TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/23 98/02/0195

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Veröffentlicht am 23.03.1999
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde der V AG in W, vertreten durch Dr. Werner Walch, Rechtsanwalt in Wien I, Biberstraße 10, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 27. März 1998, Zl. MA 65 - PB/413/97, betreffend Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 3. September 1997 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung von der im 1. Wiener Gemeindebezirk innerhalb der Kurzparkzone in der Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 9.00 bis 19.00 Uhr geltenden höchstzulässigen Parkdauer von 11/2 Stunden für ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gemäß § 45 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 45 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 kann die Behörde in anderen als den im Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und weder eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, noch wesentliche schädliche Einwirkungen auf die Bevölkerung oder die Umwelt durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe zu erwarten ist.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde ausgeführt, daß es der Beschwerdeführerin nicht gelungen sei, dem anzulegenden strengen Maßstab für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO genügende Gründe glaubhaft zu machen. Die Beschwerdeführerin habe die sie treffenden Erschwernisse bei einer auf 11/2 Stunden begrenzten Parkdauer nicht konkret und detailliert vorgebracht und auch nicht anhand von konkreten Beispielen nachgewiesen. Sie habe auch nicht stichhältig dargelegt, daß sie mit der Parkdauer von 11/2 Stunden nicht das Auslangen finden könne bzw. daß sie die betriebliche Nutzung des Fahrzeuges nicht so gestalten könnte, daß die höchstzulässige Parkdauer nicht überschritten werde. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen bestätigten zwar die von ihr angegebenen Fahrten, doch sei auch ersichtlich, daß diese Fahrten regelmäßig stattfänden und somit vorhersehbar seien. Das Fahrzeug könne daher jedenfalls in einer Parkgarage abgestellt werden oder es könnten die Fahrten so organisiert werden, daß mit der höchstzulässigen Parkdauer das Auslangen gefunden werden könne. In unmittelbarer Nähe zum Firmensitz der Beschwerdeführerin befänden sich Parkgaragen, in denen das Fahrzeug auch für einen längeren Zeitraum abgestellt werden könne. Diese Möglichkeit müsse ebenso wie die Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel oder die Möglichkeit der Benutzung eines Taxis bzw. eines Botendienstes ausgeschöpft werden. Es sei nicht ersichtlich, daß die Miete eines Abstellplatzes der Beschwerdeführerin wirtschaftlich nicht zumutbar sei. Soweit die Beschwerdeführerin geltend gemacht habe, es werde keine neue Ausnahmebewilligung, sondern lediglich die Verlängerung einer bereits bestehenden Ausnahmebewilligung beantragt, sei ihr zu entgegnen, daß auch in einem solchen Fall das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Ausnahmebewilligung genau zu prüfen sei. Diese Voraussetzungen seien aber auf Grund der plan- und vorhersehbaren Fahrten nicht gegeben.

Soweit die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die ihr für den Zeitraum vom 1. Oktober 1995 bis 30. September 1998 für das gegenständliche Kraftfahrzeug erteilte Ausnahmegenehmigung geltend macht, die Voraussetzungen für die Erteilung einer derartigen Ausnahmebewilligung hätten sich nicht geändert, ist ihr entgegenzuhalten, daß die Straßenverkehrsordnung 1960 eine der Beschwerdeführerin offenbar vorschwebende Wieder- oder Weitererteilung der angestrebten Ausnahmegenehmigung unter Bedachtnahme auf den Umstand, daß bereits einmal eine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde, nicht vorsieht. Daraus folgt, daß ihr mit dem Zusatz "Bitte um Verlängerung" versehenes Ansuchen vom 3. September 1997 als Ansuchen um Neuerteilung einer derartigen Genehmigung zu verstehen ist. Damit kann sich die Beschwerdeführerin aber nicht darauf berufen, daß ihr bereits eine derartige Ausnahmegenehmigung erteilt worden ist. Für die Behandlung ihres Ansuchens waren daher - unabhängig von der Frage, ob und aus welchen Gründen ihr eine Ausnahmegenehmigung bereits einmal erteilt wurde - nur die Bestimmungen des § 45 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 maßgeblich.

Zunächst ist festzuhalten, daß die Auffassung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin wäre gehalten gewesen, von sich aus darzulegen, aus welchem Grund eine entsprechende Organisation und Disposition der mit dem gegenständlichen Kraftfahrzeug durchzuführenden Fahrten - auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit, dieses zeitweise in einer Parkgarage abzustellen - nicht möglich sein sollte, der Rechtslage entspricht, weil im Verfahren zur Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 der Antragsteller initiativ alle jene persönlichen und innerbetrieblichen Umstände darzulegen hat, die ein entsprechendes erhebliches persönliches und wirtschaftliches Interesse der antragstellenden Partei oder die Verhinderung bzw. besondere Erschwernis der Durchführung der dieser Partei gesetzlich oder sonst abliegenden Aufgaben begründen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 25. November 1994, Zl. 94/02/0070, und vom 20. November 1998, Zl. 96/02/0180). Diesem Erfordernis ist die Beschwerdeführerin weder durch die Behauptung in ihrer Berufung, es seien mehrmals täglich erhebliche Transporte durchzuführen noch durch die Beibringung von Unterlagen über mit dem "Postauto durchgeführte Transporte" nachgekommen. Ebensowenig gelingt es ihr durch die erstmals in der Beschwerde erhobene Behauptung, der zweckmäßige Einsatz des Fahrzeuges durch ein Abstellen in einer Garage sei nicht gewährleistet, wobei die nächstgelegene Garage "ca. 15 Minuten entfernt" sei, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Daß der Beschwerdeführerin das Abstellen des Fahrzeuges in einer Garage wirtschaftlich nicht zumutbar wäre, wurde weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde behauptet.

Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck kommende Ansicht der belangten Behörde, eine von der Beschwerdeführerin angestrebte Ausnahmebewilligung könne nur bei Vorliegen erheblicher wirtschaftlicher Interessen gewährt werden, entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. für viele andere z. B. das hg. Erkenntnis vom 29. März 1996, Zl. 96/02/0108), derzufolge bei der Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO ein strenger Maßstab anzulegen und eine solche daher nur bei Vorliegen von gravierenden, den Antragsteller außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen ist, wobei dem Antragsteller unter Zugrundelegung des geforderten strengen Maßstabes zugemutet werden muß, die Möglichkeit, öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch zu nehmen, ebenso auszuschöpfen, wie jene, in angemessener Entfernung vom Sitz des Unternehmens einen Abstellplatz zu mieten; dazu kommt, daß auch die Beförderung durch ein Taxi in Betracht zu ziehen ist.

Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Parteiengehörs geltend macht, ist darauf hinzuweisen, daß sie im Berufungsverfahren Gelegenheit hatte, allfällige diesbezügliche Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens aufzuzeigen und eine Stellungnahme abzugeben, sodaß im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufene Verletzungen des Parteiengehörs vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden können (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S 334 wiedergegebene hg. Judikatur). Darüber hinaus wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, das von ihr geltend gemachte wirtschaftliche Interesse zu belegen. Von dieser Möglichkeit hat sie auch Gebrauch gemacht. Da ein darüber hinausgehendes Ermittlungsverfahren von der belangten Behörde nicht durchgeführt wurde und eine Verpflichtung, der Behörde, hinsichtlich Beweismitteln, die von einer Partei selbst vorgelegt wurden, das Parteiengehör zu wahren, nicht besteht (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S 703 wiedergegebene hg. Judikatur), kann eine Verletzung des Parteiengehörs nicht erblickt werden.

Die sich sohin insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt und weil dem Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, nicht entgegensteht.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. März 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998020195.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

09.02.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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