TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/10 L504 2194644-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.12.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.12.2018

Norm

AVG §13 Abs3
AVG §59 Abs1
AVG §78
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs1
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §60
FPG §60 Abs2
FPG §60 Abs3
VwGVG §17
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §9 Abs1 Z3

Spruch

L504 2194644-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX XXXX1990 geb., StA. ungeklärt, vertreten durch RA Mag.a. Doris Einwallner und MigrantInnenverein St. Marx, Dr. Lennart Binder LL.M., gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.03.2018, XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 60 FPG

idgF unbegründet abgewiesen.

B) Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II. gem. § 9 Abs 1 Z 3 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

Mit Bescheid vom 27.03.2018 hat das Bundesamt über einen Antrag der beschwerdeführenden Partei [bP] auf Aufhebung des mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 04.06.2012 rk. erlassenen Einreiseverbotes gem. § 60 Abs 2 FPG idgF als unzulässig zurückgewiesen (I.) und vorgeschrieben, dass eine Bundesverwaltungsabgabe in der Höhe von 6,50 Euro zu entrichten sei

(II.).

Die Behörde begründete die Zurückweisung damit, dass gem. § 60 Abs 2 FPG ein Antrag auf Aufhebung eines Einreiseverbotes, welches auf § 53 Abs 3 Z 1 FPG gestützt erlassen wurde, gesetzlich nicht vorgesehen sei und auch die Voraussetzungen für eine Gegenstandslosigkeit gem. § 60 Abs 3 FPG hier nicht gegeben seien.

Die mehrfach, darunter auch rechtsfreundlich, vertretene bP brachte innerhalb offener Frist durch ihre Vertretung sowohl gegen Spruchpunkt I. als auch II. wegen "Rechtswidrigkeit des Inhaltes" Beschwerde ein.

Diese führt aus, dass gegen die bP mit Bescheid der LPD vom 04.06.2012 eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs 1 FPG ergangen sei und zugleich gem. § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen worden sei. Weiter sei der bP - mangels Abschiebbarkeit - der Duldungsstatus zuerkannt worden.

Zur monierten "Rechtswidrigkeit des Inhaltes" führt die Beschwerde aus: "Mit der Duldung ist die Rückkehrentscheidung außer Kraft gesetzt. Eine Rückkehrentscheidung ist gem. § 52 Abs 9 FPG nicht möglich, da die Feststellung eines bestimmten Zielstaates ohne Verschulden des Beschwerdeführers nicht möglich ist. Da ein Einreiseverbot eine Rückkehrentscheidung voraussetzt, ist es ebenso wie die Rückkehrentscheidung gegenstandslos. Ungeachtet der Frage, ob ein Einreiseverbot besteht oder nicht, ist jedenfalls die Auffassung in dem angefochtenen Bescheid, dass eine Antragstellung wegen dessen Aufhebung nicht zulässig sei, unrichtig. Aus rechtsstaatlichen Gründen muss der Antrag auf Aufhebung eines Einreiseverbotes zulässig sein, ebenso wie dies der Verfassungsgerichtshof in Bezug auf die Ausstellung einer Karte für Geduldete festgestellt hat. Es werde daher der Antrag gestellt, das Einreiseverbot aufzuheben, allenfalls festzustellen, dass das verhängte Einreiseverbot gegenstandslos ist, allenfalls das Verfahren zur Ergänzung an die 1. Instanz zurückzuverweisen."

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. blieb inhaltlich unbegründet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Konvolutes an Verwaltungsakten der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde, Beweis erhoben.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Siehe I. der Entscheidungsgründe.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und sind im Wesentlichen unstreitig.

3. Rechtliche Beurteilung

Zurückweisung des Antrages auf Aufhebung des Einreiseverbotes (I.)

Die bP stellte gegenständlich beim Bundesamt einen Antrag auf Aufhebung des rechtskräftigen Einreiseverbotes. Der zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag maßgebliche § 60 FPG lautet:

Verkürzung, Gegenstandslosigkeit und Aufhebung

§ 60. (1) Das Bundesamt kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen oder aufheben, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

(2) Das Bundesamt kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

(3) Die Rückkehrentscheidung wird gegenstandslos, wenn einem Drittstaatsangehörigen

1. der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird;

2. ein Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 erteilt wird.

