TE Vfgh Erkenntnis 2019/3/12 G124/2018 ua

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Veröffentlicht am 12.03.2019
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art139 Abs1
B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
FremdenpolizeiG 2005 idF BGBl I 38/2011 §76, §113 Abs1
FremdenpolizeiG-DurchführungsV idF BGBl II 201/2015 §19
VStG §53d, §54d
StVG §32
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Keine Gleichheitswidrigkeit von Bestimmungen des FremdenpolizeiG 2005 und der FremdenpolizeiG-DurchführungsV betreffend die Pflicht von Fremden zum Ersatz der Kosten der Schubhaft auf Grund der unterschiedlichen Regelungssysteme und Zielsetzungen der Schub- und Verwaltungshaft bzw der Anhaltung zu anderen Sicherungszwecken; Möglichkeit der Beendigung der Schubhaft durch freiwillige Ausreise des Schubhäftlings

Spruch

Die Anträge werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge

Mit den vorliegenden, auf Art139 Abs1 B-VG und Art140 Abs1 B-VG gestützten Anträgen begehrt das Verwaltungsgericht Wien,

"a) die Wortfolge 'Kosten der Vollziehung der Schubhaft' in §113 Abs1 Z2 Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG), BGBl I. Nr 100/2005

in eventu

b) die Wortfolge 'in Höhe von 70 Euro' sowie das Wort 'nicht' in §19 Abs2 erster Satz der Verordnung der Bundesministerin für Inneres zur Durchführung des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (Fremdenpolizeigesetz-Durchführungsverordnung – FPG-DV), BGBl II Nr 450/2005, idF BGBl II Nr 201/2015

in eventu

c) das Wort 'nicht' in §19 Abs2 erster Satz der Verordnung der Bundesministerin für Inneres zur Durchführung des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (Fremdenpolizeigesetz-Durchführungsverordnung – FPG-DV), BGBl II Nr 450/2005, idF BGBl II Nr 201/2015

als gesetz- bzw als verfassungswidrig aufzuheben."

II. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

1. §113 Fremdenpolizeigesetz (FPG), BGBl I 100/2005, idF BGBl I 68/2013 lautet:

"15. Hauptstück

Kosten und Strafbestimmungen

1. Abschnitt

Kosten

§113. (1) Es sind folgende Kosten, die der Landespolizeidirektion oder dem Bund entstehen, von dem Fremden zu ersetzen:

1. Kosten, die bei der Durchsetzung der Zurückschiebung entstehen,

2. Kosten der Vollziehung der Schubhaft,

3. Kosten, die als Aufwendungen für den Einsatz gelinderer Mittel anfallen,

4. Dolmetschkosten.

(3) Wer sich gegenüber einer Landespolizeidirektion oder einer österreichischen Vertretungsbehörde zur Kostentragung nach §21 Abs3 verpflichtet hat, hat die Kosten gemäß Abs1 zu tragen.

(4) Der Beförderungsunternehmer, der seinen Verpflichtungen gemäß §111 Abs2 bis 6 nicht nachkommt, hat die Kosten, die im Zusammenhang mit der Zurückweisung des Fremden erwachsen, zu ersetzen. Hierunter fallen insbesondere Kosten, die von der Ankunft des Fremden an der Grenzübergangsstelle bis zum Vollzug der Ausreise

1. für Unterkunft, Verpflegung und allfällige medizinische Versorgung erwachsen, einschließlich der bei der Vorbereitung und Durchführung der Zurückweisung entstehenden Kosten sowie der Kosten für Begleitorgane;

(5) Der Beförderungsunternehmer, der seinen Verpflichtungen gemäß §111 Abs4, 5 oder 6 zwar nachkommt, aber wünscht, dass die Zurückweisung in Begleitung erfolgen soll (§44), hat die Kosten für die Begleitorgane zu tragen.

(6) Die Kosten, deren Ersatz die Landespolizeidirektion vorzuschreiben hat, sind von der Landespolizeidirektion, in deren Sprengel sich der Fremde aufhält, einzuheben. §79 AVG ist sinngemäß anzuwenden. Uneinbringliche Kosten gemäß Abs1 Z1 bis 4 trägt der Bund."

2. §19 Fremdenpolizeigesetz-Durchführungsverordnung (FPG-DV), BGBl II 450/2005, idF BGBl II 201/2015 lautet:

"Kosten

§19. (1) Als Kosten, die der Behörde oder dem Bund bei der Durchsetzung einer Zurückschiebung oder bei der Vollziehung der Schubhaft entstehen (§113 Abs1 FPG), kommen insbesondere in Betracht:

1. Kosten für die Benützung von Verkehrsmittel (zB Bahn-, Bus- oder Flugticket);

2. Kosten für die Begleitung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes;

3. Kosten für medizinische Versorgung während der Schubhaft und

4. Kosten für Sachaufwendungen (zB Verpflegung).

(2) Als Beitrag zu Kosten des Vollzuges der Schubhaft (§113 Abs1 FPG) ist für jeden angefangenen Tag ein Betrag in Höhe von 70 Euro zu entrichten; §54d Abs2 VStG gilt nicht. Als Beitrag zu den Kosten der Unterkunft in von der Behörde bestimmten Räumen ist für jeden angefangenen Tag jener Betrag zu entrichten, den die Behörde hiefür aufzuwenden hat.

(3) Für die Kosten einer Durchbeförderung ist das jeweils anzuwendende Durchbeförderungsabkommen maßgeblich."

3. §53d Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl 52/1991, idF BGBl I 138/2000 lautet:

"Vollzug in gerichtlichen Gefangenenhäusern und Strafvollzugsanstalten

§53d. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf den Vollzug von Freiheitsstrafen in gerichtlichen Gefangenenhäusern oder Strafvollzugsanstalten die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes über den Vollzug von Freiheitsstrafen, deren Strafzeit achtzehn Monate nicht übersteigt, mit Ausnahme der §§31 Abs2, 32, 45 Abs1, 54 Abs3, 115, 127, 128, 132 Abs4 und 149 Abs1 und 4 sinngemäß anzuwenden, soweit dies nicht zu Anlaß und Dauer der von der Verwaltungsbehörde verhängten Freiheitsstrafe außer Verhältnis steht. Die Entscheidungen des Vollzugsgerichtes stehen dem Einzelrichter zu.

