TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/16 96/08/0119

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.02.1999
beobachten
merken

Index

41/02 Melderecht;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §27 Abs4;
MeldeG 1972;
MeldeG 1991;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der J in B, vertreten durch Dr. Ursula Schwarz, Rechtsanwältin in 8600 Bruck/Mur, Herzog-Ernst-Straße 26a, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 25. März 1996, Zl. LA 2/7022/B - Dr. Puy/Fe, betreffend Höhe des Karenzurlaubsgeldes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführerin ab 3. November 1995 Karenzurlaubsgeld in der Höhe von S 202,20 täglich gebühre. Die belangte Behörde ging nach der Begründung dieses Bescheides von folgendem wesentlichen Sachverhalt aus: Die Beschwerdeführerin sei bis 14. Juni 1995 aus Anlass der am 24. Februar 1994 erfolgten Geburt ihrer Tochter Claudia im Bezug des Karenzurlaubsgeldes gestanden. Anlässlich der am 21. Juli 1995 erfolgten Geburt des Sohnes Thomas habe sie neuerlich einen solchen Anspruch geltend gemacht und als Vater der beiden Kinder einen näher bezeichneten Mann (in der Folge G.Z.) angegeben. Dieser habe angegeben, dass er bei seinen Eltern gemeldet sei "(Förderung der Wohnung)". Die Wohnung sei 74 m2 groß, die Miete betrage mit Förderung S 3.400,--. Die Beschwerdeführerin und G.Z. hätten um eine neue, kostengünstigere Wohnung angesucht. Er sei zum Wochenende und während der Woche zweimal bei der Beschwerdeführerin. An Alimentationsleistungen zahle er für zwei Kinder monatlich S 3.000,-- und noch S 2.000.- monatlich zum Haushalt dazu. Aus dem Umstand, dass der Vater der Kinder der Beschwerdeführerin "laut seinen eigenen Angaben" das Wochenende immer bei der Beschwerdeführerin verbringe und auch zweimal wöchentlich mit ihr gemeinsam eine Wohnung suche und auch zum Haushalt beitrage (neben den Alimentationsleistungen), müsse geschlossen werden, dass er sich überwiegend an derselben Adresse wie die Beschwerdeführerin aufhalte und daher an dieser Adresse anzumelden wäre. Es könne daher nicht davon gesprochen werden, dass die Beschwerdeführerin als alleinstehend anzusehen sei. Es sei daher das - im angefochtenen Bescheid näher berechnete - Einkommen des Kindesvaters, welches den Unterschiedsbetrag zwischen dem Karenzurlaubsgeld gemäß § 27 Abs. 1 und 2 AlVG übersteige, zu berücksichtigen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigekit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gem. § 12 Abs. 1 Z.2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 27 Abs. 4 AlVG in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 594/1983 sowie der Abänderung durch die Novelle BGBl. Nr. 416/1992 gilt (im Zusammenhang mit dem Anspruch auf ein erhöhtes Karenzurlaubsgeld im Sinne des § 27 Abs. 2 AlVG) als nicht alleinstehend eine Mutter, die ledig, geschieden oder verwitwet ist und mit dem Vater des Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1972, BGBl. Nr. 30/1973, an der gleichen Adresse angemeldet ist oder anzumelden wäre oder vom Vater des unehelichen Kindes für sich Unterhalt in einem Ausmaß erhält, das den Freibetrag nach § 6 Abs. 2 erster Satz der Notstandshilfeverordnung zuzüglich des Unterschiedsbetrages zwischen § 27 Abs. 1 und 2 AlVG übersteigt (dieser Freibetrag betrug im fraglichen Zeitraum S 5.495.-).

Da die Beschwerdeführerin - abgesehen vom Kindesunterhalt - nach den Feststellungen der belangten Behörde vom Kindesvater monatlich S 2.000.- erhält, liegt der letztgenannte Fall nicht vor.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Verpflichtung, sich als Vater eines Kindes an der gleichen Adresse wie die Kindesmutter anzumelden, nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1972, BGBl. Nr. 30/1973, ebenso wie nach jenen des Meldegesetzes 1991, BGBl. Nr. 9/1992, davon ab, ob der Betreffende in einer Wohnung Unterkunft genommen hat.

Eine Unterkunftnahme liegt dann vor, wenn von einer Unterkunft widmungsgemäß Gebrauch gemacht wird, d.h. dass eine Person diese tatsächlich zum Wohnen oder Schlafen, d.h. zur Befriedigung eines, wenn auch nur vorübergehenden Wohnbedürfnisses, wozu auch das "sich Darinaufhalten", seine Sachen zu verwahren und hievon andere grundsätzlich auszuschließen gehört, benützt. Solange es daran fehlt, hat eine Mutter auch bei Vorliegen einzelner Merkmale einer Lebensgemeinschaft (wie hier: der Leistung eines Beitrages von S 2.000.- monatlich zum Unterhalt) Anspruch auf das erhöhte Karenzurlaubsgeld (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 10. März 1998, Zl. 96/08/0339, 0340, 0341).

Die belangte Behörde hat nicht festgestellt, dass der Kindesvater bei der Beschwerdeführerin tatsächlich gemeldet sei (vgl. zu einem solchen Sachverhalt das Erkenntnis vom 16. Oktober 1990, Zl. 89/08/0286, sowie jenes vom 30. September 1994, Zl. 93/08/0156).

Es kommt daher darauf an, ob eine Unterkunftnahme des G.Z. bei der Beschwerdeführerin, aufgrund derer eine Meldung nach den Vorschriften des Meldegesetzes vorzunehmen gewesen wäre, im Sinne des vorstehend Gesagten vorlag.

Dies ist aus folgenden Gründen nicht der Fall: Für eine solche Unterkunftnahme reicht nämlich weder ein regelmäßiges Übernachten, noch das gemeinsame Verbringen der Wochenenden aus, weil in der bloß regelmäßigen Nächtigung keine der Befriedigung des Wohnbedürfnisses dienende Unterkunftnahme im Sinne der Meldevorschriften erblickt werden kann (vgl. das Erkenntnis vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0188, mit ausführlichen Hinweisen auf die melderechtliche Vorjudikatur). Ein mit dem zitierten Erkenntnis vergleichbarer Sachverhalt liegt hier vor, zumal die belangte Behörde lediglich festgestellt hat, dass der Kindesvater zum Wochenende und während der Woche zweimal bei der Beschwerdeführerin weile und die erwähnten Alimentationsleistungen erbringe. Daß sich auch aus der von der belangten Behörde festgestellten gemeinsamen Wohnungssuche keine andere Beurteilung des Beschwerdefalls ergeben kann, bedarf keiner weiteren Begründung.

Auf dem Boden der Feststellungen der belangten Behörde erweist sich der angefochtene Bescheid daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Wegen hinreichender Klarstellung der Rechtslage durch die Vorjudikatur konnte dies in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat geschehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Februar 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996080119.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten