TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/28 G305 2205814-1

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Veröffentlicht am 28.02.2019
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Entscheidungsdatum

28.02.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
GSVG §2 Abs1 Z1
GSVG §40

Spruch

G305 2205814-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Steiermark, vom 18.06.2018, VSNR/Abt.: XXXX, erhobene Beschwerde des XXXX, vertreten durch XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 18.06.2018, VSNR/Abt.: XXXX, sprach die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Steiermark (in der Folge: belangte Behörde oder kurz: SVA) auf Grund des Antrages des XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer oder kurz: BF) aus, dass er verpflichtet sei, den Beitragsrückstand für den Zeitraum der Pflichtversicherung vom 01.01.2011 bis 31.12.2014 in Höhe von insgesamt EUR 73.779,20 (Kapital: EUR 36.676,23, Nebengebühren: EUR 3.348,48 und Verzugszinsen in Höhe von EUR 33.754,49) unverzüglich bei sonstiger Exekution zu bezahlen. Auch sei er verpflichtet, ab dem 29.03.2017 Verzugszinsen in Höhe von 3,38% aus einem Kapital in Höhe von 3,38% aus einem Kapitalbetrag von EUR 36.676,23 zu zahlen.

In der Begründung heißt es im Wesentlichen kurz zusammengefasst, dass der Beschwerdeführer seit dem 18.03.1983 über einen Gewerbeschein verfüge, der im Zeitraum 31.12.1983 bis 30.04.1989 ruhend gestellt gewesen sei. Nach der "Wiederinbetriebnahme" der Gewerbeberechtigung mit 01.05.1989 sei ihm das Bestehen eines Rückstandes in Höhe von damals ATS 32.980,22 mitgeteilt worden. Mit Schreiben vom 27.03.2018 sei er nachweislich über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt worden. In seiner, im Wege seiner Rechtsvertretung ergangenen Stellungnahme vom 27.04.2018 wandte der Beschwerdeführer ein, dass die Beitragsforderungen verjährt seien und er seit seinem Umzug nach Deutschland im Jahr 1995 keine gewerbliche Tätigkeit mehr ausgeübt und sich nach seiner Rückkehr nach Österreich zur Kranken- und Pensionsversicherung selbst versichert hätte und im Zeitraum 2001 bis 2014 lediglich auf Flohmärkten gebrauchte Waren verkauft hätte. Eine diesbezüglich durchgeführte Prüfung habe ergeben, dass für diese Tätigkeit keine Gewerbeberechtigung erforderlich sei. Auch seien seit dem Jahr 1995 keine Beiträge mehr vorgeschrieben worden und habe seit damals eine Pflichtversicherung nach dem GSVG nicht mehr bestanden. Im Jahr 2017 sei er plötzlich und unerwartet mit dem nunmehr geltend gemachten Rückstand konfrontiert worden.

In der rechtlichen Beurteilung des bezogenen Bescheides findet sich zum einen eine Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen und eine mathematische Herleitung der Beitragsrückstände. Weiter heißt es, das die am 28.04.2017, am 01.06.2017 und am 30.06.2017 am Beitragskonto eingelangten Zahlungen in Höhe von insgesamt EUR 1.358,60 gemäß § 35 Abs. 1 letzter Satz GSVG auf die jeweils älteste Schuld gebucht worden seien, sodass der Beitragsrückstand lt. Rückstandsausweis der SVA vom 29.03.2017 insgesamt EUR 73.779,20 betrage, wovon EUR 36.676,23 auf Kapital, EUR 33.754,49 auf Verzugszinsen und EUR 3.348,48 auf Nebengebühren entfielen. Weiter heißt es, dass die belangte Behörde sämtliche, die Verjährung unterbrechenden Maßnahmen gesetzt hätte, weshalb keinesfalls Verjährung eingetreten wäre.

2. Gegen diesen, am 04.07.2018 ausgefertigten Bescheid richtet sich die bei der belangten Behörde am 01.08.2018 per Telefax eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, die der Beschwerdeführer zum einen auf die Beschwerdegründe "Rechtswidrigkeit des Inhalts des Bescheides" und "Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften" stützte und mit den Anträgen verband, dass

1.) der angefochtene Bescheid in Stattgebung der Beschwerde aufgehoben werden möge, in eventu 2.) der angefochtene Bescheid aufgehoben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen werden möge und solle jedenfalls 3.) eine mündliche Verhandlung anberaumt werden.

Begründend führte der Beschwerdeführer im Kern aus, dass ihm niemals ein Schreiben hinsichtlich der angeblichen Pflichtversicherung für den Zeitraum 1993 bis 2014 zugegangen wäre, Beiträge nicht vorgeschrieben worden seien und dass er keine Zahlungsaufforderungen bzw. Mahnungen bzw. Sondermahnungen erhalten hätte, in der Vergangenheit die Beitragsrückstände niemals festgestellt bzw. ihm vorgeschrieben worden seien und das Recht auf Einforderung gemäß § 40 GSVG verjährt sei.

3. Am 17.09.2018 legte die belangte Behörde die gegen den oben näher bezeichneten Bescheid erhobene Beschwerde unter Einschluss der Bezug habenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht vor und wurde die Beschwerdesache hier der Gerichtsabteilung G305 zur Erledigung zugeteilt.

4. Mit hg. Verfahrensanordnung vom 25.09.2018 erging eine Aufforderung an den Beschwerdeführer, die für das gegenständliche Beschwerdeverfahren relevanten Unterlagen (darunter der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1993, 1994, 1995 und 1996 sowie für die Jahre 2001, 2002, 2003, 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009, 2011, 2012, 2013 und 2014) nachzureichen und allfällig noch aufrechte bzw. in der Vergangenheit bestandene Gewerbeberechtigungen bekannt zu geben bzw. vorzulegen.

5. Mit seiner im Wege seiner Rechtsvertretung ergangenen Urkundenvorlage vom 30.10.2018 brachte er die für die zuvor genannten Zeiträume ergangenen Einkommensteuerbescheide und die einzige, zum 18.03.1983 datierte, vom Magistrat der Stadt Graz ausgestellte, auf "Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1, lit. B) Z 25 GewO 1973" lautende Gewerbeberechtigung in Kopie zur Vorlage.

6. Mit Urkundenvorlage vom 17.09.2018 brachte die belangte Behörde den dritten Teil des den Beschwerdeführer betreffenden Beitragsaktes in Kopie zur Vorlage.

7. Am 11.02.2018 wurde eine mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht im Beisein des Beschwerdeführers und dessen Rechtsvertreterin durchgeführt. Für die belangte Behörde erschien niemand.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der am XXXX geborene Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsangehöriger, geschieden und hat seinen Hauptwohnsitz im Inland. Er lebt allein und befindet sich im Ruhestand. Er bezieht eine Pension in Höhe von EUR XXXX brutto monatlich, was einem monatlichen Nettopensionsbezug in Höhe von EUR XXXX entspricht.

Aus der Ehe mit seiner geschiedenen Gattin sind XXXX Söhne hervorgegangen, die längst die Volljährigkeit erreicht haben. Ihn treffen weder Sorge-, noch Unterhaltspflichten [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 11.02.2019, S. 8].

1.2. Am 10.03.1983 stellte der Magistrat der Stadt XXXX mit Wirkung 18.03.1983 eine Gewerbeberechtigung lautend auf "Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b) Z 25 GewO 1973" auf den Beschwerdeführer aus [AS 457ff]. Am 21.06.1996 wurde die dem Beschwerdeführer verliehene Gewerbeberechtigung entzogen [AS 97].

Eine weitere Gewerbeberechtigung wurde ihm nicht verliehen [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 11.02.2019, S. 5 Mitte].

Auf Grund dieser (einzigen) ihm verliehenen Gewerbeberechtigung war der Beschwerdeführer Mitglied der Wirtschaftskammer für Steiermark.

Im Zeitraum vom 31.12.1983 bis 30.04.1989 war diese (einzige) Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers ruhend gestellt.

Anlassbezogen konnten jedoch keine Anhaltspunkte dahin festgestellt werden, dass die ihm verliehene Gewerbeberechtigung während dieses Zeitraums nicht ruhend gestellt gewesen wäre [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 11.02.2019, S. 5; AS 379 oben].

Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass die dem Beschwerdeführer verliehene Gewerbeberechtigung zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt des Jahres 1995 entzogen worden wäre und ihm diese nicht mehr erteilt worden wäre [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 11.02.2019, S. 11].

Nach der Wiederaufnahme der ihm verliehenen Gewerbeberechtigung am 01.05.1989 erging am 31.12.1992 eine Mitteilung der belangten Behörde an den Beschwerdeführer über das Bestehen eines Beitragsrückstandes in Höhe von damals ATS 32.980,22.

1.3. Auf der Grundlage dieser Gewerbeberechtigung betrieb er ein Unternehmen unter der auf seinen Namen lautenden Einzelfirma [PV des BF Verhandlungsniederschrift vom 11.02.2019, S. 4 unten].

Nachdem mehrere, wider den Beschwerdeführer von der belangten Behörde eingeleitete Exekutionsverfahren erfolglos geblieben waren [AS 827 - AS 873], beantragte die belangte Behörde mit Rückstandsausweis vom 03.07.1995 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen XXXX auf Grund von Rückständen in Höhe von damals ATS 101.241,99 die Eröffnung eines Konkursverfahrens gegen ihn [AS 821].

Mangels Vermögens des Beschwerdeführers wurde ein Konkursverfahren nicht eingeleitet [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 11.02.2019, S. 5 oben; siehe dazu auch AS 98].

1.4. Zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt übersiedelte der Beschwerdeführer nach Deutschland, wo er sich in XXXX niederließ und im Raum XXXX als Außendienstmitarbeiter der in XXXX niedergelassenen Firma XXXX verkaufte.

Während des zwischen seiner Übersiedelung nach Deutschland und seiner zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt des Jahres 1999 erfolgten Rückkehr nach Österreich gelegenen Zeitraums kehrte er nicht ins Bundesgebiet zurück [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 11.02.2019, S. 4 oben].

