TE Vwgh Erkenntnis 1999/4/22 97/07/0113

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Veröffentlicht am 22.04.1999
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Index

L37136 Abfallabgabe Müllabgabe Sonderabfallabgabe Sondermüllabgabe
Müllabfuhrabgabe Steiermark;
L80006 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Steiermark;
L82406 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Steiermark;

Norm

AWG Stmk 1990 §17a Abs2 litb;
AWG Stmk 1990 §18 Abs4;
AWG Stmk 1990 §18 Abs5;
AWG Stmk 1990 §18;
AWG Stmk 1990 §19 Abs1;
AWG Stmk 1990 §2 Abs3 Z1;
AWG Stmk 1990 §2 Abs3 Z2;
AWG Stmk 1990 §20 Abs1;
AWG Stmk 1990 §3 Abs3;
AWG Stmk 1990 §3 Abs5;
AWG Stmk 1990 §6 Abs4;
AWG Stmk 1990 §6 Abs6 Z2;
ROG Stmk 1974 §13 Abs1;
ROG Stmk 1974 §3 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des Abfallwirtschaftsverbandes X in S, vertreten durch Mag. Herwig Kraemmer, Rechtsanwalt in Wien III, Ungargasse 59-61, gegen die Steiermärkische Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 19 Abs. 1 des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes in Verbindung mit § 42 Abs. 4 VwGG wird der Antrag des beschwerdeführenden Abfallwirtschaftsverbandes vom 15. April 1993, die Änderung des Abfallwirtschaftsplanes (Bescheid der Verbandversammlung vom 2. April 1993) zu genehmigen, abgewiesen.

Das Land Steiermark hat dem beschwerdeführenden Abfallwirtschaftsverband Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei (in der Folge: Bfr) ist ein Abfallwirtschaftsverband im Sinne des § 17 Abs. 1 des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes (StAWG). Mit Verordnung der Stmk. Landesregierung vom 18. Dezember 1990, mit der der Abfallwirtschaftsplan für den politischen Bezirk Radkersburg erlassen wird (kundgemacht im Amtlichen Teil der Grazer Zeitung Stk. 4 Nr. 25/1991), wurde aufgrund der §§ 18, 19 und 26 StAWG ein Abfallwirtschaftsplan für den politischen Bezirk Radkersburg erlassen. Gemäß § 1 Abs. 1 dieser Verordnung bildet der politische Bezirk Radkersburg mit den dort näher aufgezählten zwei Kleinregionen mit insgesamt 19 Gemeinden eine geschlossene Abfallwirtschaftsregion, deren abfallwirtschaftliche Belange durch den Abfallwirtschaftsverband wahrgenommen werden.

§ 8 dieser Verordnung hat im hier interessierenden Umfang

folgenden Wortlaut:

"Abfallbehandlungsanlagen

...

4. Bis zur Inbetriebnahme der im Abfallwirtschaftsplan Radkersburg ausgewiesenen Resteabfalldeponie werden der Hausmüll und der nicht gefährliche Gewerbe- und Industrieabfall als Übergangslösung auf der mit den im Anhang 2 aufgezählten Bescheiden genehmigten Abfallbehandlungsanlage auf Teilen des Grundstückes Nr. 597/24, KG Halbenrain, die auf dem Lageplan im Anhang 2 als Sektoren A und B ausgewiesen sind, abgelagert.

..."

In der Verbandsversammlung des Bfrs vom 2. April 1993 wurde der Beschluss gefasst, § 8 Abs. 4 des bestehenden Abfallwirtschaftsplanes wie folgt abzuändern:

"Bis zur Inbetriebnahme der im Abfallwirtschaftsplan Radkersburg ausgewiesenen Resteabfalldeponie werden der Hausmüll und der nicht gefährliche Industrie- und Gewerbemüll auf den im Lageplan im Anhang 2 ausgewiesenen Grundstücken Nr. 597/27 und Teile 597/28 der KG Halbenrain abgelagert."

Im über diese Verbandsversammlung aufgenommenen Protokoll ist unter Punkt "5.) Beratung und Beschlussfassung über Änderung des Abfallwirtschaftsplanes des AWV X" festgehalten:

"Der Abfallwirtschaftsplan soll in der schon bei der letzten Verbandsversammlung vorgelegten Weise geändert werden. Der Text der Änderung wird allen Verbandsmitgliedern ausgeteilt (siehe Anhang).

GR R. fragt, ob alle sechs ausgewiesenen Standorte im Plan bleiben.

Bgm. Sch. bestätigt dies und stellt den Antrag, den § 8 Abs. 4 in der vorgelegten Weise zu ändern."

Es folgt sodann die Aufzählung der für die Änderung stimmenden, am Verband beteiligten Gemeinden und die Aufzählung derjenigen Gemeinden, welche gegen die Abänderung stimmten.

Mit Eingabe vom 15. April 1993 beantragte der Bfr aufgrund dieses Verbandsbeschlusses die Genehmigung der Änderung des Abfallwirtschaftsplanes durch die belangte Behörde mit folgender Begründung:

"Der Abfallwirtschaftsverband X hat in der Verbandsversammlung vom 2. April 1993 beschlossen, mit der A-GesmbH eine Zusammenarbeit bei der Erweiterung der MD Halbenrain einzugehen. Ziel dieser Kooperation ist die Sicherung der Entsorgung des Hausmülls des Abfallwirtschaftsverbandes X bis zum Jahre 2009.

Im Sinne der Vereinbarung mit der A-GesmbH ist eine Änderung des Abfallwirtschaftsplanes für den Bezirk Radkersburg wie in der Beilage 1 (beschlossene Änderung) angeführt notwendig. Diese Änderung wurde von der Verbandsversammlung in der vorliegenden Form genehmigt.

..."

Diesem Antrag war die beschlossene Änderung, ein Protokoll der Verbandsversammlung vom 2. April 1993 samt Einladung und eine Unterschriftenliste beigelegt.

Mit Bescheid vom 15. Juli 1994 hat die belangte Behörde gemäß § 19 Abs. 1 StAWG den Antrag des Bfrs abgewiesen.

Mit hg. Erkenntnis vom 28. November 1995, Zl. 94/05/0220, auf welches zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, wurde die dagegen erhobene Beschwerde des auch im hier gegenständlichen Verfahren als Bfr auftretenden Abfallwirtschaftsverbandes als unbegründet abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof erachtete die Abweisung des Antrages des Bfrs auf Genehmigung der Änderung des Abfallwirtschaftsplanes schon deshalb für gerechtfertigt, weil eine Raumverträglichkeitserklärung gemäß § 18 Abs. 4 lit. b StAWG, welche gemäß § 19 Abs. 4 letzter Satz leg. cit. auch bei Durchführung eines Änderungsverfahrens erforderlich ist, nicht abgegeben worden ist. Weiters erkannte der Verwaltungsgerichtshof einen Widerspruch des Beschlusses des Bfrs vom 2. April 1993 zu § 3 Abs. 8 Z. 1 lit. f und Z. 2 der Verordnung der Stmk. Landesregierung vom 12. Juli 1993, LGBl. Nr. 8/1994, mit welcher ein regionales Entwicklungsprogramm für die Planregion (politischer Bezirk) Radkersburg aufgestellt worden ist, aus dem Grunde, dass der Beschluss des Bfrs eine Ablagerung von Müll auf Grundstücken der in der Verordnung vom 12. Juli 1993 nicht genannten Katastralgemeinde Halbenrain festgelegt hat.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1996, B 1727/94-11, wurde jedoch der Bescheid der Stmk. Landesregierung vom 15. Juli 1994, mit welchem der Antrag auf Genehmigung der Änderung des Abfallwirtschaftsplanes des Bfrs abgewiesen worden ist, aufgehoben, weil die belangte Behörde eine gesetzwidrige Verordnung (LGBl. Nr. 8/1994) angewendet habe und es nach Lage des Falles offenkundig sei, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei nachteilig gewesen sei.

Bereits in seinem Erkenntnis vom 1. Oktober 1996, V 48/96, Slg. Nr. 14.616, hat der Verfassungsgerichtshof die Z. 2 des § 3 Abs. 8 der Verordnung der Stmk. Landesregierung vom 12. Juli 1993, mit der ein regionales Entwicklungsprogramm für die Planungsregion (politischer Bezirk) Radkersburg erlassen wurde, LGBl. für Steiermark Nr. 8/1994, als gesetzwidrig aufgehoben, weil in diesem Entwicklungsprogramm entgegen den zeitgerecht geäußerten Planungsabsichten des Abfallwirtschaftsverbandes X und der Stellungnahme der für die Abfallwirtschaft zuständigen Fachabteilung des Amtes der Stmk. Landesregierung ohne ein Wort der Begründung - sei es in den Erläuterungen zum Entwicklungsprogramm Radkersburg, sei es zumindest in dem dem Verfassungsgerichtshof vorgelegenen, möglicherweise unvollständigen Verordnungsakt - Halbenrain als Deponiestandort schlechthin vernachlässigt worden sei.

Die belangte Behörde hat in der Folge über den Antrag des Bfrs auf Genehmigung der Abänderung des Abfallwirtschaftsplanes vom 15. April 1993 nicht entschieden.

Der Bfr erhob daher mit Schriftsatz von 4. Juli 1997 beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gegen die belangte Behörde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, weil nach Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1996 an die belangte Behörde am 23. Oktober 1996 mehr als sechs Monate verstrichen seien. Die belangte Behörde habe sich aus politischen Gründen außer Stande gesehen, die beantragte Genehmigung zu erteilen. Die beschlossene Planänderung beziehe sich nur auf eine Ausweitung der Deponiefläche und lasse alle übrigen Aspekte des Verbandsplanes unverändert. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis implizit ausgesprochen, dass die belangte Behörde verpflichtet gewesen sei, über den Antrag des Beschwerdeführers in der Sache selbst zu entscheiden. Die im § 87 Abs. 2 VfGG normierte Bindungswirkung eines verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses erstrecke sich auch auf solche Rechtsanschauungen, die "notwendige Voraussetzung" eines stattgebenden Erkenntnisses gewesen seien (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 1996, B 1266/95).

Der Bfr stellte daher an den Verwaltungsgerichtshof den Antrag, gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst dahingehend zu entscheiden, dass der in der Verbandsversammlung vom 2. April 1993 beschlossenen Änderung des Abfallwirtschaftsplans des Bfrs gemäß § 19 Abs. 1 StAWG die aufsichtsbehördliche Genehmigung erteilt wird.

Mit Verfügung vom 21. Juli 1997 leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein und trug der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, innerhalb einer Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen. Diese Verfügung wurde der belangten Behörde am 1. August 1997 zugestellt.

Mit Schreiben vom 16. Oktober 1997 teilte die belangte Behörde mit, dass die Stmk. Landesregierung auch nach der dritten Einbringung durch den zuständigen politischen Referenten bei ihrer Sitzung am 6. Oktober 1997 keine Entscheidung getroffen und den Antrag zurückgestellt habe. Gleichzeitig wurde der Verwaltungsakt vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.

Gemäß § 27 VwGG kann Säumnisbeschwerde erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden kann, von einer Partei angerufen worden ist, nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.

Gemäß § 17c Abs. 2 des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes (StAWG), LGBl. Nr. 5/1991 in der Fassung LGBl. Nr. 34/1995 und Nr. 66/1997, ist Aufsichtsbehörde über die Abfallwirtschaftsverbände sowie über die Landeshauptstadt Graz die Landesregierung.

Gemäß § 19 Abs. 1 StAWG ist der Abfallwirtschaftsplan mit Bescheid der Landesregierung, wenn erforderlich, unter Vorschreibung von Auflagen bzw. Bedingungen oder Fristen zu genehmigen.

Gemäß Art. II Abs. 2 lit. A Z. 1 EGVG haben die Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern das AVG und das VStG anzuwenden.

Für den nach § 19 Abs. 1 StAWG von der Landesregierung zu erlassenden Genehmigungsbescheid ist daher auch die Verfahrensbestimmung des § 73 Abs. 1 AVG zu beachten, wonach die Behörden verpflichtet sind, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Da im Genehmigungsverfahren nach § 19 Abs. 1 StAWG die Landesregierung oberste Behörde gemäß § 27 Abs. 1 VwGG ist und im Beschwerdefall nicht binnen sechs Monaten über den Antrag des Bfrs auf Genehmigung der Änderung des Abfallwirtschaftsplanes im Sinne des Verbandsbeschlusses vom 2. April 1993 entschieden hat, ist die Säumnisbeschwerde zulässig.

Die Regelungen über die Abfallwirtschaftspläne und deren Erstellung im Geltungsbereich des StAWG haben folgenden Wortlaut:

"§ 18

Abfallwirtschaftspläne

(1) Die Verantwortung für die Besorgung der Abfallwirtschaft bezüglich der Abfälle gemäß § 2 Abs. 3 Z. 1 obliegt den Abfallwirtschaftsverbänden. Zu diesem Zweck haben sie Abfallwirtschaftspläne zu erstellen, in denen nach den Grundsätzen der Abfallwirtschaft im Sinne dieses Gesetzes die wesentlichen Maßnahmen in organisatorischer und technischer Hinsicht nach regionalen Gesichtspunkten festzulegen sind. Der Plan ist binnen zwei Jahren nach Konstituierung des Abfallwirtschaftsverbandes zu erstellen. Er hat sich am Abfallwirtschaftskonzept des Landes Steiermark gemäß § 5 Abs. 2 zu orientieren und bedarf der Genehmigung der Landesregierung.

(2) Die Abfallwirtschaftsverbände können sich zur technischen Durchführung der Abfallwirtschaft privater Unternehmen sowie eigener oder anderer öffentlicher Einrichtungen bedienen, sofern öffentliche Interessen gewahrt werden und dies wirtschaftlich und technisch zweckmäßig ist.

(3) Zwei oder mehrere Abfallwirtschaftsverbände können die überregionale technische Durchführung der Entsorgung vereinbaren. Eine solche Vereinbarung kann sich auch auf Teile von Abfallwirtschaftsregionen oder auf bestimmte Entsorgungsbereiche beschränken. Derartige Vereinbarungen müssen dem jeweiligen Abfallwirtschaftsplan entsprechen und bedürfen der Genehmigung der Landesregierung.

(4) Der Abfallwirtschaftsplan hat zu enthalten:

a) die beabsichtigten Maßnahmen zur Abfallwirtschaft im Sinne des § 3, insbesondere für die Abfallberatung, die getrennte Sammlung, die biologische und stoffliche Abfallverwertung,

b) die Standorte oder Standorträume für Anlagen gemäß § 20 Abs. 1 mit regionalem Entsorgungsbereich, die jedoch außerhalb des Gebietes des jeweiligen Abfallwirtschaftsverbandes liegen können, unter Angabe der Grundstücksnummern und Anschluss einer Raumverträglichkeitserklärung.

(5) Die Raumverträglichkeitserklärung hat zu umfassen:

a)

die Siedlungsstruktur,

b)

die zu erwartenden raumbedeutsamen Maßnahmen gemäß § 3 Abs. 3 Raumordnungsgesetz für die Bereiche

-

Siedeln

-

Wirtschaft

-

Verkehr

-

Landwirtschaft

-

Naturhaushalt

Die erforderlichen Unterlagen sind von der Landesregierung zur Verfügung zu stellen.

§ 19

Erstellung von Abfallwirtschaftsplänen

(1) Der Abfallwirtschaftsplan ist mit Bescheid der Landesregierung, wenn erforderlich, unter Vorschreibung von Auflagen bzw. Bedingungen oder Fristen zu genehmigen.

(2) Die im Abfallwirtschaftsplan vorgesehenen Standorträume für die Errichtung von Abfallbehandlungsanlagen sind nach § 22 Abs. 7 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 durch die betroffenen Gemeinden im Flächenwidmungsplan als übergeordnete Planungen ersichtlich zu machen.

(3) Der Abfallwirtschaftsplan ist nach Rechtskraft des Bescheides der Landesregierung vom Abfallwirtschaftsverband als Verordnung jedenfalls in der "Grazer Zeitung - Amtsblatt für die Steiermark" kundzumachen.

(4) Erweist sich nach Kundmachung der Abfallwirtschaftsplan oder Teile davon als undurchführbar, so ist dies der Landesregierung anzuzeigen. Für die Durchführung des Änderungsverfahrens gelten die Bestimmungen der vorhergehenden Absätze sinngemäß.

(5) Der Abfallwirtschaftsplan ist alle drei Jahre unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 5 Abs. 4 und 5 zu überprüfen und erforderlichenfalls zu ändern."

In seinem Beschluss vom 2. April 1993 auf Abänderung des § 8 Abs. 4 des bestehenden Abfallwirtschaftsplanes (Verordnung der Stmk. Landesregierung vom 18. Dezember 1990, mit der der Abfallwirtschaftsplan für den politischen Bezirk Radkersburg erlassen wird) hat der Bfr vorgesehen, dass auf - im bisherigen Abfallwirtschaftsplan nicht beanspruchten - Grundstücken neben Hausmüll auch "der nicht gefährliche Industrie- und Gewerbemüll" auf unbestimmte Zeit "abgelagert" wird. In seiner Eingabe vom 15. April 1993 an die belangte Behörde begründete der Bfr diesen Beschluss mit der von ihm damit verbundenen Absicht, die "Entsorgung des Hausmülls" bis zum Jahre 2009 abzusichern und zu diesem Zwecke aufgrund einer Vereinbarung mit der A-GesmbH die vorhandene Deponie zu erweitern.

Die beschlossene und zur Genehmigung durch die belangte Behörde eingereichte Änderung des bestehenden Abfallwirtschaftsplanes gründet sich daher nicht auf die im § 19 Abs. 4 und 5 StAWG genannten Änderungsvoraussetzungen, vielmehr soll eine Erweiterung der auf dem Grundstück Nr. 597/24, KG Halbenrain, errichteten und genehmigten Abfallbehandlungsanlage (siehe § 8 Abs. 4 der Verordnung vom 18. Dezember 1990) oder allenfalls eine Neuerrichtung einer Abfallbehandlungsanlage auf den Grundstücken Nr. 597/27 und 597/28 erfolgen. (Dem Vollversammlungbeschluss und dem Genehmigungsantrag ist nicht zu entnehmen, ob eine Erweiterung oder Neuerrichtung einer Abfallbehandlungsanlage gemäß § 20 Abs. 1 lit. a StAWG beabsichtigt ist und warum das im § 8 Abs. 4 des Abfallwirtschaftsplanes vom 18. Dezember 1990 als zur Abfallbehandlung im Sinne des § 20 Abs. 1 lit. a StAWG vorgesehene Grundstück Nr. 597/24, KG Halbenrain, nun nicht mehr im Abfallwirtschaftsplan aufscheint.)

Ausgehend von dieser Sachlage wird daher mit dem zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorgelegten Beschluss des Bfrs ein Abfallwirtschaftsplan neu erstellt, welcher hinsichtlich seiner Inhaltserfordernisse am § 18 Abs. 4 StAWG zu messen ist. Hiefür bedarf es, worauf der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28. November 1995, Zl. 94/05/0220, schon hingewiesen hat, u.a. einer Raumverträglichkeitserklärung im Sinne des Abs. 5 dieses Paragraphen. Da diese Raumverträglichkeitserklärung Inhalt des Abfallwirtschaftsplanes zu sein hat, der Abfallwirtschaftsplan aber vom jeweiligen Abfallwirtschaftsverband zu erstellen ist, muss die entsprechende Raumverträglichkeitserklärung schon beim zu fassenden Beschluss der Verbandsversammlung (§ 17a Abs. 2 lit. b StAWG) vorliegen, widrigenfalls die Voraussetzungen für die Erstellung des Abfallwirtschaftsplanes gemäß § 18 leg. cit. nicht erfüllt sind. Genehmigungsvoraussetzung im Sinne des § 19 Abs. 1 StAWG wiederum ist das Vorliegen eines Abfallwirtschaftsplanes im Sinne des § 18 leg. cit., wovon im Beschwerdefall deshalb nicht ausgegangen werden kann, weil dem hier zur Genehmigung vorliegenden Beschluss der Verbandsversammlung des Bfrs vom 2. April 1993 keine Raumverträglichkeitserklärung im Sinne des § 18 Abs. 4 lit. b und Abs. 5 StAWG zugrunde lag. Die mit "Raumverträglichkeit" überschriebene Urkunde vom 16. Dezember 1996 konnte nicht Grundlage dieses Beschlusses sein. Dass die Verbandsversammlung in der Folge mittels Beschlusses diese Raumverträglichkeitserklärung zur Grundlage ihres Abfallwirtschaftsplanes gemacht hätte, ist weder aktenkundig noch wird solches vom Bfr behauptet. Schon aus diesem Grunde kann kann daher mangels Vorliegens eines Abfallwirtschaftsplanes nach § 18 StAWG eine aufsichtsbehördliche Genehmigung nach § 19 Abs. 1 StAWG nicht erteilt werden.

Das vorliegende Raumverträglichkeitsgutachten vom 16. Dezember 1996 berücksichtigt im Übrigen nicht sämtliche im § 18 Abs. 5 StAWG aufgezählten Inhaltserfordernisse. Insbesondere fehlen Ausführungen zu den Auswirkungen des Vorhabens auf die zu erwartenden raumbedeutsamen Maßnahmen gemäß § 3 Raumordnungsgesetz in Bezug auf den Naturhaushalt.

Bei Erstellung (und Änderung) eines Abfallwirtschaftsplanes ist weiters Folgendes zu bedenken:

Gemäß § 2 Abs. 3 StAWG gelten als Abfallarten im Sinne dieses Gesetzes

1. Abfälle aus privaten Haushalten und öffentlichen Einrichtungen sowie hausmüllähnliche Abfälle (Müll)

2. Abfälle aus Gewerbe- und Industriebetrieben, Anstalten und sonstigen Arbeitsstellen, sofern sie nicht hausmüllähnlich sind.

Gemäß § 6 Abs. 2 StAWG haben für die Verwertung und Entsorgung des Abfalls gemäß § 2 Abs. 3 Z. 1 die Abfallwirtschaftsverbände (§ 17) zu sorgen, soweit hiefür nicht die Landesregierung zuständig ist (Abs. 6). Die Abfallwirtschaftsverbände können sich aber zur technischen Durchführung der Abfallwirtschaft gemäß § 18 Abs. 2 leg. cit. privater Unternehmen sowie eigener oder anderer öffentlicher Einrichtungen bedienen, sofern öffentliche Interessen gewahrt bleiben und dies wirtschaftlich und technisch zweckmäßig ist.

Gemäß § 6 Abs. 3 StAWG haben für die Sammlung, Abfuhr, Verwertung und Entsorgung des Abfalls gemäß § 2 Abs. 3 Z. 2 grundsätzlich die Verursacher zu sorgen. Verursacher ist, wer Abfall im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 2 erzeugt oder besitzt.

Gemäß § 6 Abs. 4 leg. cit. kann die Sammlung, Abfuhr, Verwertung und Entsorgung von Abfällen gemäß § 2 Abs. 3 Z. 2 auch von der Gemeinde oder dem Abfallwirtschaftsverband nach vertraglicher Vereinbarung durchgeführt werden, sofern diese eine ordnungsgemäße Durchführung gewährleisten können, die im § 3 Abs. 3 normierten Interessen gewahrt bleiben und dies wirtschaftlich und technisch zweckmäßig ist. Gemäß Abs. 5 dieses Paragraphen haben die Verursacher von Abfällen gemäß § 2 Abs. 3 Z. 2 und die Gemeinden und Abfallwirtschaftsverbände ihre Aufgaben nach diesem Gesetz so zu gestalten, dass die im § 3 Abs. 3 normierten Interessen gewährleistet werden.

Gemäß § 6 Abs. 6 StAWG obliegt der Landesregierung hinsichtlich der Verwertung und Entsorgung von Abfällen die Erlassung folgender Verordnungen:

...

2. Festsetzung überregionaler Maßnahmen für den Fall, dass die technische Verwirklichung der im § 3 festgelegten Ziele durch Maßnahmen der Abfallwirtschaftsverbände (für Abfälle gemäß § 2 Abs. 3 Z. 1) bzw. der Verursacher (für Abfälle gemäß § 2 Abs. 3 Z. 2) nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erreicht werden kann.

Aus diesen gesetzlichen Anordnungen ergibt sich, dass Abfallwirtschaftsverbände grundsätzlich nur für die Verwertung und Entsorgung des Abfalles nach § 2 Abs. 3 Z. 1 StAWG zu sorgen haben. Die Sammlung, Abfuhr, Verwertung und Entsorgung von Abfällen gemäß § 2 Abs. 3 Z. 2 leg. cit. kann allerdings unter den im § 6 Abs. 4 genannten Voraussetzungen vom Abfallwirtschaftsverband nach vertraglicher Vereinbarung mit dem Verursacher durchgeführt werden, wobei sich der Abfallwirtschaftsverband bezüglich der technischen Durchführung auch insoweit gemäß § 18 Abs. 2 leg. cit. privater Unternehmen bedienen darf. Diese abfallwirtschaftlichen Maßnahmen (siehe bezüglich der Begriffsbestimmungen § 3 Abs. 1 StAWG) sind nach regionalen Gesichtspunkten gemäß § 3 Abs. 4 StAWG zu gestalten. Für Abfälle gemäß § 2 Abs. 3 Z. 2 StAWG sind überregionale Maßnahmen (jedoch nur) dann zulässig, wenn diese aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen erforderlich sind und öffentliche Interessen nicht beeinträchtigen. Für die Festsetzung überregionaler Maßnahmen ist die Landesregierung gemäß § 6 Abs. 6 Z. 2 StAWG zuständig eine entsprechende Verordnung zu erlassen.

Eine Verordnung nach § 6 Abs. 6 Z. 2 StAWG hat die Stmk. Landesregierung z.B. am 15. März 1993 zu LGBl. Nr. 36/1993 erlassen, in deren § 4 Entsorgungseinrichtungen für Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 2 StAWG bezüglich dessen ordnungsgemäßer Entsorgung und Behandlung durch Aufzählung der entsprechenden Grundstücksnummern festgesetzt sind (hievon sind jedoch nur bestimmte Abfallarten im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 2 StAWG betroffen.

Im Beschluss des Bfrs vom 2. April 1993 werden die darin genannten Grundstücke nicht nur für den Hausmüll, sondern auch für den nicht gefährlichen Industrie- und Gewerbemüll als Abfallbehandlungsanlage in den Abfallwirtschaftsplan aufgenommen, ohne dass erkennbar ist, ob damit eine Festsetzung regionaler oder überregionaler Maßnahmen bezüglich des Abfalles nach § 2 Abs. 3 Z. 2 StAWG gesetzt wird. Dieser Umstand ist jedoch im Beschwerdefall nicht weiter von Bedeutung, weil Abfallwirtschaftspläne nach § 18 StAWG Anordnungen bezüglich der Abfälle nach § 2 Abs. 3 Z. 2 leg. cit. schon aus folgenden Gründen nicht zu enthalten haben:

Zum einen können sich die Standorte und Standorträume für Anlagen gemäß § 20 Abs. 1 StAWG gemäß § 18 Abs. 4 lit. b nur auf solche mit regionalem Entsorgungsbereich beziehen. Nach § 18 Abs. 1 zweiter Satz StAWG haben die Abfallwirtschaftsverbände Abfallwirtschaftspläne nur zu dem Zweck zu erstellen, der im ersten Satz dieser Gesetzesstelle ausgeführt ist (dort heißt es: "Die Verantwortung für die Besorgung der Abfallwirtschaft bezüglich der Abfälle gemäß § 2 Abs. 3 Z. 1 obliegt den Abfallwirtschaftsverbänden.").

Gemäß § 21 Abs. 3 StAWG wiederum erfolgt die Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen nach Abs. 1 und 2 zur Behandlung von Abfällen gemäß § 2 Abs. 3 Z. 1 auf der Grundlage des Abfallwirtschaftsplanes, für Anlagen zur Behandlung von Abfällen gemäß § 3 (gemeint offensichtlich: § 2) Abs. 3 Z. 2 auf Grundlage des Landesabfallwirtschaftskonzeptes gemäß § 5 Abs. 3.

Gemäß § 5 Abs. 3 StAWG wiederum hat das Abfallwirtschaftskonzept für Abfälle gemäß § 2 Abs. 3 Z. 2 leg. cit. einen Rahmenplan als Grundlage für die Maßnahmen der Verursacher gemäß § 6 Abs. 3 dieses Gesetztes mit dem dort näher angeführten Inhalt zu enthalten.

Aus dem Gesamtzusammenhang der angeführten, hier maßgeblichen Anordnungen im StAWG ergibt sich demnach für Abfälle nach § 2 Abs. 3 Z. 2 leg. cit., dass sich Abfallwirtschaftspläne nach § 18 StAWG auf solche Abfälle nicht beziehen können. (Der Gesetzgeber des StAWG trifft im § 21 Abs. 3 zweiter Satz bezüglich der Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen zur Behandlung von Abfällen gemäß § 2 Abs. 3 Z. 2 leg. cit. Vorsorge für den Fall, dass ein Abfallwirtschaftskonzept im Sinne des § 5 noch nicht in Kraft getreten sein sollte.) Jedenfalls scheidet die Aufnahme von Standorten und Standorträumen für Anlagen gemäß § 20 Abs. 1 StAWG mit überregionalem Entsorgungsbereich und für Abfälle gemäß § 2 Abs. 3 Z. 2 StAWG (sei es mit regionalem oder überregionalem Entsorgungsbereich) in einen Abfallwirtschaftsplan nach § 18 StAWG aus. Auch aus diesem Grund ist eine Genehmigung des Beschlusses des Bfrs vom 2. April 1993 nicht möglich.

Aus diesen Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auf § 56 VwGG.

Wien, am 22. April 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997070113.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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