TE Bvwg Beschluss 2019/2/14 W198 2214269-1

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Veröffentlicht am 14.02.2019
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Entscheidungsdatum

14.02.2019

Norm

AlVG §10
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §13 Abs5

Spruch

W198 2214269-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Josef HERMANN und Mag. Rudolf NORTH als Beisitzer betreffend die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Amstetten vom 16.01.2019, Zl. RAG/A05661/2019, in nichtöffentlicher Sitzung, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 13 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit rechtskräftigem Bescheid der Regionalen Geschäftsstelle Amstetten (im Folgenden: AMS) vom 21.12.2017 wurde gegen XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) eine Ausschlussfrist gemäß § 10 AlVG für die Zeit vom 01.12.2017 bis 11.01.2018 ausgesprochen.

2. Mit Bescheid des AMS vom 24.07.2018 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer gemäß § 10 AlVG den Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 02.07.2018 bis 12.07.2018 verloren hätte, da er eine vom Arbeitsmarktservice zugewiesene, zumutbare Beschäftigung bei der Firma XXXX vereitelt hätte.

3. Mit der gleichen Begründung wurde mit einem zweiten Bescheid des AMS vom 09.08.2018 eine Ausschlussfrist gemäß § 10 iVm § 38 AlVG für die Zeit vom 07.08.2018 bis 26.08.2018 ausgesprochen.

4. Mit rechtskräftiger Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 26.09.2018 wurde der fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom 07.08.2018 gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Amstetten vom 24.07.2018 keine Folge gegeben.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 29.11.2018 wurde der fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom 21.08.2018 gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Amstetten vom 09.08.2018 ebenfalls keine Folge gegeben.

6. Gegen diese Beschwerdevorentscheidung vom 29.11.2018 wurde fristgerecht ein Vorlageantrag gestellt. Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über diesen Vorlageantrag ist noch offen (anhängig in ho GA zu W263 2211888-1).

7. Mit Bescheid des AMS vom 24.09.2018 wurde eine Ausschlussfrist gemäß § 10 iVm § 38 AlVG für die Zeit vom 03.09.2018 bis 28.10.2018 (8 Wochen) ausgesprochen, da der Beschwerdeführer die Annahme der ihm vom Arbeitsmarkservice zugewiesenen, zumutbaren Beschäftigung als Monteur bei der XXXX GmbH mit möglichem Arbeitsbeginn 03.09.2018 vereitelt hätte.

8. Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 19.11.2018 wurde die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 27.09.2018 gegen den Bescheid des AMS vom 24.09.2018 abgewiesen.

9. Dagegen wurde fristgerecht das Rechtsmittel des Vorlageantrages eingebracht. Eine Entscheidung des zuständigen Bundesverwaltungsgerichtes in dieser Rechtssache ist noch offen (anhängig in ho GA zu W263 2208246-1).

10. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Amstetten vom 27.12.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 32 Abs. 2 iVm §§ 38, 24 Abs. 1, 7 und 9 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) idgF die Notstandshilfe mangels Arbeitswilligkeit ab 01.12.2018 eingestellt.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nicht bereit gewesen sei, die vom AMS zugewiesene, zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Innerhalb eines Jahres hätte die wiederholte Erfüllung des Tatbestandes des § 9 AlVG (Weigerung eine zumutbare Beschäftigung anzunehmen bzw. die Nichtannahme einer Beschäftigung bzw. die Vereitelung einer Beschäftigungsaufnahme) zweimal zum Ausschluss der Leistung gemäß § 10 AlVG geführt. Der Beschwerdeführer hätte nunmehr auch die Annahme der zumutbaren Beschäftigung beim Dienstgeber XXXX als Werkzeugbautechniker vereitelt. Dieses Verhalten dokumentiere eine generelle Ablehnung der Annahme von zumutbaren Beschäftigungen.

11. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 07.01.2019 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde.

12. Mit verfahrensgegenständlichen Bescheid des AMS vom 16.01.2019 wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom 07.01.2019 gegen den Bescheid des AMS vom 27.12.2018 gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG iVm § 56 Abs. 2 und § 58 AlVG ausgeschlossen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die individuelle Interessensabwägung ergeben habe, dass das öffentliche Interesse gegenüber dem mit der Beschwerde verfolgten Einzelinteresse überwiegen würde. Die festgestellte Langzeitarbeitslosigkeit verbunden mit Arbeitsunwilligkeit lasse die Einbringlichkeit der Forderung bei vorläufiger Anweisung der Leistung als gefährdet erscheinen.

13. Gegen den Bescheid vom 16.01.2019 hat der Onkel des Beschwerdeführer "namens seines Neffen" mit Schreiben vom 24.01.2019, eingelangt beim AMS am 06.02.2019, fristgerecht Beschwerde erhoben. In der Beschwerde wurden keine relevanten Punkte für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vorgebacht. Vorgebracht wird allerdings, dass der Beschwerdeführer an einer psychischen Störung leide. Eine stationäre Aufnahme hätte der Beschwerdeführer selbst nach langem Zureden des Arztes verweigert. Der Beschwerdeführer sei im Moment arbeitsunfähig. Als Beilage angeschlossen wurde ein Krankenhaus - Kurzbericht vom 22.01.2019.

14. Das AMS legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt am 08.02.2019 dem Bundesverwaltungsgericht mit der Bemerkung vor, dass von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung nicht abgesehen werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der referierte Verfahrensgang wird als relevanter Sachverhalt festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang bzw. Sachverhalt ergibt sich unmittelbar aufgrund der unbedenklichen und unzweifelhaften Aktenlage des vorgelegten Verwaltungsaktes, aus den ho anhängigen Beschwerdeverfahren zu W263 2211888-1, W263 2210807-1, der ho. am 05.11.2018 entschiedenen Beschwerdesache zu W263 2208246-1 (Abweisung der Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 16.10.2018, Zl. RAG/A05661/2018, mit dem das AMS die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom 27.09.2018 gegen den Bescheid des AMS vom 24.09.2018 gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG i.V.m. § 56 Abs. 2 und § 58 AlVG ausgeschlossen hat) sowie dem ebenfalls vorgelegten Versicherungsverlauf und Bezugsverlaufes (Anhänge 2 und 3 des vorgelegten Verwaltungsaktes).

Es ist sohin aktenmäßig belegt, dass der Beschwerdeführer beginnend mit 21.12.2017 und im Jahr 2018 wiederholt den Tatbestand des §§ 9 AlVG (Weigerung eine zumutbare Beschäftigung anzunehmen bzw. die Nichtannahme einer Beschäftigung bzw. die Vereitelung einer Beschäftigungsaufnahme) erfüllt hat, was auch bereits zweimal zum rechtskräftigen Ausschluss der Leistung gemäß § 10 AlVG geführt hat.

Gemäß dem vorgelegten Versicherungsverlauf vom 07.02.2019 und dem vorgelegten Bezugsverlauf, ebenfalls vom 07.02.2019, liegt mittlerweile eine längere Arbeitslosigkeit vor.

Der Beschwerdeführer stand bis 30.11.2018 im Notstandshilfebezug. Eine neue Arbeitsaufnahme durch den Beschwerdeführer ist zum Entscheidungszeitpunkt nicht ersichtlich (Hauptverbandsdatenauszug vom 14.02.2019).

Insbesondere aus der verfahrensgegenständlichen Beschwerde vom 24.01.2019 ergeben sich jedoch eindeutige Anhaltspunkte dahingehend, dass der Beschwerdeführer im weiteren Ermittlungsverfahren im Rahmen des Beschwerdevorprüfungsverfahrens einer Feststellung seiner Arbeitsfähigkeit zuzuführen sein wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin das Arbeitsmarktservice Wien, Landesgeschäftsstelle. § 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.

Senatszuständigkeit:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer regionalen Geschäftsstelle des AMS das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören. Der Tatbestand, aus dem sich die Senatszuständigkeit ableitet, stellt nur auf die bescheiderlassende Behörde und nicht etwa darauf ab, worüber sie entschieden hat. Die Regelung trägt dem Legalitätsprinzip iSd Art. 18 Abs. 1 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG Rechnung, wonach der Gesetzgeber insbesondere in Bezug auf die Behörden- und Gerichtszuständigkeit zu einer präzisen, strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden Regelung verpflichtet ist und eine Zuständigkeitsfestlegung klar und unmissverständlich sein muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2016, Ra 2016/02/0159). § 9 Abs. 1 BVwGG betrifft hingegen nur die der Entscheidung in der Hauptsache vorangehenden Beschlüsse. Gegenständlich ist (Haupt)Sache die Beschwerde gegen den die aufschiebende Wirkung ausschließenden Bescheid des AMS vom 16.01.2019 (vgl. VwGH vom 07.09.2017,

Zl. Ra 2017/08/0065-5).

Verfahren und anzuwendende Rechtsvorschriften:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zuru¿ckzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung.

Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die aufschiebende Wirkung von der Behörde mit Bescheid ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach § 13 Abs. 5 VwGVG hat die Behörde die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 - sofern sie nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist - dem Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

Die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 13 Abs. 2 VwGVG entsprechen großteils jenen des § 64 Abs. 2 AVG (vgl. Lehhofer, Die aufschiebende Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ÖJZ 2014, 5ff.). Auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage weisen darauf hin, dass § 13 VwGVG weitgehend der Bestimmung des § 64 AVG nachgebildet ist (RV 2009 BlgNR 24. GP). Wie auch dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 01.09.2014, Zl. 2014/03/0028, zu entnehmen ist, kann somit ohne Weiteres auf die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zurückgegriffen werden, um die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung an Hand der dort aufgestellten Kriterien zu überprüfen.

Dementsprechend genügt für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde nicht, dass ein Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles an der vorzeitigen Vollstreckung des Bescheides besteht, sondern es muss darüber hinaus noch die Umsetzung des Bescheides in die Wirklichkeit wegen Gefahr im Verzug dringend geboten sein (Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 64 Rz 31). "Gefahr im Verzug" bedeutet, dass den berührten öffentlichen Interessen oder den Interessen einer anderen Partei (als des Beschwerdeführers) ein derart gravierender Nachteil droht, dass die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides dringend geboten ist. Die Annahme, dass Gefahr in Verzug vorliegt, bedingt eine sachverhaltsbezogene fachliche Beurteilung durch die Behörde (Eder/Martschin/Schmid, Verwaltungsgerichte, K10 f. zu § 13 VwGVG mH auf die Erkenntnisse des VwGH vom 24.05.2002, Zl. 2002/18/0001, und vom 22.03.1988, Zl. 87/07/0108). Die Gefahr muss konkret bestehen (Hengstschläger/Leeb, AVG zu § 64 Rz 31).

Schließlich hat auch der Verwaltungsgerichtshof bereits im obzit. Beschluss vom 01.09.2014, Zl. Ra 2014/03/0028, im Zusammenhang mit einer Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG klargestellt, dass die Entscheidung über die Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung ist.

Zur Regelung des § 13 VwGVG hat der Verwaltungsgerichtshof in Zusammenhang mit Beziehern von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung mit Erkenntnis vom 11.04.2018, Ro 2017/08/0033, zuletzt wie folgt ausgeführt:

"Die Entscheidung über Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung (VwGH 1.9.2014, Ra 2014/03/0028). [...] § 13 Abs. 2 VwGVG ermöglicht es, den in der Praxis bestehenden Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einbringung allenfalls unberechtigt empfangener Geldleistungen zu begegnen und dem Interesse der Versichertengemeinschaft, die Einbringlichkeit von (vermeintlich) zu Unrecht gewährten Leistungen an den einzelnen Versicherten ohne Zuwarten auf eine rechtskräftige Entscheidung im Falle der Bekämpfung eines Bescheides zu berücksichtigen, indem die berührten öffentlichen Interessen mit den Interessen des Leistungsempfängers abgewogen werden. Stellt sich im Zuge dieser Interessenabwägung heraus, dass der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheids wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist, so kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde mit Bescheid ausschließen.

Das Tatbestandsmerkmal ,Gefahr im Verzug' bringt zum Ausdruck, dass die Bestimmung (der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) nur das Eintreten erheblicher Nachteile für eine Partei bzw. gravierender Nachteile für das öffentliche Wohl verhindern soll (vgl. Hengstschläger/Leeb, Rz 31 zu § 64 AVG; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, § 13 VwGVG K 12).

Um die vom Gesetzgeber außerdem geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können (vgl. zur Interessenabwägung nach § 30 Abs. 2 VwGG VwGH 14.2.2014, Ro 2014/02/0053), hat ein Notstandshilfebezieher insbesondere die nicht ohne weiteres erkennbaren Umstände, die sein Interesse an einer Weitergewährung untermauern, sowie die in seiner Sphäre liegenden Umstände, die entgegen entsprechender Feststellungen des AMS für die Einbringlichkeit einer künftigen Rückforderung sprechen, spätestens in der Begründung (§ 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG) seiner Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen, zumal das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden hat.

Ein im öffentlichen Interesse gelegener Bedarf nach einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist im Allgemeinen insbesondere bei der Verhängung einer Sperrfrist mangels Arbeitswilligkeit gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG (iVm § 38 AlVG) gegeben, deren disziplinierender Zweck weitgehend verloren ginge, wenn sie erst Monate nach ihrer Verhängung in Kraft treten würde. Die Interessenabwägung kann vor allem dann zu Gunsten einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ausschlagen, wenn für den Fall einer vorläufigen Weitergewährung einer Leistung die Einbringlichkeit des Überbezuges gefährdet ist. Ob eine solche Gefährdung vorliegt, hat das AMS zu ermitteln und gegebenenfalls auf Grund konkret festzustellender Tatsachen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der betroffenen Partei festzustellen (Müller in Pfeil AlVG-Komm Rz 3f und 19 zu § 56). Wirkt der Notstandshilfebezieher an den Feststellungen über die Einbringlichkeit nicht mit, kann von einer Gefährdung derselben ausgegangen werden (Müller in Pfeil AlVG-Komm Rz 19 zu § 56). Eine maßgebliche Gefährdung der Einbringlichkeit des Überbezuges wäre allerdings dann nicht anzunehmen, wenn die prima facie beurteilten Erfolgsaussichten der Beschwerde eine Rückforderung der weiter gezahlten Notstandshilfe unwahrscheinlich machen (vgl. zur Erfolgsprognose VwGH 9.5.2016, Ra 2016/09/0035)."

Fallbezogen bedeutet dies Folgendes:

Es ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt sowie den im Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren gegen den Beschwerdeführer Anhaltspunkte für die Notwendigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung im Einzelfall wegen Gefahr im Verzug.

Der Beschwerdeführer bezieht seit 15.11.2017 durchgängig Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Es wurden mit rechtskräftigen Bescheiden des AMS bereits zwei Ausschlussfristen gemäß § 10 AlVG verhängt. Zwei weitere Ausschlussfristverfahren sind zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt (noch) beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Seit 01.12.2018 bezieht der Beschwerdeführer keinerlei Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, da mit diesem Tag dem Beschwerdeführer der Bezug der Notstandshilfe mangels Arbeitswilligkeit eingestellt wurde. Eine Arbeitsaufnahme hat bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht stattgefunden. Es erscheint daher die Einbringlichkeit einer einmal ausbezahlten (vorläufigen) Leistung aus der Arbeitslosenversicherung gefährdet.

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer in der Beschwerde gegen den die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom 24.01.2019 (eingelangt am 06.02.2019) ausschließenden Bescheid kein konkretes bzw. substantiiertes Vorbringen darüber erstattet, dass ihn der Vollzug des Bescheides über den Verlust der Notstandshilfe unverhältnismäßig hart treffen würde. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.02.2014, Ro 2014/02/0053, trifft den Beschwerdeführer hinsichtlich des unverhältnismäßigen Nachteils jedoch eine Konkretisierungspflicht (vgl. VwGH 11.04.2018, Ro 2017/08/0033). Hierzu ist erneut ins Treffen zu führen, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG ohne weiteres Verfahren zu entscheiden hat. Dies bedeutet, dass das Verwaltungsgericht (gleichsam einem Eilverfahren) ohne Setzung der sonstigen üblichen Verfahrensschritte über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erkennen kann und wohl muss (vgl. Eder/Martschin/Schmid, K17 zu § 13; Fister/Fuchs/Sachs, Anm. 8 zu § 13).

Aus diesen Gründen (Gefahr im Verzug, Verletzung der Konkretisierungspflicht) ist daher der vorgenommenen Interessenabwägung der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn diese im konkreten Einzelfall von einem Überwiegen des öffentlichen Interesses gegenüber mit dem der Beschwerde verfolgten Einzelinteresse ausgegangen ist.

Bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts, ist daher (vorläufig) davon auszugehen, dass die sofortige Bezugsunterbrechung notwendig ist.

Es wird das AMS ausdrücklich darauf hingewiesen ist, dass - wie schon beweiswürdigend ausgeführt - der Beschwerdeführer im weiteren Ermittlungsverfahren im Rahmen des Beschwerdevorprüfungsverfahrens einer Feststellung seiner Arbeitsfähigkeit zuzuführen sein wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Gefahr im Verzug, Interessenabwägung,
Konkretisierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W198.2214269.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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