TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/18 W151 2169484-1

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Veröffentlicht am 18.02.2019
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Entscheidungsdatum

18.02.2019

Norm

AuslBG §12b
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W151 2169484-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris Kohl, MCJ als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Sandra HUBER und den fachkundigen Laienrichter Anton LIEDLBAUER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , XXXX , vertreten durch Dr. Astrid Wagner, Rechtsanwältin, Himmelpfortgasse 10, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 30.06.2017, GZ. XXXX betreffend Nichtzulassung zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX , geb. am XXXX , Staatsangehörige der Republik Ukraine (in Folge Beschwerdeführerin oder BF), stellte am 20.02.2017 beim Amt der Wiener Landesregierung (Magistratsabteilung 35) einen Antrag auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG. Aus der dem Antrag angeschlossenen Arbeitgebererklärung geht hervor, dass die XXXX (in der Folge Dienstgeber oder DG) beabsichtigte, die BF für die berufliche Tätigkeit als Manager mit einer Bruttoentlohnung ohne Zulagen in Höhe von € 3.000,-- pro Monat bei einer Stundenwochenanzahl von 40 Stunden zu beschäftigen. Weiters wurde ausgeführt, dass die Vermittlung von Ersatzkräften nicht erwünscht sei.

Dem Antrag angeschlossen waren folgende Urkunden:

-

Studienblatt der Universität Wien für Sommersemester 2017 und Wintersemester 2016, betreffend Inskription des Bachelorstudiums Internationale Betriebswirtschaft;

-

Studienbestätigungen für Sommersemester 2017 und Wintersemester 2016;

-

Ein beglaubigt übersetztes Diplom des "Liwiw Regionaler Institut für Staatliche Leitung der Akademie für staatliche Leitung des Präsidenten der Ukraine" über den Abschluss der Hochschulausbildung in der Fachrichtung "Organisationsmanagement" als Master;

-

Ein mit der Erteilung der Arbeitserlaubnis bis 30.05.2017 bedingter Arbeitsvertrag zwischen der XXXX und der BF;

-

Kopie des Reisepasses der BF;

-

Kopie der Aufenthaltsbewilligung "Studierender", gültig bis 23.03.2017.

2. Mit Schreiben vom 20.04.2017 übermittelte das Amt der Wiener Landesregierung (Magistratsabteilung 35) den Antrag dem Arbeitsmarktservice Wien (im Folgenden: AMS) mit dem Ersuchen schriftliche Mitteilungen über das Vorliegen der für die Erteilung des Aufenthaltstitels maßgeblichen Kriterien.

3. Mit Parteiengehör vom 09.05.2017 wurde der Arbeitgeberin mitgeteilt, dass ein Ersatzkraftverfahren durchzuführen wäre, um die Kriterien des § 12b Z1 zu erfüllen. Hierzu wäre die Zustimmung der Arbeitgeberin erforderlich.

4. Ein Vermittlungsauftrag wurde mit 15.05.2017 eingereicht.

4. Mit Parteiengehör vom 09.05.2017 wurde der Dienstgeberin mitgeteilt, dass ein Ersatzkraftverfahren aufgrund des überzogenen Anforderungsprofils nicht durchgeführt werden könne. Zudem erfülle die BF selbst die Anforderungen nicht.

5. Die DG stellte erneut einen Vermittlungsauftrag. Dieser beinhaltete folgende Voraussetzungen für die gegenständliche Stelle:

Universitätsreife/Matura, mindestens 3 Jahre Berufserfahrung, Sprachkenntnisse in Englisch, weitere Fremdsprachkenntnisse in Russisch und Ukrainisch von Vorteil. Der Vermittlungsauftrag wurde mit Schreiben des AMS vom 31.05.2017 bestätigt.

6. Der DG wurde eine Liste von 12 BewerberInnen übermittelt. Diese wurde mit Schreiben vom 21.06.2017 rückübermittelt. Unter einem ersuchte die DG um Mitteilung, inwieweit die Begründung lauten soll. Die Kandidaten, die sich tatsächlich beworben hätten, würden aus diversen Gründen (ua. wegen mangelnden Sprachkenntnissen in Russisch) nicht passen.

5. Mit Bescheiden vom 30.06.2017 wies die belangte Behörde die Zulassung der BF zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft nach Anhörung des Regionalbeirates gemäß § 12b Z 1 AuslBG ab und begründete dies damit, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG nicht gegeben seien, da ein Ablehnungsgrund wegen Russischkenntnissen nicht gerechtfertigt sei und aufgrund der Stellungnahme der DG nicht eruiert werden konnte, ob die BewerberInnen die nötigen Qualifikationen haben oder nicht.

6. Mit fristgerecht eingebrachter Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht machten die anwaltlich vertretenen BF Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend und brachte im Wesentlichen vor, dass der Bescheid erlassen wurde, ohne der BF bzw. dem DG der BF nach Durchführung des Ersatzkraftverfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Erfordernis der Fremdsprachenkenntnisse in Deutsch, Englisch, Russisch und Ukrainisch in dem geschaltenen Inserat sei explizit unter dem Punkt "zusätzliche erforderliche Qualifikationen, Kenntnisse oder Berufspraxis angegeben worden. Darüber hinaus liege auch eine unrichtige rechtliche Beurteilung vor, da es dem Arbeitgeber obliege, zu beurteilen, ob allfällige Bewerber über geeignete Qualifikationen verfügen. Abschließend wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid zu beheben und die beantragte Zulassung als Schlüsselkraft zu erteilen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

7. Mit Schreiben vom 31.08.2017 legte das AMS die Beschwerde samt den verfahrensrelevanten Unterlagen dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und brachte eine Stellungnahme ein.

8. Mit Schreiben vom 09.04.2018 übermittelte die DG eine an die BF adressierte Bestätigung, dass die Stelle noch offen sei und die BF nach Erteilung der Beschäftigungsbewilligung eingestellt werde.

9. Mit Schreiben vom 05.10.2018 übermittelte die BF eine Stellungnahme, in der sie umfassend die Ablehnungsgründe zu den einzelnen BewerberInnen ausführte. Demnach hätten sich 28 Personen auf die Stellenanzeige beworben, die aus verschiedenen Gründen die Anforderungen nicht erfüllt hätten. Zwei Personen seien sogar eingestellt worden und hätten die Dienstverhältnisse jedoch aufgelöst werden müssen.

10. Mit Schreiben des BVwG vom 15.10.2018 wurde die belangte Behörde aufgefordert, binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.

11. Mit Eingabe der belangten Behörde von 22.10.2018 gab diese bekannt, keine Stellungnahme abzugeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

XXXX , geb. am XXXX , Staatsangehörige der Republik Ukraine, stellte am 20.02.2017 beim Amt der Wiener Landesregierung (Magistratsabteilung 35) einen Antrag auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG.

Die BF soll bei der XXXX für die berufliche Tätigkeit als Sales-Manager mit einer Bruttoentlohnung ohne Zulagen in Höhe von €

3.000,-- pro Monat bei einer Stundenwochenanzahl von 40 Stunden eingestellt werden.

Die BF hat ein einjähriges Masterstudium in der Fachrichtung Organisationsmanagement in der Ukraine abgeschlossen und legte Inskriptionsbestätigungen für das Bachelorstudium "Internationale Betriebswirtschaft" (Wintersemester 2014 bis Sommersemester 2017) an der Universität Wien vor. Die BF befand sich zum Zeitpunkt der Antragstellung im 29. Lebensjahr.

Die BF erreicht die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 55 Punkten nach Anlage C zum AuslBG.

Das AMS führte ein Ersatzkraftverfahren durch, es konnte jedoch keine geeignete Ersatzkraft vermittelt werden. Es haben sich in Summe 28 Personen auf die Stellenanzeige beworben von denen alle von der DG telefonisch kontaktiert und mit einigen Gespräche geführt wurden. Zwei Personen wurden eingestellt, wobei ein Dienstverhältnis bereits in der ersten Woche, das zweite Dienstverhältnis nach 4 Monate aufgelöst werden musste. Die Gründe für die Ablehnung der BewerberInnen bzw. Auflösung der bereits begründeten Dienstverhältnisse wurden in der aufgetragenen Äußerung vom 05.10.2018 umfassend dargelegt. Die DG ist ihrer Mitwirkungspflicht im Rahmen des Ersatzkraftverfahrens nachgekommen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Alter der BF, zu den Studien der BF in der Ukraine und in Österreich sowie zu der beabsichtigten Beschäftigung ergeben sich aus dem übermittelten Verwaltungsakt, insbesondere den im Rahmen des Antrags vorgelegten Urkunden.

Dass die BF die erforderliche Mindestpunkteanzahl nach Anlage C zum AuslBG erreicht, ergibt sich aus den dargelegten Urkunden. Dieser Umstand wurde von der belangten Behörde in ihrer begleitenden Stellungnahme zur Beschwerdevorlage zudem ausdrücklich - wenn auch nach alter damaliger Rechtslage - anerkannt.

Die Feststellungen zum Ersatzkraftverfahren stützt sich auf den übermittelten Verwaltungsakt sowie auf die durch die BF erstattete Stellungnahme vom 05.10.2018. Die belangte Behörde von einer Stellungnahme hierzu ausdrücklich Abstand genommen, sodass der Stellungnahme der BF vom 05.10.2018 die Vermutung der inhaltlichen Richtigkeit zukommt.

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) lauten i.d.g.F.:

§ 4 Abs. 1 AuslBG: "Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen..."

§ 4 b Abs. 1 AuslBG: "Die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§ 4 Abs. 1) lässt die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu, wenn für die vom beantragten Ausländer zu besetzende offene Stelle weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Unter den verfügbaren Ausländern sind jene mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, EWR-Bürger, Schweizer, türkische Assoziationsarbeitnehmer (§ 4c) und Ausländer mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang (§ 17) zu bevorzugen. Der Prüfung ist das im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung angegebene Anforderungsprofil, das in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden muss, zu Grunde zu legen. Den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen hat der Arbeitgeber zu erbringen."

§ 12b leg. cit: (BGBl I Nr 94/2018)

"Sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen

§ 12b. Ausländer werden zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie

1. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen und für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt, oder

2. [...]

und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Bei Studienabsolventen gemäß Z 2 entfällt die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall.

Anlage C:

"Anlage C

Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12b Z 1

Kriterien

Punkte

Qualifikation

maximal anrechenbare Punkte: 30

abgeschlossene Berufsausbildung oder spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten in beabsichtigter Beschäftigung

20

allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120

25

Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer

30

 

 

ausbildungsadäquate Berufserfahrung

maximal anrechenbare Punkte: 20

Berufserfahrung (pro Jahr) Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)

2 4

 

 

Sprachkenntnisse Deutsch

maximal anrechenbare Punkte: 15

Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A 1) Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2) Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

5 10 15

 

 

Sprachkenntnisse Englisch

maximal anrechenbare Punkte: 10

Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2) Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

5 10

 

 

Alter

maximal anrechenbare Punkte: 15

bis 30 Jahre bis 40 Jahre

15 10

 

 

Summe der maximal anrechenbaren Punkte Zusatzpunkte für Profisportler/innen und Profisporttrainer/innen

90 20

erforderliche Mindestpunkteanzahl

55"

§ 20d:

"Zulassungsverfahren für besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte, sonstige Schlüsselkräfte, Studienabsolventen und Künstler

§ 20d. (1) Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen haben den Antrag auf eine "Rot-Weiß-Rot - Karte", Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine "Blaue Karte EU" und ausländische Künstler den Antrag auf eine "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde - je nach Antrag - schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung

1. als besonders Hochqualifizierter gemäß § 12

2. als Fachkraft gemäß § 12a,

3. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1,

4. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 2 (Studienabsolvent),

5. als Schlüsselkraft gemäß § 12c (Anwärter auf eine "Blaue Karte EU") oder

6. als Künstler gemäß § 14

erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.

