Entscheidungsdatum
01.03.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
I421 2185689-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch: RA Edward W. DAIGNEAULT Solicitor (England) gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 05.02.2019, Zl. 1090111206-180817184, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer reiste spätestens am 18.09.2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag vor dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 07.10.2018 fand die Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er an, dass er XXXX oder XXXX oder XXXX heiße und am XXXX in Warri, Nigeria geboren sei. Befragt nach seinem Fluchtgrund gab er im Wesentlichen an, dass er mit seinem Stiefvater aufgrund seiner Homosexualität Probleme habe. Sein Stiefvater habe ihn mit dem Tode bedroht und bei der Polizei angezeigt. Da in Nigeria Homosexualität mit einer Haftstrafe bedroht werde, habe er seine Heimat verlassen. Bei einer Rückkehr nach Nigeria befürchte er, von den nigerianischen Behörden zu einer Haftstrafe verurteilt zu werden oder von seinem Stiefvater umgebracht zu werden.
Am 04.01.21017 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen, wobei er angab, XXXX und am XXXX in Nigeria geboren zu sein. Befragt nach seinem Fluchtgrund gab er im Wesentlichen an, dass er homosexuell sei und dies sein Stiefvater sowie die Dorfbewohner herausgefunden hätten. Des Weiteren brachte er vor, dass sein Stiefvater ihn sogar bei der Polizei angezeigt habe. Aufgrund dieser Geschehnisse sei es für ihn immer gefährlicher geworden und er habe sich im Wald versteckt. Die Stiefschwester des Beschwerdeführers habe ihm etwas Geld zugesteckt und er flüchtete mit dem Bus aus Nigeria.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.01.2018, Zl. 10901111206 - 151502015, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 18.09.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigen in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet abgewiesen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen an Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
Mit Verfahrensanordnungen gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 12.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, ARGE Rechtsberatung als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.
Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 31.01.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte inhaltliche Rechtswidrigkeit und die Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer stellt daher die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht wolle eine mündliche Verhandlung anberaumen, den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und ihm Asyl zuerkennen, in eventu ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria zuerkennen, in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt wird und ihm einen Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen erteilen, in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Bescheiderlassung an die belangte Behörde zurückverweisen.
Am 10.08.2018 erfolgte in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsberatung sowie der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.8.2018 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, dieses Erkenntnis ist rechtskräftig.
Der Beschwerdeführer hat am 29.08.2018 einen (Folge-)Antrag auf internationalen Schutz gestellt, wobei er angab, den Namen XXXX zu führen, Staatsangehöriger von Nigeria und am 28.03.1972 geboren zu sein. Anlässlich des gegenständlichen Asylverfahrens hat er bei der niederschriftlichen Befragung am 29.08.2018 beim Landespolizeikommando Wien, Abteilung für Fremdenpolizeiliche Maßnahmen und Anhaltevollzug, 1080 Wien, auf die Frage, warum er neuerlich einen Asylantrag stelle, angegeben:
"Ich habe vor zwei Wochen meine Stiefschwester angerufen. Diese hat mir mitgeteilt, dass die Polizei und die Community noch immer nach mir suchen. Ich habe schon mal angegeben, dass ich Homosexuell bin. Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Das sind alle meine Fluchtgründe. Ich habe alles gesagt und nicht mehr hinzuzufügen."
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen volljährigen männlichen, nigerianischen Staatsbürger, und somit um einen Drittstaatsangehörigen gemäß § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest.
Der Beschwerdeführer ist verheiratet, hat keine Kinder, gehört der Volksgruppe der Igbo an und bekennt sich zum christlichen Glauben.
Der Beschwerdeführer ist gesund und daher auch erwerbsfähig. Er hat gelegentlich Rückenschmerzen, die mit Medikamenten und einer afrikanischen Salbe behandelt werden (ZV Ehegattin des BF AS 144).
Der Beschwerdeführer verfügt über eine umfangreiche Schulausbildung, er hat sechs Jahre die Grundschule und sechs Jahre die Mittelschule besucht. Anschließend hat er die Berufe des LKW-Fahrers sowie des Malers erlernt. Seinen Lebensunterhalt hat er durch Gelegenheitsarbeiten bestritten.
In Nigeria leben nach wie vor seine Stiefschwestern, mit welchen er telefonischen Kontakt hat.
Der Beschwerdeführer geht keiner legalen Beschäftigung nach und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte spätestens am 18.09.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer ist mit einer österreichischen Staatsbürgerin seit XXXX2018 verheiratet. Er lebt mit ihr seit September in einem gemeinsamen Haushalt und hat mit ihr keine gemeinsamen Kinder. Der Beschwerdeführer weist außer seiner Ehegattin und deren zwei Kinder in Österreich keine maßgeblichen privaten Beziehungen auf.
