TE Vwgh Beschluss 1999/3/31 99/16/0079

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Veröffentlicht am 31.03.1999
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Index

L10014 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt
Oberösterreich;
L34004 Abgabenordnung Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art132;
GdO OÖ 1990 §1 Abs2;
GdO OÖ 1990 §40 Abs1;
GdO OÖ 1990 §58 Abs2;
GdO OÖ 1990 §95;
LAO OÖ 1996 §48 Abs1 Z2 litb;
VwGG §27;
VwGG §28 Abs1 Z1;
VwGG §28 Abs1 Z2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, in der Beschwerdesache des Dr. W in S, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Spitzer und Maier GmbH in Enns, gegen die Oberösterreichische Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über die in Angelegenheit einer Getränkesteuerrückforderung erhobene Berufung vom 3. September 1998, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Spitzer und Maier GmbH in Enns.

Mit dem an "Spitzer & Maier" gerichteten Bescheid vom 31. August 1998 wies der Bürgermeister der Stadt Enns den Antrag des Masseverwalters vom 15. Juni 1998 auf bescheidmäßige Festsetzung und Rückzahlung der Getränkesteuer für die Jahre 1992 bis 1994 gemäß § 186 Abs. 3 O.ö. LAO zurück und den Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung und Rückzahlung der Getränkesteuer für die Jahre 1995 und 1996 ab.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 3. September 1998 Berufung "an das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung".

Die am 18. März 1999 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Säumnisbeschwerde wird vom Beschwerdeführer auf den Art. 132 B-VG und die §§ 26 ff VwGG gestützt und damit begründet, dass über die Berufung vom 4. September 1998 bis zum Einbringungstag der Beschwerde nicht entschieden worden sei. Als belangte Behörde wird ausdrücklich die Oberösterreichische Landesregierung bezeichnet. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf fristgerechte Entscheidung über seine Berufung verletzt.

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG als belangte Behörde die oberste Behörde zu bezeichnen, deren Entscheidung in der Rechtssache verlangt wurde.

Sinn dieser Bestimmung ist es, in einer jeden Zweifel ausschließenden Art und Weise den Verwaltungsgerichtshof erkennen zu lassen, welcher Behörde Säumnis vorgeworfen wird.

Welche Behörde belangte Behörde des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist, kann allerdings - wie der Verwaltungsgerichtshof für das Bescheidbeschwerdeverfahren ausgesprochen hat - nicht nur aus der zutreffenden Bezeichnung der Behörde durch den Beschwerdeführer ersehen werden, sondern ist auch aus dem Inhalt der Beschwerde insgesamt und den der Beschwerde angeschlossenen Beilagen sowie aus der dem Verwaltungsgerichtshof bekannten Rechtslage betreffend den Vollzugsbereich und die Behördenorganisation erschließbar. Jene Behörde ist Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, welche bei verständiger Wertung des gesamten Beschwerdevorbringens einschließlich der der Beschwerde angeschlossenen Beilagen als belangte Behörde zu erkennen ist.

Dies gilt auch in Säumnisbeschwerdefällen, wenn aus der Beschwerde in ihrem Gesamtzusammenhang (einschließlich allfälliger Beilagen, wie z.B. Berufung an die säumige Behörde) zweifelsfrei hervorgeht, welcher obersten Behörde im Sinne des Art. 132 B-VG die Verletzung der Entscheidungspflicht vorgeworfen wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. März 1986, Zl. 85/18/0078, Slg.NF 12088/A).

Es ist freilich unzulässig, entgegen dem erklärten Willen der Partei der von ihr vorgenommenen Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes und der belangten Behörde ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dessen Wortlaut nicht unmittelbar erschlossen werden kann. Diese Beurteilung gilt angesichts desselben dahinter stehenden Regelungszweckes sowohl für die Bezeichnung der belangten Behörde in Bescheidbeschwerden gemäß § 28 Abs. 1 Z. 2 VwGG als auch für die Bezeichnung der belangten Behörde in Säumnisbeschwerden gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGG (vgl. hg. Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 92/17/0223, mit weiteren Zitaten).

Gemäß § 48 Abs. 1 Z. 2 lit. b O.ö. LAO, LGBl. Nr. 107/1996, sind sachlich zuständige Abgabenbehörden in den Angelegenheiten der von den Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich zu verwaltenden Abgaben in anderen Gemeinden (als Städten mit eigenem Statut) die nach der O.ö. Gemeindeordnung 1990 zuständigen Organe.

Soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist, entscheidet gemäß § 95 O.ö. Gemeindeordnung 1990, LGBl. Nr. 91/1990, der Gemeinderat über Berufungen gegen Bescheide anderer Gemeindeorgane in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde. Er übt auf die in den verfahrensrechtlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse aus.

Abgabenbehörde erster Instanz in Gemeindeabgabensachen (wozu die Getränkesteuer zählt) ist in Oberösterreich der Bürgermeister, zweit- und letztinstanzliche Behörde der Gemeinderat.

Im vorliegenden Fall wurde ausdrücklich der Oberösterreichischen Landesregierung eine Säumnis bei der Entscheidung über die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters in einer Abgabensache zum Vorwurf gemacht. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer mit der so bezeichneten belangten Behörde in Wahrheit den Gemeinderat gemeint habe, sind weder der Beschwerde noch der dieser angeschlossenen Berufung zu entnehmen. Die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 31. August 1998 wurde ausdrücklich an das "Amt der Oberösterreichischen Landesregierung" erhoben.

Unabdingbare Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG ist es, dass jene Behörde, der Säumnis zur Last gelegt wird, verpflichtet war, über den betreffenden Antrag (das Parteienbegehren) zu entscheiden. Die Pflicht zur Entscheidung kann aber nur eine Behörde treffen, die zum Abspruch über das Parteienbegehren sachlich und örtlich zuständig ist (vgl. hg. Beschluss vom 2. Dezember 1997, Zl. 87/13/0216).

Da die im Beschwerdefall belangte Oberösterreichische Landesregierung zur Entscheidung über die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung nicht zuständig war, fehlte dem Beschwerdeführer ihr gegenüber die Beschwerdelegitimation, weil diese Behörde nicht zur Entscheidung über die Berufung berufen und daher auch nicht diejenige Behörde war, durch deren Säumnis der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt werden konnte. Die Säumnisbeschwerde musste daher wegen Fehlens der Berechtigung zur Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluss zurückgewiesen werden.

Bei dieser Sachlage war nicht mehr darauf einzugehen, ob der Bescheid des Bürgermeisters vom 31. August 1998 auf Grund eines Antrages des Masseverwalters an die genannte GmbH überhaupt wirksam ergangen ist.

Wien, am 31. März 1999

Schlagworte

Anrufung der obersten BehördeVerletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenIndividuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999160079.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

11.07.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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