(2) Soweit Häftlinge eine Arbeitsvergütung zu erhalten haben, ist ihnen diese nach Abzug des Vollzugskostenbeitrages (§32 Abs2 erster Fall und Abs3 des Strafvollzugsgesetzes) zur Gänze als Hausgeld gutzuschreiben.

(3) Wird eine Freiheitsstrafe nach §53 Abs2 in einer Strafvollzugsanstalt vollzogen, so bleiben die im Strafvollzug gewährten Vergünstigungen und Lockerungen auch für den Vollzug der durch eine Verwaltungsbehörde verhängten Freiheitsstrafe aufrecht."

4. §54d VStG idF BGBl I 26/2000 lautet:

"Kosten des Vollzuges von Freiheitsstrafen

§54d. (1) Den Aufwand für den Vollzug von Freiheitsstrafen hat jene Gebietskörperschaft zu tragen, die Rechtsträger jener Einrichtung ist, in der die Freiheitsstrafen vollzogen werden.

(2) Außer dem Fall des §53d Abs2 haben Häftlinge für jeden Hafttag einen Beitrag zu den Kosten des Vollzuges in der im §32 Abs2 zweiter Fall des Strafvollzugsgesetzes vorgesehenen Höhe zu leisten. Eine solche Verpflichtung entfällt für jeden Tag, an dem der Häftling im Interesse einer Gebietskörperschaft nützliche Arbeit leistet, oder soweit ihn daran, dass er keine solche Arbeit leistet, weder ein vorsätzliches noch ein grob fahrlässiges Verschulden trifft.

(3) Der Kostenbeitrag ist nach Beendigung des Vollzuges durch Bescheid, im Fall des Vollzuges in einem gerichtlichen Gefangenenhaus oder einer Strafvollzugsanstalt durch Bescheid des Vollzugsgerichtes vorzuschreiben, wenn er nicht ohne weiteres geleistet wird oder offenkundig uneinbringlich ist. Der Kostenbeitrag ist nach den Bestimmungen des VVG über die Einbringung von Geldleistungen, im Fall der Vorschreibung durch das Vollzugsgericht nach den für die Einbringung gerichtlich festgesetzter Kostenbeiträge geltenden Bestimmungen einzutreiben.

(4) Die Kostenbeiträge fließen der Gebietskörperschaft zu, die gemäß Abs1 den Aufwand für den Strafvollzug zu tragen hatte. Dieser sind uneinbringliche Kostenbeiträge von jener Gebietskörperschaft zu refundieren, in deren Vollzugsbereich die Freiheitsstrafe verhängt wurde."

5. §32 Strafvollzugsgesetz (StVG), BGBl 144/1969, idF BGBl I 109/2007 lautet:

"Kosten des Strafvollzuges

§32. (1) Soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, hat jeder Verurteilte für seinen Unterhalt (§31 Abs1) einen Beitrag zu den Kosten des Strafvollzuges zu leisten.

(2) Der Kostenbeitrag beträgt, wenn der Strafgefangene eine Arbeitsvergütung bezieht, 75 vH der jeweiligen Arbeitsvergütung, sonst das Vierfache der Arbeitsvergütung je Arbeitsstunde in der höchsten Vergütungsstufe (§52 Abs1) für jeden Tag der Strafzeit.

(3) Die Einhebung eines Kostenbeitrages nach Abs2 erster Fall erfolgt durch Abzug von der Arbeitsvergütung.

(4) Die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages nach Abs2 zweiter Fall entfällt, soweit den Strafgefangenen daran, daß er keine oder keine zufriedenstellende Arbeitsleistung erbracht hat, weder ein vorsätzliches noch ein grob fahrlässiges Verschulden trifft oder eine Einhebung des Kostenbeitrages unter sinngemäßer Anwendung des §391 StPO nicht in Betracht kommt.

(5) Ist der Leiter der Anstalt, in der an dem Verurteilten zuletzt die Strafe vollzogen worden ist, der Ansicht, daß die Verpflichtung des Verurteilten zur Leistung eines Kostenbeitrages nach Abs2 zweiter Fall nicht gemäß Abs4 entfällt, so hat er binnen acht Tagen nach der Entlassung beim Vollzugsgericht den Antrag auf Festsetzung eines Kostenbeitrages zu stellen. Das Vollzugsgericht hat über diesen Antrag binnen einem Monat zu entscheiden (§16 Abs2 Z1)."

6. §3 Unterbringungsgesetz (UbG), BGBl 155/1990, idF BGBl I 18/2010 lautet:

"Voraussetzungen der Unterbringung

§3. In einer psychiatrischen Abteilung darf nur untergebracht werden, wer

1. an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang damit sein Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet und

2. nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer psychiatrischen Abteilung, ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann."

7. §7 Epidemiegesetz, BGBl 186/1950, idF BGBl I 63/2016 lautet:

"Absonderung Kranker.

§7. (1) Durch Verordnung werden jene anzeigepflichtigen Krankheiten bezeichnet, bei denen für kranke, krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen Absonderungsmaßnahmen verfügt werden können.

(1a) Zur Verhütung der Weiterverbreitung einer in einer Verordnung nach Abs1 angeführten anzeigepflichtigen Krankheit können kranke, krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen angehalten oder im Verkehr mit der Außenwelt beschränkt werden, sofern nach der Art der Krankheit und des Verhaltens des Betroffenen eine ernstliche und erhebliche Gefahr für die Gesundheit anderer Personen besteht, die nicht durch gelindere Maßnahmen beseitigt werden kann. Die angehaltene Person kann bei dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Anhaltungsort liegt, die Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der Freiheitsbeschränkung nach Maßgabe des 2. Abschnitts des Tuberkulosegesetzes beantragen. Jede Anhaltung ist dem Bezirksgericht von der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen, die sie verfügt hat. Das Bezirksgericht hat von Amts wegen in längstens dreimonatigen Abständen ab der Anhaltung oder der letzten Überprüfung die Zulässigkeit der Anhaltung in sinngemäßer Anwendung des §17 des Tuberkulosegesetzes zu überprüfen, sofern die Anhaltung nicht vorher aufgehoben wurde.

(2) Kann eine zweckentsprechende Absonderung im Sinne der getroffenen Anordnungen in der Wohnung des Kranken nicht erfolgen oder wird die Absonderung unterlassen, so ist die Unterbringung des Kranken in einer Krankenanstalt oder einem anderen geeigneten Raume durchzuführen, falls die Überführung ohne Gefährdung des Kranken erfolgen kann.

(3) Zum Zwecke der Absonderung sind, wo es mit Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse geboten erscheint, geeignete Räume und zulässig erkannte Transportmittel rechtzeitig bereitzustellen, beziehungsweise transportable, mit den nötigen Einrichtungen und Personal ausgestattete Barackenspitäler einzurichten.

(4) Abgesehen von den Fällen der Absonderung eines Kranken im Sinne des Abs2 kann die Überführung aus der Wohnung, in der er sich befindet, nur mit behördlicher Genehmigung und unter genauer Beobachtung der hiebei von der Behörde anzuordnenden Vorsichtsmaßregeln erfolgen.

(5) Diese Genehmigung ist nur dann zu erteilen, wenn eine Gefährdung öffentlicher Rücksichten hiedurch nicht zu besorgen steht und der Kranke entweder in eine zur Aufnahme solcher Kranker bestimmte Anstalt gebracht werden soll oder die Überführung nach der Sachlage unbedingt geboten erscheint."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12. Juni 2017 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer im Verfahren vor dem antragstellenden Verwaltungsgericht gemäß §76 Abs2 Z1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung seiner Abschiebung angeordnet. Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde an das Bundeverwaltungsgericht erhoben, welches mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 4. Juli 2017 zu Spruchpunkt I. in Stattgebung der Beschwerde den angefochtenen Bescheid behob und zugleich die Anhaltung in Schubhaft von 12. Juni 2017 bis 4. Juli 2017 für rechtswidrig erklärte, zu Spruchpunkt II. jedoch die Feststellung traf, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Die (fortgesetzte) Schubhaft wurde in Wien vollzogen.

Mit dem daraufhin ergangenen Bescheid vom 23. August 2017 wurde dem Beschwerdeführer vor dem antragstellenden Verwaltungsgericht gemäß §113 Abs1 FPG (laut Begründung auch gemäß §19 Abs2 FPG-DV) der Ersatz der Kosten, welche bei der Vollziehung der von 4. Juli 2017 bis 14. Juli 2017, sohin elf Tage, fortdauernden Schubhaft entstanden sind, in der Höhe von € 770,– vorgeschrieben. Auf Grund einer rechtzeitig eingebrachten Vorstellung erfolgte mit dem nunmehr beim antragstellenden Gericht angefochtenen Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug, vom 7. September 2017 unter Bezugnahme auf die genannten Rechtsvorschriften neuerlich die Vorschreibung von Schubhaftvollzugskosten in nämlicher Höhe.

2. Das Verwaltungsgericht Wien legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar (Hervorhebungen im Original):

"Nach nunmehr ständiger (vgl zuletzt VfGH 7.3.2018, G136/2017 ua; 27.2.2018, E3775/2017, mwN), mit VfSlg 13.836/1994 beginnender, Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBI 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hierfür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Der Gleichheitsgrundsatz gebietet dem Gesetzgeber, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln und setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er es verbietet, andere als sachlich begründbare Differenzierungen zwischen den Normadressaten zu schaffen und bindet gleichwohl auch den Verordnungsgeber[.] Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen. Nur innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetz- bzw Verordnungsgeber (vgl zuletzt VfGH 12.12.2017, V101/2017) von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl VfGH 12.12.2017, V101/2017 mwN).

Die vorliegend getroffenen Regelungen zur Vorschreibung des Ersatzes der Schubhaftkosten führen zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung von Fremden, die sich nach den die Schubhaft regelnden Bestimmungen in Haft befinden zum einen, und von Fremden, deren Inhaftierung, Anhaltung udgl. auf einen sonstigen Rechtsgrund gestützt wird:

Nach Artikel 2 Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl I Nr 2/2008, darf die persönliche Freiheit einem Menschen (nur) in folgenden Fällen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden: 1. wenn auf Grund einer mit Strafe bedrohten Handlung auf Freiheitsentzug erkannt worden ist; 2. wenn er einer bestimmten, mit gerichtlicher oder finanzbehördlicher Strafe bedrohten Handlung verdächtig ist, a) zum Zwecke der Beendigung des Angriffes oder zur sofortigen Feststellung des Sachverhalts, sofern der Verdacht im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Tat oder dadurch entsteht, dass er einen bestimmten Gegenstand innehat, b) um ihn daran zu hindern, sich dem Verfahren zu entziehen oder Beweismittel zu beeinträchtigen, oder c) um ihn bei einer mit beträchtlicher Strafe bedrohten Handlung an der Begehung einer gleichartigen Handlung oder an der Ausführung zu hindern; 3. zum Zweck seiner Vorführung vor die zuständige Behörde wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung, bei der er auf frischer Tat betreten wird, sofern die Festnahme zur Sicherung der Strafverfolgung oder zur Verhinderung weiteren gleichartigen strafbaren Handelns erforderlich ist; 4. um die Befolgung einer rechtmäßigen Gerichtsentscheidung oder die Erfüllung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung zu erzwingen; 5. wenn Grund zur Annahme besteht, dass er eine Gefahrenquelle für die Ausbreitung ansteckender Krankheiten sei oder wegen psychischer Erkrankung sich oder andere gefährde; 6. zum Zweck notwendiger Erziehungsmaßnahmen bei einem Minderjährigen und schließlich 7. wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

Von Verfassungs wegen ist somit die Entziehung der persönlichen Freiheit ausschließlich dann zulässig, wenn der Freiheitsentzug auf gesetzlicher Grundlage als Strafe oder als Beugemittel vorgesehen oder als Maßnahme in Zusammenhang mit einem auf gesetzlicher Grundlage normierten staatlichen Sicherungsinteresses anzuordnen ist. Tertium non datur.

Nach näherer Betrachtung der einen Freiheitsentzug vorsehenden Gesetze zeigt sich, dass Bestimmungen bezüglich des Ersatzes der beim Haftvollzug auflaufenden Kosten lediglich in jenen Fällen getroffen werden, in denen der Inhaftierung die Verurteilung wegen einer Straftat zu Grunde liegt bzw in denen eine solche Verurteilung mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, sowie in jenen Fällen, in denen die Haft als Beugemittel in Betracht kommt. Nicht hingegen finden sich derartige Kostenersatzbestimmungen in jenen Gesetzen, die nur die kurzfristige Anhaltung von Personen oder den Freiheitsentzug bloß als Sicherungsmaßnahme vorsehen.

Handelt es sich um eine Inhaftierung aufgrund bereits erfolgter (oder wahrscheinlich zu erwartender) strafgerichtlicher Verurteilung, finden sich die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen, in denen der Kostenersatz geregelt ist, im Strafvollzugsgesetz – StVG, BGBl Nr 144/1969, hier insbes. in den §§32 und 52 StVG.

Ist der Freiheitsentzug darüber hinaus nach anderen in Betracht kommenden Rechtsvorschriften als Strafsanktion oder als Beugemaßnahme vorgesehen, knüpfen die die Kosten des Strafvollzuges regelnden Bestimmungen an ebenjene des StVG an (vgl §54d VStG, §185 Abs6 FinStrG, §6 Abs2 VVG, §29 ARHG), in bestimmten Fällen (vgl §60 Jugendgerichtsgesetz 1988) erfolgt auch hier ein vollständiger Dispens von der Kostenersatzpflicht.

In sämtlichen sonst noch verbleibenden Fällen, in denen der Entzug der persönlichen Freiheit also ohne Bezugnahme auf eine gerichtliche Verurteilung wegen der Begehung einer strafbaren Handlung bzw eines entsprechenden Tatverdachtes angeordnet werden darf und auch nicht als Beugestrafe vorgesehen ist, ist die Auflegung der aus dem Vollzug der jeweiligen freiheitsbeschränkenden Maßnahme erwachsenden Kosten gesetzlich aber entweder gar nicht vorgesehen, explizit ausgeschlossen bzw ist der Kostenersatz als Versicherungsleistung bzw als ausdrückliche Verpflichtung der öffentlichen Hand zur Kostentragung normiert (vgl bspw das Unterbringungsgesetz – UbG sowie für den Bereich der sanitätspolizeilichen Vorschriften §36 Epidemiegesetz, §47 Tuberkulosegesetz, §10 GeschlechtskrankheitenG). Eine Verpflichtung zur Tragung der aus der Inhaftierung, Einweisung oder Anhaltung erwachsenden Vollzugskosten kommt für jenen Personenkreis, mit dessen Inhaftierung bzw Anhaltung lediglich einem Sicherungsinteresse Rechnung getragen werden soll, a priori nicht in Betracht – mit einer einzigen Ausnahme: der Regelung des §113 Abs1 Z2 FPG bezüglich der Anhaltung in Schubhaft.

Nach näherer Analyse der in Betracht kommenden Rechtsvorschriften zeigt sich ferner [Folgendes]: In jenen Fällen, in denen der Inhaftierung die Verurteilung wegen der Begehung oder der Verdacht der Begehung einer strafbaren Handlung zu Grunde liegt, sind die Inhaftierten lediglich zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Vollzuges der Haft verpflichtet, welche im Übrigen auf die Bestreitung von Unterhaltskosten eingeschränkt sind (vgl §31 StVG); in den [übrigen] Fällen entfällt wie gesagt jegliche Verpflichtung zur Bestreitung der Kosten des Haftvollzuges, somit auch bloß nur zur Begleichung eines Kostenbeitrages.

Ohne jeden Zweifel handelt es sich bei der Schubhaft um keine Strafe und auch um kein Beugemittel, sondern lediglich um ein Mittel zur Sicherung eines aufenthaltsbeendenden behördlichen Verfahrens (bzw zur Sicherung eines Überstellungsverfahrens nach der Dublin-Verordnung; vgl §76 Abs2 FPG); die Schubhaft hat somit ex lege ausschließlich Sicherungscharakter und unterscheidet sich insoweit nicht von jenen anderen Fällen, in denen der gesetzlich angeordnete Freiheitsentzug auch sonst nur auf einem bloßen Sicherungsinteresse gründet. Schon deshalb scheint es aus gleichheitsrechtlichen Erwägungen nicht zulässig, für den Vollzug dieser Haft einen Kostenersatz vorzusehen, wie dies in [§] 113 Abs1 Z2 FPG normiert ist, würden dadurch Fremde, die in Schubhaft angehalten werden, ohne ersichtliche sachliche Rechtfertigung nachteiliger behandelt, als bspw. Fremde, die sich nach anderen, einem staatlichen Sicherungsinteresse Rechnung tragenden Vorschriften in Haft oder Anhaltung befinden.

Somit ergibt sich schon ganz grundsätzlich eine sachlich nicht begründbare Ungleichbehandlung von Fremden, die in Schubhaft einerseits angehalten werden und deshalb Vollzugskosten zu begleichen haben, gegenüber Fremden, die nach sonstigen gesetzlichen Bestimmungen aufgrund eines staatlichen Sicherungsinteresses inhaftiert bzw angehalten werden, ohne dass diesen entsprechende Kosten auferlegt werden dürften. Diese Gleichheitswidrigkeit bzw Unsachlichkeit lässt sich auch nicht unter Berufung auf einen sogenannten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers eskamotieren. Bereits dies belastet die angefochtene Norm also mit Verfassungswidrigkeit.

Sachlich nicht begründbar und damit als verfassungswidrig erweist sich die in §113 Abs1 Z2 FPG getroffene Regelung aber selbst unter der Annahme, eine Überwälzung von Schubhaftkosten auf die Inhaftierten ließe sich – entgegen dem bereits Gesagten – jedenfalls dem Grunde nach rechtfertigen: [Dem] Wortlaut nach ganz unzweifelhaft sieht die genannte Bestimmung nämlich vor, dass von den in Schubhaft angehaltenen Personen die gesamten Kosten des Vollzuges der Schubhaft zu ersetzen sind. Hätte der Gesetzgeber nämlich zum Ausdruck bringen wollen, dass auch für den Bereich der Kosten des Vollzugs der Schubhaft dem Fremden lediglich ein Kostenbeitrag abverlangt werden solle, hätte er sich entweder gleichfalls der insoweit nach den sonst in Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen normierten Regelungstechnik – also eines Verweises auf die Bestimmungen des StVG (vgl bspw §54d Abs2 VStG) – bedient oder ausdrücklich nur die Auferlegung eines Kostenbeitrages normiert. §113 Abs1 FPG hat in Bezug auf den Schubhaftkostenersatz seit der Stammfassung, BGBl I Nr 100/2005, keine Veränderung erfahren und entspricht im Übrigen auch der Vorläuferbestimmung des §103 Abs1 FrG 1997 und §79 Abs1 FrG 1992. Auch von §12 Fremdenpolizeigesetz, BGBl Nr 75/1954 – die Bestimmung spricht von Kosten, die bei (der Durchführung) der Schubhaft entstehen – dürfte sich nach dem materiellen Gehalt hierin nicht unterscheiden. Ein Blick in die Materialien (vgl zu §113 FPG 952 dB XXII. GP - RV; zu §103 Abs1 FrG 1997 685 dB XX. GP, zu §79 FrG 1992, BGBl Nr 838/1992 692 dB XVIII. GP - RV) fördert nichts zutage, dass die Annahme, §113 Abs1 Z2 FPG sei lediglich als Kostenbeitragsbestimmung zu verstehen, zu stützen vermöchte.

Fremde, die in Schubhaft angehalten werden, sehen sich somit gegenüber Fremden, die nach anderen gesetzlichen Bestimmungen inhaftiert sind, auch deshalb in unsachlicher Weise benachteiligt, als Personen, die eine Haftstrafe verbüßen bzw wegen des Verdachtes, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben[,] inhaftiert sind oder die sich in Beugehaft befinden, regelmäßig nur einen Beitrag zu den Kosten des Vollzuges der jeweiligen Haft zu leisten haben – dies umso mehr, als sich die rechtlichen und daran anknüpfend auch die tatsächlichen Bedingungen des Vollzuges der jeweiligen Haft – für den Vollzug der Schubhaft gleichwie der Verwaltungsstrafhaft sind die nämlichen Regelungen (vgl §78f FPG, §53, 53c, 53d VStG mit Verweis auf Bestimmungen des StVG, vgl insbes auch §1 und 4 AnhO) maßgeblich – ganz überwiegend [nicht], jedenfalls aber nicht wesentlich, unterscheiden. Die angefochtene Bestimmung ist daher auch nach diesem Erwägungsgrund verfassungswidrig.

Wollte man schließlich ungeachtet der vom antragstellenden Gericht aufgeworfenen Bedenken annehmen, dass §113 Abs1 Z2 FPG ungeachtet des klaren Wortlautes dahingehend verfassungskonform auszulegen ist, als auch diese Bestimmung lediglich als gesetzliche Grundlage für die Auferlegung von Kostenbeiträgen zu verstehen sei (ein schwaches Indiz für eine derartige Auffassung könnte darin erkannt werden, dass §113 Abs1 Z2 FPG insoweit unbestimmt formuliert ist, als lediglich 'Kosten' der Vollziehung der Schubhaft, nicht aber 'die Kosten' der Vollziehung der Schubhaft angeführt sind), so gilt zu bedenken, dass sich eine verfassungskonforme Auslegung des §113 Abs1 FPG überhaupt nur insoweit vertreten ließe, als die Bestimmung in diesem Fall normativ zur Gänze im Sinne des §32 Abs1 und §52 Abs1 StVG determiniert sein müsste und daher jede normative Abweichung hiervon sachlich gleichfalls nicht zu rechtfertigen wäre: Nach den Bestimmungen des StVG ist nämlich die Kostenbeitragsverpflichtung der Inhaftierten als Unterhaltskostenbeitragsleistung normiert; §113 Abs1 Z2 FPG dürfte somit allenfalls gleichwie §32 Abs1 StVG nur als Unterhaltskostenbeitragsleistung ausgelegt werden (vgl hierzu §31 StVG, auf den sich §32 StVG ausdrücklich bezieht), in keinem Fall aber als Verpflichtung zum Ersatz sonstiger in Betracht kommender, nicht als Unterhaltsleistung zu wertender Vollzugskosten.

In diesem Sinne scheint §113 Abs1 Z2 FPG aber nicht konzipiert zu sein; Anhaltspunkte für die Annahme, die Bestimmung würde zwischen Unterhaltskosten und sonstigen Vollzugskosten differenzieren, sind nicht zu erkennen. Es ist daher davon auszugehen, dass §113 Abs1 Z2 FPG selbst unter der Annahme, es würde lediglich eine Kostenbeitragsverpflichtung normiert, weiterhin verfassungswidrig ist, weil in Schubhaft Inhaftierte auf Grundlage dieser Bestimmung zur Leistung eines Kostenbeitrages für jedwede in Betracht kommende Vollzugskosten verhalten werden, wohingegen nach sonstigen strafgesetzlichen Bestimmungen (bzw in Beugehaft) inhaftierte Fremde lediglich einen Kostenbeitrag für ihren während der Haftzeit anfallenden Unterhalt zu leisten haben.

