TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/31 I401 2004223-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.01.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

31.01.2019

Norm

ASVG §410
ASVG §44
ASVG §49
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I401 2004223-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER als Einzelrichter über die Beschwerde der BXXXX GmbH & Co KG gegen den Bescheid der Vorarlberger Gebietskrankenkasse, vom 27.09.2012, Zl. C/072658-3, betreffend "Vorschreibung von Beiträgen nach dem ASVG" nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Josef BXXXX, geb. am XXXX, verpflichtet ist, die sich aus der Beitragsnachverrechnung vom 26.09.2012 ergebenden Beiträge in der Höhe von € 1.781,56 und Verzugszinsen in der Höhe von € 558,76, somit insgesamt € 2.340,32, an die Vorarlberger Gebietskrankenkasse zu entrichten.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 27.09.2012 sprach die Vorarlberger Gebietskrankenkasse (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) aus, dass die BXXXX GmbH & Co KG (in der Folge als Beschwerdeführerin bezeichnet) als Dienstgeberin verpflichtet ist, allgemeine Beiträge, sonstige Beiträge und Umlagen für die Dienstnehmerin XXXX (in der Folge als Dienstnehmerin bezeichnet) für die in der Beilage angeführten Zeiträume in der angeführten Höhe zu entrichten (Spruchpunkt 1.). Des Weiteren sprach die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin verpflichtet ist, die auf Grund der gegenständlichen Beitragsnachverrechnung vorzuschreibenden Verzugszinsen bis einschließlich 26.09.2012 in der in der Beilage angeführten Höhe zu entrichten (Spruchpunkt 2.).

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass die Dienstnehmerin im Prüfzeitraum an ihren Arbeitstagen regelmäßig im Zeitraum von 4.00 Uhr und 6.00 Uhr für die Beschwerdeführerin tätig gewesen sei. Lediglich im Juli und August 2010 habe sie erst um 5.00 Uhr mit der Arbeit begonnen. Für diese Arbeitsstunden gebühre ihr nach den Bestimmungen des Kollektivvertrages ein Zuschlag in Höhe von 50 % des Stundenlohnes. Bei den (näher ausgeführten) Berechnungen sei so vorgegangen worden, dass vom feststehenden Monatslohn unter Annahme einer faktisch vereinbarten Arbeitszeit von 30 Wochenstunden auf den zustehenden Stundenlohn der Dienstnehmerin zurückgerechnet worden sei. Dieser Stundenlohn sei zur Ermittlung des 50 %-igen Nachtzuschlages für die ermittelten Nachtstunden zwischen 4.00 Uhr und 6.00 Uhr verwendet worden. Eine Abweichung von diesem Schema ergebe sich nur für die Monate August bis November 2007, in welchen der so ermittelte Stundenlohn unter dem kollektivvertraglichen Mindestlohn gelegen sei. Hier sei der Mindestlohn in Anschlag gebracht worden. Von den errechneten zustehenden Nachtzuschlägen seien die von der Beschwerdeführerin tatsächlich ausbezahlten Nachtzuschläge in Abzug gebracht worden. Die Differenz sei der Nachverrechnung zu Grunde gelegt worden.

2. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin, vertreten durch Josef BXXXX (in der Folge als Josef B. bezeichnet), rechtzeitig und zulässig einen (nunmehr als Beschwerde zu behandelnden) Einspruch erhoben und diesen - zusammengefasst - wie folgt begründet:

Wie die Dienstnehmerin in der Einvernahme bereits bekannt gegeben habe, arbeite sie im Durchschnitt 32 bis 36 Stunden je Woche. Der vereinbarte Lohn werde für 40 bzw. 38,50 Stunden bezahlt und sei der Dienstnehmerin bewusst, dass sie einen Lohn erhalte, der für die tatsächlich geleisteten Stunden zu hoch sei. Die Dienstnehmerin habe auch bei ihrer Einvernahme betont, dass sie mit dem tatsächlich bezahlten Lohn einverstanden sei. Aufgrund dieser Tatsache und aufgrund der Tatsache, dass er als Arbeitgeber mit der Leistung der Dienstnehmerin sehr zufrieden gewesen sei, hätten weder die Dienstnehmerin noch er darüber gesprochen, dass eventuell eine Zulage zu wenig bezahlt werde. Wenn die Dienstnehmerin mit ihrem erhaltenen Lohn nicht einverstanden gewesen wäre - dies treffe auch auf die ersten drei Monate des Dienstverhältnisses zu - hätte sie sicher ihr Dienstverhältnis schon lange gelöst und wäre nicht seit 01.08.2007 bis laufend bei ihm im Dienstverhältnis geblieben.

Bei seiner Einvernahme habe er auch mitgeteilt, dass die Dienstnehmerin für 40 bzw. 38,5 Stunden angestellt sei und mit ihr ein Bruttolohn für diese Stunden vereinbart worden sei.

Wie aus der Begründung des bekämpften Bescheides ersichtlich sei, sei die belangte Behörde bei der Berechnung des Stundenlohns von einer durchschnittlichen wöchentlichen Normalarbeitszeit von 30 Stunden ausgegangen. Somit ermittle die belangte Behörde einen Stundenlohn von € 10,15, € 10,51 bzw. € 12,00, und würden ihm vorschreiben, welchen Lohn er mit der Dienstnehmerin vereinbart hätte, obwohl die Dienstnehmerin und er bei den Einvernahmen immer wieder betont hätten, dass der Lohn laut Kollektivvertrag vereinbart worden sei. Seiner Ansicht nach müssten für die Berechnung des Stundenlohnes die vereinbarten Stunden von 40 bzw. 38,50 berücksichtigt werden. Wenn nun die von der belangten Behörde ermittelten 30 Stunden je Woche mit dem vereinbarten Stundenlohn (für 40 bzw. 38,5 Stunden vom KV-Lohn) multipliziert werden würden, ergebe sich ein geringer Bruttolohn für die tatsächlich geleisteten Stunden und somit auch eine Überzahlung, welche seiner Ansicht nach für eventuelle Mehrstunden und Nachtzulagen zu berücksichtigen seien. Nach seiner Berechnung und nach seinem Dafürhalten dürfe es zu keiner Nachforderung kommen.

Er ersuche einen neuen Bescheid mit Nachforderung von € 0,00 zu erlassen. Des Weiteren stelle er den Antrag auf Aussetzung der Einhebung bis zur Erledigung der Berufung.

Des Weiteren wolle er auf die Begründung von Frau M (zu ergänzen: der Beitragsprüferin) eingehen. Laut Aussage des Herrn A habe Frau M mit mehreren Bäckern gesprochen um zu beweisen, dass die Dienstnehmerin zu früherer Stunde bei der Beschwerdeführerin mit ihrer Arbeit beginne. Die Aussagen dieser Bäcker würden bestätigen, dass in einer Bäckerei zuerst der Teig bereitet werden müsse und dann erst gebacken werden könne. Im Anbetracht eines Laien gebe er Frau M recht, allerdings behaupte er, dass Frau M mit keinem Bäcker gesprochen habe, da diese Herren keine solche Information geben würden. Er sei gerne dazu bereit mit Frau M und diesen Bäckern vor Ort zu beweisen, dass bei der Beschwerdeführerin mit modernster Technik das Backen vor dem Teig mischen möglich sei. Er bestehe darauf, dies zu beweisen, sollte weiter an einer Nachforderung festgehalten werden. Er sei der Meinung, dass seitens der belangten Behörde dieses Lügenspiel beendet werden solle. Er erwarte eine positive Antwort oder einen Termin mit Frau M und diesen Bäckern in der Bäckerei der Beschwerdeführerin.

3. Am 08.11.2018 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher Josef B. und die Dienstnehmerin einvernommen wurden.

4. Mit Schreiben vom 14.11.2018 teilte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin mit, dass die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der (in der Zwischenzeit gelöschten) Beschwerdeführerin im entscheidungsrelevanten Zeitraum vom 01.08.2007 bis 31.12.2010 die B GmbH (die nunmehr als die B K Spezialitäten GmbH firmiere) gewesen sei. Josef B. habe die B GmbH als handelsrechtlicher Geschäftsführer bis 26.04.2016 selbständig nach außen vertreten. Im konkreten Fall bedürfe es noch der Beurteilung, ob es zwischen der Beschwerdeführerin und der B GmbH (bzw. der B K Spezialitäten GmbH) eine vertragliche Regelung gebe bzw. ein Beschluss der Generalversammlung und/oder der Gesellschafter darüber gefasst worden sei, ob - und gegebenenfalls - wer als (Gesamt-) Rechtsnachfolger in die Rechte und Pflichten der angeführten KG eingetreten sei. Es seien die gefassten Beschlüsse der Generalversammlung bzw. die Gesellschafterverträge und die Änderungen der Gesellschafterverträge der Personalhandels-und der Kapitalgesellschaft ab dem Zeitpunkt ihrer (Neu-) Gründung binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zu übermitteln.

4. Mit Schreiben vom 30.11.2018 übermittelte Josef B. diverse Unterlagen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

1.1. Die Dienstnehmerin war ab dem 01.08.2007 bei der Beschwerdeführerin in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt und erbrachte Bäckereitätigkeiten. Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 11. 06.2007 enthielt die Vereinbarung über eine Anstellung für drei Monate Probezeit mit einem Entgelt von netto € 800,-- allerdings keine Regelung über die zu leistenden Wochenarbeitsstunden. Nach erfolgreicher Probezeit sollte das Monatsgehalt einvernehmlich neu festgelegt werden. Ein weiterer schriftlicher Vertrag wurde in der Folge jedoch nicht abgeschlossen.

1.2. Die Dienstnehmerin arbeitete sechs Tage in der Woche (Montag bis Samstag) für die Beschwerdeführerin. Ihr Stundenausmaß belief sich im Durchschnitt auf ca. 30 Stunden pro Woche und war vom Arbeitsanfall abhängig.

1.3. Die Dienstnehmerin war im Prüfzeitraum (August 2007 bis Dezember 2010) an ihren Arbeitstagen regelmäßig (auch) im Zeitraum von 4.00 Uhr und 6.00 Uhr tätig. Auch während der ersten drei Monate, welche als Probemonate vereinbart wurden, begann die Dienstnehmerin teilweise bereits um 4.00 Uhr zu arbeiten.

1.4. Es wurden keine ordnungsgemäßen Stundenaufzeichnungen geführt.

1.5. Die BXXXX GmbH & Co KG, deren alleiniger unbeschränkt haftender Gesellschafter die BXXXX GmbH, vertreten durch den alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer Josef B. war, und deren einziger Kommanditist Josef B. war, haben die Auflösung der Gesellschaft zum 31.12.2012 unter Verzicht auf die förmliche Durchführung einer Liquidation beschlossen. Im Rahmen der Auseinandersetzungsvereinbarung wurde festgelegt, dass der Kommanditist Josef B., das gesamte Gesellschaftsvermögen der BXXXX GmbH & Co KG in sein alleiniges Vermögen und Eigentum übernimmt. Zeitgleich übernahm der Kommanditist sämtliche Verbindlichkeiten und Zahlungsverpflichtungen der BXXXX GmbH & Co KG und erklärte, die Komplementärin BXXXX GmbH im Falle deren Inanspruchnahme aus Verbindlichkeiten der Gesellschaft vollkommen schad-, klag- und exekutionslos zu halten.

Die BXXXX GmbH & Co KG wurde am 21.12.2013 im Firmenbuch gelöscht.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Gegen die Feststellung der Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit erhob keine der beteiligten Parteien einen Einwand und es ergeben sich aus dem Verwaltungs- und Versicherungsakt keine gegenteiligen Anhaltspunkte.

2.2. Die Feststellung, dass die Dienstnehmerin im Durchschnitt ca. 30 Stunden pro Woche gearbeitet hat, ergibt sich aus einem aus den Angaben der Dienstnehmerin errechneten Mittelwert.

2.3. Die Feststellung, dass die Dienstnehmerin von Beginn an auch in den Nachtstunden arbeitete, ergibt sich aus den glaubwürdigen Angaben der Dienstnehmerin, insbesondere im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens. Die Dienstnehmerin hatte im Gegensatz zu Josef B. an dem Verfahren betreffend Beitragsnachverrechnung kein bzw. ein geringeres persönliches Interesse. Sie wäre von einer etwaigen Beitragsnachverrechnung nicht bzw. nur mittelbar betroffen. Für Josef B. hingegen würde sich eine etwaige Beitragsnachverrechnung unmittelbar auswirken. Die von der Dienstnehmerin in der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2018 getätigten Aussagen waren davon geprägt, dass sie sich infolge der inzwischen vergangenen langen Zeitspanne nicht mehr genau erinnern und keine präzisen Aussagen tätigen konnte. Ein Anhaltspunkt, dass ihre Aussagen im erstinstanzlichen Verfahren nicht den Tatsachen entsprochen haben, hat sich aber nicht ergeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31.12.2013 bei den Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörden oder im Instanzenzug übergeordnete Behörden sind, auf die Verwaltungsgerichte über.

Damit hat das Bundesverwaltungsgericht über den als Beschwerde zu behandelnden Einspruch zu entscheiden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG gilt als Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge für Pflichtversicherte der im Beitragszeitraum gebührende auf Cent gerundete Arbeitsverdienst. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6.

Nach § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

3.2.2.1. § 2 Bäckereiarbeiter/innengsetz (BGBl. Nr. 410/1996) lautete (auszugsweise):

"(1) Die Tagesarbeitszeit darf acht Stunden, die Wochenarbeitszeit 40 Stunden nicht überschreiten, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt wird.

2) Durch Kollektivvertrag kann zugelassen werden, daß die Wochenarbeitszeit auf die einzelnen Tage der Woche abweichend von Abs. 1 verteilt wird. Dabei darf die Tagesarbeitszeit neun Stunden nicht überschreiten.

(3) Durch Kollektivvertrag kann zugelassen werden, daß die Wochenarbeitszeit bis zu 43 Stunden ausgedehnt wird, wenn innerhalb eines durch den Kollektivvertrag festzulegenden Durchrechnungszeitraumes die durchschnittliche Wochenarbeitszeit 40 Stunden nicht überschreitet. Die Tagesarbeitszeit darf dabei neun Stunden nicht überschreiten.

(4) ... ."

Der mit "Nachtarbeitszuschlag" überschriebene § 5 Bäckereiarbeiter/innengsetz normiert, dass die Arbeit von 20 Uhr bis 6 Uhr mit einem Nachtarbeitszuschlag zu entlohnen ist. Dieser Zuschlag beträgt für die Zeit von 20 Uhr bis 4 Uhr 75 vH, für die Zeit von 4 Uhr bis 6 Uhr 50 vH des auf die Normalarbeitsstunde entfallenden Lohnes.

3.2.2.2. Der Kollektivvertrag für Arbeiter im österreichischen Bäckergewerbe (in der Folge: KV) definiert für Arbeitnehmer, die dem BäckAG unterliegen, die Nachtarbeit die Arbeit in der Zeit zwischen 20 Uhr und 4 Uhr.

Der KV enthält unter Punkt V ("Entgelt") C) 33. Regelungen über Zuschläge an Werktagen. Nach der lit. c) gebührt für Arbeitsleistungen von Arbeitnehmern, die dem BäckAG unterstehen, zwischen 20 und 4 Uhr ein Zuschlag von 75 % und zwischen 4 und 6 Uhr ein Zuschlag von 50 %.

3.3. Vorauszuschicken ist, dass im Prüfungszeitraum August 2007 bis Dezember 2010 die BXXXX GmbH & Co KG als Dienstgeberin anzusehen war und daher im Bescheid der belangten Behörde zur Zahlung der Beiträge verpflichtet wurde. Auf Grund der angeführten Auseinandersetzungsvereinbarung ist nach der Beendigung der BXXXX GmbH & Co KG Josef B. Gesamtrechtsnachfolger und somit nunmehr zur Zahlung der Beiträge zu verpflichten.

3.4. Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass die Dienstnehmerin während dem relevanten Zeitraum bei der Beschwerdeführerin in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt war.

Entscheidungswesentlich ist die Frage, ob die Dienstnehmerin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum bereits vor 6.00 Uhr bzw. zwischen 4.00 und 6.00 Uhr - und somit zu einer Uhrzeit, für welche ein Zuschlag in der Höhe von 50 % des Stundenlohnes gebührt - tätig war und ob ihr diese Zuschläge ausbezahlt wurden.

Aus den Sachverhaltsfeststellungen ergibt sich zweifelsfrei, dass die Dienstnehmerin von Beginn ihres Arbeitsverhältnisses an bereits zwischen 4.00 und 6.00 Uhr tätig war.

Die belangte Behörde berechnete ausgehend vom festgestellten Monatslohn und unter Annahme einer Arbeitszeit von 30 Wochenstunden den Stundenlohn der Dienstnehmerin. Dieser Stundenlohn wurde der Ermittlung des 50 %-igen Nachtzuschlages für die festgestellten Nachtstunden zwischen 4.00 Uhr und 6.00 Uhr zugrunde gelegt.

Von den sich daraus errechneten zustehenden Nachtzuschlägen hat die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin tatsächlich ausbezahlten Nachtzuschläge in Abzug gebracht und die Differenz der Nachverrechnung zu Grunde gelegt.

In den Monaten August bis November 2007, in welchen der ermittelte Stundenlohn der Dienstnehmerin unter dem kollektivvertraglichen Mindestlohn lag, war von dem im KV festgelegten Mindest(stunden)lohn auszugehen.

Die belangte Behörde hat somit die den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Berechnungsmethode angewendet.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die Dienstnehmerin in Hinblick auf die tatsächlich geleisteten Stunden einen zu hohen Lohn erhalten habe und damit auch ein allfälliger Nachtzuschlag abgegolten sei, ist folgendes entgegenzuhalten:

Für die Bemessung der Beiträge ist nicht lediglich das tatsächlich gezahlte Entgelt (Geld- und Sachbezüge) maßgebend, sondern, wenn es das tatsächlich bezahlte Entgelt übersteigt, jenes Entgelt, auf dessen Bezahlung bei Fälligkeit des Beitrages ein Rechtsanspruch bestand; dies betrifft sowohl die allgemeinen Beiträge als auch die Sonderbeiträge. Ob ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen (vgl. die Erk. des VwGH vom 18.02.2004, Zl. 2001/08/0004; 11.12.2013, Zl. 2011/08/0182, mwN).

Bei der Auslegung des § 5 BäckAG, wonach der Zuschlag für die in den angeführten Zeit 75 % bzw. 50 % des auf die Normalarbeitsstunde entfallenden Lohnes beträgt, ist davon auszugehen, dass Basis für die Berechnung jenes Entgelt ist, auf das die Dienstnehmerin Anspruch hat oder ihr tatsächlich ausbezahlt wurde.

Der von Josef B vorgebrachten Behauptung, es sei der Dienstnehmerin ein entsprechend höheres Entgelt ausbezahlt und dadurch der ihr gebührende Nachtzuschlag abgegolten worden, ist entgegen zu halten, dass die Abgeltung gesetzlicher (nach dem BäckAG) bzw. kollektivvertraglicher Ansprüche nicht schon dadurch erfolgen kann, dass ein überkollektivvertragliches Monatsentgelt bezahlt wird. Voraussetzung dafür ist vielmehr, dass dies zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages im Vorhinein ausdrücklich (zu diesem Erfordernis das Erk. des VwGH vom 21.12.2005, Zl. 2004/08/0228, Überstundenpauschale) vereinbart wurde (vgl. das Erk. vom 22.01.1991, Zl. 89/08/0279, Abgeltung von Überstunden). Eine solche Vereinbarung setzt zur ihrer Wirksamkeit voraus, dass sie einen so ausreichend bestimmten Inhalt hat, dass ein Dienstnehmer bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit verstehen kann, was vereinbart worden ist, wozu auch gehört, dass von einer kollektivvertraglichen Überzahlung entsprechend klargestellt ist, in welchem Ausmaß mit ihr zugleich andere Ansprüche abgegolten werden sollen, auf die der Dienstnehmer nach dem Gesetz bzw. Kollektivvertrag Anspruch hat. Es muss sich also ein allgemeines überkollektivvertragliches Monatsentgelt von einer Überzahlung mit Abgeltungsfunktion unterscheiden lassen. Die Untergrenze für eine solche zulässige Vereinbarung ist daher die entsprechend ausdrücklich gewidmete Gewährung einer kollektivvertraglichen Überzahlung zumindest in jenem Ausmaß, in dem andere Leistungen, auf die nach dem Kollektivvertrag Anspruch besteht, abgegolten werden sollen, sofern wegen der gebotenen Abwägung aller relevanten Umstände (Reissner in Zeller Kommentar, § 3 ArbVG, Rz 24 mwH auf die Rechtsprechung des OGH und des VwGH) die Günstigkeit der getroffenen Regelung zumindest in einem Vorziehen der Fälligkeit besteht und dadurch auch keine steuerlichen Nachteile für den Dienstnehmer entstehen (vgl. das Erk. des VwGH vom 12.09.2012, Zl. 2009/08/0225).

Eine klare Vereinbarung, dass mit dem ausbezahlten laufenden Entgelt der der Dienstnehmerin gebührende Nachtzuschlag von 50 % für die in der Zeit von 4:00 Uhr bis 6:00 Uhr erbrachte Arbeit abgegolten sein sollte, gibt es nicht. Eine Vereinbarung der "Einrechnung" der Zuschläge in das laufende Entgelt wurden mit der Dienstnehmerin nicht wirksam getroffen. Eine "Aufrechnung" der Nachtzuschläge mit dem ausbezahlten Entgelt kommt somit nicht in Betracht.

Die belangte Behörde hat daher ihren Berechnungen für die Nachtzuschläge zu Recht das tatsächlich bezahlte Entgelt bzw. im Zeitraum von August bis November 2007 den im KV festgesetzten Mindeststundenlohn zugrunde gelegt.

Was die konkrete Höhe der nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge (und Nebenbeiträge) betrifft, genügt es auf die Beitragsnachverrechnung der belangten Behörde vom 26.09.2012 zu verweisen, aus der sich die Zeiträume der Nachverrechnung und der Sonderzahlungen, die Beitragsgrundlagen sowie die nachverrechneten Beiträge und Verzugszinsen ergeben. Einwände gegen diese Berechnungen hat der Beschwerdeführer nicht erhoben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es zur Frage des Anspruchslohnes und des darüber hinaus bezahlten tatsächlichen Lohnes bzw. der Nichtabgeltung von (Nacht-) Zuschlägen an einer Rechtsprechung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beitragsnachverrechnung, Kollektivvertrag, Nachtdienst

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I401.2004223.1.00

Zuletzt aktualisiert am

17.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten