TE Lvwg Erkenntnis 2017/7/26 LVwG-2017/34/1167-4

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Veröffentlicht am 26.07.2017
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Entscheidungsdatum

26.07.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
82/05 Lebensmittelrecht;
E3R E13301400;
E3R E15202000;

Norm

VStG §9 Abs1
LMSVG §90 Abs3 Z1
32006R1924 Lebensmittel nährwert- gesundheitsbezogene Angaben Art2 Abs2 Z4 lita

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin MMag. Dr. Barbara Besler über die Beschwerde des AA, geboren am XX.XX.XXXX, vertreten durch BB Rechtsanwälte GmbH, Adresse 1, **** Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 04.04.2017, Zl ****, betreffend einer Übertretung nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht:

1.   Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses mit der Maßgabe bestätigt, dass es

1.1.    bei der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z 1 VStG) zu lauten hat:

Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der CC GmbH in **** W, Adresse 2, zu verantworten, dass am 13.06.2016 in der Filiale der DD GmbH in **** V, Adresse 3, das Produkt „EE Frühstückskekse“ mit einer Aussage, dass dieses Lebensmittel besondere positive Nährwerteigenschaften aufgrund der Energie, die es den ganzen Vormittag liefert, besitzt, nämlich konkret der nachstehenden Aussage auf der Vorder- und Rückseite der Verpackung: „Energie für den ganzen Vormittag*“, zum Verkauf angeboten wurde, obwohl diese Aussage, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat wie die Aussage ein Lebensmittel „liefert Energie“ im Anhang der Health-Claims-Verordnung nicht aufgeführt wurde und diese Aussage als nährwertbezogene Angabe mangels deren Aufführung im Anhang der Health-Claims-Verordnung nicht gemacht werden hätte dürfen, wodurch Art 8 Abs 1 der Health-Claims-Verordnung zuwidergehandelt wurde.

1.2. bei der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (§ 44a Z 2 VStG), zu lauten hat:

§ 9 Abs 1 VStG in Verbindung mit § 90 Abs 3 Z 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG), BGBl I Nr 13/2006 in der Fassung BGBl I Nr 144/2015, in Verbindung mit Art 2 Abs 2 Z 4 lit a sublit i und Art 8 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (kurz: Health-Claims-Verordnung)

1.3. bei der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) zu lauten hat:

§ 90 Abs 3 Z 1 LMSVG, BGBl I Nr 13/2006 in der Fassung BGBl I Nr 144/2015

2.   Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 10,00 zu leisten.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der Beschwerdeführer war am 13.06.2016 handelsrechtlicher Geschäftsführer der CC GmbH.

Im Zuge der am 13.06.2016 in der Filiale der DD GmbH in **** V, Adresse 3, durchgeführten Kontrolle entnahm ein Lebensmittelaufsichtsorgan eine Probe mit der Warenbezeichnung „EE Frühstückskekse“.

Aus dem Gutachten des Instituts für Lebensmittelsicherheit Innsbruck der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH vom 19.08.2016 geht hervor, dass diese Probe auf der Vorder- und Rückseite der Verpackung die Angabe „Energie für den ganzen Vormittag*“ aufgewiesen habe. Durch diese Angabe sei erklärt worden, dass das Lebensmittel den ganzen Vormittag Energie liefere. Das Lebensmittel weise somit eine nährwertbezogene Angabe im Sinne des Art 2 Abs 2 Z 4 lit a sublit i der Health-Claims-Verordnung auf. Nach Art 8 Abs 1 dieser Verordnung dürften nährwertbezogene Angaben nur gemacht werden, wenn sie im Anhang aufgeführt seien und den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen entsprechen würden. Die nährwertbezogene Angabe in derselben Bedeutung von „liefert Energie“ sei im Anhang der Verordnung nicht aufgeführt und daher nicht zulässig. Die Kennzeichnung der Probe entspreche der genannten Verordnung folglich in einem Punkt nicht.

Mit infolge des Einspruchs des Beschwerdeführers außer Kraft getretener Strafverfügung vom 16.12.2016 wurde diesem zur Last gelegt, er habe es zu verantworten, dass am 13.06.2016 die Ware „EE Frühstückskekse*“ mit nachstehender Angabe in Verkehr gebracht worden sei: „Energie für den ganzen Vormittag*“. Durch diese Angabe sei erklärt worden, dass das Lebensmittel den ganzen Vormittag Energie liefere. Das Lebensmittel weise somit eine nährwertbezogene Angabe im Sinne des Art 2 Abs 2 Z 4 lit a sublit i der Health-Claims-Verordnung auf. Nach Art 8 Abs 1 dieser Verordnung dürften nährwertbezogene Angaben nur gemacht werden, wenn sie im Anhang aufgeführt seien und den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen entsprechen würden. Die nährwertbezogene Angabe in derselben Bedeutung von „liefert Energie“ sei im Anhang der Verordnung nicht aufgeführt und daher nicht zulässig. Die Kennzeichnung der Probe entspreche der genannten Verordnung folglich in einem Punkt nicht.

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe es als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der CC GmbH mit Sitz in **** W, Adresse 2, zu verantworten, dass das am 13.06.2016 im Betrieb DD GmbH, Filiale in **** V, Adresse 3, entnommene Produkt „EE Frühstückskekse“ nicht entsprechend der Verordnung (EG) Nr 1924/2006 gekennzeichnet gewesen sei. Dadurch habe er gegen § 90 Abs 3 Z 1 in Verbindung mit § 4 Abs 1 LMSVG in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr 1924/2006 (Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel) in Verbindung mit § 9 Abs 1 VStG verstoßen, weshalb über ihn unter Zugrundelegung des § 90 Abs 3 Z 1 LMSVG eine Geldstrafe von EUR 50,00, im Fall der Uneinbringlichkeit 1 Stunde Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt wurde. Der von ihm zu leistende Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens wurde gemäß § 64 VStG mit EUR 10,00 bestimmt.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde wies der Beschwerdeführer insbesondere darauf hin, dass der Spruch des Straferkenntnisses den Voraussetzungen des § 44a VStG nicht entspreche, Verfolgungsverjährung eingetreten sei und ein Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung nicht vorliege. Es wurden die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren fand am 30.05.2017 die öffentliche mündliche Verhandlung unter Anwesenheit des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers statt (vgl Verhandlungsschrift in OZ 4).

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in die oben angeführten Dokumente und die öffentliche mündliche Verhandlung.

I.   Demnach steht – ergänzend zum obigen unstrittigen Sachverhalt – nachfolgender weiterer entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

Das Produkt „EE Frühstückskekse“ wurde am 13.06.2016 in der oben angeführten Filiale der DD GmbH zum Verkauf angeboten. Die Vorder- und Rückseite der Verpackung dieses Produkts wies folgende Aussage auf: „Energie für den ganzen Vormittag*“. Mit dieser Aussage wird erklärt, dass dieses Erzeugnis, das dazu bestimmt ist, dass es im Zustand, in dem es zum Verkauf angeboten wird, von Menschen aufgenommen wird, besondere positive Nährwerteigenschaften besitzt, und zwar aufgrund der Energie, die es liefert. Diese Aussage hat für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung wie die Aussage, ein Lebensmittel „liefert Energie“.

II.  Den obigen Tatsachenfeststellungen liegt nachstehende Beweiswürdigung zugrunde:

Der Agentur obliegen nach § 8 Abs 2 Z 6 Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz (GESG) Untersuchungen und Begutachtungen von Proben nach dem LMSVG und den unmittelbar anzuwendenden lebensmittelrechtlichen Vorschriften der EU. Die getroffenen Feststellungen stützen sich auf das Gutachten des Instituts für Lebensmittelsicherheit Innsbruck der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH vom 19.08.2016. Der Beschwerdeführer hat das Gutachten zwar bestritten, aber kein diesem widersprechendes Privatgutachten vorgelegt. Zumal hinsichtlich Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit keine Bedenken bestehen, folgt das Verwaltungsgericht dem vorliegenden Gutachten der Agentur. Insofern besteht kein Zweifel, dass die Aussage „Energie für den ganzen Vormittag*“ eine (nährwertbezogene) Angabe, mit der erklärt wird, dass ein Lebensmittel besondere positive Nährwerteigenschaften besitzt, und zwar aufgrund der Energie, die es liefert, darstellt und die festgestellte Aussage für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat wie die Aussage, ein Lebensmittel „liefert Energie“.

