TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/12 G307 2184692-1

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Veröffentlicht am 12.02.2019
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Entscheidungsdatum

12.02.2019

Norm

AsylG 2005 §57 Abs1 Z3
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G307 2184693-1/15E

G307 2184692-1/10E

G307 2184691-1/10E

G307 2196058-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde 1. der XXXX, geb. am XXXX, 2. derXXXX, geb. am XXXX, 3. des XXXX, geb. am XXXX sowie 4. der XXXX, geb. am XXXX, alle StA.: Serbien, letztere 3 gesetzlich vertreten durch die Mutter, alle rechtlich vertreten durch den Verein Menschenrechte in XXXX, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.12.2017, Zahlen XXXX sowie jenen vom 17.04.2018, Zahl XXXX, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Den Beschwerden hinsichtlich der Spruchpunkte IV. und V. wird stattgegeben, den Beschwerdeführern gemäß § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG eine Aufenthaltsberechtigung "besonderer Schutz" und gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

eingebundener) Ex-Lebensgefährte, die Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2) und der Drittbeschwerdeführer (im Folgenden: BF3) stellten am 02.12.2017, die gegenständlichen Anträge auf Gewährung internationalen Schutzes gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005). Die in Österreich nachgeborene Viertbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF4) stellte vermittelt durch die BF1 am xx.xx.2018 einen solchen Antrag.

2. Der polizeilichen Erstbefragung am 03.12.2017 folgten am 13.12.2017 die niederschriftlichen Einvernahmen der BF1 und ihres Exfreundes zu den Flcuhtgründen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA).

3. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheiden des BFA, den BF1 bis BF3 sowie dem Ex-Lebensgefährten der BF1 persönlich zugestellt am 04.01.2018, der BF4 zugestellt am 07.04.2018 wurden die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt V.), einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.) sowie den BF und dem Ex-LG der BF1 gemäß § 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen, ab 13.12.2017 in einem nicht näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen.

4. Mit Schriftsatz vom 22.01.2018 erhoben die BF sowie der damals noch ins Verfahren miteingebundene Exfreund der BF1 durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung (RV) Beschwerde gegen diesen Bescheid, welche am 26.01.2018 per Fax beim BFA einlangte.

Darin wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid der "Erstbehörde" dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes Folge gegeben und den BF der Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG zuerkannt wrd3e, in eventu den angefochtenen Bescheid der "Erstbehörde" dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes Folge geben und den BF jeweils der Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt werde, in eventu den BF einen Aufenthaltstitel gemäß §§ 57, 55 AsylG zu gewähren und die Abschiebung dauerhaft für unzulässig zu erklären, in eventu den Bescheid zur Gänze zu beheben und zur Verfahrensergänzung an die Erstbehörde zurückzuverweisen.

5. Die gegenständliche Beschwerde und der diesbezügliche Verwaltungsakt wurden dem BVwG vom BFA am 26.01.2018 vorgelegt und sind dort am 31.01.2018 eingelangt.

6. Mit Beschluss vom 05.02.2018 der hierortigen Gerichtsabteilung wurden den BF gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

7. Am 13.11.2018 fand vor dem BVwG, Außenstelle Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher die BF 1 und deren RV teilnahmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF führen die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), sind serbische Staatsbürger und gehören der Volksgruppe der Roma an und bekennen sich zum Islam. BF1 ist die Mutter der BF 2 bis BF4 und lebt mit diesen im gemeinsamen Haushalt.

BF1 besuchte in Serbien 8 Jahre lang die Grundschule und absolvierte anschließend eine 6monatige Ausbildung zur Schneiderin in XXXX. Ansonsten weist sie keine Ausbildung auf.

1.2. Der ursprünglich ins Verfahren eingebundene Ex-LG der BF1 und zugleich Vater der BF2 bis BF4 reiste unter Gewährung von Rückkehrhilfe am XXXX.2018 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien aus. Das zu ihm geführte Asylverfahren wurde mit Beschluss des BVwG vom heutigen Tag eingestellt.

1.3. In der mündlichen Verhandlung zogen die BF die Beschwerden zu den Spruchpunkten I. und II. der bekämpften Bescheide zurück.

1.4. Die BF verfügen über keine Deutschkenntnisse bestimmten Niveaus, ist die BF1 ohne Beschäftigung und strafrechtlich unbescholten.

1.5. Die BF reisten am 02.12.2017 nach Österreich ein und stellten die BF1 bis BF4 wie der Ex-LG der BF1 am selben Tag einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes, welche jeweils mit den oben angeführten Bescheiden des BFA abgewiesen wurden. Gleiches gilt für die in Österreich nachgeborene BF5.

1.6. Der Ex-LG der BF1 begann im Jahr 2015, diese regelmäßig zu schlagen, wobei die Übergriffe im Laufe der Zeit sowohl intensiver als auch die Abstände dazwischen kürzer wurden. Der Ex-LG der BF1 wendete seitdem auch immer wieder sexuelle Gewalt an und vergewaltigte sie regelmäßig. Dies begann in XXXX im Wohnhaus der BF und setzte sich bis zum Jahr 2018 während des Aufenthalts der BF in Österreich fort. Am XXXX.2018 erstattete die BF1 darüber beim Stadtpolizeikommando XXXX Anzeige gegen ihren Ex-LG.

Das Bezirksgericht XXXX (im Folgenden: BG XXXX) erließ mit Beschluss vom XXXX.2018, Zahl XXXX gegen den Ex-LG der BF1 eine einstweilige Verfügung. Darin wurden diesem die Rückkehr in die und der Aufenthalt in der (damaligen) Wohnung der BF in XXXX, der Aufenthalt in der unmittelbaren Umgebung sowie dessen Umzäunung im Umkreis von 50 m verboten.

Am XXXX.2018 reiste der Ex-LG der BF1 unter Gewährung von Rückkehrhilfe freiwillig in seinen Herkunftsstaat aus. Damit vollzog sich auch endgültig die Trennung der BF1 von ihrem Freund.

Aufgrund dieser Vorfälle wurden alle BF am 15.06.2018 ins Verteilerquartier XXXX transferiert und - da der Ex-GL gegen BF 1 Morddrohungen ausgestoßen hatte - dieser Unterkunftwechsel ihm gegenüber geheim gehalten.

BF1 ist arbeitsfähig und sowie die BF4 gesund. BF1 war als Wäscherin in der Bundesbetreuungsstelle tätig.

BF2 leidet an einer sprachlichen sowie motorischen Entwicklungsverzögerung.

BF3 leidet an einer expressiven Sprachstörung, einer umschriebenen Entwicklungsstörung der motorischen Funktionen, einer kombinierten umschriebenen Entwicklungsstörung und einer leichten Störung des Ganges und der Mobilität.

1.7. Alle BF leben derzeit aus Mitteln der staatlichen Grundversorgung.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Die Feststellungen zu Identität und Staatsbürgerschaft der BF sowie zur Antragstellung auf internationalen Schutz beruhen auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen und in der Beschwerde unbestritten gebliebenen Feststellungen.

Die Einreise der BF1 bis BF3 nach Österreich, die Geburt der BF4 in Österreich, die gemeinsame Unterkunftnahme und die Asylantragstellung sind dem Akteninhalt, insbesondere der polizeilichen Erstbefragung, den ZMR-Auszügen der BF sowie den im Akt einliegenden Geburtsurkunden der BF2 bis BF4 zu entnehmen.

Die Schul- und Berufsausbildung der BF1, die Religion der BF und deren Volksgruppenzugehörigkeit ergeben sich aus dem Inhalt der polizeilichen Erstbefragung der BF1 und deren unwidersprüchlich gebliebenen Angaben von Beginn des Verfahrens bis zu jenen in der mündlichen Verhandlung.

Die Zurückziehung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide folgen dem Vorbringen der BF1 in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zur Volksgruppenzugehörigkeit des BF beruhen auf dem Vorbringen der BF im Verfahren vor der belangten Behörde, der mündlichen Verhandlung und sind auch mit dem Inhalt der Bescheide in Einklang zu bringen.

BF1 legte zum Beweis ihrer Identität einen auf ihren Namen lautenden serbischen Reisepass vor, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind. Für die BF 2 bis BF4 wurden authentische Geburtsurkunden vorgelegt, aus welchen sich deren Identität ergibt.

In Ermangelung der Vorlage fehlender Bescheinigungsmittel und des Zugeständnisses der BF1, der deutschen Sprache nicht mächtig zu sein, konnten keine dahingehenden Deutschkenntnisse festgestellt werden. Die BF gab selbst an, sie und die BF4 seien gesund. Deren strafrechtliche Unbescholtenheit folgt dem Amtswissen des erkennenden Gerichts durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der BF2 und BF3 ergeben sich aus dem Inhalt der Arztbriefe der XXXX vom XXXX.2018 sowie hinsichtlich des BF3 zusätzlich dem Arztbrief der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde des LKH XXXX vom XXXX.2018.

Die Anzeige der BF1 beim Stadtpolizeikommando XXXX, die körperlichen und sexuellen Gewaltanwendungen ihres Exfreundes, die Erlassung einer einstweiligen Verfügung und der Transfer der BF nach XXXX ergeben sich aus dem Inhalt der Zeugeneinvernahme vor dem SPK XXXX am XXXX.2018, zahl XXXX, der im Akt einliegenden einstweiligen Verfügung des BG XXXX, den Ausführungen der BF1 in der mündlichen Verhandlung und der Mitteilung der XXXX am XXXX.2018 an das Referat Bundesbetreuung des Bundesministeriums für Inneres per email.

Die Arbeitsfähigkeit der BF1 ergibt sich aus ihrer zwischenzeitlichen Tätigkeit als Wäscherin in der Bundesbetreuungsstelle (dies hat sie in der mündlichen Verhandlung glaubwürdig vorgebracht) und sind dem Akt auch sonst keine Hinweise auf eine fehlende Arbeitsfähigkeit zu entnehmen.

Die Rückreise des Ex-LG in seine Heimat ist der in dessen Akt befindlichen Ausreisebestätigung der IOM vom XXXX.2018 zu entnehmen.

Entgegen der Ansicht des Bundesamtes in seinem Bescheid hat sich die Situation der BF1 wie ihrer Kinder, was ihre Sicherheit und die Gefahr von Übergriffen betrifft, im Lauf des Aufenthaltes massiv verschärft. Im Falle einer Rückkehr wären alle BF wohl weiteren Gewaltexzessen des Ex-LG der BF1 ausgesetzt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Der mit "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" betitelte § 57 AsylG lautet:

"§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG hat das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 58 Abs. 4 AsylG hat das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

Gemäß § 58 Abs. 7 AsylG ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen, wenn einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, Abs. 11 gilt.

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Da im Hinblick auf die oben dargelegten Abwägungen zum Entscheidungszeitpunkt die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen nicht nur vorübergehenden Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben darstellte, war der Beschwerde stattzugeben und gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

Was die Erteilung des konkreten Aufenthaltstitels an die BF anbelangt, ist festzuhalten, dass auch das BVwG - in jeder Verfahrenskonstellation - über einen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 absprechen darf. Die Frage der Erteilung des Aufenthaltstitels ist vom Prüfungsgegenstand einer angefochtenen Rückkehrentscheidung mitumfasst, weshalb in einem zu entscheiden ist (siehe ErläutRV 582 BlgNR 25. GP).

Vor dem Hintergrund der in den Feststellungen zu den Übergriffen des Ex-LG an der BF1, dem Bestand einer Strafanzeige und jenem einer einstweiligen Verfügung sind die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG gegeben. Angesichts der Schutzbedürftigkeit der BF2 bis BF4 und der Untrennbarkeit ihrer Verfahren von jenem der Mutter war diesen der gleiche Schutz einzuräumen.

Da die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung plus" somit vorliegen, war den BF gemäß § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen" zu erteilen.

Die Ausstellung des Aufenthaltstitels auf Grund dieser Entscheidung ist gemäß § 58 Abs. 7 AsylG 2005 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) unter persönlicher Mitwirkung der BF vorzunehmen und der Aufenthaltstitel sodann an die BF auszufolgen.

Zu Spruchpunkt B.) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz, Privat- und
Familienleben, Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G307.2184692.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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