Zu den Eventualanträgen: Die bislang zu §113 FPG (und den Vorläuferbestimmungen) erlassenen Durchführungsverordnungen (vgl §11 FrG-DV 1994, §10 Abs2 FrG-DV 1997, §10 Abs2 FPG-DV 2005, BGBl II, [Nr] 450/2005; seit BGBl II Nr 204/2011 §19 Abs2 FPG-DV) sahen zwar – mit Ausnahme der zwischen 1.1.1993 und 22.2.1995 in Kraft stehenden Regelung des §10 der Verordnung BGBl Nr 840/1992 – bislang regelmäßig nur vor, dass für die der Behörde erwachsenden Kosten der Vollziehung der Schubhaft lediglich ein Kostenbeitrag zu leisten war. Zur Ermittlung dieser Kosten wurde, beginnend mit der FrG-DV 1997, BGBl II. Nr 418/1997, regelmäßig auf die im Zusammenhang mit dem Vollzug von Verwaltungsfreiheitsstrafen erlassenen Kostenbestimmungen verwiesen.

Auch nach den Bestimmungen des VStG […] ist die Kostenersatzpflicht (unverändert) wie folgt als Verpflichtung lediglich zur Leistung eines Kostenbeitrages geregelt. Dies ergibt sich aus dem Zusammenhalt der die Strafvollstreckung regelnden Vorschriften, diese Bestimmungen lauten (auszugsweise):

[…]

Dass der Verordnungsgeber mit der zuletzt in BGBl II Nr 201/2015 getroffenen Regelung beabsichtigte, von den der Haftkostenvorschreibung bislang zu Grunde liegenden Prinzipien abzugehen, erschließt sich nicht nur aus der besonderen – nämlich des rund dreifachen Kostensatzes, der in Schubhaft Inhaftierten im Unterschied zu Verwaltungshäftlingen nunmehr abverlangt wird – Höhe der auferlegten Kosten, sondern auch aus den Erläuterungen zum Verordnungstext.

Vor dem Inkrafttreten der Kostenbeitragsbestimmung nach BGBl II Nr 201/2015 betrug der für den Vollzug der Schubhaft zu leistende Kostenbeitrag bzw der Beitrag zum Aufwand für den Vollzug der Verwaltungsstrafhaft gleichermaßen € 23,88[…] täglich als dem Vierfachen der Vergütungsstufe nach §52 Abs1 lite StVG (soweit nicht ein Entfall der Kostenbeitragspflicht nach §54d Abs2 2[.] Satz Platz griff). Diesen Beitrag – nach Valorisierung durch BGBl II Nr 6/2018 seit dem 1.1.2018 erhöht auf € 35,56 – hatten (auch nichtösterreichische) wegen der Begehung von Straftaten Inhaftierte weiterhin zu leisten, wohingegen Schubhäftlinge seit BGBl II Nr 201/2015 einen pauschalierten Kostenbeitrag in Höhe von € 70,– täglich (nach Valorisierung durch BGBl II Nr 6/2018 immer noch rund das Doppelte des Verwaltungsstrafhäftlingen Abverlangten) zu leisten hatten.

Diese unterschiedliche Behandlung erscheint dem antragstellenden Gericht auch deshalb unsachlich, als sowohl für den Bereich der Verwaltungsstrafhaft (resp. der im Wege der Verwaltungsvollstreckung anzuordnenden Haft) als auch jenen der Schubhaft jeweils die nämlichen Vorschriften zur Regelung des Haftvollzuges anzuwenden sind, woraus gefolgert werden muss, dass sich auch die tatsächlich für den Haftvollzug auflaufenden Kosten nicht maßgeblich unterscheiden können:

Die maßgeblichen Bestimmungen für dem Vollzug der Schubhaft nach dem FPG (idF BGBl I Nr 145/2017) lauten (auszugsweise) so etwa:

[…]

Nach den Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1991 (WV) idF BGBl I Nr 194/1999 ist die Strafvollstreckung (der Vollzug von Freiheitsstrafen) – auszugsweise – wie folgt geregelt:

[…]

Somit kann gezeigt werden, dass sich die rechtlichen Bedingungen des Vollzuges der Verwaltungsstrafhaft wie des Vollzuges der Schubhaft im Wesentlichen nicht unterscheiden; entsprechend wurde im Verordnungswege auch eine einheitlich anzuwendende Hausordnung erlassen.

Die maßgeblichen Bestimmungen dieser Verordnung der Bundesministerin für Inneres über die Anhaltung von Menschen durch die Sicherheitsbehörden und Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Anhalteordnung – AnhO), BGBl II Nr 128/1999 idF BGBl II Nr 439/2005, lauten (auszugsweise):

[…]

Aus den dargestellten Rechtsvorschriften ergibt sich zweifelsfrei, dass der Vollzug weiter Teile der Verwaltungsstrafhaft (bzw der Haft nach sonstigen Bestimmungen, die den Haftvollzug in Zusammenhang mit der Begehung von Straftaten regeln – vgl die zitierten Bestimmungen nach dem FinStrG, dem VVG, dem ARHG) sowie der Vollzug der Schubhaft im Wesentlichen nach gleichlautenden Rechtsvorschriften zu erfolgen hat, woraus gefolgert werden muss, dass sich auch die nach dem tatsächlichen Vollzug der jeweiligen Haft auflaufenden Kosten – soweit dieser im Einklang mit den den Vollzug der Haft regelnden Rechtsvorschriften erfolgt – nicht wesentlich unterscheiden können und dürfen. Selbst wenn man den zu leistenden Kostenbeitrag nicht als Unterhaltskostenbeitrag auffasst, sondern von der Zulässigkeit der Auferlegung eines Kostenbeitrages für jedwede Vollzugskosten der Haft ausginge, ist in keiner Weise ersichtlich, dass für Personen, die in Schubhaft angehalten werden, aufgrund in Betracht kommender Sonderbestimmungen (vgl etwa [§§] 4 und 5a AnhO) überhaupt Mehrkosten erwachsen können. Da es sich hierbei im Wesentlichen um Erleichterungen in den Haftbedingungen handelt, ist vielmehr davon auszugehen, dass für den Vollzug dieser Haftformen sogar geringere Kosten auflaufen, als beim Vollzug der 'normalen' Verwaltungsstrafhaft. Das antragstellende Gericht geht daher davon aus, dass die Auferlegung eines pauschalierten Kostenbeitrages für Schubhäftlinge mit 70,– täglich, und somit rund des Dreifachen dessen, was bspw Verwaltungsstrafhäftlinge jedweder Nationalität an Kostenersatz zu leisten hatten, sei es als Unterhaltskostenbeitragsleistung oder als Beitrag zu den gesamt anfallenden Kosten des Haftvollzuges sachlich nicht gerechtfertigt sein kann.

Hinzu kommt, dass die mit BGBl II Nr 201/2015 getroffene Regelung ungeachtet der Beibehaltung des Wortlauts ('Beitrag zu den Kosten') in §19 Abs2 FPG-DV keineswegs bloß als Kostenbeitragsregelung (und schon gar nicht als Unterhaltsbeitragsregelung entsprechend §§31, 32 StVG) konzipiert wurde, sondern als eine an den tatsächlichen Gesamtvollzugskosten anknüpfende Pauschalierung. Eine andere Deutung ist den Erläuterungen zu der vom antragstellenden Gericht beigeschafften Verordnungsakte (ZI. BMI-LR1320/002-III/1/c/2015), folgend nicht denkmöglich. Laut diesen Erläuterungen bezweckt die Neufassung des §19 FPG-DV nämlich, einer Anregung des Rechnungshofes folgend, in diesem Bereich Kostenwahrheit im Sinne einer Einhebung der tatsächlichen Kosten der Schubhaft Vorschub zu leisten. Aus welchen Gründen aber eine Regelung darüber hinaus sachlich gerechtfertigt erscheinen sollte, die lediglich für eine Art des Haftvollzuges 'Kostenwahrheit' zu schaffen trachtet, andere Haftformen, deren Vollzug jedoch den gleichen rechtlichen Bedingungen unterliegt, davon aber ausnimmt, leuchtet überhaupt nicht ein.

Somit erweist sich auch die in §19 Abs2 FPG-DV idF BGBl II Nr 201/2015 getroffene Kostenregelung in mehrfacher Hinsicht als unsachlich und somit gesetz- bzw verfassungswidrig: Es wird Schubhäftlingen im Gegensatz zu nach anderen Rechtsvorschriften in Haft gehaltenen Fremden nämlich mehr als ein bloßer Kostenbeitrag abverlangt bzw wird diesen mehr als ein bloßer Unterhaltskostenbeitrag (iSd §§31, 32 StVG) abverlangt bzw wird ihnen bei gleichen rechtlichen wie tatsächlichen Bedingungen des Haftvollzuges ein (dreifach) höherer Kostenbeitrag abverlangt.

Die Regelung erweist sich aber auch noch aus einem weiteren Grund als nicht gesetzes- bzw verfassungskonform: Wie die Erläuterungen zur Verordnungsakte, ZI. BMI-LR1320/002-III/1/c/2015, ebenfalls ausweisen, erfolgte die Neuregelung des Kostenersatzes auch mit dem Ziel, die Verpflichtung zur Kostenleistung durch Schubhäftlinge von der Möglichkeit und Willigkeit des Fremden, in der Haft eine Tätigkeit zu übernehmen, zu entkoppeln. Insoweit derogiert §19 Abs2 [FPG-DV] offenkundig auch §16 Abs2 Anhalteordnung, sodass für die bislang auch Schubhäftlingen einzuräumende Möglichkeit des Dispenses vom Kostenersatz durch Erbringung von Arbeitsleistung, keinerlei rechtliche Grundlage mehr besteht. Auch dies ist nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass diese Möglichkeit Staatsbürgern jeglicher Nationalität, die sich nach anderen gesetzlichen Bestimmungen in Strafhaft (bzw in Beugehaft) befinden, weiterhin offen steht, sachlich nicht zu rechtfertigen.

Mit der in eventu beantragten Aufhebung würde im Wesentlichen die vor BGBl II. Nr 201/2015 geltende Rechtslage wieder hergestellt, die – der Annahme folgend, dass §113 Abs1 Z2 FPG keinen über §§31, 32 StVG hinausweisenden normativen Gehalt aufweist – keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Um die zitierten Passagen bereinigt hätte §§19 Abs2 FPG-DV erster Satz nämlich folgenden Wortlaut:

'Als Beitrag zu Kosten des Vollzuges der Schubhaft (§113 Abs1 FPG) ist für jeden angefangenen Tag ein Betrag zu entrichten; §54d Abs2 VStG gilt[.']

Somit wäre eindeutig klargestellt, dass sich der Umfang der Kostenbeitragspflicht mit Bestimmtheit ausschließlich aus §54d Abs2 VStG und den in dieser Bestimmung verwiesenen Vorschriften des StVG unterschiedslos für (auch nichtösterreichische) Verwaltungsstrafhäftlinge gleichwie Schubhäftlinge ergibt.

Zum weiteren Eventualbegehren: Sofern der Verfassungsgerichtshof ungeachtet aller vom antragstellenden Gericht dargelegten Bedenken die Auferlegung eines pauschalisierten Kostenersatzes als Beitrag zu den Kosten des Vollzuges der Schubhaft als verfassungskonform erachten wollte, erscheint gleichwohl die generelle Ausnahme des §54d Abs2 VStG durch §19 Abs2 FPG-DV unsachlich, weil Schubhäftlinge infolge der im Verordnungswege erklärten generellen Unanwendbarkeit dieser Bestimmung anders als sonstige nach strafgesetzlicher Bestimmung angehaltene Personen nicht mehr der dort angeführten Privilegierung, sich vom Kostenersatz durch Erbringung von Arbeitsleistungen entbinden zu können, unterfallen. Auch dafür ist eine sachliche Rechtfertigung in keiner Weise zu erkennen."

3. Die Bundesregierung hat von der Erstattung einer meritorischen Äußerung Abstand genommen. Für den Fall der Aufhebung hat die Bundesregierung den Antrag gestellt, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art140 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimmen. Diese Frist erscheine notwendig, um die erforderlichen legistischen Vorkehrungen für eine Neuregelung treffen zu können.

4. Der Bundesminister für Inneres hat den Verordnungsakt vorgelegt, von einer inhaltlichen Stellungnahme aber Abstand genommen. Der Bundesminister für Inneres hat den Antrag gestellt, im Falle der Behandlung des Eventualantrages auszusprechen, dass die angefochtene Bestimmung des §19 Abs2 FPG-DV nicht gesetzeswidrig ist; für den Fall der Aufhebung hat der Bundesminister den Antrag gestellt, dass gemäß Art139 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten und mit Rücksicht auf einen zu erwartenden Bedarf an legistischen Neuregelungen eine Frist von sechs Monaten festgesetzt wird.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit der Anträge

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B-VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Betreffend die Präjudizialität der mit dem ersten Antrag angefochtenen Bestimmung ist Folgendes zu bedenken:

1.2.1. Das Verwaltungsgericht Wien hat mit seinem ersten Antrag die Aufhebung der Wortfolge "Kosten der Vollziehung der Schubhaft" in §113 Abs1 Z2 FPG, BGBl I 100/2005, beantragt und dazu wortwörtlich Folgendes ausgeführt:

"§113 Abs1 FPG ist seit der Stammfassung BGBl I Nr 100/2005 unverändert geblieben (mit BGBl I. Nr 68/2013, haben zuletzt nur die hier nicht weiter maßgeblichen Absätze 3 und 7 eine Änderung erfahren[)]. §113 FPG trägt die Überschrift 'Kosten' und hat in seinem Abs1 folgenden Wortlaut:

§113. (1) Es sind folgende Kosten, die der Landespolizeidirektion oder dem Bund entstehen, von dem Fremden zu ersetzen:

1. Kosten, die bei der Durchsetzung der Zurückschiebung entstehen,

2. Kosten der Vollziehung der Schubhaft,

3. Kosten, die als Aufwendungen für den Einsatz gelinderer Mittel anfallen,

4. Dolmetschkosten."

1.2.2. Dem ist entgegenzuhalten, dass §113 Abs1 FPG in seiner Stammfassung BGBl I 100/2005 wie folgt lautete:

"§113. (1) Kosten, die der Behörde oder dem Bund bei der Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes, der Ausweisung oder der Zurückschiebung entstehen, sowie die Kosten der Vollziehung der Schubhaft, einschließlich der Aufwendungen für den Einsatz gelinderer Mittel und der Dolmetschkosten, sind von dem Fremden zu ersetzen."

Durch die Novelle BGBl I 38/2011 wurde §113 Abs1 FPG abgeändert, indem unter anderem eine Ziffer 2 eingefügt wurde, die jenen Inhalt erhielt, den das Verwaltungsgericht in seinem Antrag wörtlich zitiert. §113 Abs1 Z2 FPG idF BGBl I 38/2011 ist seither unverändert in Geltung und unzweifelhaft auf den der Antragstellung zugrunde liegenden Sachverhalt anwendbar.

1.2.3. Die unrichtige Bezeichnung der angefochtenen Gesetzesstelle durch die unrichtige Angabe der Nummer des Bundesgesetzblattes führt für sich allein jedoch nicht zur Unzulässigkeit des Antrages (vgl VfSlg 15.322/1998, 15.880/2000, 16.912/2003): Das antragstellende Verwaltungsgericht hat sich lediglich bei der Bezeichnung der Fassung der angefochtenen Gesetzesbestimmung geirrt, wobei offenkundig ist, dass sich der Antrag auf §113 Abs1 Z2 FPG idF BGBl I 38/2011 bezieht. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der wörtlichen Wiedergabe der angefochtenen Bestimmung im Antrag und aus der Antragsbegründung, sowie daraus, dass nach dem Wortlaut des Antrages ausdrücklich die Aufhebung einer Wortfolge der Ziffer 2 des §113 Abs1 FPG beantragt wurde, in §113 Abs1 FPG jedoch erst durch die Novelle BGBl I 38/2011 eine Ziffer 2 aufgenommen wurde. Die Fehlbezeichnung im Antrag führt auch sonst weder zu Zweifeln am Inhalt des Antrages noch zu einer Mehrdeutigkeit.

1.2.4. Der erste Antrag ist daher vom Verfassungsgerichtshof als Antrag auf Aufhebung der näher bezeichneten Wortfolge in §113 Abs1 Z2 FPG idF BGBl I 38/2011 zu verstehen.

1.3. Es ist somit nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität der angefochtenen Bestimmung zweifeln ließe.

1.4. Dass anstelle der Aufhebung der gesamten Ziffer 2 des §113 Abs1 FPG nur die Aufhebung der Wortfolge "Kosten der Vollziehung der Schubhaft" in §113 Abs1 Z2 FPG beantragt wird und dadurch im Falle einer Aufhebung der Inhalt der Ziffer 2 auf einen Beistrich beschränkt wäre, ändert nichts an der Zulässigkeit des ersten Antrages, zumal dadurch der Sinn der Vorschrift nicht beeinflusst wird (VfSlg 16.893/2003, 17.943/2006, 19.663/2012).

1.5. Es ist auch sonst nichts hervorgekommen, was an der Zulässigkeit des Antrages auf Aufhebung der Wortfolge "Kosten der Vollziehung der Schubhaft" in §113 Abs1 Z2 FPG, idF BGBl I 38/2011 zweifeln ließe.

1.6. Gleiches gilt für den – im Hinblick auf die vom antragstellenden Gericht geltend gemachten Bedenken – nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes in der Sache selbständig zu beurteilenden Antrag auf Aufhebung der Wortfolge "in Höhe von 70 Euro" sowie des Wortes "nicht" in §19 Abs2 erster Satz der FPG-DV idF BGBl II 201/2015.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B-VG bzw zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002 bzw VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtenen Bestimmungen aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetz- bzw verfassungswidrig sind (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004 bzw VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001,

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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