Hinsichtlich seiner Integration hat der Beschwerdeführer eine Bestätigung über den Besuch eines Deutsch Integrationskurses A1, Bestätigung über gemeinnützige Tätigkeiten im Ausmaß von 539 Stunden, Bestätigungen über die Teilnahme an Informationsveranstaltungen der Stadt Wien sowie ein Zertifikat über die bestandene Prüfung Deutsch A1, vorgelegt. Es konnten jedoch keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der Grundversorgung (Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem vom 26.2.2019).
1.2. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:
Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Nigeria einer persönlichen Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war.
Es haben sich im Verfahren mangels Glaubwürdigkeit keine Anhaltspunkte in Bezug auf eine homosexuelle Orientierung des Beschwerdeführers ergeben und es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Nigeria wegen seiner homosexuellen Orientierung verfolgt wird. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen bzw. eine solche im Falle der Rückkehr zu befürchten hat.
Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.
Der Beschwerdeführer wird im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.
Nicht festgestellt werden kann auch, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Dies insbesondere da dort noch seine Familie lebt und er über eine umfangreiche Schulausbildung verfügt.
1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wurden in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 10.08.2018 die aktuellen Länderfeststellungen und die im Rahmen der Ladung übermittelte Analyse der Staatendokumentation zur Lage sexueller Minderheiten, insbesondere MSM (men who have sex with men), vom 30. 09.2016, erläutert und dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme gewährt, wobei seitens der Rechtsvertretung auf den Beschwerdeschriftsatz verwiesen wurde.
Es kann daher zusammengefasst festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr keiner lebensbedrohenden Situation überantwortet wird, er selbst hat hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet und haben sich auch amtswegig keine Anhaltspunkte dafür ergeben.
Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann, zumal er arbeitsfähig ist, in Nigeria die Schule besucht hat und bereits gearbeitet hat. Zudem kann er in Nigeria auf ein familiäres Netzwerk zurückgreifen. Aber auch wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bieten sollte, kann er seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten. Staatliche Repressionen im Falle der Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl können nicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt konnte auf Grund der Aktenlage, die widerspruchsfrei ist, festgestellt werden. Dass der Beschwerdeführer seit September 2018 mit seiner nunmehrigen Ehefrau zusammenlebt, ergibt sich aus der zeugenschaftlichen Aussage seiner Ehegattin. Die Ehe hat er amXXXX2018 geschlossen.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und der Erwerbsfähigkeit ergeben sich ebenfalls aus der Zeugenaussage der Ehegattin des Beschwerdeführers.
Die Feststellungen zum Herkunftsstaat konnten aus dem Vorverfahren übernommen werden, dem bereits der aktuelle Länderbericht zu Nigeria zugrunde lag. Änderungen sind seither keine eingetreten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung eines Antrags, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207). Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.
Zu A)
3.1. Zurückweisung des Antrages hinsichtlich des Status des Asylberechtigten sowie des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide):
Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht Anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden.
Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).
Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).
Ist davon auszugehen, dass ein/eine Asylwerber/Asylwerberin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser/diese jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467).
Für das Bundesverwaltungsgericht ist die maßgebliche Frage des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens, ob das BFA den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.08.2018 ist in formelle Rechtskraft erwachsen.
Das BFA hat - wie in der Beweiswürdigung zusammengefasst - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung der belangten Behörde an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann. Das Vorbringen rund um die angebliche Verfolgung durch die Polizei und den Stiefvater wegen angeblicher Homosexualität war bereits Gegenstand des Vorverfahrens. Zudem führ im nunmehrigen Verfahren der Beschwerdeführer ja ausdrücklich aus, dass er nicht Homosexuell sei.
Da daher weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann. Die angefochtenen Spruchpunkte I. und II. waren sohin vollinhaltlich zu bestätigen.
3.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide):
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 57 AsylG wurde weder behauptet noch gibt es dafür im Verwaltungsakt irgendwelche Hinweise, so dass auch die Beschwerden gegen Spruchpunkt III. abzuweisen waren.
3.3. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide):
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.
Die Ehefrau des Beschwerdeführers lebt und arbeitet in Österreich. Zu prüfen ist daher ein etwaiger Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers. Das Recht auf Achtung des Familienlebens gem. Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).
Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts der kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes von ca. drei Jahren und sechs Monaten davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers das Interesse an der Achtung seines Privatlebens überwiegt.
Es liegen auch beim Beschwerdeführer keine Aspekte einer außerordentlichen Integration vor bzw. wurde diesbezüglich in der Beschwerde nichts vorgebracht. Hinsichtlich der strafrechtlichen Unbescholtenheit ist auszuführen, dass dies nach Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (VwGH 21.01.1999, 98/18/0420), da der VwGH davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.
