TE Vwgh Erkenntnis 1999/4/30 99/16/0003

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.04.1999
beobachten
merken

Index

L10104 Stadtrecht Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
Statut Linz 1992 §74 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der G GmbH in L, vertreten durch Meyndt Ransmayr Schweiger & Partner OEG, Rechtsanwälte in Linz, Huemerstraße 1/Kaplanhofstraße 2, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 18. November 1998, Zl. Gem - 521513/1 - 1998 - STO, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung gegen eine Getränkesteuerfestsetzung (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 25. Mai 1998 schrieb der Magistrat der Stadt Linz der Beschwerdeführerin für den Abgabenzeitraum 1. Jänner 1997 bis 31. Jänner 1997 die Getränkesteuer in der Höhe von S 283.121,-- vorläufig vor und gab einem Rückerstattungsbegehren keine Folge.

In der Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Getränkesteuer sei EU-rechtswidrig und der Verwaltungsgerichtshof habe bereits zwei Beschwerden über die Vorschreibung der Getränkesteuer dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Es werde daher beantragt, die Getränkesteuer mit Null festzusetzen und die entrichteten Vorauszahlungen gutzuschreiben.

Mit Bescheid vom 27. Oktober 1998 wurde der Berufung keine Folge gegeben, die Getränkesteuer mit S 283.121,-- vorläufig festgesetzt und dem Rückzahlungsantrag keine Folge gegeben.

Gegen diese Berufungsentscheidung brachte die Beschwerdeführerin nachstehenden Schriftsatz ein:

"Mit Bescheid vom 27.10.1998, zugestellt am 29.10.1998, wurde unserer Berufung vom 09.06.1998 gegen den Getränkesteuerbescheid für 1997 keine Folge gegeben.

Wir stellen daher innerhalb der offenen 2-wöchigen Frist nach Zustellung den Antrag auf Vorstellung an die Aufsichtsbehörde.

Abschließend möchten wir noch feststellen, dass wir mit einer Aussetzung der Entscheidung der Aufsichtsbehörde einverstanden sind, da in vergleichbaren Fällen bereits entsprechende Beschwerden bei den Höchstgerichten anhängig sind."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung vom 30. Oktober 1998 als unzulässig zurück. Dies mit der Begründung, die Beschwerdeführerin habe keinen begründeten Vorstellungsantrag gestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf inhaltliche Entscheidung über ihre Vorstellung verletzt.

Die belangte Behörde sowie die mitbeteiligte Partei erstatteten jeweils Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall war der angefochtene Bescheid im November 1998 ergangen und daher die in diesem Zeitraum geltende Rechtslage anzuwenden (auf Grund des § 109 Abs. 1 O.ö. GemO 1990 das AVG idF vor der Novelle BGBl. Nr. 158/1998).

Gemäß § 74 Abs. 2 des Statutes für die Landeshauptstadt Linz 1992 ist die Vorstellung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich oder telegraphisch beim Magistrat einzubringen; die Vorstellung hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Antrag zu enthalten.

Bei der Auslegung des Merkmales eines "begründeten Berufungsantrages" soll kein strenger Maßstab angelegt werden, weil es sich um eine Vorschrift handelt, die sich auch an rechtsunkundige Parteien richtet (vgl. das zu § 63 Abs. 3 AVG ergangene hg. Erkenntnis vom 10. November 1995, Zl. 95/17/0048).

Im Vorstellungsschriftsatz vom 30. Oktober 1998 stellte die Beschwerdeführerin den "Antrag auf Vorstellung", erklärte sich mit einer Aussetzung der Entscheidung einverstanden und verwies dabei auf in vergleichbaren Fällen bereits anhängige Beschwerden bei den Höchstgerichten.

Ein begründeter Berufungsantrag liegt dann vor, wenn die Eingabe erkennen lässt, welchen Erfolg der Einschreiter anstrebt und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt. Für die Beurteilung, ob ein Berufungsantrag begründet ist, ist nicht wesentlich, dass die Begründung stichhältig ist (vgl. das zu § 63 Abs. 3 AVG ergangene hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1989, Zl. 89/07/0012).

Im Beschwerdefall begehrte die Beschwerdeführerin mit der Vorstellung die Aufhebung des bekämpften Berufungsbescheides - eine andere Deutung lässt der Inhalt des Schriftsatzes nicht zu - ohne dies allerdings, wie bei einer Eingabe durch einen steuerlichen Vertreter erwartet werden könnte, in einem eindeutig ausformulierten Vorstellungsantrag zu beantragen. In der gleichzeitig gegebenen "Einverständniserklärung" für die Aussetzung des Entscheidung liegt auch die Begründung der Vorstellung: Nämlich die bereits im Berufungsverfahren geltend gemachte EU-Rechtswidrigkeit der Getränkesteuer. Aufgrund der Anhängigkeit gleichgelagerter Fälle bei den Höchstgerichten - auf die die Beschwerdeführerin bereits in der Berufung hingewiesen hatte - erklärte die Beschwerdeführerin zur Abkürzung des Verfahrens über die Aussetzung der Entscheidung (es ist vor einer solchen Entscheidung Parteiengehör einzuräumen) "mit einer Aussetzung der Entscheidung der Aufsichtsbehörde einverstanden" zu sein. Aus dieser Formulierung ergibt sich zwingend, dass die Beschwerdeführerin als einzigen Vorstellungsgrund gegen die Vorschreibung der Getränkesteuer deren EU-Rechtswidrigkeit geltend machte, weil diese auch die Aussetzung der Entscheidung im Einverständnis mit der Beschwerdeführerin rechtfertigen konnte.

Die belangte Behörde konnte daher nicht mit Recht davon ausgehen, dass der Vorstellungsschriftsatz nicht erkennen ließ, welchen Standpunkt die Beschwerdeführerin vertrat.

Da die belangte Behörde rechtswidrig das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages annahm, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. April 1999

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999160003.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten