TE OGH 2019/2/12 2Nc5/19m

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.02.2019
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Musger und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Univ.-Prof. Dr. T***** B*****, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei I*****, vertreten durch die Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, und der Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei 1. S*****, vertreten durch die Meinhard Novak Rechtsanwalts GmbH in Wien, 2. A*****, vertreten durch Dr. Günther Klepp und andere Rechtsanwälte in Linz, 3. I*****, vertreten durch die Lederer Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 30.400 EUR), über den Antrag der klagenden Partei auf Delegierung gemäß § 31 JN, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag, zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache statt des Landesgerichts Linz das Landesgericht Wiener Neustadt, hilfsweise das Handelsgericht Wien, hilfsweise das Landesgericht Feldkirch, zu bestimmen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und der ersten und der zweiten Nebenintervenientin die mit jeweils 602,88 EUR (darin jeweils 70,68 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Äußerungen zum Delegierungsantrag sowie der dritten Nebenintervenientin die mit 143,28 EUR (darin 23,88 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Äußerung zum Delegierungsantrag binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der in Feldkirch ansässige Kläger nimmt die in Linz ansässige Beklagte beim Landesgericht Linz wegen mangelhafter Anlageberatung in Anspruch. Er beantragt die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle Schäden, Folgen und Nachteile aus der Zeichnung eines näher bezeichneten Pensionsvorsorgemodells.

Die Beklagte und die auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten bestreiten eine mangelhafte Anlageberatung und wenden Mitverschulden und Verjährung ein.

Beim Landesgericht Linz sind derzeit mehrere Verfahren gegen die Beklagte anhängig, die dasselbe Anlageprodukt betreffen; weitere Verfahren ruhen oder sind rechtskräftig erledigt (7 Ob 158/17m, 3 Ob 82/18g, 8 Ob 46/18z ua). Das vorliegende Verfahren hatte geruht. Nach Fortsetzung im Juni 2018 fand eine mündliche Streitverhandlung ohne Einvernahmen von Parteien oder Zeugen statt.

Der Kläger beantragt, die Sache dem Landesgericht Wiener Neustadt, hilfsweise dem Handelsgericht Wien, hilfsweise dem Landesgericht Feldkirch zu übertragen. Aufgrund der Wohnsitze des Klägers sowie der beantragten Zeugen und der Kanzleisitze der Parteienvertreter sei die Delegierung an eines der genannten Gerichte zweckmäßig.

Die Beklagte und die auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten sprechen sich gegen die Delegierung aus.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt:

1. Eine Delegierung kommt nur in Betracht, wenn überwiegende Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen. Kann die Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zu Gunsten aller Parteien beantwortet werden und widerspricht eine der Parteien der Delegierung, so hat die Delegierung in der Regel zu unterbleiben (RIS-Justiz RS0046589).

2. Im vorliegenden Fall wohnt der Kläger in Feldkirch. Drei beantragte Zeugen wohnen in Linz, zwei im Sprengel des Landesgerichts Wels, vier im Sprengel des Landesgerichts Wiener Neustadt, einer in Feldkirch, zwei in Wien und einer in Mariazell. Da solchermaßen die einzuvernehmenden Personen über ganz Österreich verstreut sind und immerhin fünf dieser Personen am Ort des Erstgerichts oder in relativer Nähe dazu (Sprengel Wels) wohnen, liegt eine eindeutige Zweckmäßigkeit der Delegierung an ein vom Kläger genanntes Gericht gegenüber dem Erstgericht nicht vor.

Wenn die Erstrichterin den aus Mariazell zu ladenden Zeugen als „Kernzeugen“ persönlich und nicht per Videokonferenz einvernehmen will und dieser nach dem Vorbringen des Klägers für die mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchzuführende Anreise nach Linz sechs Stunden benötigen würde, würde aufgrund der relativ abgelegenen Lage von Mariazell eine Anreise nach Wien oder Wiener Neustadt ebenfalls mit erheblichem Zeitaufwand verbunden sein und nach Feldkirch sogar wesentlich länger dauern.

Zudem hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass die Konzentration von Parallelverfahren bei einem einzigen Gericht eine Delegierung begründen könne (8 Nc 39/03g mwN). Das spricht umgekehrt gegen eine Delegierung, wenn sie – wie hier – eine solche Konzentration gerade verhinderte. Der Antrag ist daher abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO. Der erfolglose Delegierungswerber hat dem Gegner und den auf dessen Seite beigetretenen Nebenintervenienten die notwendigen Kosten einer ablehnenden Äußerung zum Delegierungsantrag unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits zu ersetzen, allerdings nur nach TP 2 RATG (4 Nc 18/15g; RIS-Justiz RS0036025 [T1]). Die dritte Nebenintervenientin hat nur Kosten nach TP 1 RATG verzeichnet.

Textnummer

E124264

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0020NC00005.19M.0212.000

Im RIS seit

28.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

28.03.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten