TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/5 W202 1313545-3

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Veröffentlicht am 05.02.2019
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Entscheidungsdatum

05.02.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §57
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
ZustG §17

Spruch

W202 1313545-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard SCHLAFFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.12.2018, Zl. IFA 346532700/14697206, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, welcher der Religionsgemeinschaft der Sikhs angehört und aus dem Bundesstaat Jammu und Kashmir stammt, stellte am 31.8.2005 einen Asylantrag.

Mit Bescheid vom 26.06.2007, Zl. FZ. 05 13.769-BAW, wies das Bundesasylamt den Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 BGBl. I 76 idF der Asylgesetznovelle 2003 BGBl. I 101 ab (Spruchpunkt I); gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 erklärte es, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien sei zulässig (Spruchpunkt II); gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 wies es den Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien aus (Spruchpunkt III).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung.

Mit Erkenntnis vom 21.06.2010, Zl. C6 313.545-1/2008/4E, wies der Asylgerichtshof die Beschwerde gemäß § 7 Asylgesetz 1997 idF BG BGBl. I 126/2002, § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 idF BG BGBl. I 101/2003 und § 10 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz 2005, Art. 2 BG BGBl. I 100/2005, idF BG BGBl. I 122/2009 ab.

In der Folge verblieb der Beschwerdeführer trotz aufrechter Ausweisungsentscheidung im Bundesgebiet. Die Behörde versuchte vergebens ein Heimreisezertifikat hinsichtlich des Beschwerdeführers zu erlangen.

Mit Mandatsbescheid vom 06.11.2018, Zl. IFA 346532700/14697206, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in einer näher bezeichneten Betreuungseinrichtung zu nehmen.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung beim zuständigen Postamt am 09.11.2018 zugestellt. Die Sendung wurde seitens des Beschwerdeführers nicht behoben.

Mit Schreiben vom 14.12.2018 seitens des rechtfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers wurde gegen den Mandatsbescheid des BFA vom 06.11.2018 Beschwerde erhoben.

Mit Bescheid des BFA vom 17.12.2018, Zl. IFA 346532700/14697206, wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers vom 14.12.2018 gemäß § 57 Abs. 2 AVG als verspätet zurückgewiesen.

Begründend führte das BFA aus, dass die Hinterlegung des Mandatsbescheides am 09.11.2018 erfolgt sei und damit mit diesem Tage als zugestellt gelte. Damit habe die zweiwöchige Vorstellungsfrist mit 23.11.2018 geendet. Die Vorstellung sei jedoch am 14.12.2018 mittels E-Mail bei der Behörde eingelangt. Daher sei die Vorstellung als verspätet zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid des BFA wurde seitens des Beschwerdeführers durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter eine Beschwerde eingebracht, der sich im Wesentlichen Folgendes entnehmen lässt:

Die Behörde hätte den gegenständlichen Mandatsbescheid nicht per Hinterlegung an ihn zustellen dürfen, da er aus faktischen Gründen daran gehindert gewesen sei, diesen zu beheben. Der Lauf der zweiwöchigen Frist zur Einbringung der Vorstellung habe mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereit gehalten worden sei, nicht anfangen können. Im gegenständlichen Fall liege eine Gesetzeslücke vor. Das Zustellgesetz, insbesondere § 17 Zustellgesetz, sehe keine Regelung für den Fall vor, dass es dem Empfänger aus faktischen Gründen nicht möglich sei, das Dokument abzuholen. Es sei amtsbekannt, dass er über keine Identitätsdokumente verfüge. Es sei ihm mangels Identitätsdokument bei der zuständigen Geschäftsstelle vor Ort die Abholung des Dokuments verweigert worden. Da es ihm von Anfang an nicht möglich gewesen sei, Informationen über den Inhalt des Dokuments zu erhalten, habe die Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels nicht anfangen können. Dies entspreche jedenfalls der immanenten Teleologie des Zustellgesetzes und dessen eigener Absicht, da aus § 17 Abs. 3 letzter Satz Zustellgesetz klar und deutlich der Wille des Gesetzgebers hervorgehe, dass eine Zustellung durch Hinterlegung nicht als zugestellt gelte, wenn der Empfänger nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis habe erlangen können. Das Rechtsmittel der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei ihm verwehrt geblieben, da das Faktum, dass er über keine Identitätsdokumente verfüge, keinesfalls ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis darstelle. Die Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels habe erst mit dem Tag zu laufen begonnen, zu dem es ihm möglich gewesen sei, Kenntnis vom Inhalt des zugestellten Dokuments zu erhalten. Am 11.12.2018 habe er bei der Behörde Akteneinsicht nehmen können und habe in der Folge Kenntnis vom Inhalt des gegenständlichen Mandatsbescheides erhalten. Sein Vorlageantrag sei somit rechtzeitig eingebracht worden. Aus all den oben genannten Gründen hätte die belangte Behörde die Dokumente, die bei Zustellung eine Frist auslösten, nur direkt an ihn zustellen dürfen, um den Lauf der Frist auch in Gang zu setzen. Es werde daher der Antrag gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus den Verwaltungsakten sowie dem Gerichtsakt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl I 1961/194, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl I 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG, BGBl I 100/2005 idgF und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Zu A)

Gemäß § 57 Abs. 1 FPG kann einem Drittstaatsangehörigen gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde, sofern dieser im österreichischem Bundesgebiet nicht geduldet (§ 46a FPG) ist, aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn 1. diesem keine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 FPG gewährt wurde oder 2. nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 FPG bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

Gemäß § 57 Abs. 6 FPG ist die Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 mit Mandatsbescheid anzuordnen.

Gemäß § 57 Abs. 2 AVG kann bei der Behörde, die den Mandatsbescheid erlassen hat, binnen 2 Wochen Vorstellung erhoben werden.

§ 17 Zustellgesetz lautet:

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz gelten hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt, woraus sich ergibt, dass der Mandatsbescheid des BFA vom 06.11.2018 mit seiner Hinterlegung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle am 09.11.2018 rechtswirksam zugestellt wurde. Daran vermag auch die Beschwerdebehauptung, dass dem Beschwerdeführer mangels Identitätsdokuments bei der zuständigen Geschäftsstelle vor Ort die Abholung des Dokuments verweigert worden sei, nichts zu ändern. Davon, ob und wann eine gemäß § 17 Abs. 3 dritter Satz Zustellgesetz rechtswirksam hinterlegte Sendung vom Empfänger behoben wird und ob hiebei Hindernisse auftreten wird die Rechtswirksamkeit der Zustellung nicht abhängig gemacht, sondern vielmehr können derartige Umstände allenfalls nur einen Wiedereinsetzungsgrund gemäß § 71 Abs.1 Z. 1 AVG bilden. Die Verweigerung der Ausfolgung der hinterlegten Sendung durch das Postamt hat keinen Einfluss auf die bereits vorher eingetretene Rechtswirksamkeit der Zustellung (VwGH 22.01.1992 Slg 13568A, 19.01.1995, 94/09/0248). Der Umstand, dass das Postamt dem Empfänger mehrmals die Ausfolgung der hinterlegten Sendung verweigerte, weil er keinen gültigen Ausweis vorlegen konnte, vermag an der Ordnungsmäßigkeit der Zustellung nichts zu ändern (VwGH 24.04 1999, 97/19/0104).

Angesichts der zitierten Judikatur kann daher der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn diese anführt, dass mit Hinterlegung des Bescheids vom 06.11.2018, Zl. IFA 346532700/14697206, am 09.11.2018 eine rechtswirksame Zustellung des genannten Bescheides vorliegt, womit die zweiwöchige Vorstellungsfrist mit Ablauf des 23.11.2018 endete. Da die gegen den Bescheid vom 06.11.2018 erhobene Vorstellung erst am 14.12.2018 mittels E-Mail bei der Behörde einlangte, wurde diese mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Da der Sachverhalt unzweifelhaft feststeht, konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Hinterlegung, Mandatsbescheid, Verspätung, Vorstellung,
Vorstellungsfrist, Wohnsitzauflage, Zurückweisung, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W202.1313545.3.00

Zuletzt aktualisiert am

21.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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