TE Vwgh Erkenntnis 1999/4/28 97/13/0068

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Veröffentlicht am 28.04.1999
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §21 Abs1;
BAO §22 Abs1;
BAO §23 Abs1;
KStG 1988 §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der A-GmbH in W, vertreten durch Dr. Paul Doralt, Dr. Wilfreid Seist und Dr. Peter Csoklich, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 11. Februar 1997, Zl. 11-96/133/-/07, betreffend Bescheidbehebung nach § 299 BAO (hinsichtlich Körperschaftsteuer 1995), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den an die Beschwerdeführerin ergangenen Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 1995 in Ausübung des Aufsichtsrechtes nach § 299 BAO auf. Nach der Begründung zum angefochtenen Bescheid sei die Beschwerdeführerin einer die Jahre 1987 bis 1993 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung unterzogen worden, wobei u.a. laut Pkt. 3 der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 28. September 1995 festgestellt worden sei, dass der Beschwerdeführerin im Jahr 1986 von ihrer zu 26 % beteiligten Gesellschafterin Ö-AG ein zinsenloses Gesellschafterdarlehen in Höhe von S 47 Mio eingeräumt und teilweise rückgeführt worden sei. Die Betriebsprüfung habe dieses Darlehen als verdecktes Stammkapital qualifiziert. In den Jahren 1990, 1991 und 1993 seien die unverzinslichen Gesellschaftermittel teilweise verzinst worden. Diese Verzinsung sei von der Betriebsprüfung als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt worden. In der Beilage zur Körperschaftsteuererklärung 1995 seien die geltend gemachten Zinsaufwendungen für das Wirtschaftsjahr 1. Juli 1994 bis 30. Juni 1995 in Höhe von S 2,369.543,-- und für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. Juli 1995 bis 31. Dezember 1995 von S 1,174.065,-- (insgesamt somit S 3,543.608,--) zwar offen gelegt, in der Körperschaftsteuererklärung jedoch nicht dem Gewinn hinzugerechnet worden. In einer ergänzenden Anmerkung der Beilage zur Körperschaftsteuererklärung habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, ungeachtet der unterbliebenen Bekämpfung der Bescheide für den Prüfungszeitraum würden die Feststellungen der Betriebsprüfung für unzutreffend gehalten und es werde daher ein Rechtsmittel angestrebt.

Nach dem Jahresabschluss der Beschwerdeführerin zum 31. Dezember 1995 - so die belangte Behörde weiter in ihrer Begründung - habe gegenüber der Ö-AG eine Verbindlichkeit in Höhe von S 26,340.000,-- bestanden, der ein gesellschaftsvertraglich vereinbartes Stammkapital von S 500.000,-- gegenüberstehe. Bei dieser Relation von Gesellschafterdarlehen und gesellschaftsvertraglich vereinbartem Stammkapital sei von verdecktem Eigenkapital auszugehen, weil zwischen dem Eigenkapital und den auf Dauer benötigten Mitteln ein Missverhältnis bestehe, das Fremdkapital also wirtschaftlich Eigenkapital ersetze. Die Aufwendungen für die Zinsen hätten daher als verdeckte Gewinnausschüttung dem Bilanzgewinn hinzugerechnet werden müssen. In einem Schreiben vom 18. Juni 1986 sei auch von einem zinsenlosen Gesellschafterdarlehen in Höhe von S 47 Mio an die Beschwerdeführerin die Rede. Durch die Nichtberücksichtigung der Zinsen als verdeckte Gewinnausschüttung sei dem Körperschaftsteuerbescheid ein unrichtig festgestellter Sachverhalt zu Grunde gelegt worden. Er sei daher auch inhaltlich rechtswidrig, womit die Gründe für eine Bescheidaufhebung nach § 299 Abs. 1 lit b und Abs. 2 BAO gegeben seien. Im Rahmen des Ermessens sei die Aufhebung aus Zweckmäßigkeitsgründen, insbesondere im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, geboten gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Wertung von Leistungsbeziehungen zwischen Körperschaften und ihren Mitgliedern als betriebliche Vorgänge setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass die Leistungsbeziehungen unter auch gegenüber gesellschaftsfremden Personen üblichen Bedingungen erfolgen. Andernfalls liegen Ausschüttungs- bzw. Einlage-Vorgänge vor, auch wenn die Vorgänge in zivilrechtliche Geschäfte eingekleidet werden. Verträge zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern finden nur dann steuerliche Anerkennung, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen klaren und eindeutigen Inhalt haben und auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Es ist zu prüfen, ob die Zuwendung nach ihrem inneren Gehalt ihre Ursache in einer schuldrechtlichen Beziehung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter oder im Gesellschaftsverhältnis hat. Im letzteren Fall ist die Leistung - ungeachtet einer allfälligen Bezeichnung z.B. als Darlehen oder stille Beteiligung - als verdeckte Einlage anzusehen (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1997, 94/15/0160, 0161, und 96/15/0180, 0204, m.w.N., sowie vom 10. Juli 1996, 94/15/0114, und vom 25. Juni 1997, 94/15/0118). Eine unklare Vertragsgestaltung, nämlich keine Vereinbarung über Rückzahlung bzw. Verzinsung, sind Anhaltspunkte dafür, dass kein echtes Gesellschafterdarlehen, sondern eine eigenkapitalersetzende Zuwendung vorliegt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. November 1994, 93/15/0082).

In der Sachverhaltsschilderung der Beschwerde wird ausgeführt, der Beschwerdeführerin sei von ihrer Gesellschafterin Ö-AG im Jahr 1986 ein Darlehen in Höhe von S 47 Mio gewährt worden. Tilgungen seien durch die Beschwerdeführerin - wenn auch in unregelmäßiger Form - ab dem Jahr der Zuzählung vorgenommen worden. Dieses Gesellschafterdarlehen sei ursprünglich unverzinst gewesen. Es gelte als ausdrücklich vereinbart, dass die Beschwerdeführerin jederzeit berechtigt sei, "freie Liquidität in unserer Gesellschaft variabel, dh ohne Einhaltung bestimmter Betragshöhen oder Zahlungsfristen, zur Rückführung des von der Ö-AG gewährten Darlehens zu verwenden und damit eine vorzeitige Tilgung des Gesellschafterdarlehens herbeizuführen" (die Beschwerdeführerin verweist dazu auf den Schriftsatz vom 18. Juni 1986). Ab 1. Jänner 1990 sei eine fremdübliche Verzinsung des zu diesem Zeitpunkt aushaftenden Darlehensbetrages von S 35 Mio mit 8,5 % dekursiv erfolgt, im Jahr 1991 sei das Darlehen wiederum zinsenfrei gestellt worden. Seit 1. Juli 1992 betrage die vereinbarte Verzinsung 8 % pa dekursiv "bis zur vollständigen Tilgung". Zum Bilanzstichtag habe der Darlehensstand S 26,340.929,-- betragen.

Nach dem auch in der Beschwerde angesprochenen Schreiben vom 18. Juni 1986 sollte die Ö-AG die notwendigen Finanzierungsmittel für das von der Beschwerdeführerin "abgeschlossene Leasingengagement" u.a. durch die Zurverfügungstellung eines zinsenlosen Gesellschafterdarlehens in der Höhe von S 47 Mio. aufbringen. Die Beschwerdeführerin weist selbst darauf hin, die Darlehensrückzahlung sei ihr entsprechend ihrer Liquidität ("ohne Einhaltung bestimmter Betragshöhen oder Zahlungsfristen") möglich gewesen (eine konkrete Laufzeit des Darlehens oder schriftliche Darlehensvereinbarung nennt die Beschwerde nicht). Zieht man weiters die unklaren bzw. wechselnden Zinsvereinbarungen (zunächst unverzinslich, Verzinsung, Zinsfreistellung, neuerliche Verzinsung zu einem offenbar nicht von vornherein fixierten Satz) in Betracht, ist evident, dass die behauptete Darlehensgestaltung einem Fremdvergleich nicht standhält, sondern sich hinter der Bezeichnung eine Mittelzufuhr verbirgt, die Eigenkapitalcharakter trägt (vgl. dazu auch Ruppe, Gesellschafterdarlehen als verdecktes Eigenkapital im Körperschaftsteuer- und Bewertungsrecht, FS Bauer, 317 f). Auf das in der Beschwerde ("unter Einrechnung des Investitionsfreibetrages") bestrittene Missverhältnis von Eigen- oder Fremdkapital (wobei allerdings das "Gesellschafterdarlehen" zum Zeitpunkt der Gewährung allein rd. das 100-fache des nominellen Stammkapitals betrug) kommt es dabei nicht mehr entscheidend an (vgl. Ruppe, a.a.O.). Da bei der Qualifikation eines Gesellschafterdarlehens als "verdecktes Eigenkapital" grundsätzlich auf den Zeitpunkt der "Darlehenszuzählung" abzustellen ist (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1982, 81/14/0195, 82/14/0003,0004), kann der Beschwerde schon deshalb nicht darin gefolgt werden, wegen der Änderungen der "Darlehenskonditionen" zum 1. Juli 1992 ("fremdübliche" Verzinsung des damaligen "Restbetrages iHv S 35,000.000,--" mit 8 %) sei "jedenfalls" ab diesem Zeitpunkt (weil "in wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Umschuldung" anzunehmen sei) das Gesellschafterdarlehen anzuerkennen (im Übrigen verweist die Beschwerdeführerin an anderer Stelle ihrer Beschwerde auch ausdrücklich darauf, der Sachverhalt hinsichtlich der im Jahr 1986 erfolgten Darlehensgewährung habe sich seit damals bis zur Veranlagung 1995 nicht geändert).

Die belangte Behörde durfte damit im Ergebnis zu Recht von dem Eigenmittelcharakter des behaupteten Gesellschafterdarlehens, und damit von der Zuordnung der Zinsenzahlungen zu den verdeckten Gewinnausschüttungen, ausgehen. Die u.a. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit ausgesprochene Bescheidbehebung mit dem angefochtenen Bescheid erweist sich daher als nicht rechtswidrig.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr 416/1994.

Wien, am 28. April 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997130068.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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