(2) Die Zulassung gemäß Abs. 1 gilt für die Beschäftigung bei dem im Antrag angegebenen Arbeitgeber im gesamten Bundesgebiet. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat unverzüglich nach Beginn der Beschäftigung die Anmeldung zur Sozialversicherung zu überprüfen. Entspricht diese nicht den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen, ist die nach dem NAG zuständige Behörde zu verständigen (§ 28 Abs. 6 NAG). Bei einem Arbeitgeberwechsel vor Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" (§ 41a NAG) ist Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) bis (4) [...]"

In der Sache folgt daraus:

Die belangte Behörde stützte die Abweisung der Zulassung der Antragstellerin zu einer Beschäftigung als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG im Wesentlichen auf die mangelhafte Mitwirkung der DG im Rahmen des Ersatzkraftverfahrens. Einerseits würden mangelnde Russischkenntnisse nicht die Ablehnung einer vermittelten Arbeitskraft rechtfertigen, andererseits könne aufgrund der Stellungnahme der DG nicht eruiert werden, ob die BewerberInnen die nötigen Qualifikationen haben oder nicht.

Diesen Erwägungen ist nicht zu folgen und erweist sich die Beschwerde aus folgenden Gründen als begründet:

Vorweg ist festzustellen, dass auch das Bundesverwaltungsgericht - auch nach der nunmehrigen neuen Rechtslage - davon ausgeht, dass die beantragte Ausländerin die erforderliche Punkteanzahl gemäß Anlage C zum AuslBG erfüllt. Nach den im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgelegten Unterlagen sind der BF für ihre Universitätsreife 25 Punkte, für Sprachkenntnisse 15 Punkte (Inskription für Hochschulstudium in Österreich) und für ihr Alter 15 Punkte (29. Lj zum Zeitpunkt der Antragstellung) anzurechnen, sohin insgesamt 55 Punkte. Des Weiteren betrugt das vereinbarte monatliche Gesamt-Bruttoentgelt in Höhe von Euro 3.000,-- mindestens 50 % der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG für das Jahr 2017.

Zum Ersatzkraftverfahren:

Das AMS führte ein Ersatzkraftverfahren durch, es konnte jedoch keine geeignete Ersatzkraft vermittelt werden. Aus der aufgetragenen Äußerung vom 05.10.2018 ergibt sich, dass sich 28 Personen auf die Stellenanzeige beworben und mit einigen der BewerberInnen Gespräche geführt wurden. Zwei Personen wurden eingestellt, wobei ein Dienstverhältnis bereits in der ersten Woche aufgelöst werden musste. Das zweite Dienstverhältnis dauerte 4 Monate. Die Gründe für die Ablehnung der BewerberInnen bzw. Auflösung der bereits begründeten Dienstverhältnisse wurden in der aufgetragenen Äußerung umfassend dargelegt. Die DG ist daher ihrer Mitwirkungspflicht im Rahmen des Ersatzkraftverfahrens nachgekommen.

Wenn die Behörde in dem bekämpften Bescheid vorbringt, dass die von der BF vorgebrachten Gründe für die Ablehnung der vermittelten Ersatzkräfte unzureichend seien, ist festzuhalten, dass die belangte Behörde offenkundig völlig unberücksichtigt gelassen hat, dass die DG bereits in ihrem Schreiben vom 31.05.2017 ausdrücklich die Vorlage detaillierter Unterlagen angeboten hat. Die belangte Behörde hat jedoch ohne eine entsprechende - von der DG angebotene - Stellungnahme einzuholen, den gegenständlichen Bescheid erlassen und damit wesentliche Ermittlungsschritte unterlassen. Sofern die belangte Behörde die mangelhafte Mitwirkung der BF im Rahmen des Ersatzkraftverfahrens moniert, fehlt es somit schon an einer hinreichenden Sachverhaltsfeststellung.

Darüber hinaus kann der belangten Behörde nicht gefolgt werden, wenn sie eine Ablehnung von BewerberInnen aufgrund mangelnder Russischkenntnisse als unzulässig ansieht:

Nach der Judikatur des VwGH ist es das Recht jedes Arbeitgebers, sofern er dabei nicht gegen zwingendes Recht verstößt, die Anforderungen festzusetzen, die er an eine von ihm zu beschäftigende Person stellt. Finden diese Anforderungen in objektiven Notwendigkeiten des Unternehmens eine Grundlage, dann gehören sie zu den (gesetzlich zulässigen) Bedingungen der Beschäftigung, die der Prüfung nach § 4 Abs. 1 AuslBG zu Grunde zu legen sind. (VwGH 22.10.1987, 87/09/0177)

Lehnt der Arbeitgeber die Stellung einer Ersatzkraft aus Gründen ab, die nicht von vornherein als nicht in den objektiven Notwendigkeiten seines Unternehmens begründet angesehen werden können, ist es Aufgabe der Behörde, im Wege eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter Mitwirkung des BF zu klären, ob die von ihm geltend gemachten Ablehnungsgründe zutreffen oder nicht (VwGH 29.06.1988, 88/09/0001 unter Hinweis auf E 22.10.1987, 87/09/0177).

Das Antragsformular und die Arbeitgebererklärung bezeichneten die berufliche Tätigkeit als "Manager", in der genauen Beschreibung der Tätigkeit wurden "Entwicklung der Vermarktungsstrategie, Einsatz der Werbung sowie diverse Tätigkeiten, die zur Umsatzoptimierung und Umsatzsteigerung beitragen. Zusammenarbeit mit internationalen Kunden" angeführt. Zudem ergibt sich aus der Stellungnahme der BF vom 05.10.2018, dass als Teil des Aufgabengebiets der Kontakt zu dem vorwiegend russisch/ukrainischen Klientel hervorragende Sprachkenntnisse in Russisch und Ukrainisch erforderlich machen würde. Die DG hat somit substantiiert dargelegt, dass Fremdsprachenkenntnissen in Russisch in den objektiven Notwendigkeiten des Unternehmens begründet sind. Im Übrigen tritt die belangte Behörde der betrieblichen Notwendigkeit von Russischkenntnissen an keiner Stelle entgegen. Der bekämpfte Bescheid erschöpft sich hierzu in der Feststellung, dass der nachgebesserte Vermittlungsauftrag Fremdsprachenkenntnisse in Ukrainisch und Russisch lediglich als "von Vorteil" beschreibe und eine Ablehnung von Ersatzkräften aus diesem Grund unzulässig wäre. Dies ist aus den genannten Gründen unzureichend.

Dass der DG im Rahmen des Ersatzkraftverfahrens keine gleichwertigen Ersatzarbeitskräfte vermittelt werden konnten, kann der DG somit nicht angelastet werden.

Zur Zulassung als Schlüsselkraft:

Im Ergebnis wird von der BF die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 55 Punkten erreicht. Des Weiteren beträgt das vereinbarte monatliche Gesamt-Bruttoentgelt in Höhe von Euro 3.000,-- mindestens 50 % der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG für das Jahr 2017 und auch ein Ersatzkraftverfahren wurde durchgeführt; eine gleichwertige Ersatzkraft konnte jedoch nicht vermittelt werden.

Es war daher der Beschwerde stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden.

Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 3 1. Satz VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG nicht für erforderlich, da der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien.

Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 2010/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41), unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. z.B. die VwGH-Erkenntnisse vom 29. Juni 2005, Zl. 2004/08/0044, und vom 19. November 2004, Zl. 2000/02/0269). Des Weiteren hat der EGMR in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte (vgl. das VwGH-Erkenntnis vom 28. September 2010, 2009/05/0160).

Solche Umstände, die ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung rechtfertigen, liegen auch im gegenständlichen Fall vor.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ersatzkraft, Mitwirkungspflicht, Qualifikation, Rot-Weiß-Rot-Karte,
Schlüsselkraft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W151.2169484.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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