Die Kinder der Ehegattin des Beschwerdeführers sind 9 und 13 Jahre alt und sind nicht Kinder des Beschwerdeführers. Ein gemeinsamer Haushalt besteht erst seit September 2018, also seit ca. eineinhalb Jahr. Von einem verfestigten Familienverband kann auf Grund dieser kurzen Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht ausgegangen werden. Es kann auf Grund dieser kurzen Zeit auch nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen dem Beschwerdeführer und den Kindern seiner Ehegattin eine so tiefe emotionale Bindung entstanden ist, wie sie gewöhnlich zwischen Eltern und Kindern gegeben ist.
Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, es bestünde ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin und deren Kinder, da die Ehegattin an Schilddrüsenkrebs erkrankt sei, was die Behörde missachte, ist dem zu entgegnen, dass die Krebserkrankung der Ehegattin 2016 operativ behandelt wurde, also bereits zwei Jahre vor Eheschließung und nun Kontrolluntersuchungen alle 3 Monate stattfinden, wobei sich die weitere Behandlung auf medikamentöse Hormonsubstitution beschränkt (vgl. ZV AS 141 ff). Das behauptete besondere Abhängigkeitsverhältnis liegt daher nicht vor. Festzuhalten ist auch, dass der Beschwerdeführer und seine Ehegattin die Beziehung und die Ehe eingegangen sind, als beiden bekannt war jedenfalls bei Anwendung der gehörigen Aufmerksamkeit bekannt sein musste, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers ungesichert ist, zumal das Erstverfahren ja kurz vorher mit Erkenntnis vom 21.8.2018 negativ abgeschlossen wurde. Im konkreten Fall ging der Beschwerdeführer die Beziehung und dann die Ehe zu seiner Frau in einem Zeitpunkt ein, als sein Antrag auf internationalen Schutz bereits in erster Instanz bzw. auch in zweiter Instanz abgewiesen worden war. Er und in gleicher Weise auch seine Ehefrau durften somit nicht darauf vertrauen, im Bundesgebiet ihr Familienleben dauerhaft führen zu können. Unüberwindbare Hindernisse, die einer Fortsetzung des Familienlebens in Nigeria entgegenstünden, konnten im vorliegenden Beschwerdeverfahren ebenfalls nicht festgestellt werden. Schließlich existieren keinerlei offenkundige Probleme für österreichische Staatsbürger, sich in Nigeria niederzulassen, insbesondere wenn es sich dabei um Ehepartner nigerianischer Staatsangehöriger handelt.
Somit ist es der Ehefrau des Beschwerdeführers unter den gegebenen Umständen möglich und auch zumutbar, ihren Ehemann in Nigeria zu besuchen oder gemeinsam mit ihm nach Nigeria zu übersiedeln, um dort ihr Familienleben fortsetzen zu können. Die Erlassung der Rückkehrentscheidung hat demnach nicht zwingend eine (dauerhafte) Trennung zwischen dem Beschwerdeführer sowie seiner Ehefrau zur Folge.
Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 2003, 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.")
Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt aber nicht vor, insbesondere da der Beschwerdeführer Kontakt zu seinen Stiefschwestern in Nigeria hält.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer darstellt.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.
3.4. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V. der angefochtenen Bescheide):
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde zudem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig ist. Dass der Beschwerdeführer von einem innerstaatlichen oder internationalen Konflikt oder von der Todesstrafe bedroht wären, wurde nie vorgebracht. In der Beschwerde wurde aber auch nicht aufgezeigt, dass eine Abschiebung die reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK mit sich bringen würde. Es wurde zwar erklärt, dass der Beschwerdeführer in eine ausweglose Situation geraten würden, doch reicht nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die bloße Möglichkeit einer Existenzbedrohung nicht aus (VwGH, 25.05.2016, Ra 2016/19/0036-5). Der Verweis auf drohende Arbeitslosigkeit, welche im ganzen Land herrschen würde, mag zwar die Möglichkeit einer schwierigen Lebenssituation im Falle der Rückführung aufzeigen, aber nicht die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit eine Verletzung des Art. 3 EMRK (VwGH, 23.03.2017, Ra 2016/20/0188). In der Beschwerde bzw. auch im vorangegangenen Verfahren wurde es unterlassen, eine konkrete Gefährdung des Beschwerdeführers aufzuzeigen. Die Gefahr einer Verletzung der in Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte war im Übrigen auch im vorangegangenen Asylverfahren verneint worden.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.
3.5. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V. der angefochtenen Bescheide):
Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für eine freiwillige Ausreise in Fällen einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68
AVG.
Die Beschwerde war somit auch hinsichtlich des Spruchpunktes VI. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Der Beschwerdeführer beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).
Da der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG unterbleiben. Der für die Zurückweisung maßgebliche Sachverhalt war auf Grund der Aktenlage klar.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Dies bezüglich wird insbesondere auf die zitierten Entscheidungen im Erkenntnis verwiesen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Interessenabwägung, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I421.2185689.2.00Zuletzt aktualisiert am
22.05.2019