(Anm.: Abs. 4 und 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Das Bundesamt hat den gegenständlichen Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Die Prüfung des BVwG hat sich also darauf zu beschränken, ob die Behörde den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat und hat das Gericht hier somit selbst keine Sachentscheidung über den Antrag zu treffen.

Unstreitig liegt ein rechtskräftiges Einreiseverbot für die Dauer von 10 Jahren auf Grundlage des § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG vor. In einem solchen Fall kann das Bundesamt gem. § 60 Abs 2 FPG - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen - auf Antrag ein Einreiseverbot nur verkürzen. Ein Antragsrecht auf Aufhebung des Einreiseverbotes ist bei einem derartigen Einreiseverbot gesetzlich nicht vorgesehen, weshalb die Zurückweisung des dahin gehenden Antrages zu Recht erfolgte und die Beschwerde somit als unbegründet abzuweisen war.

Soweit der angefochtenen Bescheid ergänzend noch anmerkt, dass die Bestimmung der Gegenstandslosigkeit gem. § 60 Abs 3 FPG, betreffend des oa. Antrages, keine Anwendung finden würde, ist dem nicht entgegenzutreten, zumal die leg cit diesbezüglich auch kein Antragsrecht vorsieht, sondern bei Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen eine ex lege eintretende Gegenstandslosigkeit eintritt. Ein solcher Antrag wäre somit auch als unzulässig zurückzuweisen. Dass die bP die inhaltlichen Voraussetzungen des § 60 Abs 3 Z1 oder Z2 FPG erfüllen würde, wurde nicht behauptet und kam auch auf Grund der Aktenlage nicht hervor.

Vorschreibung einer Bundesverwaltungsabgabe (II.)

Das Bundesamt hat gem. §§ 59 Abs 1, 78 Abs 1 AVG, Tarif A Z 2 [sonstige Bescheide oder Amtshandlungen, die wesentlich im Privatinteresse der Partei liegen, soweit nicht eine andere Tarifpost der Bundesverwaltungsabgabenverordnung Anwendung findet] auf Grund eines gegebenen, überwiegenden Privatinteresses der bP eine dafür vorgesehene Gebühr in der Höhe von 6,50 Euro vorgeschrieben.

Abgesehen von der in der Beschwerde behaupteten "Rechtswidrigkeit des Inhaltes" enthält die Beschwerde dazu keinerlei Ausführungen worauf sich die behauptete Rechtswidrigkeit der Vorschreibung der konkreten Gebühr in der angeführten Höhe und auf diesen Tatbestand gestützt begründet.

Gem. § 9 Abs 1 Z 3 VwGVG hat eine Beschwerde ua "die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt" zu enthalten.

Nach § 9 Abs. 1 Z. 3 VwGVG 2014 hat eine Beschwerde an das VwG die "Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt", zu enthalten; das damit normierte Inhaltserfordernis bezieht sich auf jenes Vorbringen des Bf, aus dem er eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes (infolge Verfahrensfehler, materieller Rechtswidrigkeit oder Unzuständigkeit) ableitet (vgl. E 20. Juni 2017, Ra 2016/01/0288; E 17. Dezember 2014, Ro 2014/10/0120).

An die Begründung eines Rechtsmittels sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Die Berufung muss, um den gesetzlichen Erfordernissen zu entsprechen, nur erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. E 15. Jänner 2009, 2006/01/0248; E 19. März 2013, 2012/03/0173). Die Anforderungen an eine an ein VwG erhobene Beschwerde sind nicht höher als die Anforderungen an eine Berufung gemäß § 63 Abs. 3 AVG (vgl. E 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066; E 9. September 2015, Ro 2015/03/0032; B 24. Mai 2016, Ra 2016/03/0037).

Gegenständlich enthält die Beschwerde nicht ansatzweise Angaben dazu, womit sie die Gebührenentscheidung als inhaltlich rechtswidrig erachtet.

Mangelt es der Beschwerde an den in § 9 Abs. 1 VwGVG 2014 genannten Inhaltserfordernissen (hier: Beschwerdegründe), sind diese Mängel gemäß der - gemäß § 17 VwGVG 2014 auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzuwendenden - Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG grundsätzlich einer Verbesserung zuzuführen (vgl. insoweit zu § 13 Abs. 3 AVG etwa die Erkenntnisse des VwGH vom 3. November 2004, 2004/18/0200, mwN, und vom 6. Juli 2011, 2011/08/0062, jeweils zum Erfordernis eines begründeten Rechtsmittelantrags sowie 29.05.2018, 2018/20/0060).

Ein Verbesserungsauftrag gem. § 13 Abs 3 AVG zur Verbesserung der Begründung hinsichtlich des in Beschwerde gezogenen Spruchpunktes II. kam gegenständlich aus nachfolgenden Gründen nicht in Frage:

§ 13 Abs. 3 AVG dient dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind. Hat hingegen die Partei den Mangel erkennbar bewusst herbeigeführt, um zum Beispiel auf dem Umweg eines Verbesserungsverfahrens eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu erlangen, ist für die Erteilung eines Verbesserungsauftrages kein Raum und das bewusst und rechtsmissbräuchlich mangelhaft gestaltete Anbringen sofort zurückzuweisen (Hinweis Erkenntnisse vom 25. Februar 2005, 2004/05/0115, vom 25. April 2008, 2008/02/0012, sowie vom 6. Juli 2011, 2011/08/0062; vgl. auch die Beschlüsse vom 22. Februar 2012, 2012/11/0019, sowie vom 18. Dezember 2012, 2012/11/0228). Dies gilt auch für die bewusste und rechtsmissbräuchliche Einbringung "leerer" Beschwerden nach dem VwGVG 2014. Um ein derartiges Anbringen sofort zurückweisen zu können, ist die rechtsmissbräuchliche Absicht in der Zurückweisungsentscheidung nachvollziehbar darzustellen (Hinweis E vom 10. Juni 2008, 2007/02/0340).

Gegenständlich ist die bP sowohl durch eine Flüchtlingsorganisation bzw. Verein als auch rechtsfreundlich vertreten. Es kann also nicht vertretbar davon ausgegangen werden, dass hier dieser Beschwerdepunkt aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens unbegründet blieb und ist die bP somit nicht "schützenswert" iS obiger Rsp des VwGH.

Es kann hier auf sich beruhen, ob die Vorgangsweise der vertretenen bP einen Rechtsmissbrauch darstellt, weil es hier darauf nicht ankommt. Wenn nämlich die Partei in Kenntnis der an ein Rechtsmittel gestellten inhaltlichen Anforderungen, d.h. wissentlich, einen Schriftsatz verfasst, der hier hinsichtlich Spruchpunkt II. sich mit keinem Wort inhaltlich gegen Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides richtet, sondern sich in einer bloßen "Beschwerde" dagegen erschöpft, dann fehlt es wegen des Elementes der Wissentlichkeit (Wissen um die Frist bzw. Kenntnis davon, dass eine Beschwerde eine nähere Begründung benötigt) an einer "Mangelhaftigkeit, die bloß auf einem (allenfalls auch auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführenden) Versehen" der Partei beruht. Daher ist auf solche Eingaben § 13 Abs. 3 AVG von vornherein nicht anzuwenden (vgl. VwGH 06.07.2011, 2011/08/0062).

Mangels Unbegründetheit der Beschwerde war diese somit hinsichtlich Spruchpunkt II. als unzulässig zurückzuweisen.

Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien. Für die Klärung dieser Rechtsfrage bedurfte es keines persönlichen Eindruckes von der bP und auch keiner Erörterung der Rechtsfrage. Zudem hat die bP in der Beschwerde auch keine Verhandlung begehrt.

Auf Grund des Akteninhaltes und der Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet kann vertretbar davon ausgegangen werden, dass es sich bei Deutsch um eine Sprache handelt die der vertretenen bP soweit verständlich ist, dass es hinsichtlich des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung keiner Übersetzung in Arabisch bedurfte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

angemessene Frist, Asylverfahren, Beschwerdegründe,
Beschwerdemängel, Einreiseverbot, Rechtsmissbrauch,
Rechtsmittelfrist, Verbesserungsauftrag, Verkürzung,
Verwaltungsabgabe, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L504.2194644.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten