TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/22 W115 2200673-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.01.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.01.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §42
BBG §42 Abs2
BBG §43
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W115 2200673-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom XXXX , OB: XXXX , in Form der Ausstellung eines bis XXXX befristeten Behindertenpasses, betreffend die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass gemäß § 41, § 42, § 43 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:

Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) hat dem Beschwerdeführer am XXXX einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH eingetragen sowie die Zusatzeintragungen "Gehbehindert" und "Behinderung im BEinstG geführt" vorgenommen.

2. Der Beschwerdeführer hat am XXXX bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass gestellt.

2.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am XXXX , mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung nunmehr in Höhe von 70 vH bewertet wurde und die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" vorliegen würden.

Weiters wurde von der Sachverständigen ausgeführt, dass eine Nachuntersuchung für XXXX aufgrund einer zu erwartenden Besserung des Leidenszustandes des Beschwerdeführers erforderlich sei.

2.2. Ohne dem Beschwerdeführer das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis zu bringen, hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom XXXX einen bis XXXX befristeten Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 70 vH und den Zusatzeintragungen "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" sowie "Der Inhaber des Passes kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen" übermittelt.

Als Beilage wurde das eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX übermittelt.

3. Gegen diesen Bescheid (Anmerkung: in Form der Ausstellung eines befristeten Behindertenpasses) wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben.

Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde vom Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass sich die Beschwerde nur gegen die Befristung des Behindertenpasses richte. Es werde um Ausstellung eines unbefristeten Behindertenpasses mit dem selben Inhalt ersucht. Es seien zwei Hüftimplantate geplant. Auch mit Implantaten werde er an Schmerzen leiden. Weiters leide er noch an Rückenschmerzen und psychischen Problemen. Er wolle am XXXX nicht wieder eine schmerzhafte Untersuchung über sich ergehen lassen.

4. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt langte der Aktenlage nach am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit der Befristung des Behindertenpasses nicht einverstanden erklärt hat, war diese zu überprüfen.

1. Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt nunmehr 70 vH und es liegen die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vor. Es ist eine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten.

1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand: gut. Ernährungszustand: adipös. Haut: rosig, sichtbare Schleimhäute gut durchblutet. Caput: Visus unauffällig,

Hörvermögen nicht eingeschränkt. Keine Lippenzyanose. Sensorium:

altersentsprechend. HNA frei. Collum: SD schluckverschieblich, keine Einflussstauung, Lymphknoten nicht palpabel.

Thorax: symmetrisch, elastisch. Cor: rhythmisch, rein, normfrequent.

Blutdruck: 140/80. Pulmo: Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe.

Abdomen: Bauchdecke: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar. Hepar am Ribo, Lien nicht palpabel. Nierenlager frei. Pulse allseits tastbar.

Obere Extremitäten: symmetrische Muskelverhältnisse. Nackengriff und Schürzengriff beidseits uneingeschränkt durchführbar. Grobe Kraft beidseits nicht vermindert. Faustschluss und Spitzgriff beidseits durchführbar. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. Sensibilität wird unauffällig angegeben.

Untere Extremitäten: Zehenspitzen- und Fersenstand sowie Einbeinstand beidseits durchführbar. Beide Beine von der Unterlage abhebbar. Grobe Kraft beidseits nicht vermindert. Beweglichkeit rechte Hüfte: Rom in S 0-0-70. Beweglichkeit linke Hüfte: Rom in S 0-0-60. Hochgradige Einschränkung der Rotation, wackelsteif. Kniegelenke frei beweglich, bandstabil, kein Erguss. Symmetrische Muskelverhältnisse. Sensibilität wird unauffällig angegeben. Keine Varikositas, keine Ödeme beidseits.

Wirbelsäule: kein Klopfschmerz. Finger-Bodenabstand im Stehen: 30 cm. Rotation und Seitwärtsneigung im Bereich der HWS frei beweglich, im Bereich der BWS und LWS nach links geringgradig eingeschränkt.

Gesamtmobilität - Gangbild: hinkendes eher kleinschrittiges steifes Gangbild, kommt mit 2 UA-Krücken.

Status Psychicus: bewusstseinsklar, orientiert, kein kognitives-mnestisches Defizit. Gedankenstruktur geordnet, kohärent, keine Denkstörung. Konzentration ungestört. Antrieb unauffällig. Stimmungslage ausgeglichen, gut affizierbar. Affekte angepasst, keine produktive Symptomatik.

1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Abnützungserscheinungen beider Hüftgelenke schweren Grades Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da erhebliche Einschränkung der Beugefunktion.

02.05.12

70 vH

02

Degenerative Wirbelsäulenveränderungen geringen Grades Unterer Rahmensatz, da eine geringgradige Bewegungseinschränkung gegeben ist.

02.01.01

10 vH

03

Angstsymptomatik mit primär agoraphobischer Ausprägung und Panikattacken leichten Grades Unterer Rahmensatz, da ohne dauerhafte affektive oder somatische Störungen.

03.05.01

10 vH

Gesamtgrad der Behinderung

 

 

70 vH

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 70 vH, weil der führende Grad der Behinderung unter Nr. 01 durch die Leiden 2 und 3 nicht erhöht wird, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.

Im Vergleich zu jenem Sachverständigengutachten, welches der Ausstellung des unbefristeten Behindertenpasses am XXXX mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH zugrunde gelegt worden ist, ist hinsichtlich des Hüftleidens eine Verschlechterung eingetreten und resultiert die geänderte Beurteilung der einzelnen Gesundheitsschädigungen durch die nunmehrige Anwendung der Einschätzungsverordnung.

Eine Nachuntersuchung ist aufgrund einer möglichen Besserung von Leiden 1 für XXXX erforderlich.

1.3. Der Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass ist am XXXX bei der belangten Behörde eingelangt.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen und des Gesamtgrades der Behinderung des Beschwerdeführers gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:

Das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX , basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die im angefochtenen Verfahren vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und die befasste Sachverständige hat sich im Rahmen der Gutachtenserstellung ausführlich damit auseinandergesetzt. Diese Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Die beim Beschwerdeführer vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden in dem eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX jeweils dem befunddokumentierten Ausmaß der Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt und im Einklang mit den vorliegenden Befunden und dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund unter die entsprechenden Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt eingeschätzt. Hinsichtlich des Gesamtgrades der Behinderung wird von der Sachverständigen schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass dieser 70 vH beträgt, da Leiden 1 durch die Leiden 2 und 3 nicht erhöht wird, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt. In diesem Zusammenhang führt die Sachverständige weiters nachvollziehbar aus, dass die Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu jenem Sachverständigengutachten, welches der Ausstellung des unbefristeten Behindertenpasses am XXXX mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH zugrunde gelegt worden ist, aus der Verschlechterung des Hüftleidens sowie der nunmehrigen Anwendung der Einschätzungsverordnung resultiert. Die diesbezüglichen Ausführungen wurden vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner Beschwerde auch nicht bestritten. Vielmehr richtet sich die Beschwerde ausschließlich gegen die vorgenommene Befristung des ausgestellten Behindertenpasses.

In dieser Hinsicht wird von Dr. XXXX schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass eine Nachuntersuchung erforderlich ist, da eine Besserung des Hüftleidens aufgrund der in Aussicht genommenen Hüft-Operation zu erwarten ist. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund schlüssig, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Anamneseerhebung selbst angegeben hat, dass für XXXX bzw. XXXX eine Hüftoperation geplant ist und dieses Vorbringen auch im Rahmen der Beschwerde wiederholt worden ist. Da ein derartiger Eingriff im Regelfall der Verbesserung des Leidenszustandes dient, ist das Erfordernis einer Nachuntersuchung angezeigt.

Es wurde vom Beschwerdeführer somit kein Vorbringen dahin erstattet, dass von einer Besserung des Leidenszustandes hinsichtlich des Hüftleidens nach einer Hüftoperation nicht ausgegangen werden kann. Im Rahmen der Beschwerde wird vom Beschwerdeführer lediglich vorgebracht, dass er trotz Hüftoperation mit Implantaten davon ausgehe, weiterhin an Schmerzen zu leiden. Dieses Vorbringen ist aber nicht geeignet, das Erfordernis einer Nachuntersuchung in Abrede zu stellen, da es ja gerade Sinn und Zweck der Nachuntersuchung ist, die Auswirkungen der Operation auf das bestehende Hüftleiden zu erheben.

Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde somit umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.

Das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Der Beschwerdeführer ist dem - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten weder auf gleicher fachlicher Ebene noch sonst substantiiert entgegengetreten. Medizinische Beweismittel, durch die das Beschwerdevorbringen betreffend die vorgenommene Befristung des ausgestellten Behindertenpasses fundiert belegt bzw. dem eingeholten Sachverständigengutachten substantiiert entgegengetreten wird, sind vom Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerde nicht vorgelegt worden. Dem Gutachten eines Sachverständigen kann zwar auch ohne Gegengutachten in der Weise entgegengetreten werden, als die Parteien Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten des Gutachtens aufzeigen. Das Beschwerdevorbringen ist jedoch nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach für XXXX eine Nachuntersuchung erforderlich ist, zu entkräften. Vom Beschwerdeführer ist auch kein Vorbringen erstattet worden bzw. sind keine Beweismittel vorgelegt worden, durch welche eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens angezeigt gewesen wäre. Die vom Beschwerdeführer im angefochtenen Verfahren vorgelegten medizinischen Beweismittel und geschilderten Leidenszustände sind einer eingehenden Überprüfung durch die befasste Sachverständige unterzogen und im Rahmen der Gutachtenserstellung berücksichtigt worden, soweit einschätzungsrelevante Aspekte davon betroffen gewesen sind.

Die Angaben des Beschwerdeführers konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden. Das Beschwerdevorbringen war sohin nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach eine Verbesserung des Gesundheitszustandes zu erwarten ist, zu entkräften.

Das Sachverständigengutachten Dris. XXXX wird in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

Zu 1.3.) Der Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum XXXX auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 46 erster Satz BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 35 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 idgF, bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 55 Abs. 5 BBG hat im Falle eines Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung nach Ablauf des 31. August 2013 die Einschätzung unter Zugrundelegung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) zu erfolgen. Im Falle einer von Amts wegen durchgeführten Nachuntersuchung bleibt - bei objektiv unverändertem Gesundheitszustand - der festgestellte Grad der Behinderung unberührt.

Gemäß § 54 Abs. 12 BBG treten § 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 mit 1. September 2010 in Kraft.

Da der gegenständliche Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass am XXXX gestellt worden ist, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung zu beurteilen.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese gemäß § 43 Abs. 1 BBG zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Da ein Grad der Behinderung in Höhe von 70 vH festgestellt wurde, liegen die Voraussetzungen für die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass vor. Da eine Besserung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers und somit eine Änderung in den Voraussetzungen iSd § 42 Abs. 2 BBG zu erwarten ist, war der Behindertenpass befristet auszustellen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Im gegenständlichen Fall sind maßgebend für die Entscheidung die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen, der daraus resultierende Gesamtgrad der Behinderung sowie ob eine Änderung des Gesundheitszustandes zu erwarten ist. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher im erstinstanzlichen Verfahren ein auf persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers basierendes Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, dass das eingeholte Sachverständigengutachten schlüssig und frei von Widersprüchen ist, angeschlossen. Der Beschwerdeführer hat von diesem Sachverständigenbeweis vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Das Beschwerdevorbringen war allerdings - wie im Rahmen der Beweiswürdigung bereits ausgeführt - nicht geeignet die sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen zu entkräften bzw. relevante Bedenken an den gutachterlichen Schlussfolgerungen hervorzurufen. Im Rahmen der Beschwerde wurden auch keine Beweismittel vorgelegt, welche das Vorbringen fundiert erhärten bzw. die sachverständige Beurteilung überzeugend in Zweifel ziehen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter (VfGH 09.06.2017, E 1162/2017).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Befristung, Behindertenpass, Grad der Behinderung, Neufestsetzung,
Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W115.2200673.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten