Entscheidungsdatum
21.11.2018Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W168 2158840-1/2E
W168 2158843-1/2E
W168 2158841-1/2E
W168 2158838-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom
1.) 20.04.2017, Zl. Damaskus-OB/KONS/1046/2017, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Lena Dollsack, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 22.02.2017,
2.) 20.04.2017, Zl. Damaskus-OB/KONS/1046/2017, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Lena Dollsack, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 22.02.2017,
3.) 20.04.2017, Zl. Damaskus-OB/KONS/1046/2017, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Lena Dollsack, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 22.02.2017,
4.) 20.04.2017, Zl. Damaskus-OB/KONS/1046/2017, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Lena Dollsack, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 22.02.2017,
zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerden werden gemäß § 35 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, als unbegründet abgewiesen.
B)
Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1 Die beschwerdeführenden Parteien, Staatsangehörige Syriens, stellten am 12.08.2016 bei der Österreichischen Botschaft Damaskus Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA Syrien, genannt, das Kind der Erst-und Zweitbeschwerdeführer und der Bruder des Dritt-und Viertbeschwerdeführers.
1.2. Mit Schreiben vom 28.01.2017 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Österreichischen Botschaft Damaskus mit, die Gewährung des Status von Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten sei aufgrund der Volljährigkeit der Bezugsperson nicht wahrscheinlich. In einer beiliegenden Stellungnahme wurde ausgeführt, dass sich derart gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten (im Sinn von § 35 Abs. 5 AsylG) Familienverhältnisses, weil sich aus dem Ermittlungsverfahren ergebe, dass die in Österreich aufhältige Bezugsperson bereits zum Entscheidungszeitpunkt das 18. Lebensjahr vollendet habe und sich demnach zum prüfungsrelevanten Zeitpunkt nicht mehr um eine minderjährige Person handle. Aus den oben dargelegten Gründen sei um derzeitigen Zeitpunkt die Zuerkennung des Status im Sinne des § 35 Abs. 4 AsylG nicht wahrscheinlich.
1.3. Mit Schreiben vom 30.01.2017 forderte die Österreichische Botschaft Damaskus die Beschwerdeführer zur Stellungnahme zur Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl binnen einer Woche auf, wonach die Stattgebung der Anträge auf internationalen Schutz nicht wahrscheinlich sei. Es wurde darin auf die Stellungnahme und Mitteilung des BFA vom 28.01.2017 verwiesen.
1.4. Am 09.02.2017 erstatteten die Beschwerdeführer durch ihre Vertretung eine Stellungnahme und führten aus, dass die Behörde ihre Entscheidung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes vom 28.1.2016 zu Zahl Ra 2015/21/0230. In dieser Entscheidung habe der VwGH die Ansicht vertreten, dass mit Einführung des FNG-Anpassungsgesetzes und der damit verbundenen Schaffung der Definition Familienangehöriger speziell für das Einreiseverfahren in § 35 Abs. 5 AsylG eine maßgebliche Änderung das Einreiseverfahren betreffend eingetreten sei. Folglich sei bei Anträgen von Familienangehörigen, die einer minderjährigen Bezugsperson nachziehen wollen, nicht mehr das Antrags-sondern das Entscheidungsdatum zur Bewertung der Minderjährigkeit relevant. Dieses Erkenntnis könne allerdings auf den vorliegenden Fall nicht ohne weiteres bezogen werden. Damit wäre die getroffene Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Mit 1.6.2016 sei durch das Asylrechtspaket 2016 eine Änderung des Asylgesetzes in Kraft getreten, welche auch das Einreiseverfahren zahlreichen Änderungen unterworfen habe. In den Erläuterungen der Regierungsvorlage zu § 35 Abs. 2a AsylG werde erstmals konkretisiert, dass die Minderjährigkeit lediglich zum Zeitpunkt der Antragstellung vorzuliegen habe. Obwohl sich § 35 Abs. 2 a lediglich auf die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen beziehe, seien die Erläuterungen auf die Familieneigenschaft generell anzuwenden. Sollte die Familieneigenschaft mit Erreichen der Volljährigkeit enden, würde es keinen Sinn machen, für die Befreiung von diesen Voraussetzungen die Minderjährigkeit zum Antragszeitpunkt als relevant zu erachten, da nach der Volljährigkeit ohnehin jeder Antrag abgewiesen werden müsste. Es könne hier dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, Überflüssiges zu regeln. Bei den zitierten Erläuterungen handle es sich aber nicht um eine Neuregelung durch das BGBl I Nr. 24/2016, sondern um eine Konkretisierung dessen, was seit jeher der Willen des Gesetzgebers gewesen sei. Somit sei auch die Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 24 AsylG unterliege, sondern um eine Konkretisierung dessen, was seit jeher der Willen des Gesetzgebers gewesen sei. Somit sei auch die Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 24 in dieser Frage nicht anwendbar. Für diese Ansicht spreche auch, dass die besagte Novellierung des Asylgesetzes erst nach der Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes erfolgt sei. Würde der Gesetzgeber der Ansicht des Verwaltungsgerichthofes folgen, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, den entsprechenden Passus aus den Erläuterungen zu entfernen. Dass er diesen beibehalten habe, zeige den Willen, seine Ansicht in dieser Frage zu konkretisieren insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass eine derart klare Aussage in den Erläuterungen zum FNG-Anpassungsgesetz nicht enthalten gewesen sei. Dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.1.2016 könne somit seit Inkrafttreten des BGBl. Nr. 24/2016 nicht mehr gefolgt werden, weshalb die angefochtene Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet sei.
1.5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.02.2017 verweigerte die ÖB Damaskus die Erteilung eines Einreisetitels. Hinsichtlich der Begründung wurde auf eine Mitteilung und Stellungnahme des BFA vom 28.01.2017 verwiesen. Die Beschwerdeführer hätten zu dieser beabsichtigten Entscheidung nach Fristerstreckung mit Schreiben vom 09.02.2017 Stellung genommen. Die Stellungnahme sei dem BFA zugeleitet worden. Das BFA habe nach deren Prüfung mitgeteilt, dass durch das Vorbringen nicht unter Beweis gestellt werden habe können, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten entgegen der seinerzeit erfolgten Mitteilung wahrscheinlich sei.
1.6. Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 16.03.2017, in welcher im Wesentlichen das Vorbringen der Stellungnahme vom 02.02.2017 wiederholt wurde. Die Behörde stütze ihre Entscheidung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.1.2016 zur Zahl Ra 2015/21/0230. In dieser Entscheidung habe der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht vertreten, dass mit Einführung des FNG Anpassungsgesetzes und der damit verbundenen Schaffung der Definition Familienangehöriger speziell für das Einreiseverfahren in § 35 Abs. 5 AsylG eine maßgebliche Änderung das Einreiseverfahren betreffend eingetreten sei. Folglich sei bei Anträgen von Familienangehörigen, die einer minderjährigen Bezugsperson nachziehen wollen, nicht mehr Antrags-sondern das Entscheidungsdatum zur Bewertung der Minderjährigen relevant. Im genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes fuße diese Entscheidung auf die in den Materialien zum FNG-Anpassungsgesetzes verankerte Anwendbarkeit der Richtlinie 2003/86/EG. Da die Richtlinie selbst den Nachzug von Eltern nach Art. 4 Abs. 2 lit a nur optional vorsehe und der Gesetzgeber eine restriktive Tendenz insofern erkennen lasse, dass der zu erfassende Personenkreis nicht über das seitens der RL geforderte Maß hinausgehen solle. Insofern erscheine es konsequent, im Hinblick auf die Minderjährigkeit auf das Entscheidungsdatum abzuzielen. Im gegenständlichen Fall sei die Bezugsperson allerdings asylberechtigt, was nicht nur zur vollen Anwendbarkeit der RL führe, sondern auch begünstigende Regeln nach sich ziehe sowie eine generelle Rücksichtnahme erfordere. Auf Eltern von minderjährigen Asylberechtigten sei somit nicht seitens des VwGH zitierte Art. 4 Abs. 2 lit. a anzuwenden, sondern Art. 10 Abs. 3 lit. a, welcher den Nachzug der Eltern zwingend vorsehe. Dies stehe im Einklang mit Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie, welcher vorschreibe, dass das Kindeswohl in allen Fällen berücksichtigt werden müsse sowie der Judikatur des EuGH, wonach die erfolgreiche Familienzusammenführung den Regelfall darstellen sollte und die Mitgliedstaaten ihren Spielraum nicht in einer Weise nutzen dürfen, der dem Zweck der Richtlinie widerspreche. Es müsse weiters darauf aufmerksam gemacht werden, dass momentan ein Vorabentscheidungsverfahren am Gerichthof der Europäischen Union anhängig sei, welches sich mit derselben Thematik wie im vorliegenden Fall beschäftigt. Das gegenständliche Verfahren müsste demnach bis zur Beantwortung des Vorabentscheidungsersuchens ausgesetzt oder seinerseits dem EuGH vorgelegt werden. Die lange Bearbeitungszeit der Einreiseanträge durch die Behörde sowie die überlange Verfahrensdauer des Asylverfahrens würden daher ein willkürliches Verhalten der Behörde darstellen und die Entscheidung dadurch mit Rechtswidrigkeit belasten. Wäre die Entscheidung des Bundesamtes nur 25 Tage früher ergangen, so wäre diese positiv ausgefallen und die Familie hätte wieder gemeinsam leben können. Die willkürliche Verzögerung durch die Behörde habe aber zur Folge, dass die Familie auf Dauer getrennt voneinander leben müsse. Hätte die belangte Behörde das Asylverfahren entsprechend den kinderrechtlichen Standards prioritär behandelt, hätte auch die Familie der Bezugsperson den Antrag früher einbringen und eine Entscheidung hätte vor der Volljährigkeit und im Sinne der Beschwerdeführerin ergehen können. Es könne somit nicht der Bezugsperson und den Beschwerdeführern zur Last gelegt werden, dass die Bezugsperson während des Einreiseverfahrens bereits volljährig geworden sei. Ebenfalls sei zu berücksichtigen, dass in der Regel-wie in diesem Fall mit der österreichischen Botschaft in Damaskus ebenfalls üblich sei-ein Termin zur Antragstellung mit einer Wartezeit verbunden sei. Somit sei nicht nur das Familienverfahren, sondern auch das Asylverfahren der Bezugsperson mit gravierenden Mängeln und Willkür belastet. Im vorliegenden Fall sei zudem seitens der Behörde nicht geprüft worden, ob eine Einreise nach Art. 8 EMRK geboten erscheinen könnte, da das Bundesamt selbst in seiner ergänzenden Stellungnahme anführe, dass eine solche Prüfung nicht zu erfolgen hätte. Wie jedoch nicht nur der Rechtsprechung des EGMR, sondern auch mehreren Erkenntnissen des BVwG zu entnehmen sei, habe eine konkrete und individuelle Prüfung nach Art. 8 EMRK stattzufinden. Diese Prüfung sei mit dem Antragsteller zu erörtern, eine allfällige Abweisung des Antrages sei entsprechend zu begründen. Im vorliegenden Fall komme erschwerend hinzu, dass die Bezugsperson erst seit Kurzem volljährig sei. Die Entscheidung verletze somit in diesem Fall zusätzlich noch verfassungsrechtlich garantierte Mindeststandards bezüglich der Kinderrechte sowie den verfassungsrechtlich normierten Grundsatz zur Beachtung des Kindeswohls. Es sei nicht nachvollziehbar, ob und wie die belangte Behörde bei der vorliegenden Entscheidung das Kindeswohl berücksichtigt hätte. Die vorliegende Entscheidung verstoße somit eindeutig gegen die gesetzlich verankerte Maximaldauer des Asylverfahrens, sondern auch gegen mehrzählige internationale kinderrechtliche Standards. Bezüglich kinderrechtlicher Standards wurde auf die EU Grundrechtscharter, Ausführungen der UNHCR sowie die allgemeinen Bemerkungen Nr. 6 bezüglich der Kinderrechtskonvention verwiesen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Recht auf Familie mit dem 18. Geburtstag abrupt ende. Im vorliegenden Fall verweise das Bundesamt lediglich in einem Satz darauf, dass kein derart besonderes Abhängigkeitsverhältnis gegeben sei, das einer Eltern-Kind Beziehung gleichkommen würde. Wie die Behörde zu diesem Schluss komme und oben oben angeführte Punkte bei der "Feststellung" dieses angeblich nicht vorliegenden Abhängigkeitsverhältnisses geprüft werden, könne seitens der Beschwerdeführer nachvollzogen werden. Der Beschwerde wurden eine Kopie des Asylbescheids der Bezugsperson, eine Kopie des Konventionsreisepasses der Bezugsperson, Geburtsurkunden der Beschwerdeführer samt Übersetzung, Auszug aus dem Personenstandsregister der Beschwerdeführer inklusive Übersetzung, Eheschließungsurkunde inklusive Übersetzung, Reisepasskopien der Beschwerdeführer, Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 09.02.2017, Terminanfrage und Terminbestätigung zur Antragstellung sowie eine Vollmacht angeschlossen.
