TE OGH 2019/2/19 10Ob10/19x

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Veröffentlicht am 19.02.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, gegen die beklagte Partei P***** S.A., *****, Spanien, vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 37.208,17 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 20. November 2018, GZ 3 R 132/18h-78, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Ing. W. B***** (im Folgenden: „Käufer“) hatte im Zuge der Renovierung seines Wohnhauses im August 2004 bei der Beklagten Fassadenplatten bestellt und geliefert erhalten. Die Platten wurden von der Klägerin, die Generalunternehmerin war, verbaut. Trotz Zusage der Beklagten, dass die Platten zumindest zehn Jahre witterungsbeständig seien, traten bald Witterungsschäden an der Deckversiegelung auf. In einer „Verpflichtungs- und Anerkenntniserklärung“ vom 29. 4. 2009 anerkannte die Beklagte letztendlich die dem Käufer durch die Lieferung von mangelhaften Platten und/oder die mangelhafte Montage zugefügten Schäden und verpflichtete sich zur vollständigen Reparatur des Schadens durch fachgerechten Austausch der Platten bis spätestens 30. 6. 2010. Im Revisionsverfahren nicht mehr strittig ist, dass diese Erklärung ein konstitutives Anerkenntnis darstellt. Nachdem die Beklagte die Schadensbehebung im November 2011 immer noch nicht begonnen hatte, beauftragte der Käufer die Klägerin mit der Ersatzvornahme. Diese verwendete Fassadenplatten mit einer dreißigjährigen Witterungsbeständigkeit und stellte dafür 37.208,17 EUR in Rechnung. Der Käufer trat seine Forderung aus der Nichterfüllung der Zusage vom 29. 4. 2009 an die Klägerin ab.

Die Klägerin begehrt aus dem ihr abgetretenen Anspruch 37.208,17 EUR für die Kosten der Ersatzvornahme und stützt sich dabei auf das konstitutive Anerkenntnis sowie auf Schadenersatz infolge Nichterfüllung.

Im Revisionsverfahren ist nur mehr die Höhe der Klageforderung strittig (zum Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach siehe die in der gegenständlichen Rechtssache ergangene Vorentscheidung 10 Ob 2/18v).

Die Beklagte wendet zur Höhe des Anspruchs zusammengefasst ein, es sei ein Vorteilsausgleich im Hinblick darauf vorzunehmen, dass bei der Ersatzvornahme höherwertige Fassadenplatten mit dreißigjähriger Lebensdauer verwendet wurden. Der Käufer spare sich Ausgaben für die alle 15 Jahre (somit 2019 und auch 2034) vorzunehmende Erneuerung der Fassadenplatten. Da der Vorteil den Sanierungsaufwand übersteige, sei das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen.

Das Erstgericht traf zur Schadenshöhe folgende Feststellungen:

Die von der Beklagten im Jahr 2004 angebrachten Fassadenplatten P***** B***** hatten im Jahr 2012 einen Wert von 142,69 EUR pro m² (ohne USt). Bei ordnungsgemäßer Plattenqualität hätte eine damit hergestellte Fassade eine Lebensdauer von 15 Jahren. Die von der Klägerin bei der Ersatzvornahme im Jahr 2012 angebrachte Fassadenplatte T*****B***** hatte im Jahr 2012 einen Wert von 153 EUR pro m² (ohne USt). Die Fassade in der damit hergestellten Art weist eine Lebensdauer von 30 Jahren auf. Die erforderlichen Reparaturarbeiten betrafen eine Fläche von 61 m2. Bei einer Wiedermontage der von der Beklagten verwendeten Fassadenplatte Prodema B***** wären zusätzliche Kosten für Verblechungsarbeiten von 1.500 EUR (ohne USt) angefallen. Der Aufwand, der notwendig gewesen wäre, die Fassadenerneuerung in jener Qualität zu erreichen, wie sie mit den im Jahr 2004 von der Beklagten gelieferten Fassadenplatten mit einer Lebensdauer von 15 Jahren, allerdings in witterungsbeständiger Qualität zum Jahreswechsel 2011/2012 zu erreichen gewesen wäre, beträgt 31.006,81 EUR (ohne USt). Abzüglich der Wertsteigerung durch die Verwendung der Fassadenplatte T*****B***** von 628,91 EUR (153 EUR abzüglich 142,69 EUR mal 61 m2) zuzüglich der Kosten der nicht benötigten Verblechungsarbeiten von 1.500 EUR zuzüglich 20 % USt aus diesen Beträgen ergeben sich Kosten der Sanierung in Höhe von 38.253,48 EUR.

Das Erstgericht gab der Klage mit Endurteil statt. Rechtlich ging es davon aus, es liege keine Verletzung der Schadensminderungspflicht vor, weil der ortsübliche Sanierungsaufwand bei einer gleichartigen witterungsbeständigen Ersatzvornahme 2011/12 den geltend gemachten (tatsächlichen) Aufwand unterschritten habe, weshalb der klagenden Partei der gesamte geltend gemachte Sanierungsaufwand von 37.208,17 EUR zustehe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge und ließ die Revision nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

1.1 Unterlässt der Schuldner die Verbesserung, so muss er den Gläubiger so stellen, wie er stünde, wenn er ordnungsgemäß erfüllt hätte. Im vorliegenden Fall hatte sich die beklagte Partei am 29. 4. 2009 zur vollständigen Reparatur durch Austausch der Platten bis 30. 6. 2010 verpflichtet, diese Arbeit aber nicht vorgenommen.

1.2 Veranlasst der Geschädigte berechtigterweise die Reparatur durch einen Dritten, hat ihm der Vertragspartner jene mit der Ersatzvornahme verbundenen konkreten Aufwendungen zu ersetzen, die zur Beseitigung des Mangels erforderlich sind. Die ständige Rechtsprechung lehnt die Möglichkeit eines Vorteilsausgleichs in einem solchen Fall ab (RIS-Justiz RS0018699). Bereits in der Entscheidung 1 Ob 829/91 (SZ 55/29) hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass Vorteile, die der Käufer auch bei ordnungsgemäßer Verbesserung erlangt hätte, keinen Gegenstand der Vorteilsausgleichung bilden, wenn bei Verzug mit der Verbesserung der Verbesserungsaufwand als Erfüllungsinteresse begeht wird (siehe dazu auch Fenyves, Vorteilsausgleichung im Gewährleistungsrecht ? JBl 1999, 2).

2. Die Beklagte weist in ihrer Revision darauf hin, dass dem Käufer ein Vorteil insofern zukommt, als die im Zuge der Ersatzvornahme verlegten Platten T*****B***** qualitativ höherwertig sind, weil deren Witterungsbeständigkeit nicht nur 15 Jahre beträgt – somit gerechnet ab 2010 nicht nur bis zum Jahr 2025 reicht –, sondern infolge der dreißigjährigen Witterungsbeständigkeit über das Jahr 2025 noch weit hinausgeht. Dabei lässt die Beklagte jedoch unberücksichtigt, dass die zugesprochenen Kosten für die Ersatzvornahme ohnedies nur jenen Aufwand umfassen, der notwendig gewesen wäre, die Fassadenerneuerung in jener Qualität zu erreichen, wie sie mit den im Jahr 2004 von ihr gelieferten Fassadenplatten mit einer Lebensdauer von 15 Jahren (allerdings in witterungsbeständiger Qualität) gegeben gewesen wären; außerdem hat die Wertsteigerung bzw der Vorteil der längeren Lebensdauer der bei der Ersatzvornahme verwendeten Fassadenplatten T*****B***** durch einen rechnerischen Abzug in Höhe von 628,91 EUR Ausgleich gefunden. Die Kosten der Ersatzvornahme wurden somit ohnedies nur in jener Höhe zugesprochen, die aufzuwenden gewesen wäre, wenn die Beklagte ihre Leistung vertragsgemäß erbracht hätte.

3. Zusammenfassend setzt sich die Revisionswerberin mit ihren Ausführungen, der Vorteil der dreißigjährigen Witterungsbeständigkeit hätte – infolge Ersparnis der Ausgaben für die ab 2004 alle 15 Jahre (somit 2019 und 2034) nötige Erneuerung der Fassadenplatten – zur Reduktion ihrer Ersatzpflicht auf Null führen müssen, nicht nur darüber hinweg, dass die Vorteile, die der Käufer durch die ihm zustehende Verbesserung erlangt hat, nicht auszugleichen sind, sondern auch darüber, dass der Vorteil der dreißigjährigen Witterungsbeständigkeit ohnedies bereits Berücksichtigung gefunden hat.

4. Die Ansicht des Berufungsgerichts, aufgrund dieser Gegebenheiten des vorliegenden Falls könne sich die Beklagte nicht erfolgreich ihrer Verpflichtungen aus dem Anerkenntnis entledigen, bewegt sich somit im Rahmen der dargelegten Rechtsprechung.

Da es der Revisionswerberin nicht gelingt, eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen, ist die außerordentliche Revision als unzulässig zurückzuweisen.

Textnummer

E124439

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0100OB00010.19X.0219.000

Im RIS seit

02.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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