Es konnte nicht festgestellt werden, dass er "in den Jahren 1995 bis 2000 durchgehend in Deutschland wohnhaft und aufhältig" gewesen wäre.

1.5. Nachdem er (im Jahr 1999) zurückgekehrt war, bezog er eine Mietwohnung in einer XXXX in XXXX und lebte davon, dass er nicht mehr benötigte bzw. aufgegebene Gegenstände auf Flohmärkten zum Verkauf feilbot und verkaufte.

Von den Einkünften aus den Flohmarktverkäufen, die er im Übrigen mit Einkommensteuererklärung dem Finanzamt XXXX anzeigte, finanzierte er sich sein Leben und zahlte die Miete [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 11.02.2019, S. 7 oben].

1.6. Der Beschwerdeführer erzielte im Bundesgebiet in den nachstehenden Zeiträumen folgende - mit den in Rechtskraft erwachsenen Einkommensteuerbescheiden vom 26.03.1998, 30.04.2002, 09.01.2007, 01.12.2004, 30.09.2005, 02.10.2006, 18.09.2007, 08.10.2008, 01.09.2009, 30.08.2010, 13.03.2013, 18.11.2013, 08.01.2015 und 01.12.2015 festgestellte - Einkünfte [AS 403 - AS 455]:

1995 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ATS 250.000,00

2001 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ATS 95.772,00

2002 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ATS 12.840,35

Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ATS 10.320,00

2003 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 5.970,00

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 1.059,60

2004 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 6.400,00

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 1.752,00

2005 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 7.100,00

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 1.788,00

2006 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 6.800,00

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 1.815,60

2007 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 6.250,00

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 1.848,36

2008 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 5.500,00

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 1.893,60

2009 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 5.200,00

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 1.946,64

2011 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 6.177,00

Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 2.003,64

2012 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 6.351,00

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 2.060,40

2013 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 4.872,00

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 2.121,36

2014 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 6.500,00

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 2.158,68

Die in den Bezug habenden Einkommensteuerbescheiden [AS 403 - AS 455] in den angeführten Zeiträumen ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. aus selbständiger Arbeit gehen auf die Verkaufserlöse aus den Flohmarktverkäufen zurück. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit stammen aus Reparaturen für Leuchten im Betrieb der XXXX [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 11.02.2019, S. 8ff].

1.7. Zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt des Jahres 2001 schloss er bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse eine Selbstversicherung ab, in deren Rahmen er bis zu seinem im Jahr 2017 erfolgten Pensionsantritt Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträge einzahlte [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 11.02.2019, S. 7 unten].

Seit seiner Rückkehr aus Deutschland bis laufend zahlte er keine Sozialversicherungsbeiträge an die SVA [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 11.02.2019, S. 10].

1.8. Mit Schreiben vom 11.03.2015 setzte die belangte Behörde den BF davon in Kenntnis, dass er auf Grund der Daten des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2013, das Einkünfte aus Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit enthält, im Zeitraum 01.01.2013 bis 31.12.2013 in der Pensions- und Krankenversicherung nach GSVG pflichtversichert sei, weshalb ihm rückwirkend Sozialversicherungsbeiträge in den angeführten Versicherungszweigen vorgeschrieben werden müssten. Im bezogenen Schreiben wurde er weiter darauf aufmerksam gemacht, dass für die rückwirkende Einbeziehung in die Pflichtversicherung ein Beitragszuschlag in Höhe von 9,3% der nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge anfalle [AS 5f].

Weitere (nahezu gleichlautende, an den Beschwerdeführer gerichtete) Schreiben ergingen insbesondere am

* 11.04.2014 in Bezug auf den Zeitraum 01.01.2012 bis 31.12.2012 [AS 21],

* 12.06.2013 in Bezug auf den Zeitraum 01.01.2011 bis 31.12.2011 [AS 24],

* 17.11.2010 in Bezug auf den Zeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2009 [AS 35],

* 30.10.2009 in Bezug auf den Zeitraum 01.01.2008 bis 31.12.2008 [AS 38],

* 10.12.2008 in Bezug auf den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2007 [AS 42],

* 28.01.2008 in Bezug auf den Zeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2006 [AS 45],

* 11.12.2006 in Bezug auf den Zeitraum 01.01.2003 bis 31.12.2005 [AS 51f] und vom

* 08.03.2005 in Bezug auf den Zeitraum 01.01.2001 bis 31.12.2002 [AS 59f]

Darüber hinaus ergingen insbesondere mit (beispielhaft angeführten) Schreiben vom 12.04.2013 [AS 27], 12.03.2013 [AS 29], 04.03.2009 [AS 41], 16.11.2007 [AS 48], 25.05.2004 [AS 66] und vom 01.06.1999 [AS 80] Zahlungserinnerungen bezüglich ausstehender Beitragsschuldigkeiten an den Beschwerdeführer.

Sämtliche Erinnerungs- bzw. Mahnschreiben enthalten den Hinweis, dass durch "diese Verständigung die Verjährungsfrist nach § 40 Abs. 2 GSVG unterbrochen wird".

Wiederholt wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde zur Vorlage einer Versicherungserklärung aufgefordert [so insbesondere mit Schreiben vom 11.12.2006 (AS 51); mit Schreiben vom 21.11.2003 (AS 70); AS 94].

Die belangte Behörde hat dazu immer wieder Meldeauskünfte zum Beschwerdeführer eingeholt [so insbesondere AS 87, AS 88, AS 100, AS 101].

1.8. In seinem, in Reaktion auf das Mahnschreiben der belangten Behörde vom 01.06.1999 [AS 80] ergangenen Antwortschreiben vom Mai 1999 gab der Beschwerdeführer ein Anerkenntnis bezüglich des bei der belangten Behörde damals bestandenen Beitragsrückstandes in Höhe von ATS 190.545,55 ab und gab darin weiter zu verstehen, dass er auf Grund fehlender Arbeit nicht in der Lage sei, den Beitragsrückstand zu begleichen [AS 81].

1.9. Zwischen ihm und der belangten Behörde wurde das Faktum des Ruhens der Gewerbeberechtigung im Zeitraum 31.12.1983 und 30.04.1989 ausdrücklich außer Streit gestellt.

Nachdem der Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung ab dem 01.05.1989 wieder ausübte, setzte ihn die belangte Behörde am 31.12.1992 vom Bestehen eines Beitragsrückstandes in Höhe von ATS 32.980,22 (dies entspricht: EUR 2.396,77) in Kenntnis.

2. Beweiswürdigung:

Der oben dargestellte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die zur Höhe der im beschwerdegegenständlichen Zeitraum erzielten Einkünfte des Beschwerdeführers aus Gewerbebetrieb bzw. aus selbständiger Arbeit getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den in den Feststellungen genannten Einkommensteuerbescheiden des Finanzamtes XXXX [AS 403 bis AS 455]. Dazu hatte der BF in seiner vor dem Bundesverwaltungsgericht am 11.02.2019 stattgehabten PV ausgeführt, dass er die Einkommensteuerbescheide (mit Ausnahme jenes auf den Zeitraum 01.01. bis 31.12.2002 bezogenen Bescheides) nicht bekämpfte, sodass diese in Rechtskraft erwuchsen. Letzteres ist auch dem Faktum der vorliegenden Einkommensteuerbescheide und dem Faktum der im Versicherungsakt einliegenden elektronischen Mitteilungen des Finanzamtes XXXX über die in den angeführten Perioden vom Beschwerdeführer erzielten Einkünfte (bzw. Einkunftsarten) zu entnehmen.

Mit seinen Angaben, in den Zeiträumen von 2001 und 2009 bzw. von 01.01.2011 bis 31.12.2014 keine Beitragsvorschreibungen, Informationsschreiben bzw. Mahnschreiben vonseiten der belangten Behörde erhalten zu haben [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 11.02.2019, S. 6], blieb der Beschwerdeführer unglaubwürdig, zumal sich in den vorliegenden Abschriften der Beitragsakten Anhaltspunkte entnehmen lassen, dass die belangte Behörde vor Absendung der für den Beschwerdeführer bestimmten Schriftstücke Meldeauskünfte einholte und die behördlichen Schriftstücke auch an den jeweiligen Wohnsitz des Beschwerdeführers ergingen. Ein in der mündlichen Verhandlung am 11.02.2019 stichprobenartig durchgeführter Abgleich der auf den behördlichen Schriftstücken angegebenen Zustelladressen mit den jeweiligen Meldeadressen des Beschwerdeführers zeigte - ohne Ausnahme - entsprechende Übereinstimmungen. Der BF ist mit seinen Angaben zum angeblichen Nichterhalt der genannten behördlichen Schriftstücke schon deshalb unglaubwürdig geblieben, zumal er in Bezug auf das von ihm beantwortete Mahnschreiben der belangten Behörde [AS 80f] keine Angaben machen konnte [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 11.02.2019, S. 11] und stets die Behauptung aufstellte, dass er erst im Jahr 2000 aus Deutschland zurückgekehrt sei und sich bis dahin nicht in Österreich aufgehalten hätte. Diese Angaben lassen sich weder mit seinem Antwortschreiben vom Mai 1999 [AS 81] auf das (an die damals in der XXXX bestandene Wohnadresse gerichtete) Mahnschreiben der belangten Behörde vom 01.06.1999 [AS 80], noch mit den Angaben in dem von Amts wegen eingeholten Auszug aus dem ZMR in Einklang bringen; dort scheint seit dem 30.06.1999 eine Hauptwohnsitzmeldung des BF in XXXX auf. Der Umstand, dass der BF das Mahnschreiben der belangten Behörde beantwortete, legt nahe, dass er sich bereits seit dem Jahr 1999 wieder im Bundesgebiet aufhält und er darüber hinaus auch dieses Mahnschreiben erhielt. Dass er in der Folge eine Vielzahl an behördlichen Mahn- und Informationsschreiben der belangten Behörde nicht erhalten haben will, vermochte er nicht nachvollziehbar zu erklären.

Auch verstrickte er sich hinsichtlich des von ihm behaupteten Aufenthalts in Deutschland in derart eklatante Widersprüche, dass nicht gesagt werden kann, wann er nach Deutschland übersiedelte und wann er von dort wieder zurückkehrte. Es war daher die Konstatierung zu treffen, dass nicht festgestellt werden konnte, dass er "in den Jahren 1995 bis 2000 durchgehend in Deutschland wohnhaft und aufhältig" gewesen wäre.

In der Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides findet sich weiter eine schlüssige, nachvollziehbare und widerspruchsfreie mathematische Herleitung der Beitragsnachforderungen, denen der Beschwerdeführer nichts entgegen zu setzen hatte.

Es waren daher die entsprechenden Feststellungen zu treffen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet gemäß § 6 BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen eine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF. BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht waren, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Dagegen erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2. Zum Spruchpunkt A):

3.2.1. Mit Bescheid vom 18.06.2018, VSNR/Abt.: XXXX, sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer verpflichtet sei, den Beitragsrückstand für den Zeitraum der Pflichtversicherung vom 01.01.1993 bis 31.03.1996, vom 01.01.2001 bis 31.12.2009 und vom 01.01.2011 bis 31.12.2014 in Höhe von insgesamt EUR 73.779,20 (Kapital: EUR 36.676,23 Nebengebühren: 3.348,48 und Verzugszinsen in Höhe von EUR 33.754,49) unverzüglich bei sonstiger Exekution zu zahlen und dass er weiter verpflichtet sei, ab dem 29.03.2017 Verzugszinsen in Höhe von 3,38% aus einem Kapital von EUR 36.676,23 zu bezahlen. In der Bescheidbegründung findet sich eine nachvollziehbare und schlüssige mathematische Herleitung der Beitragsgrundlagen in der Pensions- und Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 GSVG für die relevanten Zeiträume und eine mathematische Herleitung der Versicherungsbeiträge in der Pensions- und Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 GSVG.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde, die er im Kern darauf stützte, dass das Recht der Einforderung gemäß § 40 GSVG verjährt sei. Außerdem seien ihm keine Schreiben hinsichtlich der angeblichen Pflichtversicherung in den Zeiträumen 1993 bis 2014 zugegangen; Mahnungen und Sondermahnungen seien ebenfalls nicht erfolgt. Auch habe er sich in den Jahren 1995 bis 2000 durchgehend in Deutschland aufgehalten und sei dort auch wohnhaft gewesen. Er habe im Jahr 1995 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ATS 248.362,00 erzielt. In den Jahren 1996 und 1997 habe er keine Einkünfte erzielt. In der Beschwerde und in den in der Folge ergangenen Schriftsätzen findet sich keine Rüge der Beitrags- bzw. Saldoberechungen.

3.2.2. Zur Verjährungseinrede:

Die in Bezug auf die Verjährung maßgebliche Bestimmung des § 40 GSVG hat folgenden Wortlaut:

"Verjährung der Beiträge

§ 40. (1) Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Versicherte die Erstattung einer Anmeldung bzw. Änderungsmeldung oder Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge unterlassen oder unrichtige Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.

(2) Das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden verjährt binnen zwei Jahren nach Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung. Die Verjährung wird durch jede zum Zwecke der Hereinbringung getroffene Maßnahme, wie zum Beispiel durch Zustellung einer an den Zahlungspflichtigen gerichteten Zahlungsaufforderung (Mahnung), unterbrochen; sie wird durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung sowie in den Fällen des § 35c bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens gehemmt. Bezüglich der Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beitragsschuldners/der Beitragsschuldnerin gelten die einschlägigen Vorschriften der Insolvenzordnung.

[...]"

Aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofs betrifft die Bestimmung des § 40 Abs. 1 GSVG lediglich das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen und ist diese Bestimmung auf die Feststellung der Versicherungspflicht nicht anzuwenden, zumal das Gesetz für letztere keine Verjährung vorsieht. Das hat zur Folge, dass die Versicherungspflicht auch für Zeiträume festgestellt werden kann, für die bereits Feststellungsverjährung gemäß Abs. 1 eingetreten ist (VwGH vom 20.02.2008, Zl. 2008/08/0026 mwN).

Das Recht auf Feststellung der Beitragsschuld verjährt grundsätzlich binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge, wobei sich letztere nach § 35 GSVG richtet. Die Verjährung setzt jedoch voraus, dass Fälligkeit der Beiträge eingetreten ist (siehe dazu VwGH vom 22.12.2010, Zl. 2007/08/0177). Dabei ist die Fälligkeit grundsätzlich nach jener Rechtslage zu ermitteln, die in dem Zeitraum in Geltung stand, für den die Beiträge zu entrichten sind (VwGH vom 26.11.1982, Zl. 2007/08/0082). Die Verjährungsfrist verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Versicherte die Erstattung einer Anmeldung bzw. einer Änderungsmeldung oder Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge nicht gemacht hat. Die Verjährungsfrist von fünf Jahren ist abhängig davon, dass bei der Meldung die gehörige Sorgfalt außer Acht gelassen wurde. Dies setzt jedoch voraus, dass die Notwendigkeit bzw. die Unrichtigkeit bei gehöriger Sorgfalt erkannt hätte werden müssen (vgl. Derntl in Sonntag, GSVG, 4. Aufl., Rz. 8f zu § 40).

Gemäß § 40 Abs. 1 GSVG wird die Verjährung des Feststellungsrechtes durch jede zum Zweck der Hereinbringung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist. Diese Regelung legt nahe, dass die Feststellung mit rechtskräftigem Abschluss eines Administrativverfahrens bzw. noch später, erst mit abschließender Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof oder durch den Verwaltungsgerichtshof eintritt. Das ergibt sich nicht zuletzt aus dem Judikat des Verwaltungsgerichtshofs vom 22.12.2004, Zl. 2004/08/0099, worin dieser aussprach, dass eine Maßnahme zur Unterbrechung der Feststellungsverjährung nicht erst die Erlassung des Bescheides darstelle.

Von dieser Auffassung ist der Verwaltungsgerichtshof auch in seiner jüngeren Rechtsprechung nicht abgerückt, als er aussprach, dass jede Maßnahme als verjährungsunterbrechend anzusehen ist, die objektiv dem Zweck der Hereinbringung der offenen Forderung dient.

Demnach ist lediglich vorausgesetzt, dass die Behörde eindeutig zu erkennen gibt, dass sie eine Maßnahme gegen den Zahlungspflichtigen in Bezug auf die konkrete Forderung habe setzen wollen. Dabei kommt es im Einzelfall darauf an, ob eine Maßnahme der Hereinbringung einer offenen Forderung dient (siehe dazu VwGH vom 26.02.2015, Zl. 2013/08/0243 mwN).

Während es bei der Feststellungsverjährung genügt, Schritte zur Feststellung der Beitragsforderung zu unternehmen, die aber dem Zahlungspflichtigen zur Kenntnis gebracht worden sein müssen, sind im Falle der mit der gegenständlichen Beschwerde aufgeworfenen Frage der Einhebungsverjährung zwar Einbringungsschritte erforderlich, jedoch kommt es dabei auf die Kenntnis des Verpflichteten nicht an (vgl. VwGH vom 30.09.1997, Zl. 95/08/0263 und vom 10.09.2014, Zl. 2013/08/0120).

Die Verlängerung der Verjährungsfrist auf fünf Jahre ist abhängig davon, dass bei der Meldung die gehörige Sorgfalt außer Acht gelassen wurde. Im Zusammenhang mit der vergleichbaren Bestimmung des § 68 Abs. 1 ASVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass sich ein Meldepflichtiger alle zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen notwendigen Kenntnisse verschaffen müsse und den Mangel im Falle einer darauf zurückzuführenden Meldepflichtverletzung als Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt zu vertreten habe. Dabei treffe ihn nicht schon eine verschuldensunabhängige Erfolgshaftung für die richtige Gesetzeskenntnis; vielmehr sei eine Vorwerfbarkeit der Rechtsunkenntnis erforderlich. Musste der Beitragspflichtige nach dem von ihm zu fordernden Grundwissen zumindest Zweifel an der Beitragsfreiheit haben, kommt es zur Auslösung einer Erkundigungspflicht (Derntl in Sonntag, GSVG 5. Aufl., Rz. 9 zu § 40 mit den referierten Hinweisen auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung). Wurde eine zum Grundwissen zählende Meldepflicht verletzt, darf die Behörde diese Verletzung ohne weiteres als verschuldet einstufen (VwGH vom 03.10.2002, Zl. 2002/08/0227). Diese Verantwortlichkeit trifft auch einen zur Vertretung einer Gesellschaft m.b.H. berufenen Geschäftsführer. Im Zusammenhang mit der Erstattung von Meldungen gemäß den vergleichbaren Bestimmungen der §§ 33 und 34 ASVG durch einen Geschäftsführer hat der Verwaltungsgerichtshof in einem verstärkten Senat (VwGH vom 12.12.2000, Zl. 98/08/0191, 0192) ausgesprochen, dass sich die Gesellschaft bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen einer Steuerberatungskanzlei bedienen kann, jedoch ist der Geschäftsführer verpflichtet auch in diesem Falle, für die ordnungsgemäße Erstattung der Meldungen Sorge zu tragen und sich gegebenenfalls von der ordnungsgemäßen Durchführung der gebotenen Meldungen durch die damit beauftragte Kanzlei zu überzeugen.

Im Gegensatz zum Recht auf Feststellung von Beiträgen verjährt das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden innerhalb von zwei Jahren nach Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung (§ 40 Abs. 2 erster Satz GSVG).

Dabei wird die Verjährung durch jede zum Zweck der Hereinbringung getroffene Maßnahme, wie zum Beispiel durch Zustellung einer an den Zahlungspflichtigen gerichteten Zahlungsaufforderung (Mahnung), oder z. B. auch in der Verständigung vom Ergebnis einer Beitragsprüfung oder - auf deren Grundlage - in der Erlassung eines Rückstandsausweises bestehen, oder die Abfragen in den Datenbanken des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger unterbrochen (VwGH vom 30.09.1997, Zl. 95/08/0263).

Die Einforderungsverjährungsfrist beginnt dann frühestens mit dem Eintritt der Rechtskraft des Bescheides über die strittige Beitragsschuld zu laufen; für den Fall, dass der Bescheid mit Beschwerde an den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof bekämpft wird, ist der Streit jedoch auch während des gerichtlichen Verfahrens noch nicht als beendet anzusehen. Das folgt auch daraus, dass die Feststellungsverjährungsfrist nach der ausdrücklichen Anordnung des § 68 Abs. 1 letzter Satz ASVG während des Verfahrens vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes (u.a.) über die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen gehemmt ist; von einer festgestellten Beitragsschuld als Voraussetzung für den Beginn des Laufs der Einforderungsverjährungsfrist kann daher auch in dieser Phase des Rechtsstreits noch nicht gesprochen werden. Dass es im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22.12.2004, Zl. 2004/08/0099, heißt, die Einhebungsverjährungsfrist beginne erst mit dem Eintritt der Rechtskraft eines Bescheides über die Feststellung der Beitragsschuld (neu) zu laufen, und im Erkenntnis vom 12.09.2012, Zl. 2009/08/0049, davon die Rede ist, eine festgestellte Beitragsschuld liege - im Streitfall - erst mit einer "rechtskräftigen Entscheidung" vor, steht dem nicht entgegen. Der Verwaltungsgerichtshof wollte mit den zitierten Formulierungen zum Ausdruck bringen, dass eine Feststellung der Beitragsschuld im Streitfall jedenfalls nicht vor der rechtskräftigen Entscheidung angenommen werden kann; für den Fall eines daran anschließenden verfassungs- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurde in den genannten Erkenntnissen keine Aussage getroffen (siehe dazu VwGH vom 11.12.2013, Zl. 2012/08/0287).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist unter einer zur Unterbrechung der Verjährung des Feststellungsrechtes geeigneten Maßnahme jede nach außen hin in Erscheinung tretende und dem Beitragsschuldner zur Kenntnis gebrachte Tätigkeit des Versicherungsträgers zu verstehen, die der rechtswirksamen Feststellung der Beitragsschuld dient (VwGH vom 22.12.2004, Zl. 2004/08/0099).

Die Verjährungsunterbrechung wird durch Einbringungsschritte bewirkt, wobei es auf die Kenntnis des Verpflichteten davon nicht ankommt.

Dabei unterbricht jede zum Zweck der Hereinbringung getroffene Maßnahme, von denen das Gesetz beispielhaft eine an den Zahlungspflichtigen gerichtete Zahlungsaufforderung (Mahnung) nennt, die Einforderungsverjährung.

Sowohl bei der Mahnung vor Ausstellung eines Rückstandsausweises gemäß § 37 Abs. 3 bzw. § 64 Abs. 3 ASVG, als auch bei der Mahnung im Sinne des § 40 Abs. 2 bzw. § 68 Abs. 2 ASVG handelt es sich um Maßnahmen zur Hereinbringung von Beitragsschulden. Auch die Mahnung gemäß § 68 Abs. 2 ASVG bzw. gemäß § 40 Abs. 2 GSVG bedarf deshalb keines Nachweises der Zustellung. Diese wird vielmehr bei Postversand am dritten Tag nach Aufgabe zur Post vermutet (VwGH vom 30.05.1995, Zl. 93/08/0201 mwN; Derntl in Sonntag, GSVG, 4. Aufl. Rz. 18 zu § 40).

Überdies wird die Verjährung der Einforderung durch die Einleitung von Exekutionsschritten unterbrochen und kann während der Dauer eines rechtzeitig eingeleiteten und gehörig fortgesetzten Verfahrens nicht neuerlich zu laufen beginnen (VwGH vom 22.12.2004, Zl. 2004/08/0099 mwN). Die Bewilligung einer Fahrnisexekution unterbricht sowohl die Einbringungsverjährung, als auch die Feststellungsverjährung (VwGH vom 20.10.2004, Zl. 2001/08/0041).

Bei der Insolvenz eines Schuldners haben die Bestimmungen der Insolvenzordnung (IO), RGBl. Nr. 337/1914 idF. BGBl. I Nr. 29/2010, gegenüber jenen des § 40 GSVG Vorrang. In diesem Zusammenhang bestimmt § 9 IO, dass die Verjährung der angemeldeten Forderung durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren unterbrochen wird. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist. Wird ein Anspruch bei der Prüfungstagsatzung gemäß § 9 Abs. 2 IO bestritten, so gilt die Verjährung vom Tag der Anmeldung bis zum Ablauf der für die Geltendmachung des Anspruches bestimmten Frist als gehemmt.

Beschwerdegegenständlich hat es die belangte Behörde nicht unterlassen, die Pflichtversicherung fristgerecht festzustellen und die Versicherungsbeiträge vorzuschreiben bzw. hat sie sämtlich auf die Einbringlichmachung der Beitragsforderungen gerichteten Schritte gesetzt. Die zu diesem Zweck an den Beschwerdeführer gerichteten Schreiben waren stets an die Anschrift des von ihm jeweils innegehabten Hauptwohnsitzes gerichtet.

Anlassbezogen ist es ihm nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass er die jeweiligen Schreiben nicht erhalten hätte.

Aus den angeführten Gründen erweist sich die auf die Bestimmung des 40 GSVG gestützte Verjährungseinrede daher als unbegründet.

3.2.3. Zur Sache selbst:

3.2.3.1. Gemäß § 2 Abs. 1 GSVG in der jeweils zeitraumbezogen maßgeblichen Fassung waren bzw. sind auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes insbesondere die Mitglieder der Kammern der gewerblichen Wirtschaft (Z 1) und die selbständig erwerbstätigen Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und(oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EstG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist, in der Pensions- und Krankenversicherung pflichtversichert.

Bis zum Entzug der Gewerbeberechtigung am 21.06.1996 unterlag er der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG schon auf Grund der dadurch bewirkten Mitgliedschaft in der Kammer der gewerblichen Wirtschaft.

Seit seiner Rückkehr aus Deutschland verdingte sich der Beschwerdeführer seinen Unterhalt einerseits durch den Verkauf von gebrauchten bzw. aufgegebenen Gegenständen auf Flohmärkten und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 22 EstG 1988 bzw. Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 23 EstG 1988. Diese Einkünfte wurden entsprechend der angeführten Einkunftsarten im Sinne der §§ 22 und 23 EStG mit den in den Feststellungen näher bezeichneten (in Rechtskraft erwachsenen) Einkommensteuerbescheiden des Finanzamtes XXXX rechtskräftig festgestellt. Daran ist die belangte Behörde - wie auch das erkennende Bundesverwaltungsgericht - nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung gebunden.

Mit seinen aus Gewerbebetrieb erzielten Einkünften bzw. mit den Einkünften aus selbständiger Arbeit unterlag der Beschwerdeführer keiner Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz bzw. nach einem anderen Bundesgesetz. Aus diesem Grund vermag eine allfällige Selbstversicherung des BF nach den Bestimmungen des ASVG die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 GSVG nicht zu beseitigen, zumal es sich bei der Selbstversicherung nicht um eine Pflichtversicherung nach dem ASVG handelt.

Die belangte Behörde hat daher im gegenständlichen Fall zu Recht eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 GSVG angenommen.

Wenn der BF in seiner Beschwerdeschrift einwendet, dass im Einkommensteuerbescheid für 1995 ein Einkommen aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 18.049,47 aufscheine und er darüber hinaus in den Jahren 1996 und 1997 keine Einkünfte erwirtschaftet habe, begegnen die Ausführungen der belangten Behörde dazu, dass die Feststellung der Einkünfte aus den Jahren 1995, 1996 und 1997 keine Relevanz für die Feststellung des Beitragsrückstandes hätten, weil für das Jahr 1995 die Einkünfte aus dem Jahr 1992 und für das Jahr 1996 die Einkünfte aus dem Jahr 1993 heranzuziehen gewesen seien und dass ab dem Jahr 1998 die jeweils für das betreffende Jahr erwirtschafteten Einkünfte heranzuziehen gewesen seien, keinen Bedenken [AS 127].

3.2.3.2. Aus dem Versicherungsakt ergibt sich, dass die belangte Behörde bei der Feststellung des Beitragsrückstandes die vom Beschwerdeführer geleisteten Zahlungen durch Gegenverrechnung berücksichtigt hat.

Diesfalls ist anzumerken, dass der Beitragsschuldner gemäß § 35 Abs. 1 GSVG die fälligen Sozialversicherungsbeiträge aus eigenem und auf seine Kosten und Gefahr an den Sozialversicherungsträger zu entrichten hat. Ihn trifft somit eine Bringschuld.

Versicherungsbeiträge bilden mit den Verzugszinsen und Nebengebühren (§§ 35 Abs. 5 und 37 Abs. 4 GSVG) eine einheitliche Schuld, sodass Zahlungen anteilsmäßig auf die Beitragsschuld für den ältesten Beitragszeitraum zu entrichten sind.

Den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid mathematisch nachvollziehbar dargestellten Beitragsrückstand hat der Beschwerdeführer in der gegen den Bescheid der belangten Behörde gerichteten Beschwerdeschrift nicht in Zweifel gezogen. Wenn die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2019 vorbrachte, dass der in Beschwerde gezogene Bescheid unschlüssig sei und sich aus den Beitragsvorschreibungen nicht jener im Spruch genannte Kapitalbetrag errechne, gelang es damit nicht, die im Bescheid ersichtliche, nachvollziehbare, schlüssige und in sich widerspruchsfreie Beitragsvorschreibung (substantiiert) in Zweifel zu ziehen.

3.2.4. Aus den angeführten Gründen erweist sich die gegenständliche Beschwerde als unbegründet, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zum Spruchpunkt B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Beitragsrückstand, Einkommenssteuerbescheid, Gewerbeberechtigung,
Verjährung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G305.2205814.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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