III. Der obige unstrittige und darüber hinaus festgestellte Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Schuldspruch:

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist eine juristische Person (vgl § 61 GmbHG).

Nach § 9 Abs 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen – sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind (vgl § 9 Abs 2 VStG) – verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Unter den „zur Vertretung nach außen“ Berufenen versteht man jene Personen, die eine Befugnis, für die juristische Person zu handeln, haben; bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung also die handelsrechtlichen Geschäftsführer (vgl § 18 GmbHG).

Der Beschwerdeführer war zur Tatzeit handelsrechtlicher Geschäftsführer der CC GmbH. Im vorliegenden Fall besteht eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die GmbH gemäß § 9 Abs 1 VStG.

Nach § 90 Abs 3 Z 1 LMSVG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gericht fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer den in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der Europäischen Union oder den näheren Vorschriften zur Durchführung dieser Rechtsakte gemäß § 4 Abs 3 oder § 15 zuwiderhandelt.

Teil 1 Z 14 der Anlage zum LMSVG (Verordnungen der Europäischen Union gemäß § 4 Abs 1) führt die Verordnung (EG) Nr 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl Nr L 404 vom 30. Dezember 2006, berichtigt durch ABl Nr L 12 vom 18. Jänner 2007) (kurz: Health-Claims-Verordnung) als unmittelbar anwendbaren Rechtsakt der Europäischen Union auf.

Nach Art 2 Abs 2 Z 4 lit a sublit i der Health-Claims-Verordnung bezeichnet der Ausdruck „nährwertbezogene Angabe“ jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere positive Nährwerteigenschaften besitzt und zwar aufgrund der Energie (des Brennwerts), die es liefert. Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben dürfen nach Art 3 erster Satz der Health-Claims-Verordnung bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln, die in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht werden, bzw bei der Werbung hierfür nur verwendet werden, wenn sie der vorliegenden Verordnung entsprechen. Nährwertbezogene Angaben dürfen nach Art 8 Abs 1 der Health-Claims-Verordnung nur gemacht werden, wenn sie im Anhang aufgeführt sind und den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen entsprechen. Die Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat wie die Angabe, ein Lebensmittel „liefert Energie“ wird im Anhang der Health-Claims-Verordnung (Nährwertbezogene Angaben und Bedingungen für ihre Verwendung) nicht aufgeführt.

Infolge der getroffenen Feststellungen wies das Produkt „EE Frühstückskekse“ eine nährwertbezogene Angabe im Sinne des Art 2 Abs 2 Z 4 lit a sublit i der Health-Claims-Verordnung auf. Zumal die Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat wie die Angabe „liefert Energie“ nicht im Anhang der Health-Claims-Verordnung aufgeführt wurde, hätte diese Angabe nach Art 8 Abs 1 der Health-Claims-Verordnung nicht gemacht werden dürfen. Indem diese Angabe dennoch gemacht wurde, wurde der Health-Claims-Verordnung zuwidergehandelt.

Insofern hat der Beschwerdeführer den objektiven Tatbestand der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht.

Was die innere Tatseite anlangt, ist festzuhalten, dass es sich bei der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Übertretung um ein so genanntes Ungehorsamsdelikt handelt, weil zum Tatbestand der betreffenden Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch der Eintritt einer Gefahr gehören. Für solche Delikte sieht § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor, dass dann ohne weiteres Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens bedeutet dabei, dass die Behörde von der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache zu überzeugen ist (vgl VwGH 01.10.1997, 96/09/0007). Der Täter hat hierzu initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und die entsprechenden Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen.

Der Beschwerdeführer bringt gar nicht vor, dass ihn an der Übertretung kein Verschulden treffe. Insofern ist gemäß § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

Die Bestrafung erfolgte daher dem Grunde nach zu Recht.

Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass eine Strafverfügung nach § 32 Abs 2 VStG eine taugliche Verfolgungshandlung darstellt. Wie sich aus dem festgestellten Inhalt der Strafverfügung ergibt, waren von dieser Verfolgungshandlung im Hinblick auf die Health-Claims-Verordnung alle erforderlichen Sachverhaltselemente erfasst.

Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nach dem 10. Erwägungsgrund der Health-Claims-Verordnung können Lebensmittel, die mit entsprechenden Angaben beworben werden, vom Verbraucher als Produkte wahrgenommen werden, die gegenüber ähnlichen oder anderen Produkten, denen solche Nährstoffe oder andere Stoffe nicht zugesetzt sind, einen nährwertbezogenen, physiologischen oder anderweitigen gesundheitlichen Vorteil bieten, was den Verbraucher zu Entscheidungen veranlassen könnte, die die Gesamtaufnahme einzelner Nährstoffe oder anderer Substanzen unmittelbar in einer Weise beeinflussen, die den einschlägigen wissenschaftlichen Empfehlungen widersprechen könnte. Um diesem potenziellen unerwünschten Effekt entgegenzuwirken, werde es für angemessen erachtet, gewisse Einschränkungen für Produkte, die solche Angaben tragen, festzulegen. Indem der Beschwerdeführer die gegenständliche Verwaltungsübertretung begangen hat, hat er diesem Schutzzweck in nicht unerheblichem Ausmaß zuwidergehandelt.

Mildernd ist die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu werten. Erschwerungsgründe sind keine hervorgekommen.

Wie oben ausgeführt, war von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

Obwohl hierfür insbesondere in der öffentlichen mündlichen Verhandlung Gelegenheit gewesen wäre, hat der Beschwerdeführer keine Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und allfälligen Sorgepflichten gemacht. Es war daher eine Schätzung vorzunehmen, wobei mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ausgegangen werden konnte.

Aufgrund der oben angeführten – für die Strafzumessung relevanten – Kriterien ergeben sich gegen die verhängte Geldstrafe insgesamt keine Bedenken. Mit der verhängten Geldstrafe wurde der gesetzliche Strafrahmen nur zu ca 0,1 Prozent ausgeschöpft. Eine Geldstrafe in dieser Höhe war jedenfalls geboten, um dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung hinreichend Rechnung zu tragen.

Die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach §§ 20 und 45 Abs 1 letzter Satz VStG liegen nicht vor. Die Anwendung des § 20 VStG ist bereits deshalb ausgeschieden, weil kein beträchtliches Überwiegen von Milderungsgründen festgestellt werden konnte. Hinsichtlich des § 45 Abs 1 letzter Satz VStG fehlt es an dem hier geforderten geringfügigen Verschulden. Der Beschwerdeführer hat vielmehr den typischen Unrechts- und Schuldgehalt der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung verwirklicht.

Der Beschwerde gegen das Straferkenntnis kommt insgesamt keine Berechtigung zu, sodass der Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG zur Leistung eines Kostenbeitrages für das Beschwerdeverfahren zu verpflichten ist.

IV.  Begründung für die Nichtzulassung der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung orientiert sich an der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a VStG und stützt sich auf die oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Insofern liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht vor und war auszusprechen, dass die ordentliche Revision unzulässig ist.

Landesverwaltungsgericht Tirol

MMag. Dr. Barbara Besler

(Richterin)

Schlagworte

Nährwertbezogene Angaben; Health-Claims-Verordnung;

Anmerkung

Aufgrund der außerordentlichen Revision hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27.03.2019, Z Ra 2017/10/0147-6, das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 26.07.2017, Z LVwG-2017/34/1167-4 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.34.1167.4

Zuletzt aktualisiert am

12.04.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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