TE Vwgh Erkenntnis 1999/5/26 97/13/0157

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Veröffentlicht am 26.05.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
BAO §119 Abs1;
BAO §124;
BAO §184 Abs3;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der R GmbH in W, vertreten durch Dr. Günter Wappel, Rechtsanwalt in Wien V, Pilgramgasse 22/7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat XIA, vom 13. Juni 1997, Zl. GA 6-96/5096/11, betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer 1991 bis 1993 sowie Umsatzsteuer 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt ein Taxiunternehmen. Nach dem Bericht über eine abgabenbehördliche Prüfung über den Zeitraum 1991 bis 1994 seien für den Zeitraum ab Beginn der Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Jahr 1991 bis zur Abtretung von Gesellschaftsanteilen an neu eintretende Gesellschafter am 14. Juni 1993 auch nach Urgenz keine Grundaufzeichnungen vorgelegt worden. Die für den Zeitraum Juli 1993 bis Ende 1994 vorhandenen Aufzeichnungen wiesen Mängel auf. So lasse die summarische Eintragung der Tageslosung in ein "Fahrtenheft" die Zusammensetzung der Losung nach (km-)Menge und Wert nicht erkennen. Es könne bei dieser Form der Aufzeichnungen nicht einmal die Anzahl der pro Tag erfolgten Beförderungen festgestellt und schon gar nicht die pro Beförderung erzielte Losung ermittelt werden. Nach den gewerberechtlichen Vorschriften habe ein Taxiunternehmen nach einem behördlich genehmigten Tarif gegenüber dem Fahrgast abzurechnen. Das bedeute, dass der Taxibetreiber für die Anwendung des Tarifs die zurückgelegte Wegstrecke mit Taxameter zu erfassen habe. Diese Aufzeichnungen seien im gegenständlichen Fall nicht vorgelegt worden, auch nicht in Form der Tages-Kilometerstände nach dem Kilometerzähler. Wer nach anderen gesetzlichen Vorschriften Aufzeichnungen zu führen habe, müsse diese nach § 124 BAO auch für Zwecke der Abgabenerhebung führen. Die Mängel ließen eine Berechnung der Besteuerungsgrundlagen durch die Betriebsprüfung nicht zu, sodass gemäß § 184 Abs. 1 BAO für den Zeitraum Juli 1993 bis Dezember 1994 eine Schätzung vorzunehmen gewesen sei. Für den Zeitraum 1991 bis Juni 1993 habe die Schätzung wegen überhaupt fehlender Vorlage von Aufzeichnungen in Anwendung des § 184 Abs. 3 BAO stattfinden müssen. Unter Tz 20 und 21 des Betriebsprüfungsberichtes ist die Durchführung der Schätzung samt den dazu getroffenen Sachverhaltsannahmen unter zusammenfassender tabellenartiger Auflistung der Schätzungsergebnisse dargestellt.

In der Tz 34 ("verdeckte Ausschüttungen") des Betriebsprüfungsberichtes wird unter der Z. 2 eine als verdeckte Gewinnausschüttung an den Gesellschafter-Geschäftsführer H behandelte Forderung von S 250.000,-- genannt. Es liege dabei eine Zuwendung aus dem Gesellschaftsvermögen an den Gesellschafter vor, die ein fremder Dritter nicht erhalten hätte: "Irgendwelche Abmachungen über Verzinsung, Rückzahlung und Besicherung" seien nicht bekannt. Dem Gesellschafter sei daher ein Vermögensvorteil außerhalb eines förmlichen Gewinnverteilungsbeschlusses und damit im Rahmen einer verdeckten Gewinnausschüttung zugeflossen.

Gegen die auf der Grundlage des Berichtes über die abgabenbehördliche Prüfung ergangenen Steuerbescheide erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 9. November 1995 Berufung. In Befolgung eines Mängelauftrages nach § 275 BAO führte die Beschwerdeführerin in einem Ergänzungsschreiben vom 3. Jänner 1995 als Begründung der Berufung aus, die von der Betriebsprüfung geforderte Form der Losungsaufzeichnungen sei weder branchenüblich noch zumutbar. Die Meinung, dass die Form der Berechnung eines Tarifs die Folgerung inkludiere, dass alle zur Berechnung zugrunde gelegten Daten auch aufgezeichnet werden müssten, könne nicht akzeptiert werden. Die unter Tz 18 des Betriebsprüfungsberichtes angenommene Mangelhaftigkeit der Aufzeichnungen werden daher bestritten und in deren Folge auch Schätzungsbefugnis und -umfang.

Nachdem der Betriebsprüfer zur Berufung eine Stellungnahme abgegeben, die Beschwerdeführerin sich dazu wiederum geäußert und darauf der Betriebsprüfer repliziert hatte, gab die belangte Behörde der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Nach Wiedergabe der maßgebenden Teile des Betriebsprüfungsberichtes und der im Verfahren erstatteten Schriftsätze führte die belangte Behörde im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides aus, aus der Replik der Betriebsprüfung ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin auf Grund von gewerberechtlichen Vorschriften, nämlich bis einschließlich 1993 auf Grund der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr und ab 1. Jänner 1994 auf Grund der Wiener Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen-Betriebsordnung, die Fahrpreisanzeige während der Beförderung von Fahrgästen in Betrieb zu nehmen und die Aufzeichnungen des Fahrpreisanzeigers demnach auch abgabenrechtlich festzuhalten habe. Dass derartige Aufzeichnungen nicht branchenfremd seien, zeige beispielsweise die von einer Interessensorganisation der Taxibetreiber aufgelegte Drucksorte, in der Aufzeichnungen des Fahrpreisanzeigers in detaillierter Form vorgesehen seien. Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Ansicht bestehe die gesetzliche Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen der Erlöse pro Beförderung. Dem Hinweis der Beschwerdeführerin, dass das "Erlösgefüge" auch beispielsweise anhand der Eichzettel, der Reparaturrechnungen, der Begutachtungsunterlagen gemäß § 57 KFG, des Treibstoffeinsatzes, der Relation Personalkosten zu Umsatz, des Fremdvergleichs etc. nachvollzogen werden könne, sei zu erwidern, dass eine nachträgliche Überprüfung der Richtigkeit oder Plausibilität vorhandener, "nach anderen Gesichtspunkten erstellten Aufzeichnungen anstelle einer primären ordnungsmäßigen Aufzeichnung von Leistungen eines Unternehmers nicht den von der BAO an Aufzeichnungen gestellten Anforderungen entspricht". Die Feststellungen der Betriebsprüfung zur Mangelhaftigkeit der Aufzeichnungen ab Mitte 1993 seien daher zutreffend. Hinsichtlich des Zeitraumes ab Beginn der Tätigkeit 1991 bis Mitte 1993 seien überhaupt keine Aufzeichnungen zur Losungsermittlung, also nicht einmal Tageslosungen in Summe, vorgelegt worden. Es sei daher die Schätzungsberechtigung gegeben. Die Schätzungsmethode selbst erscheine schlüssig, sei gegenüber der Beschwerdeführerin im Einzelnen auch offen gelegt und von ihr auch inhaltlich nicht bekämpft worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist nach Abs. 3 leg. cit ferner, wenn der Abgabenpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen. Bei Nichterfüllung der durch § 124 BAO in das Abgabenrecht übernommenen Verpflichtungen liegt gegebenenfalls Schätzungsbefugnis der Behörde (§ 184) vor (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 1385).

Im Verwaltungsverfahren stand die Schätzungsberechtigung wegen formeller Buchführungs- und Aufzeichnungsmängel in Streit. Für den Zeitraum ab Mitte 1993 bis zum Ende des Prüfungszeitraumes tritt die Beschwerdeführerin den vom Betriebsprüfer und im angefochtenen Bescheid dargestellten Mängeln nicht mehr im Einzelnen entgegen, sondern vertritt in der Beschwerde nur die Ansicht, weil "z.B. im Lebensmitteleinzelhandel, in Eissalons, im Straßenhandel u.Ä. die Grundaufzeichnungen ebenfalls durch (summarisches) Zählen der erzielten Tageseinnahmen errechnet" würden, seien auch die Anzahl der Beförderungen und die pro Beförderung erzielten Beträge "im Analogieschluss" nicht aufzeichnungspflichtig und deren Aufzeichnung nicht zumutbar. Abgesehen davon, dass auch in anderen Branchen die Grundaufzeichnungen grundsätzlich nicht durch summarische Aufzeichnungen "errechnet" werden können, übersieht hier die Beschwerdeführerin branchenspezifische Besonderheiten, die durchaus verschiedenartige Anforderungen an die Belegerstellung und Aufzeichnungsführung bedingen können. Soweit die Beschwerdeführerin außerdem - hier auch für den Zeitraum 1991 bis Mitte 1993 - auf das Vorliegen von "summarischen Aufzeichnungen" hinweist, wird damit in keiner Weise deutlich, inwiefern diese entgegen den Prüfungsfeststellungen überhaupt konkret vorhanden gewesen wären und den Kriterien einer formell ordnungsgemäßen Buchführung entsprochen hätten. In Bezug auf die Schätzungsberechtigung der belangten Behörde kann damit die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen.

Der Beschwerdeführerin waren bereits durch die Darstellung im Betriebsprüfungsbericht die für die Ermittlung des Schätzungsergebnisses von der Behörde herangezogenen Daten und Rechenvorgänge bekannt. Soweit diese erstmals in der Beschwerde die "Methodik selbst" der Schätzung bekämpft und die Schätzungsannahmen als unrichtig hinzustellen versucht, verstößt sie gegen das Neuerungsverbot nach § 41 Abs. 1 VwGG (vgl. z.B. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 556). Aus demselben Grund kann die Beschwerdeführerin nichts aus dem erstmaligen Beschwerdevorbringen gewinnen, das die Zurechnung des "Darlehens in Höhe von S 250.000,--" unter dem Titel der verdeckten Gewinnausschüttung als unzutreffend hinzustellen versucht. Die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist und erst vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung ablegt, muss ihr grundsätzlich selbst zum Nachteil gereichen (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1996, 94/13/0197).

Der angefochtene Bescheid erweist sich damit insgesamt nicht als rechtswidrig. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Mai 1999

Schlagworte

Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997130157.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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