TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/8 98/01/0096

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Veröffentlicht am 08.03.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
25/01 Strafprozess;
41/01 Sicherheitsrecht;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

SGG §12;
SGG §14;
SGG §14a;
SPG 1991 §16 Abs1 Z1;
SPG 1991 §16 Abs2;
SPG 1991 §16 Abs3;
SPG 1991 §21 Abs2;
SPG 1991 §22 Abs3;
SPG 1991 §28;
SPG 1991 §29;
SPG 1991 §33;
SPG 1991 §35;
SPG 1991 §42 Abs1;
SPG 1991 §54 Abs3;
StPO 1975 §25;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des NH in K, vertreten durch Dr. Richard Soyer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. April 1997, Zl. UVS-02/12/00065/95, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach dem SPG durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 30. Oktober 1995 erhob der Beschwerdeführer gegen die Bundespolizeidirektion Wien

"wegen: § 88 Abs 1 und Abs 2 SPG

Verletzung des a) einfach-gesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gesetzmäßigkeit sicherheitspolizeilicher Maßnahmen gem. § 87 iVm § 40 Abs. 4 SPG sowie verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes gem. Art. 3 MRK

b) einfach-gesetzlich gewährleisteten Rechtes gem. § 87 iVm § 54 Abs. 3 SPG sowie verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes gem. Art. 6 MRK"

Beschwerde an die belangte Behörde (UVS Wien).

Der Beschwerdeführer brachte vor:

Am 18. September 1995 um ca. 23.44 Uhr habe in Wien 1, Volksgarten, Zufahrtstraße nächst Diskothek "Volksgarten", der Polizeiinformant Wolfgang Lanz den Beschwerdeführer "aus Richtung Ballhausplatz kommend" wahrgenommen und vor der Diskothek in ein Gespräch bezüglich Ankauf von Suchtgift verwickelt. Nach der Anzeige vom 19. September 1995 seien zu diesem Zeitpunkt zwei Polizeibeamte in Zivil ca. fünf Meter vom Beschwerdeführer entfernt gewesen. Es sei daher davon auszugehen, daß Wolfgang Lanz nicht eigenmächtig vorgegangen sei, sondern mit Wissen und Willen von GI Gottfried Friedl und RevI Thomas Kucera. Zufolge der Anzeige habe der Beschwerdeführer mit der Hand in den Mund gegriffen, um - so die Anzeige - offensichtlich eine Suchtgiftkugel herauszuholen und diese dem Lanz zum Kauf anzubieten. Der Aufforderung "Halt Polizei; Stehenbleiben." unter Vorweisung der Dienstausweise solle der Beschwerdeführer laut Anzeige nicht nachgekommen sein, sondern habe das in Plastik verpackte Kokain schnell wieder in den Mund gesteckt und zu flüchten versucht.

Die genannten Beamten hätten den Beschwerdeführer jedoch festgehalten und seien - so die Anzeige - wie folgend vorgegangen:

"Um ein Schlucken des im Mund befindlichen Suchtgiftes zu verhindern, wurde H. (der Beschwerdeführer) durch ZUDRÜCKEN IM HALSBEREICH daran gehindert." In der Folge sei der Beschwerdeführer durch Anwendung von Körperkraft zu Boden gedrückt worden.

"Erst am Boden liegend spuckte H. (der Beschwerdeführer), WELCHEM NOCH IMMER DER HALSBEREICH ZUGEDRÜCKT WURDE, das Suchtgift aus".

Der Beschwerdeführer beantragte, gemäß § 67c Abs. 3 AVG die angefochtenen Verwaltungsakte für rechtswidrig zu erklären.

Die Beschwerde wurde von der belangten Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11. April 1997 gemäß § 67c Abs. 4 AVG iVm § 88 Abs. 4 SPG in allen Punkten als unbegründet abgewiesen.

Die belangte Behörde stellte basierend auf der Aktenlage und der von ihr als glaubhaft und im wesentlichen übereinstimmend gewerteten Aussagen der in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

"Am 18.9.1995, um 23.30 Uhr, hat sich der Zeuge Lanz im Zuge einer Suchtgiftamtshandlung im Wachzimmer Stephansplatz den dort dienstverrichtenden Sicherheitswachebeamten angeboten, einen Suchtgifthändler beim 'Volksgarten', den er treffen würde, zu zeigen. Daß diesbezüglich Druck von Seiten der Polizei auf den Zeugen Lanz ausgeübt worden wäre, wurde nicht einmal von diesem selbst, noch von der beschwerdeführenden Partei behauptet, sondern ist vielmehr anzunehmen, zumindest ist in der Verhandlung der überzeugende Eindruck entstanden, daß Lanz sich Vorteile unbestimmter Art durch das Zeigen von Suchtgifthändlern zu verschaffen beabsichtigte.

Diese Information wurde vom Wachzimmer Stephansplatz, Insp. Liebminger, an das für den Volksgarten zuständige Wachzimmer, GrI. Friedl, fernmündlich weitergegeben. Hierauf haben sich dann GrI. Friedl und RvI. Kucera in Zivilkleidung zum vereinbarten Treffpunkt mit Lanz und der Besatzung eines Funkstreifenkraftwagens begeben und mit Lanz kurz Rücksprache gehalten. Danach hat sich Lanz auf den Gehsteig vor dem Lokal 'Volksgarten' begeben und hat dort das Eintreffen des vermeintlichen Suchtgifthändlers und Beschwerdeführers abgewartet, während die Beamten sich abseits gehalten haben.

In weiterer Folge erschien dann der Beschwerdeführer und hat Lanz diesen in ein Gespräch verwickelt, im Zuge dessen der Beschwerdeführer einen kugelartigen Gegenstand, wie sich später herausgestellt hat, eine in Plastik verpackte Kokainkugel, aus dem Mund nahm. In diesem Moment sind die Beamten eingeschritten und nahm der Beschwerdeführer den kugelförmigen Gegenstand sofort wieder in den Mund, als die einschreitenden Beamten den Beschwerdeführer unter Vorweisung der Dienstausweise ansprachen. In diesem Moment versuchte der Beschwerdeführer auch zu flüchten, konnte jedoch von den Beamten sofort eingeholt und festgehalten werden. Da der Beschwerdeführer zum einen in Form des verhinderten Fluchtversuches und zum anderen den Festhaltegriffen Widerstand geleistet hat und den Mundinhalt nicht freiwillig auf Aufforderung preisgab, wurde er durch die Beamten unter Anwendung von Körperkraft überwältigt und hiebei in eine Art 'Schwitzkasten' genommen, um einerseits den Widerstand des Beschwerdeführers zu brechen und andererseits ihn zum Ausspucken des Mundinhaltes zu bewegen. Der Beschwerdeführer beabsichtigte durch seine Gegenwehr offensichtlich sich dieser Amtshandlung zu entziehen und gelang es den Beamten mit Hilfe weiterer, zur Unterstützung herbeigeeilter Beamten in Uniform, den Beschwerdeführer zu überwältigen und zu schließen, nachdem die Beamten Friedl und Kucera mit dem Beschwerdeführer im Zuge der Überwältigungshandlungen zu Sturz gekommen waren. Durch die Anwendung der körperlichen Gewalt in Form des 'Schwitzkastens' spuckte der Beschwerdeführer am Boden liegend den Mundinhalt aus und stellte sich heraus, daß es sich um mehrere in Folien verpackte Kokainkugeln gehandelt hat. Nach Überwältigung des Beschwerdeführers und nach Preisgabe des Mundinhaltes und Schließung der Arme mittels Handfesseln, wurde die körperliche Gewaltanwendung durch die Beamten sofort beendet."

Die aufgenommenen Beweise würdigte die belangte Behörde folgendermaßen:

"Hinsichtlich der sachverhaltsbezogenen Angaben war jenen der Zeugen GrI. Friedl und RvI. Kucera zu folgen. Diese Angaben waren nachvollziehbar, widerspruchsfrei und war den Zeugen infolge des Zeitablaufes zuzugestehen, sich an kleinere Details nicht mehr erinnern zu können. Die Hinterfragung dieser geringfügigen Details der Situation war aber für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes unerheblich, wie z.B. die Richtung der beabsichtigten Flucht des Beschwerdeführers usw. Zweifel am Wahrheitsgehalt der Angaben dieser Zeugen sind keinesfalls aufgetreten. Auch der Beschwerdeführer selbst hat angegeben, daß er sich anfänglich gegen die Amtshandlung aktiv gewehrt hatte. Er habe jedoch angeblich nicht gewußt, daß es sich um Polizisten gehandelt hat. Als dann die uniformierten Beamten erschienen sind, habe er seinen Widerstand sofort aufgegeben. Durch dieses Vorbringen werden die Angaben der Zeugen GrI. Friedl und RvI. Kucera über das Verhalten des Beschwerdeführers durchaus glaubhaft bestärkt.

Aus der Aussage des Zeugen Lanz war für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nichts zu gewinnen, da dieser angegeben hat, sich an nichts mehr erinnern zu können und nur allgemein angegeben hat, daß er bei Bedarf Informationen an die Polizei weitergegeben habe und keinesfalls als 'V-Mann' der Polizei tätig gewesen sei. Es sei lediglich einmal in einer anderen Sache versucht worden, ihn als V-Mann einzusetzen, jedoch sei die praktische Durchführung gescheitert. Er habe lediglich Informationen im Zuge von Amtshandlungen, in die er involviert war, weitergegeben. Daraus erhärtet sich der Umstand, daß der Zeuge der Polizei angeboten hatte, 'einen bestimmten Suchtgifthändler (den Beschwerdeführer) zu zeigen'."

In rechtlicher Beurteilung dieses Sachverhaltes ging die belangte Behörde hinsichtlich der Frage, ob die Beamten im Dienste der Strafjustiz oder nach den Bestimmungen des SPG eingeschritten sind, davon aus, daß die einschreitenden Beamten im Bereich der Sicherheitspolizei tätig waren.

Die Bestimmung des § 24 StPO stelle lediglich das Verhältnis der Strafgerichte zu anderen Behörden klar und regle dieses. Die Berufung auf die Bestimmung des § 24 StPO bewirke daher keinesfalls die Unanwendbarkeit bzw. die Nichtanwendung der Vorschriften des Sicherheitspolizeigesetzes. Die Tätigkeit der Beamten sei als sicherheitspolizeiliche Tätigkeit zur Gewinnung von Verdachtsmomenten und Überführung des Täters und insbesondere zur Abwehr der Gefahr des Inverkehrbringens von Suchtgift anzusehen.

Die belangte Behörde führte hiezu aus:

"Gemäß § 21 Abs. 1 SPG obliegt den Sicherheitsbehörden die Abwehr allgemeiner Gefahren. Nach Abs. 2 leg. cit. haben die Sicherheitsbehörden gefährlichen Angriffen unverzüglich ein Ende zu setzen. Hiefür ist das Sicherheitspolizeigesetz auch dann maßgeblich, wenn bereits ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig ist.

Nach § 16 Abs. 2 SPG ist ein gefährlicher Angriff die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes unter anderem einer nach Ziffer 2 leg. cit., nach §§ 12, 14 oder 14a des Suchtgiftgesetzes strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird.

Von dieser Bestimmung ist durch Nichtnennung ausdrücklich der Tatbestand des § 16 Abs. 2 Suchtgiftgesetz ausgenommen, da der § 16 Abs. 2 Z. 2 SPG auf große Mengen Suchtgift abstellt. In bezug auf Kokain wird von großen Mengen ab 15 Gramm gesprochen. Beim Beschwerdeführer selbst wurde ein Gramm Kokain vorgefunden und sichergestellt. Hier ist allerdings anzumerken, daß für die einschreitenden Beamten vor dem Einschreiten die Menge des Suchtgiftes nicht bestimmbar war. Die Beamten konnten aufgrund der Information durch Lanz aber durchaus davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer mit Suchtgift handelt. Die Beamten waren daher aufgrund der Informationen gehalten, auf jeden Fall einzuschreiten. Aufgrund des Wissensstandes der Beamten und der sich ihnen dargebotenen Situation vor Ort, konnten die Beamten ohne weiteres vertretbarerweise davon ausgehen, daß eine Übertretung nach dem Suchtgiftgesetz durch den Beschwerdeführer vorliegt und hinsichtlich des Suchtgifthandels, durch das offensichtliche Anbieten von Suchtgift an Lanz, die Vorbereitungshandlungen in einen Versuch übergegangen waren."

Zur behaupteten Verletzung des subjektiven Rechtes, daß es den Sicherheitsorganen nach § 25 StPO bei strengster Androhung untersagt sei, auf die Gewinnung von Verdachtsgründen oder auf die Überführung eines Verdächtigen dadurch einzuwirken, daß er zur strafbaren Handlung verleitet oder verlockt wird, ging die belangte Behörde davon aus, daß der Zeuge Lanz keinesfalls als Lockspitzel eingesetzt worden sei und sich dieser lediglich angeboten habe, den Beamten einen Suchtgifthändler zu zeigen. Die Beamten hätten selbst einen Vorgang, zu dessen Beobachtung sie vom Zeugen Lanz eingeladen worden waren, wahrgenommen. Ein Zuwiderhandeln gegen den nach § 25 StPO verbotenen Einsatz von Lockspitzeln sei durch den festgestellten Sachverhalt nicht gegeben. Nach der vom Vertreter des Beschwerdeführers genannten Bestimmung des § 54 Abs. 3 SPG sei ausdrücklich die Observation, also das Beobachten von Vorgängen, zulässig.

Hinsichtlich des Beschwerdepunktes "Zudrücken des Halses" durch Anwendung von Körperkraft hat die belangte Behörde erwogen, daß auch dieses Einschreiten der Beamten im Rahmen der Sicherheitspolizei unter Beachtung der strafprozessualen Vorschriften, wie §§ 24 und 139 StPO, erfolgte. Die Berufung auf § 40 Abs. 4 SPG sei irrelevant, da die Bestimmung des § 40 SPG keinerlei Grundlage für die Suche nach Beweisgegenständen nach Begehung einer Straftat bilde.

Der Beschwerdeführer habe sich im Besitz von Gegenständen befunden, deren Besitz allein schon gerichtlich strafbar sei. Unter diesen Umständen seien die Beamten gehalten gewesen, dem Beschwerdeführer das Suchtgift abzunehmen und nötigenfalls hiebei auch körperliche Gewalt anzuwenden. Die belangte Behörde ist der Meinung, daß das "Zudrücken des Halses" dazu gedient habe, den Beschwerdeführer daran zu hindern, das Suchtgift hinunterzuschlucken bzw. um ihn zum Ausspucken zu verhalten. Es habe sich um keine Personendurchsuchung im Sinne des § 139 Abs. 2 StPO gehandelt.

Die Beamten hätten sich im Bereich der "Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit" im Sinne des Sicherheitspolizeigesetzes bewegt.

Eine Verletzung der angezogenen subjektiven Rechte sei nicht zu erblicken.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 4. Dezember 1997, B 1336/97-7, ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen durch den angefochtenen Bescheid in dem

a) durch §§ 87 und 40 SPG gewährleisteten Recht, daß mit der Durchsuchung ein Arzt zu betrauen sei, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, der Betroffene habe einen Gegenstand in seinem Körper versteckt,

b) durch § 25 StPO und §§ 54 Abs. 3 und 87 SPG gewährleisteten Recht, daß es den Sicherheitsbehörden bei strengster Anordnung untersagt sei, auf die Gewinnung von Verdachtsgründen oder auf die Überführung eines Verdächtigen dadurch hinzuwirken, daß er zur Unternehmung, Fortsetzung oder Vollendung einer strafbaren Handlung verleitet oder durch insgeheim bestellte Personen zu Geständnissen verlockt wird, die dem Richter hinterbracht werden sollen,

c) durch § 60 AVG gewährleisteten Recht, daß die Behörde in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen habe und

d) durch § 37 und § 45 Abs. 3 AVG gewährleisteten Recht, daß die Behörde den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben habe,

verletzt.

Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auzufheben und der belangten Behörde den Ersatz der Kosten aufzutragen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im gegenständlichen Fall sind das Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, in der zum Zeitpunkt des Vorfalles geltenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 201/1996, sowie das Suchtgiftgesetz 1951 - SGG, BGBl. Nr. 234 idF BGBl. Nr. 184/1985, anzuwenden.

Nach § 2 Abs. 1 SPG obliegt die Sicherheitsverwaltung den Sicherheitsbehörden. Gemäß Abs. 2 leg. cit. besteht die Sicherheitsverwaltung u.a. aus der Sicherheitspolizei. Die Sicherheitspolizei besteht gemäß § 3 SPG aus der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, ausgenommen die örtliche Sicherheitspolizei (Art. 10 Abs. 1 Z. 7 B-VG), und aus der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht.

Dazu gehört die Bekämpfung "allgemeiner Gefahren", deren Definition in § 16 SPG vorgenommen wird (vgl. § 20 SPG).

Die hier maßgeblichen Gesetzesstellen des SPG lauten:

"Allgemeine Gefahr; gefährlicher Angriff; Gefahrenerforschung

§ 16. (1) Eine allgemeine Gefahr besteht

1.

bei einem gefährlichen Angriff (Abs. 2 und 3) oder

2.

...

(2) Ein gefährlicher Angriff ist die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer

1.

nach dem Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, oder

2.

nach den §§ 12, 14 oder 14a des Suchtgiftgesetzes, BGBl. Nr. 234/1951, oder

              3.              nach dem Verbotsgesetz, StGBl. Nr. 13/1945, strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß

auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird.

...

Gefahrenabwehr

§ 21. (1) Den Sicherheitsbehörden obliegt die Abwehr allgemeiner Gefahren.

(2) Die Sicherheitsbehörden haben gefährlichen Angriffen unverzüglich ein Ende zu setzen. Hiefür ist dieses Bundesgesetz auch dann maßgeblich, wenn bereits ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig ist.

Vorbeugender Schutz von Rechtsgütern

§ 22. (1) ...

(3) Nach einem gefährlichen Angriff haben die Sicherheitsbehörden, unbeschadet ihrer Aufgaben nach der Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631/1975, die maßgebenden Umstände, einschließlich der Identität des dafür Verantwortlichen, zu klären, soweit dies zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich ist. Sobald ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig ist, gelten ausschließlich die Bestimmungen der StPO; die §§ 57 und 58 sowie die Bestimmungen über den Erkennungsdienst bleiben jedoch unberührt.

Sicherstellen von Sachen

§ 42. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Sachen sicherzustellen,

1. wenn dies bei gefährlichen Angriffen dazu dient, eine (weitere) Bedrohung des Lebens, der Gesundheit, der Freiheit oder des Eigentums von Menschen zu verhindern.

2. die sich in der Gewahrsame eines Festgenommenen befinden und besonders geeignet sind, während dessen Anhaltung

a) seine eigene oder die körperliche Sicherheit anderer unmittelbar zu gefährden oder

b) ihm die Flucht zu ermöglichen oder zu erleichtern;

..."

Die hier wesentlichen Stellen des SGG lauten:

"§ 12. (1) Wer den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge erzeugt, einführt, ausführt oder in Verkehr setzt, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Eine Suchtgiftmenge ist dann als groß anzusehen, wenn die Weitergabe einer solchen Menge geeignet wäre, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen.

(2) Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren ist zu bestrafen, wer die im Abs. 1 bezeichnete Tat gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begehrt. Wer jedoch selbst dem Mißbrauch eines Suchtgiftes ergeben ist und die Tat ausschließlich deshalb begeht, um sich für den eigenen Gebrauch Suchtgift oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen, ist nur nach Abs. 1 zu bestrafen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren ist zu bestrafen, wer die im Abs. 1 bezeichnete Tat

1. als Mitglied einer Bande begeht und schon einmal wegen einer im Abs. 1 bezeichneten strafbaren Handlung verurteilt worden ist,

2. als Mitglied einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung solcher strafbaren Handlungen begeht oder

3. mit Beziehung auf ein Suchtgift begeht, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der im Abs. 1 angeführten Menge ausmacht.

...

§ 14. (1) Wer mit einem anderen die gemeinsame Ausführung der im § 12 bezeichneten strafbaren Handlung verabredet (verbrecherisches Komplott), ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer sich mit zwei oder mehreren anderen mit dem Vorsatz verbindet, daß von einem oder mehreren Mitgliedern fortgesetzt die im § 12 bezeichnete strafbare Handlung ausgeführt werde (Bandenbildung).

...

§ 14a. Wer Suchtgift in einer großen Menge (§ 12 Abs. 1) mit dem Vorsatz erwirbt oder besitzt, daß es in Verkehr gesetzt werde, ist, wenn die Tat nicht nach § 12 mit Strafe bedroht ist, vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen."

Gemäß § 33 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einem gefährlichen Angriff durch Ausübung von unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ein Ende zu setzen. Das Tatbestandsmerkmal "gefährlicher Angriff" muß gegeben sein. Liegt ein gefährlicher Angriff vor, so gebietet das Gesetz im Regelfall (§ 21 Abs. 1 iVm § 23 und 33 SPG) diesem gefährlichen Angriff "ein Ende zu setzen".

Die Abwehr der in § 16 Abs. 2 Z. 2 SPG genannten Delikte nach dem SGG zählt "zweifellos" zur Sicherheitspolizei (RV 148 BlgNR, 18. GP, S. 35).

§ 16 Abs. 2 SPG stellt durch die taxative Aufzählung der §§ 12, 14 und 14a SGG zwar auf "große Mengen" von Suchtgift ab, was nach der diesbezüglich unbestrittenen Annahme der belangten Behörde im Falle von Kokain eine Menge von ca. 15 g bedeutet. Naturgemäß kann es aber bei der Vollziehung von Bestimmungen, die auf einen "gefährlichen Angriff" abstellen, nicht darauf ankommen, daß eine Person tatsächlich eine der gerichtlich strafbaren Handlungen der §§ 12, 14 oder 14a SGG begangen hat. Ob eine solche gesetzt wurde (und damit, ob es sich um eine große Menge von Suchtgift gehandelt hat), ist im darauffolgenden Strafverfahren zu klären. Eine Ermächtigung zur Beendigung eines gefährlichen Angriffes im Sinne des § 21 Abs. 2 SPG ist daher schon dann gegeben, wenn die einschreitenden Organe der Sicherheitsbehörden ein Verhalten wahrnehmen, das von ihnen zumindest vertretbarerweise als den Tatbestand eines gefährlichen Angriffes erfüllend qualifiziert werden konnte, wenn also die Organe im vorliegenden Fall mit gutem Grund annehmen konnten, der Beschwerdeführer besitze Suchtgift in einer großen Menge und wolle es in Verkehr setzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juli 1998, Zlen. 97/01/0102, 0103).

Aufgrund der Feststellungen der belangten Behörde durften die einschreitenden Beamten nach den Informationen des Lanz davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer Suchtgift in Verkehr bringen wolle. Nach ihren eigenen Wahrnehmungen, daß der Beschwerdeführer einen Gegenstand, der nach der vorliegenden Verdachtslage Suchtgift sein konnte, beim Gespräch mit Lanz aus dem Mund nahm und es wieder hineinsteckte, als die Beamten ihn ansprachen, durften sie vertretbarerweise auch davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer im Besitz einer nach § 14a SGG relevanten Menge Suchtgiftes sein könne. Zu Recht weist die belangte Behörde darauf hin, daß für die einschreitenden Beamten vor ihrem Einschreiten die Menge des Suchtgiftes nicht bestimmbar war, zumal auch die Menge von 15 g leicht von einer Person transportiert (etwa in der Mundhöhle, in der Kleidung etc.) werden kann.

Die Abwehr des gefährlichen Angriffes des Besitzes von Suchtgift mit dem Vorsatz, es in Verkehr zu bringen (§ 14a SGG), endet (erst) dann, wenn der Täter nicht mehr Besitzer des Suchtgiftes ist, das ist in bezug auf den gegenständlichen Fall jedenfalls nicht vor dem Ausspucken der Kokainkugeln durch den Beschwerdeführer und deren Sicherstellung durch die einschreitenden Beamten. Im Hinblick auf die §§ 21 Abs. 2 und 22 Abs. 3 SPG ("Nach einem gefährlichen Angriff ...") ist die belangte Behörde im Recht, daß sie das gegenständliche Einschreiten der Beamten als Gefahrenabwehr beurteilt und somit dem SPG unterstellt hat und nicht als "im Dienste der Strafjustiz" ausgeführt angesehen hat, wie der Beschwerdeführer vermeint.

Die Frage, wie die Abwehr eines gefährlichen Angriffes zu geschehen hat, wird in § 33 SPG nur durch den rechtsförmlichen Begriff der "Ausübung unmittelbarer Befehls und Zwangsgewalt" näher beschrieben. Weitere Determinanten des zur Erreichung der Angriffsbeendigung zu setzenden polizeilichen Verhaltens ergeben sich aus den §§ 28 ff SPG, dann aus den §§ 35 ff SPG, sofern sie Sondervorschriften zu § 33 SPG enthalten, und letztlich aus sonstigen, insbesondere verfassungsrangigen Rechtsvorschriften, die bestimmte hoheitliche Verhaltensweisen von vornherein verbieten. In diesen durch die Rechtsordnung gezogenen Grenzen hat die Behörde (bzw. haben deren Organe) im übrigen das Zweckdienliche vorzukehren, um das in § 33 SPG umschriebene Ziel (Ende des gefährlichen Angriffes) zu erreichen. Was hiefür in Betracht kommt, hängt jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Beendigung des Angriffes kann beispielsweise durch ein Wegzerren des Schlägers von seinem Opfer, durch die Abnahme des soeben "gestohlenen Gegenstandes" oder durch gezielten Schußwaffengebrauch erfolgen (vgl. Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz samt "Lauschangriff", "Rasterfahndung" und Polizeikooperationsgesetz, 1997, 88).

In der Vorgangsweise der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Festhalten unter Anwendung von Körperkraft, "In-den-Schwitzkasten-Nehmen", "Zudrücken des Halses" um das Verschlucken der Kokainkugeln zu verhindern, Festnahme) liegt ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Im vorliegenden Fall wurde einerseits der vertretbarerweise angenommene gefährliche Angriff des Beschwerdeführers durch die von den Sicherheitsorganen gewählte Vorgangsweise beendet und es konnte andererseits das vom Beschwerdeführer mitgeführte Suchtgift sichergestellt werden.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, seiner "Durchsuchung" wäre gemäß § 40 Abs. 4 SPG ein Arzt beizuziehen gewesen, ist entgegenzuhalten, daß im gegenständlichen Fall gar keine Durchsuchung des Beschwerdeführers stattgefunden hat. Es wurde nie behauptet, daß in die Mundhöhle des Beschwerdeführers hineingegriffen wurde, sondern er hat vier Kokainkugeln selbst ausgespuckt.

Die Beamten durften - wie ausgeführt - zu Recht annehmen, daß der Beschwerdeführer Suchtgift im Mund hatte und Gefahr in Verzug bestand, daß er sie schlucken würde. Gemäß § 42 Abs. 1 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, Sachen sicherzustellen. Wäre der Beschwerdeführer weiterhin im Besitz des Suchtgiftes geblieben, wäre einerseits der vertretbarerweise angenommene gefährliche Angriff des Inverkehrbringens im Sinne des § 14a SGG nicht beendet worden, andererseits hätte das Suchtgift auch dazu gedient, weiterhin eine Bedrohung der Gesundheit anderer Personen darzustellen (§ 42 Abs. 1 Z. 1). Wäre es ihm gelungen, das Suchtgift zu schlucken, so wäre es zudem besonders geeignet (die abstrakte Eignung genügt (vgl. Wiederin, Sicherheitspolizeirecht, RZ 520); daß im Magen aufgenommenes Suchtgift lebensbedrohend sein kann, ist eine allgemein bekannte Tatsache) gewesen, die eigene Sicherheit des Beschwerdeführers unmittelbar zu gefährden. Die Grenze zwischen "bloßer" Abwehr des gefährlichen Angriffes und der "bloßen" Sicherstellung dabei verwendeter Sachen ist in der Regel fließend. Sowohl zur Beendigung eines gefährlichen Angriffes als auch zur Sicherstellung von Sachen ist notfalls auch eine den Umständen angemessene Gewaltanwendung - § 29 SPG - zulässig (vgl. z. B. das gewaltsame Entreißen eines Messers). Da der Beschwerdeführer nicht bereit war, das Suchtgift sofort von sich aus herauszugeben, wendeten die Organe der öffentlichen Sicherheit Gewalt an, als sie den Beschwerdeführer "in den Schwitzkasten" nahmen und dadurch den "Hals zudrückten", um ihn zum Ausspucken der Kugeln zu bewegen.

Bedenkt man, wie leicht der Beschwerdeführer einerseits den vertretbarerweise angenommenen gefährlichen Angriff fortsetzen, andererseits die Gefahren, denen die Sicherstellung zu begegnen sucht, durch Verschlucken des Suchtgiftes verwirklichen hätte können, ist die angewendete Gewalt, welche nach den Feststellungen der belangten Behörde den Beschwerdeführer auch nicht der Gefahr einer Verletzung aussetzte, nicht als überschießend zu erkennen.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, den Sicherheitsbehörden sei es gemäß §§ 25 StPO und § 54 Abs. 3 SPG untersagt, auf die Gewinnung von Verdachtsgründen dadurch hinzuwirken, daß jemand zur strafbaren Handlung verleitet wird. Lanz sei als "Lockspitzel" eingesetzt worden. Auch dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg.

§ 25 StPO lautet:

"Es ist den Sicherheitsorganen sowie allen öffentlichen Beamten und Vertragsbediensteten bei strengster Ahndung untersagt, auf die Gewinnung von Verdachtsgründen oder auf die Überführung eines Verdächtigen dadurch hinzuwirken, daß er zur Unternehmung, Fortsetzung oder Vollendung einer strafbaren Handlung verleitet oder durch insgeheim bestellte Personen zu Geständnissen verlockt wird, die dem Gerichte hinterbracht werden sollen."

§ 54 Abs. 3 SPG lautet:

"Besondere Bestimmungen über die Ermittlung

(3) Darüber hinaus sind das Einholen von Auskünften ohne Hinweis gemäß Abs. 1 sowie die Observation zulässig, wenn sonst die Abwehr gefährlicher Angriffe oder die Abwehr bandenmäßiger oder organisierter Kriminalität gefährdet oder erheblich erschwert werden würde (verdeckte Ermittlung)."

"Lockspitzel" ist eine Person, die jemand zu verleiten sucht, an die Ausführung einer strafbaren Handlung zu schreiten, um ihn einer strafgerichtlichen Verfolgung auszusetzen, oder die dem anderen zum gleichen Zweck unter falschem Schein ein Geständnis entlocken soll (vgl. Foregger/Serini, StPO5, S. 51)

Dieser Vermutung des Beschwerdeführers, Lanz sei als "Lockspitzel" eingesetzt worden, steht das Ermittlungsergebnis der belangten Behörde entgegen. Die in der Beschwerde wörtlich zitierte Passage aus der Aussage des Lanz

"Ich habe mich sicherlich nicht angeboten, den Informanten für die Polizei zu spielen. Ich war Endverbraucher und wollte nur meine Ruhe haben. Hätte ich derart agiert, wäre mein weiteres Auftreten in der dortigen Szene unmöglich geworden. Wäre ich Informant gewesen, hätte sich das herumgesprochen und hätte ich Probleme bekommen in der Art, daß ich kein Gift mehr bekommen hätte und auch Hiebe zu erwarten gehabt hätte."

ist keinesfalls geeignet, die Vermutung des Beschwerdeführers zu stützen, sondern zeigt - im Gegenteil - auf, daß Lanz gerade nicht darauf bedacht war, als "Lockspitzel" den Beschwerdeführer strafgerichtlicher Verfolgung auszusetzen.

Unter "verdeckter Fahndung" wird vor allem verstanden, daß sich ein Organ der Sicherheitsbehörden oder ein sogenannter Vertrauensmann der Polizei an einen mutmaßlichen Suchtgifthändler wendet, sich als Kaufinteressent ausgibt und womöglich die Überlassung von Suchtgift sowie die Überführung des Täters erwirkt. Ein solches Vorgehen wurde vom Ausschuß für Gesundheit und Umweltschutz als mit der österreichischen Rechtsordnung durchaus vereinbar angesehen (420 BlgNr, 15. GP, 5f; vgl. das Urteil des OGH 19. November 1996, 14 Os 44/96, sowie Foregger/Serini, StGB5, 51).

Die Mitführung einer Suchtgiftmenge zwecks Weitergabe an einen Interessenten ist in abstracto zur Herbeiführung des verpönten Erfolges (Inverkehrsetzen des Suchtgiftes) auch dann geeignet, wenn der Käufer unter Aufsicht der Sicherheitsbehörden handelt (OGH 17. Oktober 1978, 11 Os 87/78). Die Beobachtung tatverdächtiger Personen und das Zuwarten mit einem behördlichen Zugriff bis zu einem fortgeschritteneren Ausführungsstadium der Tat fällt nicht unter das Verbot des § 25 StPO (OGH 8. Mai 1979, 11 Os 15/79). Zuwarten ist kein "Verleiten" (OGH 9. August 1979, 13 Os 74/79). Daß dem Täter eine Falle gestellt und er gleichsam wie durch einen Lockspitzel zur Tat verleitet wurde, ändert nichts an der Erfüllung des Tatbestandes (OGH 21. März 1991, 15 Os 142/90).

Der Beschwerdeführer hat schließlich im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht, welchen Sachverhalt der von ihm beantragte Zeuge Insp. Liebminger hätte aussagen sollen, um den vom Beschwerdeführer vermuteten Einsatz des Lanz als "Lockspitzel" zu belegen. Die belangte Behörde hat dessen Einvernahme daher zu Recht als "Erkundungsbeweis" abgelehnt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 8. März 1999

Schlagworte

Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998010096.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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