1.7. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 20.04.2017 wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab und führte in ihrer Begründung aus, dass der VwGH in seiner Entscheidung vom 28.1.2016, Ra 2015/21/0230 ausgeführt habe, komme es hinsichtlich der Volljährigkeit nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung, sondern auf den Entscheidungszeitpunkt an. Die gegen dieses Erkenntnis vorgebrachte Kritik der beschwerdeführenden Partei vermöge die belangte Behörde nicht zu teilen, zumal vor dem Hintergrund des damals ergangenen Ablehnungsbeschlusses des VfGH vom 18.9.2015, E 360-361/2015-21, gegen die Rechtslage offenkundig keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen würden. Die Rechtslage habe sich diesbezüglich auch nicht durch die in der Beschwerde bezogene Novelle BGBl I Nr. 24/2016 geändert. Soweit die beschwerdeführende Partei auf die Materialien zu dieser Novelle Bezug nehme und daraus eine andere Sicht abzuleiten suche, so sei dem zu erwidern, dass der diesbezügliche Normtext unverändert geblieben sei. Eine allenfalls aus den Materialien abzuleitende andere Sicht hätte der Gesetzgeber vielmehr im Gesetzestext selbst zum Ausdruck bringen müssen. Soweit die beschwerdeführende Partei dem VwGH eine Verkennung der Rechtslage zum Vorwurf mache, weil er auf den nur optional anzuwendenden Art. 4 Abs. 2 lit a der RL 2003/68/EG-und nicht auf dessen Art. 10 Abs. 3 lit. a abgestellt habe, so sei dem schon deshalb nicht zu folgen, weil die RL 2003/68/EG keine Aussage darüber treffe, auf welchen Zeitpunkt-der -der Antragstellung oder der Entscheidung-abzustellen sei.
1.8. Am 04.05.2017 wurde bei der ÖB Damaskus ein Vorlageantrag eingebracht. Zur Begründung wurde auf die Stellungnahme vom 09.02.2017 sowie auf die Beschwerde vom 16.03.2017 verwiesen. Die gemäß § 11 a Abs. 1 FPG erforderlichen Unterlagen seien gemeinsam mit der Beschwerde vorgelegt worden.
1.9. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 22.05.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 24.05.2017, wurden dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdevorentscheidung und der dagegen eingebrachte Vorlageantrag vom 04.05.2017 samt Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind die Eltern der beiden minderjährigen Beschwerdeführer, alle sind syrische Staatsbürger. Sie stellten am 12.08.2016 bei der Österreichischen Botschaft Damaskus Anträge auf Erteilung von Visa zur Einreise nach Österreich gemäß § 35 AsylG 2005, um das Familienleben mit ihrer Bezugsperson, dem Sohn bzw. Bruder der Beschwerdeführer, in Österreich fortzusetzen. Die bezeichnete Bezugsperson ist aus Syrien und wurde am XXXX geboren. Mit Bescheid des BFA vom 06.06.2016, Zl. 1051375500/150139150, wurde der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Die Bezugsperson wurde am XXXX volljährig.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte nach Prüfung des Sachverhalts mit, dass die Gewährung des Status eines Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich ist, da die Angehörigeneigenschaft gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 nicht gegeben ist.
Diese Einschätzung wurde auch nach Einbringung einer Stellungnahme der Antragsteller aufrechterhalten.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich zweifelsfrei aus den Akten der Österreichischen Botschaft Damaskus und wurden von den Beschwerdeführern nicht bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
§§ 2 Abs. 1 Z. 22, 35 und 75 Asylgesetz 2005 (AsylG) i.d.g.F. lauten:
§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist
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-22. Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat;
§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
Übergangsbestimmungen
§75. (1) Alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren sind nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 mit der Maßgabe zu Ende zu führen, dass in Verfahren, die nach dem 31. März 2009 beim Bundesasylamt anhängig sind oder werden, § 10 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2009 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass eine Abweisung des Asylantrages, wenn unter einem festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in seinen Herkunftsstaat zulässig ist, oder eine Zurückweisung des Asylantrages als Entscheidung nach dem Asylgesetz 2005 gilt. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.
(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.
§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 70/2015 lauten:
Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
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(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
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Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
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Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005
§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.
2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. z.B. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).
Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).
2.2. Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes - jedenfalls im Ergebnis - zutreffend ist:
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis, Ra 2015/21/0230, vom 28.01.2016, unter anderem mit dem Begriff "Familienangehöriger" nach § 35 Abs. 5 AsylG näher auseinandergesetzt und insbesondere dargelegt, dass aus den Erläuterungen zur Regierungsvereinbarung zum FNG-AnpassungsG 2014 eine restriktive Tendenz in Bezug auf den zu erfassenden Personenkreis zu erkennen ist. Auch sieht die Richtlinie 2003/86/EG den Nachzug von Aszendenten (insbesondere den Eltern) in ihrem Art. 4 Abs. 2 lit. a nur optional vor. Ferner führt der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis aus, dass in diesem Zusammenhang grundsätzlich die Verhältnisse im Entscheidungszeitpunkt maßgeblich sind. Dies entspricht allgemeinen Grundsätzen und ist etwa bezüglich des Status der Ankerperson schon deshalb unmittelbar einsichtig, weil ein im Verfahren eintretender Verlust von deren Asylberechtigung oder von deren subsidiärer Schutzberechtigung von vornherein den Zweck des Antrags nach § 35 AsylG hinfällig machen würde, da es für einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes dann keine Basis mehr gäbe. Für die Stellung als "Familienangehöriger" kann grundsätzlich nichts anderes gelten, auch sie muss im Entscheidungszeitpunkt noch gegeben sein.
Auch der Verfassungsgerichtshof sah in seiner Entscheidung vom 18.09.2015, E 360/2015-21, keine verfassungsrechtlichen Bedenken in Bezug auf eine im Entscheidungszeitpunkt nicht (mehr) vorliegende Eigenschaft des (dortigen) Beschwerdeführers im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG. Diese Judikatur wurde vom Verwaltungsgerichtshof auch in seinen jüngsten Erkenntnissen vom 26.01.2017, Ra 2016/20/0231, und vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0253, bestätigt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung Ra 2016/18/0253, vom 21.02.2017 ausführt, stellt die Ausstellung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG nur eine von mehreren im nationalen österreichischen Recht vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung dar, und zwar mit dem asylspezifischen Zweck, für die nachziehenden Personen nach Einreise ein Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG zu eröffnen und ihnen denselben Schutz wie dem bereits in Österreich aufhältigen Angehörigen zu gewähren. Diesem Zweck wird aber nicht entsprochen, wenn den Eltern (im gegenständlichen Fall: einem Elternteil, nämlich der Mutter) eines im Laufe des Verfahrens nach § 35 AsylG volljährig gewordenen Asylberechtigten die Einreise nach Österreich gestattet werden würde, da sie bei der Beantragung des internationalen Schutzes nach der Einreise nicht mehr dem Familienverfahren nach § 34 AsylG unterliegen würden. Der Einreisetitel nach § 35 AsylG erweist sich daher von vornherein als ungeeignetes Mittel, um dem Anliegen der Beschwerdeführer auf Familienzusammenführung mit ihrem in Österreich befindlichen, bereits volljährigen Sohn bzw. Bruder zu entsprechen. Sie sind vielmehr auf die anderen, im NAG und FPG eröffneten Möglichkeiten der Familienzusammenführung und der Ausstellung von entsprechenden Einreisetiteln zu verweisen.
2.3. Im Beschwerdefall wurde am 12.08.2016 ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson eine in Österreich asylberechtigte, als Sohn bzw. Bruder der Beschwerdeführer bezeichnete Person genannt. Aufgrund des festgestellten Geburtsdatums XXXX hat diese Bezugsperson am XXXX das achtzehnte Lebensjahr vollendet und ist seither volljährig. Wie in dem oben wiedergegebenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof zu Grunde liegenden Fall war die angeführte Bezugsperson daher zwar im Zeitpunkt der Antragstellung (noch) minderjährig, hat aber bereits kurz danach und jedenfalls noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides (sowie des gegenständlichen Erkenntnisses) die Volljährigkeit erlangt, weswegen dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin seither im Lichte der oben dargestellten Judikatur schon aus diesem Grund nicht mehr die Eigenschaft als Familienangehörige gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 zukommt. Da die Dritt- bis Viertbeschwerdeführer als Geschwister der Bezugsperson ihre Eigenschaft als Familienangehörige von dieser von vornherein nicht unmittelbar ableiten können, sind auch diese keine Familienangehörigen der Bezugsperson im Sinne des § 35 Abs. 1 AsylG 2005.
Darüber hinaus ist das Bundesverwaltungsgericht der Ansicht, dass die seitens der Rechtbank Den Haag (Niederlande) an den EuGH gerichtete Vorlagefrage für das vorliegende Beschwerdeverfahren keine Relevanz hat. Dies aus folgenden Gründen:
Die Vorlagefrage der Rechtbank Den Haag (Niederlande) an den EuGH vom 31.10.2016 (Rechtssache C-550/16) lautet:
"Ist im Rahmen der Familienzusammenführung bei Flüchtlingen als "unbegleiteter Minderjähriger" im Sinne von Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2003/86 auch ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser unter 18 Jahren anzusehen, der ohne Begleitung eines für ihn nach dem Gesetz oder dem Gewohnheitsrecht verantwortlichen Erwachsenen in einen Mitgliedstaat einreist und der
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Asyl beantragt,
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Während des Asylverfahrens in dem Mitgliedstaat 18 Jahre alt wird,
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Asyl rückwirkend zum Zeitpunkt der Antragstellung erhält und
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Anschließend Familienzusammenführung beantragt?"
Dieses Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH betrifft somit die Frage, ob die Eigenschaft als "unbegleiteter Minderjähriger" iSd der RL 2003/86/EG auch nach Erreichen der Volljährigkeit erhalten bleibt und zwar in jener Fallkonstellation, wenn ein zum Zeitpunkt der Antragstellung in einem Mitgliedstaat minderjähriger Asylwerber im Laufe seines Asylverfahrens die Volljährigkeit erreicht und danach rückwirkend zum Zeitpunkt der Antragstellung Asyl erhält sowie in der Folge (ebenfalls nach Erreichen der Volljährigkeit) eine Familienzusammenführung beantragt.
Demgegenüber liegt dem gegenständlichen Verfahren eine andere Fallkonstellation zugrunde: die Bezugsperson war zwar wie in dem genannten Vorabentscheidungsverfahren zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung in Österreich noch minderjährig, wurde jedoch nicht bereits während des laufenden Asylverfahrens volljährig, sondern erst nach Zuerkennung des Status des Asylberechtigten. Auch zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Erteilung der Einreisetitel gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 war die Bezugsperson anders als im Vorabentscheidungsverfahren zur Rechtssache C-550/16 jedenfalls noch minderjährig.
Aus diesen Erwägungen folgt, dass dem erwähnten Vorabentscheidungsverfahren kein identer oder gleichgelagerter Sachverhalt wie dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegt und ist dieses daher auch nicht im vorliegenden Fall einschlägig, weshalb keine Aussetzung der Verfahren zu erfolgen hat.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der VwGH in seinen jüngsten Erkenntnissen vom 26.01.2017 (Ra 2016/20/0231-0234) und vom 21.02.2017 (Ra 2016/18/0253-0254), denen gleichgelagerte Sachverhalte wie der gegenständliche zugrunde lagen, keine Veranlassung gesehen hat, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten.
Da die belangte Behörde über die betreffenden Einreiseanträge ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der - im Ergebnis - zutreffenden Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten an die Beschwerdeführer in Bezug auf die in Österreich befindliche Bezugsperson nicht wahrscheinlich sei, und da weiters auch aktuell keine andere Bezugsperson in Betracht kommt, von der die Beschwerdeführer einen Schutzstatus ableiten könnten, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen. Im Übrigen konnte ein willkürliches Verhalten der Behörde durch die behauptete lange Bearbeitungszeit - wie es in der Beschwerde vom 16.03.2017 angedeutet wurde - nicht erkannt werden.
Auch die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa Asylberechtigte unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen).
Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C-558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen.". Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.
Die Vertretungsbehörden im Ausland verfügen auch nur über eingeschränkte Möglichkeiten und sie wenden nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder unmittelbar noch mittelbar das AVG an. Das Verfahren richtet sich vielmehr nur nach dem Visakodex und den besonderen Verfahrensvorschriften des Fremdenpolizeigesetzes (nunmehr §§ 11 und 11a FPG; vgl. zur Rechtslage vor dem 01.01.2014 VwGH 13.12.2012, 2012/21/0070; 24.10.2007, 2007/21/0216). Dies gilt unverändert auch nach der mit 01.01.2014 in Kraft getretenen aktuellen Rechtslage, weil vom Gesetzgeber diesbezüglich eine Änderung nicht beabsichtigt war (Gruber, Die Frage der Anwendung des AVG für Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten im Hinblick auf die Novellierung des EGVG durch BGBl. I 33/2013, FABL 3/2013, 17 ff).
Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gibt, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen und es liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Einreisetitel, Entscheidungszeitpunkt, Familienbegriff,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W168.2158843.1.00Zuletzt aktualisiert am
29.04.2019