TE Dok 2019/3/12 104 Ds 1/18z

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Veröffentlicht am 12.03.2019
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Norm

BDG 1979 §43

Schlagworte

Dienstpflichtverletzung

Text

DISZIPLINARERKENNTNIS

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz hat durch die Senatspräsidentin des OLG Dr. Ingrid Brandstätter als Vorsitzende sowie den Richter des OLG Dr. Werner Urbaner und ChefInsp Martin-Johann Schöpf als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates in der Disziplinarsache gegen RevInsp *** *** nach der am 17.01.2019 in Anwesenheit des Disziplinaranwaltes StA Dr. Andreas Leo, LL.M., des Diszplinarbeschuldigten RevInsp *** ***, seines Verteidigers RA Mag. Thomas Bodingbauer sowie der Schriftführerin RiAA Dr. Teresa Sanader öffentlich durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

RevInsp *** *** ist

s c h u l d i g,

er hat am *** um *** Uhr, sohin innerhalb seiner im Dienstplan der Justizanstalt *** vorgeschriebenen Dienststunden (06.00 Uhr bis 14.30 Uhr), den ihm zugewiesenen Posten ohne Meldung an seinen Vorgesetzten ungerechtfertigt und eigenmächtig verlassen und seinen Dienst nicht mehr angetreten.

Er hat hiedurch gegen seine Dienstpflichten,

seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs 1 BDG 1979),

in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs 2 BDG 1979), und

seine Vorgesetzten zu unterstützen, und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs 1 BDG 1979), in concreto die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist (§ 48 Abs 1 erster Satz BDG 1979) und im Falle seiner Abwesenheit vom Dienst den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen (§ 51 Abs 1 BDG 1979),

verstoßen und somit schuldhaft Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.

Gemäß § 126 Abs 2 iVm § 92 Abs 1 Z 3 BDG 1979 wird über RevInsp *** *** eine Geldstrafe in der Höhe von 3 (drei) Monatsbezügen verhängt.

Gemäß § 117 Abs 2 BDG 1979 werden die vom Disziplinarbeschuldigten zu ersetzenden Verfahrenskosten mit EUR 200,00 bestimmt.

BEGRÜNDUNG:

Aufgrund der vom BMVRDJ, Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen, gemäß § 110 Abs 1 Z 2 BDG 1979 weitergeleiteten Disziplinaranzeige der Leiterin der Justizanstalt *** vom *** (ON ***), den Monatsabrechnungen für *** bis *** *** (ON ***), der Aussage des Zeugen AbtInsp *** *** sowie der Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten steht folgender Sachverhalt fest:

Der am *** geborene RevInsp *** *** steht als Justizwachebeamter der Verwendungsgruppe E2b, Grundlaufbahn, Gehaltsstufe 8, in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist in der Justizanstalt *** als „Beamter im Allgemeinen Justizwachdienst? beschäftigt. Sein monatliches Nettoeinkommen (inklusive Zulagen und Überstundenentgelt) beläuft sich auf rund EUR *** zuzüglich Sonderzahlungen (Monatsabrechnungen in ON *** AS *** und ON ***, Angaben des Disziplinarbeschuldigten). RevInsp *** *** ist Eigentümer einer ca *** m2 großen Wohnung, aus deren Anschaffung Kreditverbindlichkeiten von ca EUR *** mit einer monatlichen Rückzahlungsrate von EUR *** resultieren.

Mit in Rechtskraft erwachsener Disziplinarverfügung der Generaldirektion vom ***, BMVRDJ-***, wurde über RevInsp *** *** gemäß § 131 BDG 1979 iVm § 92 Abs 1 Z 1 leg cit die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt, weil er es am *** als zum Postendienst eingeteilter Justizwachebeamter unterließ, die Türe zum Spazierhof der Außenstelle *** zu versperren und sohin die Entweichung zweier Insassen ermöglichte, wodurch er gegen § 43 Abs 1 BDG 1979 iVm Pkt 6.6.1.4. Abs 2 und 3 der Vollzugsordnung für Justizanstalten (VZO) verstoßen und schuldhaft eine Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen hat (ON *** AS ***).

Wegen eines angeblich unaufschiebbaren persönlichen Termins am Vormittag des *** trat RevInsp *** *** einige Tage vorher an seinen für die Erstellung des Dienstplanes zuständigen Vorgesetzten AbtInsp *** *** mit der Bitte um Dienstplanänderung und dem Vorschlag eines Diensttausches heran, ohne den konkreten Grund der beantragten Dienstfreistellung zu nennen. AbtInsp *** lehnte das Ersuchen aus organisatorischen Gründen ab.

Am *** hat RevInsp *** *** um *** Uhr normal seinen Dienst angetreten. Um *** Uhr trat er erneut an seinen Vorgesetzten AbtInsp *** *** mit dem Ersuchen um Freistellung heran, ohne den Grund hiefür zu nennen. Infolge mehrerer Krankenstände und urlaubsbedingter Abwesenheiten (siehe auch Tagesplan vom *** in ON *** AS ***) sowie weil er bereits einen Beamten ersatzweise zum Dienst herangezogen hat, lehnte AbtInsp *** *** das Ansuchen des Disziplinarbeschuldigten ab. Dieser reagierte darauf durch die sinngemäße Äußerung, dann müsse er es anders machen bzw ihm werde schon was anderes einfallen, wobei er die Worte hinzufügte: „kennst dich eh aus“.

Um ca. *** Uhr kam RevInsp *** ins Wachzimmer, versperrte dort seinen Schlüssel und erwähnte gegenüber der Wachzimmerkommandantin GrInsp *** ***, dass er jetzt nach Hause fahren würde, worauf er das Wachzimmer verließ. GrInsp *** teilte AbtInsp *** sofort mit, dass RevInsp *** die Anstalt verlassen habe (AV vom *** in ON *** AS ***).

Ob der Disziplinarbeschuldigte gegenüber GrInsp *** auch von einem Krankenstand gesprochen hat, kann dahingestellt bleiben. Feststeht, dass seine Arbeitsfähigkeit in keiner Weise beeinträchtigt war und er eigenmächtig in Missachtung des Dienstplanes den Arbeitsplatz verlassen hat, ohne dies seinem Vorgesetzten zu melden.

RevInsp *** hat in der Folge auch keinen Arzt aufgesucht und am nächsten Tag seinen Dienst wieder angetreten.

Diese Feststellungen gründen sich auf die eingangs wiedergegebenen Beweismittel, insbesondere auf die glaubwürdige Aussage des Zeugen AbtInsp *** ***.

Dieser hat schlüssig und lebensnah dargelegt, warum er das Ansuchen des Disziplinarbeschuldigten um Dienstfreistellung am *** abgelehnt und wie dieser darauf reagiert hat. Der Zeuge vermittelte keineswegs den Eindruck, RevInsp *** über Gebühr belasten zu wollen. Seine Angaben, wonach dieser seit geraumer Zeit Anweisungen nicht Folge leistet und deshalb schon mehrfach mündlich abgemahnt werden musste, erweisen sich nicht zuletzt auch aufgrund des persönlichen Eindrucks, den die Disziplinarkommission vom Beschuldigten gewonnen hat, als nachvollziehbar.

Anlässlich der im Rechtsbüro der Justizanstalt *** am *** aufgenommenen Niederschrift erklärte RevInsp *** ***, er habe in seiner mehr als 14-jährigen Dienstzeit maximal zwei bis drei „ähnlich geartete Termine? wahrzunehmen gehabt und sei es nie ein Problem gewesen, hiefür frei zu bekommen bzw den Dienst zu tauschen. Deshalb habe er (bezogen auf den Termin am ***) auch die Möglichkeit verworfen, sich krank zu melden. Diese Art und Weise „sich freizunehmen? stelle für ihn einen Missbrauch dar, den er ablehne. Bei dem Termin am *** habe es sich um einen ihm vorgegebenen, für ihn äußerst wichtigen und unaufschiebbaren Termin gehandelt, weshalb er ohne Genehmigung durch AbtInsp *** *** und ohne Gedanken an die allfällig negativen Auswirkungen für seine Kollegen sowie für die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt den Dienst verlassen habe. Es tue ihm leid, dass er entgegen seinen Dienstpflichten gehandelt habe, wofür er sich auch entschuldige. Er ersuche, seine bisher korrekte und pflichtbewusste Diensterfüllung mitzuberücksichtigen (ON *** AS ***).

In der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarkommission am *** hat sich RevInsp *** *** nicht schuldig bekannt. Über Vorhalt der von ihm unterfertigten Niederschrift vom *** erklärte er, er habe sich bei der Einvernahme „wie ein Doppelmörder“ behandelt gefühlt, wobei er der vernehmenden Beamtin zunächst unterstellte, ihm die Worte quasi in den Mund gelegt zu haben. Nach Rücksprache mit seinem Verteidiger hat er Verantwortung für seine damalige Aussage übernommen und bestätigt, dass die Angaben vom *** in der Niederschrift korrekt wiedergegeben wurden.

Dessen ungeachtet hat er seine Verantwortung dahingehend abgeändert, dass er sich am *** gegen *** Uhr - bei der Wachzimmerkommandantin GrInsp *** - krank gemeldet habe, weil es ihm nach dem Gespräch mit AbtInsp *** „schlechter gegangen“ sei. Über näheres Befragen erklärte er hiezu, er habe sich „unwohl“ gefühlt, habe bereits am Morgen Gliederschmerzen gehabt und sei nach dem Gespräch mit seinem Vorgesetzten auch noch Kopfweh dazu gekommen.

Davon abgesehen, dass der Disziplinarbeschuldigte selbst einräumt, seinem Vorgesetzten AbtInsp *** den Grund seiner Abwesenheit nicht unverzüglich gemeldet zu haben, handelt es sich hiebei um eine völlig unglaubwürdige Schutzbehauptung. Es besteht kein Zweifel, dass RevInsp *** uneingeschränkt arbeitsfähig gewesen ist, als er – entsprechend seiner sinngemäßen Ankündigung – in Missachtung des Dienstplanes eigenmächtig seinen Arbeitsplatz verlassen hat. Im Rahmen der Niederschrift am ***, an deren ordnungsgemäßem Zustandekommen kein Zweifel besteht, hat er noch selbst die missbräuchliche Inanspruchnahme eines Krankenstandes abgelehnt und sich mit keinem Wort auf Arbeitsunfähigkeit berufen. Vielmehr räumte er ein, ohne Genehmigung durch AbtInsp *** *** den Arbeitsplatz verlassen zu haben, um den ominösen Privattermin wahrzunehmen (ON *** AS ***).

Gemäß § 43 Abs 1 BDG 1979 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen. Nach Abs 2 leg cit hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Das eigenmächtige Verlassen seines Postenbereiches durch einen zum Postendienst eingeteilten Justizwachebeamten ist mit dem Erfordernis einer gewissenhaften Ausübung des Dienstes nicht vereinbar und darüber hinaus geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zu erschüttern.

Gemäß § 44 Abs 1 BDG 1979 hat der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen, und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Die Erlassung des Normaldienstplanes ist eine Weisung durch den/die hiezu befugten Vorgesetzten (Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten4, S 295). Gemäß § 48 Abs 1 erster Satz BDG 1979 hat der Beamte die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist. Nach § 51 Abs 1 BDG 1979 hat der Beamte, der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen. In Punkt 6.6.1.4. Abs 4 der Vollzugsordnung für Justizanstalten (VZO), JMZ 42302/27/V/95, ist normiert, dass der Posten unter keinen Umständen seinen Postenbereich eigenmächtig und vor Eintreffen der Ablöse verlassen darf. Erkrankt der Posten während seines Dienstes oder treten Umstände ein, die seine volle Einsatzfähigkeit beeinträchtigen, so hat er sofort fernmündlich oder in sonst geeigneter Weise um seine Ablöse zu ersuchen. Eine Postenübergabe ist vom abgelösten Posten unverzüglich dem Wachzimmerkommandanten (Nachtdienstkommandanten) zu melden. Nach Abs 5 erster Satz der zitierten Erlassbestimmung hat sich der Posten vor Augen zu halten, dass seine Aufgabe für die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt, insbesondere auch für die Sicherheit der anderen Bediensteten und seiner eigenen Person, von größter Bedeutung ist.

Davon abgesehen, dass von einer Erkrankung des Disziplinarbeschuldigten während seines Dienstes oder einer sonstigen Beeinträchtigung seiner vollen Einsatzfähigkeit am *** keine Rede sein kann, stellt das in Missachtung des Dienstplanes erfolgte eigenmächtige Verlassen des Postenbereiches und in weiterer Folge der Justizanstalt ohne Meldung an den Vorgesetzten eine grobe Verletzung dieser für Justizwachebeamte geltenden Dienstpflichten dar.

RevInsp *** *** hat somit schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt (§ 91 BDG 1979). Anordnungen, insbesondere im Bereich eines hierarchisch straff organisierten Systems wie des Exekutivdienstes, sind für den ordnungsgemäßen und effizienten Ablauf des Dienstes von essentieller Bedeutung. Ob das Missachten dienstlicher Weisungen negative Folgen, welcher Art auch immer nach sich gezogen hat oder nicht, ist bei der Beurteilung der Schwere solcher Verfehlungen nicht ausschlaggebend (vgl 63/8-DOK/09 vom 28.10.2009).

Bei der Strafbemessung wertete der Senat die einschlägige, ebenfalls die Verletzung von Pflichten der als Posten eingeteilten Justizwachebeamten betreffende disziplinäre Vorstrafe, den raschen Rückfall seit der Disziplinarverfügung vom *** sowie die Begehung mehrerer Dienstvergehen erschwerend.

Mildernd fällt zu Gunsten des nicht geständigen Disziplinarbeschuldigten kein Umstand ins Gewicht.

Angesichts dieser Strafzumessungsgründe sowie mit Blick auf den Schuld- und Unrechtsgehalt der Dienstpflichtverletzungen kann mit den Disziplinarstrafen des Verweises und der Geldbuße nicht mehr das Auslangen gefunden werden. Über RevInsp *** war daher gemäß § 92 Abs 1 Z 3 BDG 1979 eine Geldstrafe in der Höhe von drei Monatsbezügen zu verhängen, um spezial- wie auch generalpräventiven Erfordernissen Genüge zu tun.

Mit Rücksicht auf den Verfahrensaufwand, die persönlichen Verhältnisse des Disziplinarbeschuldigten und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit waren die von ihm zu ersetzenden Verfahrenskosten mit EUR 200,00 zu bestimmen (§ 117 Abs 2 BDG 1979).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid kann binnen vier Wochen nach seiner Zustellung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden. Die Beschwerde ist schriftlich bei der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz einzubringen. Sie hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet und einen begründeten Beschwerdeantrag zu enthalten.

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2019
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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