TE Lvwg Erkenntnis 2019/1/3 LVwG 20.3-2163/2018

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Veröffentlicht am 03.01.2019
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Entscheidungsdatum

03.01.2019

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung
90/02 Kraftfahrgesetz
10/10 Grundrechte

Norm

StGG Art5
StGG Art6
KFG §1
StVO §1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Mag. Dr. Kundegraber über die Beschwerden der A GmbH in E (Erstbeschwerdeführerin) und des A B (Zweitbeschwerdeführer), geb. am xx, beide vertreten durch C & D Rechtsanwälte OG, in E, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wie folgt den:

z u R e c h t e r k a n n t:

A.   Die Beschwerde über Durchführung einer Amtshandlung am 17. Juli 2018, um ca. 17.10 Uhr, durch zwei Sicherheitsorgane bei der Tankstelle und den unmittelbar darauf anschließenden Parkplatz in E, Ai, wird als unbegründet

abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

Art. 130 Abs 1 Z 2 Bundesverfassungsgesetz (B-VG)

§§ 7, 9, 28 Abs 6 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

§ 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO)

§ 1 Abs 1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG)

B.   Gegen das Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.  1. In den Beschwerden vom 23. Juli 2018 wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die Erstbeschwerdeführerin vom Zweitbeschwerdeführer ein Tankstellenareal gepachtet hat und auf der Liegenschaft Ai, E, eine Tankstelle sowie auf der gegenüberliegenden Straßenseite der Rstraße einen Waschpark betreibe. Am 17. Juli 2018 hätten Sicherheitsorgane bei einem Kunden der Erstbeschwerdeführerin am Betriebsgelände an der Zapfsäule eine Amtshandlung begonnen und sei die Amtshandlung sodann auf die Parkfläche unmittelbar neben der Tankstelle verlegt worden. Eine Aufforderung des Zweitbeschwerdeführers auf Verlassen der Geschäftsfläche und das derartige Kontrollen nicht geduldet würden, hätten die Beamten negiert. Neben der Tankstelle bzw. dem Betriebsgelände würden sich Abstellmöglichkeiten unter anderem auf öffentlichen Flächen befinden und es wäre möglich gewesen die Amtshandlung dorthin zu verlegen. Die übrigen Ausführungen betreffen die gemäß § 89 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) eingebrachte Richtlinienbeschwerde.

Es wurden die Anträge gestellt, das Landesverwaltungsgericht für Steiermark möge die durchgeführte Amtshandlung für rechtswidrig erklären sowie eine Verhandlung an Ort und Stelle durchführen. Zudem wurde ein Kostenantrag gestellt.

Beigegeben wurde ein Auszug GIS Land Steiermark (Beilage ./A), ein Schreiben vom 18. Mai 2012 (Beilage ./B), ein Schreiben des Landespolizeikommandos Steiermark vom 18. Juni 2012 (Beilage ./C), ein Schreiben vom 15. Mai 2018 (Beilage .(D), Lichtbilder (Beilage ./E) und eine Organstrafverfügung vom 17. Juli 2018 (Beilage ./F).

2. Die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg gab am 03. September 2013 eine Stellungnahme ab, in der sie darauf hinwies, dass es sich bei der von der Erstbeschwerdeführerin betriebenen Tankstelle zweifelsfrei um eine öffentliche Verkehrsfläche handle. Die Flächen seien weder durch Schranken abgesperrt, noch auf andere Weise „nur für Berechtigte“ benutzbar. Jeder Verkehrsteilnehmer könne unter den gleichen Bedingungen die Flächen mit dem Kraftfahrzeug befahren und das Kraftfahrzeug dort abstellen, um entweder im Supermarkt einzukaufen oder bei der Tankstelle zu tanken. Im Übrigen seien der belangten Behörde die Einsätze der Landesverkehrsabteilung im Bezirk Deutschlandsberg nur datumsmäßig bekannt, jedoch nicht die Standortwahl.

3. In weiterer Folge wurden auf Anfrage des Gerichtes von der Landespolizeidirektion Steiermark die Namen der beiden einschreitenden Beamten bekanntgegeben.

II. 1. Sachverhalt:

Der Zweitbeschwerdeführer ist der Grundstückseigentümer der Liegenschaft Ai, E, insbesondere der Teile, die die Tankstelle und die zunächst liegenden Parkplätze umfasst. Der Zweitbeschwerdeführer hat dieses Areal an die Erstbeschwerdeführerin verpachtet. Die Erstbeschwerdeführerin betreibt die Tankstelle mit drei Multifunktionszapfsäulen.

Am 17. Juli 2018 fuhr Mag. Dr. F mit seinem PKW um ca. 17.10 Uhr zur Tankstelle, um Benzin für den Rasenmäher zu holen. Hinter dem Fahrzeug von Mag. Dr. F wurde unmittelbar das Polizeifahrzeug – ein Zivilfahrzeug – abgestellt und wurde Mag. Dr. F, als er den Tankvorgang beginnen wollte, von GI G-H aufmerksam gemacht, dass eine Polizeikontrolle stattfindet. Es bestand der Verdacht, dass Mag. Dr. F bei der Fahrt zuvor nicht angegurtet gewesen sei. Dieser Aufforderung kam Mag. Dr. F vorerst nicht nach, sondern entgegnete dem in zivil gekleideten Beamten, dass er vorerst einen Dienstausweis sehen wolle. Daraufhin wies sich das Sicherheitsorgan mit einem scheckkartengroßen Ausweis gegenüber Mag. Dr. F aus und forderte diesen auf zu den unmittelbar zunächst gelegenen Parkplatz (ca. 10 Meter entfernt) am Firmenareal zu fahren. Die beiden Sicherheitsbeamten folgten ihm mit dem Dienstfahrzeug und stellten dieses ebenfalls auf den dortigen Parkplatz.

Während der sodann durchgeführten Lenker- und Fahrzeugkontrolle kam der Zweitbeschwerdeführer und fragte die Sicherheitsorgane was sie dort tun würden und verlangte in weiterer Folge ihre Ausweise. Dem Zweitbeschwerdeführer wurde von GI G-H mitgeteilt, dass ihm der Ausweis nach der Amtshandlung gezeigt werden würde. Nachdem der Zweitbeschwerdeführer die Amtshandlung fotografierte, ging er in das Tankstellenlokal zurück, um die Tätigkeit an der Kassa der Tankstelle weiterzuführen.

Die gesamte Amtshandlung benötigte ca. einen Zeitraum von 10 Minuten und verließen die Sicherheitsorgane daraufhin das Tankstellenareal. Zu einer Ausweisleistung gegenüber dem Zweitbeschwerdeführer, der sich beim Verlassen der Tankstelle im Tankstellenlokal befand, kam es nicht mehr.

2. Im Rahmen des durchgeführten Augenscheins konnte sich das Gericht überzeugen, dass es sich bei dem Areal der Tankstelle samt dem benützten Parkplatz um eine Straße mit öffentlichen Verkehr im Sinne des § 1 StVO handelt. Die Tankstelle kann von jedem Kunden aufgesucht werden und steht den Kunden auch der angrenzende Parkplatz der Tankstelle bzw. des dort befindlichen Supermarktes zum Abstellen ihrer Fahrzeuge zur Verfügung. Die Inhalte der Aussagen des Zweitbeschwerdeführers, der Zeugen I J, Mag. Dr. F, GI G-H und RI K L decken sich soweit sie den entscheidungsrelevanten Sachverhalt betreffen. Ob eine Ausweisleistung von Seiten des Sicherheitsorganes nach der Amtshandlung im Geschäftslokal zugesagt wurde – wie der Zweitbeschwerdeführer und M A nach Mitteilung durch den Zweitbeschwerdeführer – angaben, ist für dieses Verfahren ohne Relevanz und betrifft – wenn überhaupt – die Richtlinienbeschwerde, die in einer gesonderten Entscheidung behandelt wird. Im Übrigen stand zur Wahrheitsfindung auch ein von der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg zur Verfügung gestellter Stick zur Verfügung, in dem teilweise die Amtshandlung wiedergegeben wird.

III. 1. Rechtsbeurteilung:

Die Amtshandlung fand am 17. Juli 2018 statt und sind die am 13. August 2018 postalisch eingebrachten Beschwerden als rechtzeitig im Sinne des § 7 Abs 4 VwGVG anzusehen. Die Amtshandlung wurde in E, Ai, durchgeführt, wodurch die örtliche Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark gegeben ist.

2. § 1 Abs 1 StVO:

Allgemeines.

§ 1. Geltungsbereich.

(1) Dieses Bundesgesetz gilt für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

§ 1 Abs 1 KFG:

Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen

§ 1. Anwendungsbereich

(1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind, sofern im Abs. 2 nichts anderes festgesetzt ist, auf Kraftfahrzeuge und Anhänger, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (§ 1 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO. 1960, BGBl. Nr. 159) verwendet werden, und auf den Verkehr mit diesen Fahrzeugen auf solchen Straßen anzuwenden.

Bei der Tankstelle und dem anschließenden Parkplatz handelt es sich jedenfalls um eine Straße mit öffentlichen Verkehr. Auf die Frage wer Grundeigentümer ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (VwGH 11.04.2000, 99/11/0352). Aufgrund des Umstandes, dass es sich hiebei um eine Straße mit öffentlichen Verkehr gehandelt hat, waren die einschreitenden Sicherheitsorgane befugt eine Amtshandlung (§ 1 Abs 1 KFG) durchzuführen. Ein unrechtsmäßiger Eingriff in den verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums im Sinne des Art. 5 Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrat der vertretenen Königreiche und Länder RGBl 1867/142 (StGG) kann daher nicht stattfinden. Der Betreiber der Tankstelle, die Erstbeschwerdeführerin als auch der Eigentümer des Grundstückes (Zweitbeschwerdeführer) haben im konkreten Fall aufgrund des Vorliegens einer Straße mit öffentlichen Verkehr eine derartige Amtshandlung zu dulden.

In weiterer Folge stellt sich die Frage, ob durch die durchgeführte Amtshandlung gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen worden ist. Legt man hier den Ablauf der Amtshandlung als auch die zeitliche Komponente (Dauer ca. 10 Minuten) der Beurteilung zugrunde, so kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die Amtshandlung überschießend war. Eine durchgeführte Lenker- und Fahrzeugkontrolle in einem Ausmaß von ca. 10 Minuten ist sicherlich im normalen Rahmen. Hiebei wird bemerkt, dass die Amtshandlung unmittelbar an der Zapfsäule ohnedies nur eine Zeitspanne von 1 bis 2 Minuten in Anspruch nahm. Somit kann keinesfalls von einer Einschränkung der Erwerbsausübung gesprochen werden. Die Verlegung der Amtshandlung auf einen anderen Parkplatz als dem bei der Tankstelle war für die einschreitenden Sicherheitsorgane weder zumutbar noch notwendig, da es sich bei dem zugewiesenen Parkplatz ohnedies um eine Straße mit öffentlichen Verkehr gehandelt hat. Da auf dem Parkplatz bzw. dem Tankstellenareal mutwillig zahlreiche Amtshandlungen von Seiten der Sicherheitsorgane durchgeführt werden, wird selbst von den Beschwerdeführern nicht behauptet. Eine Behinderung von Tankvorgängen durch die Amtshandlung in einem nichthinzunehmenden Ausmaß kann bei der Amtshandlung keinesfalls festgestellt werden. Allein der Umstand, dass am Tankstellenareal eine Amtshandlung durchgeführt wird, ist von Seiten der Beschwerdeführer hinzunehmen und kann wohl noch nicht als Einschränkung der Erwerbsfreiheit qualifiziert werden.

Dem Antrag der Beschwerdeführer, die Amtshandlung als rechtswidrig zu erklären, konnte daher aus oben angeführten Gründen nicht stattgegeben werden.

3. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Tankstelle, Tankstellenbereich, Tankstellenareal, Lenker- und Fahrzeugkontrolle, Lenkerkontrolle, Fahrzeugkontrolle, Tankstellenpächter, Eigentümer, Parkplatz, Verhältnismäßigkeit, unrechtmäßiger Eingriff, Schutz des Eigentums, dulden, Straße mit öffentlichem Verkehr, Erwerbsfreiheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2019:LVwG.20.3.2163.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.06.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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