschafter oder auch zwischen diesen und Dritten dem Gesellschafter indirekt ein Vorteil zukommt, der für die Gesellschaft gleichzeitig ein Nachteil ist (RS0105532 [T21]). Auch Sicherstellungen (Köppl aaO, § 82 GmbHG Rz 23 mwN) und die Anschaffung und bloße Überlassung von Betriebsvermögen zum Nutzen eines Gesellschafters sind, wenn kein angemessenes, fremdübliches Entgelt geleistet wurde (6 Ob 195/18x), als verdeckte Einlagenrückgewähr anzusehen.

7. Verboten sind auch Zuwendungen der Gesellschaft an einen Dritten, wenn sie auf Veranlassung eines diesem nahestehenden Gesellschafters vorgenommen wurden, etwa an nahe Angehörige (Bauer/Zehetner in Straube/Ratka, WK zum GmbHG [2017] § 82 Rz 82; 6 Ob 195/18x). Hier liegt – bei gebotener wirtschaftlicher Betrachtungsweise (6 Ob 232/16k [ErwGr 3.1.] mwN) – letztlich ebenfalls eine mittelbare Begünstigung des Gesellschafters vor. Das Argument der Klägerin, im Rahmen eines Familienbetriebs sei die Sonderbegünstigung von Angehörigen üblich und daher von vornherein nicht der Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften zu unterstellen, ist daher verfehlt.

8. Dass die Unkündbarkeit eines Dienstvertrags für den Dienstnehmer in der Regel, abhängig von Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt, einen Vorteil darstellt, weil er seine Lebensplanung auf einen relativ sicheren Arbeitsplatz einstellen kann, ist nicht zu bezweifeln. Für den Dienstgeber bedeutet eine solche Zusage eine Beschränkung seiner zukünftigen unternehmerischen Dispositionsfreiheit. Auf geänderte Verhältnisse, sei es in der Unternehmensorganisation, Wirtschaftslage oder in der Person des Dienstnehmers kann bei Unkündbarkeit nicht oder nur erschwert reagiert werden. Die Weiterbeschäftigung eines Gesellschafters als unkündbaren Dienstnehmer verursacht, wenn seine Arbeitskraft nicht mehr adäquat eingesetzt werden kann, weitere Lohnkosten, denen kein entsprechender Vorteil für das Unternehmen mehr gegenübersteht. Diese potentiell nachteilige Beschränkung der Handlungsfreiheit tritt bereits im Zeitpunkt der Vereinbarung ein.

9. Ob ein konkreter vertraglicher Kündigungsverzicht in diesem Sinn unter das Verbot der Einlagenrückgewähr fällt, oder ob hinreichende Gründe vorliegen, die einer solchen Beurteilung entgegenstehen, wie ein besonderes, objektiv begründetes Interesse der Gesellschaft an einer langfristigen Bindung gerade dieses Dienstnehmers, ist aber immer eine Frage des Einzelfalls.

Im vorliegenden Verfahren wurde diese Frage mit den Parteien in erster Instanz nicht weiter erörtert. Sie muss derzeit auch nicht abschließend geklärt werden. Die Beklagte stellt in ihrem Rechtsmittel nämlich nicht mehr in Frage, dass der Dienstvertrag der Klägerin zumindest in seiner ursprünglichen Fassung aus Dezember 2011 wirksam war, der eine Kündigung durch den Dienstgeber nur aus wichtigen Gründen, beispielsweise wenn „die bisherige Beschäftigung nicht mehr gewährleistet ist“, zulässt.

Diese wichtigen Gründe sollten offenbar – wenngleich die unklare Formulierung des Beispiels ihrerseits Fragen aufwirft – nach dem Willen der Vertragsparteien über die in § 27 AngG genannten Entlassungsgründe hinausgehen. Auf eine genaue Abgrenzung kommt es aber nach dem derzeitigen Verfahrensstand nicht an.

Die Beklagte hat die Kündigung der Klägerin nämlich darauf gestützt, dass diese sich bei Ausübung ihrer Tätigkeit so erhebliche Pflichtwidrigkeiten zuschulden kommen habe lassen, dass auch die Entlassung gerechtfertigt gewesen wäre. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren tatsächlich ergeben, dass die Klägerin einen Entlassungsgrund verwirklicht hat, stünden aber weder ein zulässiger Kündigungsverzicht, noch eine vertragliche Einschränkung des Kündigungsrechts auf „wichtige“ Gründe der Wirksamkeit der Beendigung entgegen.

Im fortgesetzten Verfahren werden daher Feststellungen über das Vorliegen der behaupteten Entlassungsgründe, aber auch zu den näheren Umständen ihrer Geltendmachung gegenüber der Klägerin, zu treffen sein.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Textnummer

E125340

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:008OBA00053.18D.0524.000

Im RIS seit

25.06.2019

Zuletzt aktualisiert am

15.06.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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