TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/29 W117 1261751-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.01.2019
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Entscheidungsdatum

29.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1

Spruch

W117 1261751-2/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Andreas DRUCKENTHANER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.01.2017, Zl. 13-320243105/161231647, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß §§, 10 Abs. 2 AsylG 2005 idgF, 9 BFA-VG idgF, 52 Abs. 1 Z 1 FPG, §§ 53 Abs. 1 FPG, 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 idgF, § 18 Abs. 2 Z 1 BVA-VG, als unbegründet abgewiesen und gemäß § 21 Abs. 5 BFA-VG festgestellt, dass die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig und seine Abschiebung gemäß § 52 Abs. 9 FPG und § 46 FPG nach Georgien zulässig waren.

II. Das Einreiseverbot wird (aber) gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG auf die Dauer von acht Jahren herabgesetzt.

III. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste nach seinen Angaben am 10.09.2002 illegal ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.09.2002 einen Asylantrag, wobei er vorbrachte, russischer Staatsbürger zu sein.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.03.2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers in Bezug auf Asyl gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG festgestellt, dass seine Zurückweisung , Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 ASylG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt III.) Begründet wurde diese Entscheidung mit widersprüchlichen und unglaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen.

Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17.11.2008, Zl. D12 261751-0/2008, hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. als unbegründet abgewiesen sowie ihr hinsichtlich Spruchpunkt III. stattgegeben und dieser ersatzlos behoben, da die Entscheidung über die Abweisung des Asylantrages seines unehelichen, ebenfalls im Bundesgebiet aufhältigen minderjährigen Sohnes entsprechend der damals geltenden Rechtslage keine Ausweisung enthielt.

Bereits mit Bescheid der BPD XXXX vom 29.06.2005, Zl. III-1141253/FrB/05, wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 FrG gemäß § 39 Abs. 1 FrG wegen seiner strafgerichtlichen Verurteilung vom 22.06.2004 ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Mit am 23.11.2011 bei der Bezirkshauptmannschaft XXXX eingelangtem Schreiben vom 18.11.2011 beantragte der Beschwerdeführer die Feststellung der Duldung gemäß § 46a FPG.

Nach der Mitteilung vom 11.05.2012 der Bezirkshauptmannschaft XXXX an die Bezirkshauptmannschaft XXXX befand sich der Beschwerdeführer nach Auskunft der Polizei trotz einer Obdachlosenmeldung in XXXX zu diesem Zeitpunkt nicht im Bundesgebiet.

Mit am 07.04.2016 eingelangten Schriftsatz beantragte der Beschwerdeführer ein humanitäres Bleiberecht, weil er seit 2002 nach seiner Einreise ohne jegliche Papiere oder Ausweise in Österreich lebe, was Behörden- und Amtswege schwierig bis unmöglich mache. Eine Abschiebung sei aus den genannten Gründen nicht möglich, weshalb er einen besonders berücksichtigungswürdigen Fall darstelle. Im Fall der Ablehnung ersuche er um Duldung in Österreich.

Am 17.06.2016 wurde dem Beschwerdeführer infolge der Feststellung, dass seine Abschiebung aus tatsächlichen vom Fremden nicht zu vertretenden Gründe nicht möglich sei, weil bereits seit 4 Jahren mehrmals erfolglos versucht worden sei, ein Heimreisezertifikat von der georgischen Botschaft zu erlangen und ein solches nicht mehr zu erwarten sei, gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG eine vom 21.06.2016 bis 20.06.2017 gültige Karte für Geduldete ausgestellt.

Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 09.09.2016 sollte der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme und der beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot infolge seiner rechtskräftigen Verurteilungen am 15.05.2015 und am 02.10.2015 benachrichtigt und ihm eine Frist von 2 Wochen zur Stellungnahme eingeräumt werden. Eine aktuelle Meldeadresse des Beschwerdeführers im Bundesgebiet konnte jedoch damals nicht eruiert werden.

Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.09.2016 wurde ein für den Beschwerdeführer erlangtes Heimreisezertifikat an die Regionaldirektion XXXX weitergeleitet.

Einer Mitteilung des BM für Inneres vom 11.10.2016 zufolge wurde die tatsächliche Identität des Beschwerdeführers und seine georgische Staatsbürgerschaft festgestellt.

Am 30.11.2016 wurde dem Bundesamt eine Kopie des am 05.08.2016 in Georgien ausgestellten und bis 05.08.2026 gültigen georgischen Reisepasses des Beschwerdeführers zu seiner tatsächlichen Identität vorgelegt. Seit dem 30.11.2016 ist der Beschwerdeführer aufrecht im Bundesgebiet gemeldet.

Mit Schreiben vom 06.12.2016 wurde dem Beschwerdeführer zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot infolge seiner bisher sieben rechtskräftigen Verurteilungen durch inländische Gerichte eine Frist zur Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt und um Beantwortung eines Fragenkatalogs gebeten.

In der Stellungnahme vom 28.12.2016 legte der nunmehrige Vertreter des Beschwerdeführers dessen Privat- und Familienleben dar, wonach der Beschwerdeführer in Österreich noch eine minderjährige Tochter habe, welche österreichische Staatsbürgerin sei, sowie mit seiner neuen österreichischen Lebensgefährtin eine eheähnliche Beziehung führe. Er könne derzeit mangels Arbeitsbewilligung keiner Beschäftigung nachgehen, werde von seiner Lebensgefährtin unterstützt und sei unfallversichert. Seine Straftaten bereue er und habe diese verbüßt. Vor einem Jahr sei er direkt nach der Strafhaft zu einer gerichtlich angeordneten Drogentherapie gekommen und absolviere diese erfolgreich. Im Fall einer Rückkehr hätte er keine Unterstützung und würde in eine ausweglose Situation geraten. Er wolle in Österreich mit seiner Lebensgefährtin eine neue Zukunft aufbauen und eine Arbeitsbewilligung erhalten, damit er den Unterhalt für seine Tochter, seine Lebensgefährtin und sich bestreiten könne. Er verfüge bereits über eine Arbeitszusage. Er spreche sehr gut Deutsch und sei in Österreich äußerst gut integriert. Eine Rückkehrentscheidung und ein Einreisverbot würden gegen Art. 8 EMRK verstoßen. Darüber hinaus werde auf § 66 Abs. 2 und 3 FPG verwiesen, wonach eine Ausweisung von seit 10 Jahren hier Aufhältigen nur dann zulässig sei, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens des Fremden von einer nachhaltigen und maßgeblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich ausgegangen werden könne. Zudem sei nach § 67 FPG die Erteilung eines Aufenthaltsverbotes nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr bestehe, welche ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Strafrechtliche Verurteilungen alleine könnten dies nicht begründen. Dies wäre nur dann zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden könnte, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet werden würde. Beigelegt waren ein Meldezettel, Karte für Geduldete, E-Card und eine Therapiebestätigung. Ferner wurde die Einvernahme der österreichischen Lebensgefährtin des Beschwerdeführers beantragt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 31.01.2017 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs.1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs.9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPF nach Georgien zulässig ist (Spruchpunkt II.), einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BVA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.) sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs.3 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf 10 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Begründet wurde dies im Wesentlichen mit den zahlreichen rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers, insbesondere jener vom 15.05.2015 wegen §229

(1) STGB, § 133(1) StGB: §§ 127, 128 (1) Z4, 129 Z1, 130 4.Fall StGB, § 15 StGB zu einer Freiheitstrafe von 3 Jahren sowie damit, dass der Beschwerdeführer bis zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die georgische Botschaft im August 2016 im Bundesgebiet unter einer Aliasidentität aufgetreten sei und dass er nun einen gültigen georgischen Reisepasses besitze. Er habe sich zufolge der Meldedaten nicht durchgehend im Bundesgebiet aufgehalten und sei auch obdachlos gemeldet gewesen. Auf Grund seiner sieben rechtskräftigen Verurteilungen habe er ca. drei Jahre in Österreich in Strafhaft verbracht. Der Zweck seiner vermutlich letzten Einreise im Mai 2014 dürfte angesichts seiner tristen finanziellen Lage die Begehung strafbarer Handlungen gewesen sein. Er habe zwar familiäre oder private Anknüpfungspunkte in Österreich, sei jedoch zu keiner Zeit einer Beschäftigung im Bundesgebiet nachgegangen. Sein strafbares Verhalten rechtfertige die Annahme, dass sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährde. Ein gemeinsamer Haushalt zu seiner minderjährigen Tochter bestehe in Österreich nicht, auch kein besonderes Beziehungs-, Pflege - oder Abhängigkeitsverhältnis. Die von ihm angeführten familiären Bindungen habe er im Bewusstsein seines illegalen Aufenthaltes eingegangen, wobei er insbesondere wegen seiner Straffälligkeit nicht auf eine Aufenthaltsberechtigung in Österreich habe vertrauen dürfen. Eine Gefährdung bei der Rückkehr nach Georgien habe nicht festgestellt werden können, seine Verwandten (Eltern, Bruder) lebten vermutlich in Georgien. Er sei arbeitsfähig und könne in Georgien seinen Lebensunterhalt durch eine Erwerbstätigkeit bestreiten, allenfalls auch mit Gelegenheitsarbeiten. Auch sei es möglich, seine Drogensucht in Georgien therapieren zu lassen. Infolge der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei er zur unverzüglichen freiwilligen Ausreise nach seiner Anhaltung verpflichtet und könne anderenfalls dazu verhalten werden. Die Voraussetzungen seien auf Grund seiner rechtskräftigen Verurteilung vom 15.05.2015 gegeben. Die Höhe des erlassenen Einreiseverbotes erscheine angesichts seiner bisher sieben rechtskräftigen Verurteilungen als angemessen und notwendig. Das Einreiseverbot umfasse alle Mitgliedsstaaten der EU außer Irland, das Vereinigte Königreich, Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde bringt der nunmehr bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers zusammengefasst vor, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verlobt sei und er für seine hier aufhältige zweijährige Tochter namens XXXX auch seine Vaterschaft anerkannt habe, weshalb er im Hinblick auf Art. 8 EMRK um Abstandnahme von seiner Abschiebung bitte. Er habe zudem viele Freunde in Österreich und spreche sehr gut Deutsch, weshalb eine Interessensabwägung zu seinen Gunsten ausfallen solle.

Mit Schriftsatz vom 07.03.2017 legte der Vertreter des Beschwerdeführers die Heiratsurkunde über seine Eheschließung am XXXX mit einer österreichischen Staatsbürgerin vor, wonach der Beschwerdeführer nun den Familiennamen seiner Frau führt.

Am 16.05.2017 wurde der Beschwerdeführer beim Lenken eines Fahrzeugs in seinem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand sowie ohne Lenkerberechtigung betreten. Auf Grund der Vielzahl an Fakten und rechtskräftigen Verurteilungen bestand der Verdacht, dass sein Aufenthalt eine akute Gefährdung der öffentlichen Sicherheit darstelle, weshalb von der LPD XXXX unter einem die dringende Einleitung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen beantragt wurde.

Mit Beschluss des LG XXXX vom 09.06.2017 wurde die am 15.05.2015 über den Beschwerdeführer verhängte Freiheitsstrafe von drei Jahren gemäß § 40 Abs. 1 SMG unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Der Vollzug der Strafe wurde infolge des Beschlusses des LG XXXX vom 21.10.2015 gemäß § 39 Abs. 1 SMG bis 18.05.2017 aufgeschoben, weil sich der Beschwerdeführer bereit erklärte, sich gesundheitsbezogenen Maßnahmen im Sinne des § 11 Abs. 2 SMG (sechsmonatige stationäre Therapie sowie ambulante Betreuung bis zum 18.05.2017 mit vierteljährlichen Harnkontrollen) zu unterziehen. Nach dem Bericht der XXXX vom 01.06.2017 sei insgesamt von einem Erfolg der gesundheitsbezogenen Maßnahme im Sinne des § 40 Abs. 1 SMG auszugehe, daher die Strafe bedingt nachzusehen und die Probezeit mit drei Jahren zu bestimmen gewesen.

Mit Beschwerdeergänzung vom 14.09.2017 legte der Vertreter des Beschwerdeführers eine Einstellungszusage bei einer Gebäudereinigungsfirma vom 12.09.2017 für den Fall einer erlangten Aufenthaltsbewilligung sowie eine Seite seines am 02.08.2017 auf seinen neuen Familiennamen ausgestellten und bis 02.08.2027 gültigen georgischen Reisepass per Telefax vor.

Mit Schreiben vom 31.07.2018 urgierte der Beschwerdeführer den Abschluss des anhängigen Beschwerdeverfahrens damit, dass er von seiner Frau finanziell unterstützt werde, weil er ohne Arbeitsbewilligung nicht arbeiten dürfe. Er habe aus seiner Vergangenheit gelernt und sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Der Beschwerdeführer ersuchte, ihm die Möglichkeit zu geben, weiterhin ein positiver Bestandteil der österreichischen Gesellschaft zu sein.

Der Beschwerdeführer wurde im Bundesgebiet bislang bereits sieben Mal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt: Mit Urteil vom 22.06.2004 wegen §§ 15, 127, 130 (1.Fall) StGB und § 27/1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon 6 Monate zunächst bedingt mit einer Probezeit von letztlich 5 Jahren, wobei die bedingt nachgesehene Strafe an 16.10.2008 widerrufen wurde. Mit Urteil vom 17.10.2007 wegen § 127 und § 129/1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, woraus er am 26.03.2008 bedingt mit einer Probezeit von letztlich 5 Jahren entlassen wurde. Mit Urteil vom 16.10.2008 wegen §§ 15, 87/1 StGB und § 50 Abs. 171 WaffG zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, aus welcher er am 20.03.2009 bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren entlassen wurde sowie nach der Verlängerung der Probezeit auf 5 Jahre endgültig entlassen wurde. Mit Urteil vom 03.02.2010 wurde er wegen §§ 15 und 127 StGB zu einer Geldstrafe von 800.- Euro und mit Urteil vom 07.04.2011 wegen § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil vom 15.05.2015 wegen §229 (1) StGB, § 133 (1) StGB, §§ 127, 128 (1) Z 4, § 129 Z 1, § 130 4.Fall StGB, § 15 StGB zu einer später bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Jahren mit einer Probezeit von 3 Jahren sowie mit Urteil vom 02.10.2015 wegen §§ 105 (1) und 106 (1) Z 1 StGB zu einer ebenfalls später bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten mit einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Am 24.09.2018 hat der Beschwerdeführer das österreichische Bundesgebiet per Flugzeug freiwillig und unterstützt nach Georgien verlassen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer stellte am 13.09.2002 nach illegaler Einreise unter Angabe einer falschen Identität einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher letztlich mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17.11.2008 wegen widersprüchlicher und unglaubwürdiger Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen hinsichtlich Asyl und Refoulement als unbegründet abgewiesen wurde (Spruchpunkte I. und II.); gleichzeitig wurde die Ausweisung ersatzlos behoben, weil die Abweisung des Asylantrags seines ebenfalls im Bundesgebiet aufhältigen unehelichen Sohnes entsprechend der damaligen Rechtslage keine Ausweisung enthielt.

Mit Bescheid der BPD XXXX vom 29.06.2005 wurde gegen den Beschwerdeführer wegen seiner strafgerichtlichen Verurteilung vom 22.06.2004 bereits ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Am 23.11.2011 beantragte der Beschwerdeführer eine Duldung gemäß § 46a FPG, hielt sich jedoch am 11.05.2012 trotz Obdachlosenmeldung nicht mehr im Bundesgebiet auf.

Am 07.04.2016 beantragte der Beschwerdeführer sodann humanitäres Bleiberecht mit der Begründung, dass er seit 2002 ohne jegliche Papiere in Österreich lebe und seine Abschiebung daher nicht möglich sei. Im Fall der Ablehnung des Antrags ersuche er um Duldung in Österreich. Am 17.06.2016 wurde ihm infolge mehrerer erfolgloser Versuche zur Beschaffung eines Heimreisezertifikats unter seiner angeblichen Identität gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG eine Karte für Geduldete vom 21.06.2016 bis 20.06.2017 ausgestellt.

Der Beschwerdeführer wurde bislang im Bundesgebiet bereits sieben Mal rechtskräftig zu Freiheitsstrafen bzw. zu einer Geldstrafe verurteilt. Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil vom 15.05.2015 wegen §229 (1) StGB, § 133 (1) StGB, §§ 127, 128 (1) Z 4, § 129 Z 1, § 130 4.Fall StGB, § 15 StGB zu einer später bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Jahren mit einer Probezeit von 3 Jahren sowie mit Urteil vom 02.10.2015 wegen §§ 105 (1) und 106 (1) Z 1 StGB zu einer ebenfalls später bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten mit einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt. Davor wurde er bereits mit Urteil vom 22.06.2004 wegen §§ 15, 127, 130 (1.Fall) StGB und § 27/1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon 6 Monate zunächst bedingt mit einer Probezeit von letztlich 5 Jahren, wobei die bedingt nachgesehene Strafe an 16.10.2008 widerrufen wurde verurteilt, mit Urteil vom 17.10.2007 wegen § 127 und § 129/1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, woraus er am 26.03.2008 bedingt mit einer Probezeit von letztlich 5 Jahren entlassen wurde, mit Urteil vom 16.10.2008 wegen §§ 15, 87/1 StGB und § 50 Abs. 171 WaffG zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, aus welcher er am 20.03.2009 bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren entlassen wurde und nach einer Verlängerung der Probezeit auf 5 Jahre endgültig entlassen wurde, mit Urteil vom 03.02.2010 wurde er wegen §§ 15 und 127 StGB zu einer Geldstrafe von 800.- Euro und mit Urteil vom 07.04.2011 wegen § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.

Am 30.11.2016 langte der am 05.08.2016 in Georgien ausgestellte und bis 05.08.2026 gültige georgische Reisepass des Beschwerdeführers mit seiner tatsächlichen Identität beim Bundesamt ein.

Der Beschwerdeführer hat sich seit 2002 nicht durchgehend im Bundesgebiet aufgehalten, sein Aufenthalt war bis November 2008 als Asylwerber ein vorläufiger, seither ist sein Aufenthalt im Bundesgebiet jedenfalls illegal und wurde gegen ihn bereits am 29.06.2005 ein Aufenthaltsverbot für 10 Jahre erlassen. Der Beschwerdeführer hat unter einer falschen Identität wiederholt Straftaten begangen. Er hielt sich trotz Aufenthaltsverbots immer wieder im österreichischen Bundesgebiet auf und erlangte infolge seiner falschen Angaben zu seiner Identität sogar eine Duldung für die Zeit vom 21.06.2016 bis zum 20.06.2017. Die Obsorge seines unehelichen und in Österreich aufhältigen Sohnes kommt dessen Mutter zu. Er hat ferner seine Vaterschaft für eine minderjährige Tochter, welche österreichische Staatsbürgerin ist, behauptet. Seit XXXX ist er auch mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Er verfügt über eine Einstellungszusage für den Fall der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung, ist jedoch bisher im Bundesgebiet keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen. Seinen Lebensunterhalt bestreitet seine österreichische Ehefrau. Behauptete gute Kenntnisse der deutschen Sprache hat er nicht durch Sprachzertifikate belegt. Der Beschwerdeführer ist -nach der Behandlung seiner Drogenabhängigkeit in Österreich- im Wesentlichen gesund. Er hat nicht vorgebracht, über ein Aufenthaltsrecht nach anderen gesetzlichen Bestimmungen zu verfügen. Er hat im Herkunftsstaat die Schule besucht und eine Berufsausbildung als Box-Trainer absolviert. Er beherrscht die Landessprache seines Herkunftsstaates. Im Herkunftsstaat leben noch seine Verwandten (Eltern, Bruder).

Der Beschwerdeführer ist am 24.09.2018 freiwillig und unterstützt in seinen Herkunftsstaat ausgereist.

Seine sofortige Ausreise war erforderlich und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung daher rechtmäßig. Georgien stellte zum Zeitpunkt seiner freiwilligen Ausreise - für den konkreten Beschwerdeführer - keinen solchen Herkunftsstaat dar, in welchem sein Leben oder körperliche Unversehrtheit aus welchen Gründen auch immer gefährdet gewesen wäre.

Zur Situation im Herkunftsstaat:

(Länderinformationsblatt der Staatendokumentation betreffend Georgien, Gesamtaktualisierung am 07.06.2018)

1. Politische Lage

Im Jahr 2017 begann Georgien mit einer grundlegenden Reform der Verfassung, mit welcher der Übergang von einem gemischten zu einem parlamentarischen System abgeschlossen wurde. Die Reform, die insgesamt positiv von der Venediger-Kommission des Europarates bewertet wurde, zielt darauf ab, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu festigen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Grundrechte beruht. Der vom Parlament angenommene Entwurf wurde von der Opposition nicht unterstützt, weil vor allem das rein-proportionale Wahlsystem erst bis 2024 eingeführt werden soll. NGOs und Oppositionsparteien sahen den Entscheidungsprozess als nicht inklusiv und zu voreilig (EC 9.11.2017).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wird durch Direktwahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Der Präsident ernennt den Premierminister, der vom Parlament ernannt wird. Nach den im Jahr 2017 beschlossenen Verfassungsänderungen wird der Präsident indirekt von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt, wobei diese Änderungen erst nach der Wahl 2018 wirksam werden (FH 1.2018). Nach der geänderten Verfassung wird Georgien ab 2024 auf ein Verhältniswahlsystem mit einer Fünf-Prozent-Hürde umstellen. Ab 2025 wird der Präsident nicht mehr vom Wahlvolk, sondern von einem speziellen Gesetzgebungsrat gewählt (RFE/RL 20.10.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen 2013 gewann Giorgi Margvelashvili, ein von der Partei "Georgischer Traum" unterstützter unabhängiger Kandidat, 62% der Stimmen, vor dem Kandidaten der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM), David Bakradze, der 22% gewann. Während Beobachter über einige Verstöße berichteten, bezeichneten sie den Wahlgang als kompetitiv und vertrauenswürdig und lobten dabei die Zentrale Wahlkommission für ihre Professionalität. Giorgi Kvirikashvili von der Partei Georgischer Traum kehrte nach den Parlamentswahlen 2016 als Premierminister zurück; er war seit Ende 2015 in dieser Funktion tätig (FH 1.2018).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR 30.10.2016).

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017). Die Wahl verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Die Menschen sind in der Regel in der Lage, politische Parteien zu gründen und ihre eigenen Kandidaturen mit wenig Einmischung durch Dritte umzusetzen. Allerdings hat ein Muster der Einparteiendominanz in den letzten zehn Jahren die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt. Die Partei Georgischer Traum dominiert den politischen Raum. Entscheidend dafür ist die Rolle von Ivanishvili, dem Schöpfer und Finanzgaranten der Partei, der maßgeblichen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung in Georgien hat. Die finanziellen und geschäftlichen Interessen von Ivanishvili sind auch im politischen Bereich von großer Bedeutung (FH 1.2018).

Quellen:

? Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622, Zugriff 26.3.2018

? EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

? FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 26.3.2018

? OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true, Zugriff 26.3.2018

? OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-Operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (13.11.2017):

Election Observation Mission Georgia, Local Elections, Second Round, 12 November 2017,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/356146?download=true, Zugriff 26.3.2018

? RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (20.10.2017): Georgia's President Reluctantly Signs Constitutional Amendments, 26.3.2018

? RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 26.3.2018

? RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (12.11.2017): Georgians

In Six Municipalities Vote In Local Election Runoffs, https://www.rferl.org/a/georgia-local-elections-second-round/28849358.html, Zugriff 26.3.2018

? Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren,

http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 26.3.2018

? Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50,

http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html, Zugriff 26.3.2018

2. Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Georgien hat sich seit der militärischen Auseinandersetzung zwischen georgischen und russischen Truppen vom August 2008 weitgehend normalisiert. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Im Gali-Distrikt Abchasiens kommt es immer wieder zu Schusswechseln, Entführungen und anderen Verbrechen mit teilweise kriminellem Hintergrund. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien und Georgien nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gilt im Falle Südossetiens. In den städtischen Zentren kann es gelegentlich zu Demonstrationen und Protestaktionen kommen, vor allem im Zusammenhang mit Wahlen. Straßenblockaden und Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften sind nicht ausgeschlossen. Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 6.6.2018).

Die Kriminalitätsrate ist in Georgien in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auto- und andere Diebstähle sowie Einbrüche kommen vor, und sind gelegentlich von Gewalt begleitet. Übergriffe gegen Personen, die sich in der Öffentlichkeit als homosexuell zu erkennen geben, können vorkommen (AA 6.6.2018a, vgl. EDA 6.6.2018).

Bei einem Anti-Terroreinsatz in Tiflis sind am 22.11.2017 ein Polizist und drei mutmaßliche Terroristen getötet worden. Mehrere mutmaßliche Anhänger einer terroristischen Gruppe hatten sich der Festnahme widersetzt, indem sie das Feuer mit automatischen Waffen eröffneten und Handgranaten auf die Anti-Terror-Einheit warfen (Standard 23.11.2017). Einer der getöteten Terroristen war offenbar Achmed Tschatajew, ein tschetschenischer Befehlshaber des sog. Islamischen Staates (IS), der den georgischen Behörden bekannt war. Tschatajew stand seit 2015 auf der Terroristenliste der Vereinigten Staaten von Amerika und wurde auch von Russland und der Türkei wegen der Organisation des tödlichen Bombenanschlags auf den Flughafen von Istanbul im Juli 2016 gesucht. Die Prognose, dass sich die terroristische Bedrohung in Georgien auf die einheimischen und zurückkehrenden Kämpfer verlagert hat, wurde durch die Operation in Tiflis drastisch bestätigt (Jamestown 29.11.2017, GA 1.12.2017):

Die EU unterstützt aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die Krise in Georgien und die EU-Beobachtermission (EUMM), die zu Stabilität und Frieden beitragen. Georgien hat sich weiterhin den internationalen Gesprächen in Genf verschrieben. Der sog. "Incident Prevention Mechanisms (IPRM)", der 2009 geschaffen wurden, um Risiko- und Sicherheitsfragen zu erörtern, die die Gemeinden in Abchasiens bzw. Südossetiens betreffen, und die EUMM-Hotline arbeiten weiterhin effizient als wesentliche Instrumente, um lokale Sicherheitsfragen anzugehen und, um die weitere Vertrauensbildung zwischen den Sicherheitsakteuren zu fördern (EC 9.11.2017).

Anfang März 2018 wiederholte Premierminister Giorgi Kvirikashvili Georgiens Interesse, bei den internationalen Gesprächen in Genf konkrete Fortschritte zu erzielen. Hierzu erklärte er sich auch bereit, in einen direkten Dialog mit Vertretern der separatistischen Regionen Abchasien und Südossetien zu treten (Jamestown 26.3.2018, vgl. Civil.ge 9.3.2018).

Quellen:

? AA - Auswärtiges Amt (6.6.2018a): Landesspezifische Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/georgien-node/georgiensicherheit/201918#content_0, Zugriff 6.6.2018

? Civil.ge (9.3.2018): Prime Minister Appeals to Russian Authorities, Offers Direct Dialogue with Sokhumi, Tskhinvali, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30935&search, Zugriff 12.4.2018

? EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

? EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (6.6.2018): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 6.6.2018

? GA - Georgien aktuell (1.12.2017): Anti-Terror-Einsatz: getötete Terroristen offenbar illegal ins Land gekommen, http://georgien-aktuell.info/de/politik/innenpolitik/article/13430-illegal, Zugriff 9.4.2018

? Jamestown (26.3.2018): Georgian Government Insists on Direct Talk With Moscow-Backed Separatists, https://jamestown.org/program/georgian-government-insists-direct-talk-moscow-backed-separatists/, Zugriff 12.4.2018

? Jamestown (29.11.2017): Special Operation in Tbilisi Highlights Risk of Terrorism by Returning Fighters in Georgia, https://jamestown.org/program/special-operation-tbilisi-highlights-risk-terrorism-returning-fighters-georgia/, Zugriff 9.4.2018

? Der Standard (23.11.2017): Vier Tote bei Anti-Terror-Einsatz in Tiflis,

https://derstandard.at/2000068329714/Vier-Tote-bei-Anti-Terror-Einsatz-in-Tiflis, Zugriff 9.4.2018

2.1.Regionale Problemzone: Abchasien

Abchasien (ca. 200.000 Einwohner) hat sich - unterstützt von Russland - als unabhängig erklärt und sucht die weitere Annäherung an Russland. Die Regierung in Tiflis hat keine Verwaltungshoheit über das Gebiet, in denen sich ein de-facto politisches System mit Regierung, Parlament und Justiz etabliert hat. Eigene Streitkräfte, unterstützt durch russisches Militär sichern die zunehmend von ihnen befestigte Verwaltungsgrenze zu Georgien. Diese ist nur zu sehr geringem Maße für Einwohner der Gebiete durchlässig. Militärische Auseinandersetzungen gibt es seit 2008 jedoch nicht mehr. Das Recht auf Rückkehr der vertriebenen Georgier wird von den abchasischen de facto-Behörden verwehrt. Nur der Verwaltungskreis Gali im südlichen Teil Abchasiens, nahe dem georgischen Hauptterritorium, ist noch stark georgisch/megrelisch besiedelt. Es liegen Hinweise vor, dass Bewohner dieses Gebiets bzw. Angehörige der georgischen/megrelischen Bevölkerung in Abchasien staatlich benachteiligt werden (z.B. beim Erwerb von Passdokumenten und damit Freizügigkeit, Ausübung des Stimmrechts bei de facto-Präsidentschaftswahlen 2014, Besetzung öffentlicher Stellen, Zugang zu Bildung und Gesundheitsfürsorge, Ermöglichung von "Grenz"-Übertritten nach Georgien, Arbeitserlaubnis). Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um sie zum Verlassen zu bewegen. Von Abchasien aus war es bislang gängige Praxis, dass Kinder ethnischer Georgier die Administrative Boundary Line (ABL) zum Schulbesuch auf dem georgischen Hauptterritorium regelmäßig überqueren konnten. Nach der Schließung von mittlerweile drei der fünf offiziellen Übergangsstellen verlängert sich der tägliche Schulweg aber so sehr (z.T. ca. 100 km einfach), dass diese Möglichkeit inzwischen kaum noch genutzt wird (AA 11.12.2017).

Die abchasische Regierung ist finanziell von Russland abhängig, das eine militärische Präsenz auf dem Territorium unterhält und zu den wenigen Staaten gehört, die die Unabhängigkeit Abchasiens anerkennen. Dennoch weist das politische System eine starke Opposition und zivilgesellschaftliche Aktivität auf, und die meisten Einwohner sind Berichten zufolge gegen eine formelle Annexion durch Russland. Während die lokalen Rundfunkmedien weitgehend von der Regierung kontrolliert werden, gibt es einige unabhängige Print- und Online-Medien. Die Versammlungsfreiheit wird in der Regel respektiert. Zu den anhaltenden Problemen gehören ein zutiefst mangelhaftes Strafrechtssystem und die Diskriminierung von ethnischen Georgiern (FH 1.2017).

Die abchasischen Behörden inhaftieren weiterhin Personen, die die "Grenze" illegal überquert haben sollen. Russische Grenzwächter entlang der Verwaltungsgrenze zwischen Abchasien und Georgien setzen normalerweise die Regeln der abchasischen Machthaber um, indem sie Individuen abstrafen und wieder freilassen. Es gab Berichte über willkürliche Verhaftungen von ethnischen Georgiern in den abtrünnigen Gebieten. Ihnen wurden weder die Gründe für die Haft noch für das Vorführen vor den Staatsanwalt mitgeteilt. In Abchasien verbietet das Rechtssystem Eigentumsansprüche von ethnischen Georgiern, die Abchasien vor, während oder nach dem Krieg von 1992-93 verlassen haben, wodurch Binnenvertriebenen ihre Eigentumsrechte in Abchasien entzogen werden (USDOS 20.4.2018).

Die Behörden in Abchasien lehnen weiterhin die Rückkehr von ethnischen georgischen Binnenvertriebenen an Orte ihrer Herkunft oder ihres gewöhnlichen Aufenthalts mit Ausnahme der Distrikte Gali, Ochamchira und Tkvarcheli ab. Das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) hat die Behörden wiederholt um Zusicherungen in Bezug auf die Rechte der Rückkehrer hinsichtlich des Daueraufenthalts, Freizügigkeit, Geburtenregistrierung und Eigentumsrechte gebeten. Generell haben die Vereinten Nationen gefordert, den Zugang der Rückkehrer zu politischen Rechten, gleichen Schutz vor dem Gesetz, soziale Sicherheit, Gesundheitsversorgung, Arbeit und Beschäftigung, Bildung, Gedanken-, Gewissens- und Meinungsfreiheit und kulturelles Leben zu gewährleisten. Im Dezember 2016 wurde das "Gesetz über die Rechtsstellung von Ausländern in Abchasien" geändert, um die Einführung einer "Aufenthaltserlaubnis für Ausländer" zu ermöglichen, die den in Abchasien lebenden ethnischen Georgiern die Ausübung ihrer Rechte erleichtern würde (UN-GA 3.5.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Abkhazia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/abkhazia, Zugriff 13.4.2018

* UN_GA - UN General Assembly (3.5.2017): Status of internally displaced persons and refugees from Abkhazia, Georgia and the Tskhinvali region/South Ossetia, Georgia [A/71/899], https://www.ecoi.net/en/file/local/1402817/1226_1499079794_n1712489.pdf, Zugriff 13.4.2018

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practces 2017 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1430256.html, Zugriff 6.6.2018

2.2.Regionale Problemzone: Südossetien

Der Krieg im Jahr 2008 führte zum Einmarsch russischer Truppen und zur Vertreibung der zuvor noch bestehenden georgischen Regierungspräsenz sowie etlicher ethnischer Georgier. Nur Russland und eine Handvoll anderer Staaten haben seither die Unabhängigkeit Südossetiens anerkannt. Das Territorium bleibt fast vollständig von Russland abhängig (90% seines Budgets für 2016), und Moskau übt einen entscheidenden Einfluss auf die Politik und die Regierungsführung aus. Die lokalen Medien stehen weitgehend unter Kontrolle der Behörden, die auch die Aktivitäten der Zivilgesellschaft einschränken oder genau überwachen. Die Justiz unterliegt politischer Einflussnahme und Manipulation. Körperliche Übergriffe und schlechte Bedingungen sind Berichten zufolge in Gefängnissen und Haftanstalten weit verbreitet (FH 1.2017).

Russische Streitkräfte und De-facto-Behörden in Südossetien haben die Bewegungsfreiheit über die De-facto-Grenze weiter eingeschränkt und Dutzende von Menschen wegen "illegalen" Grenzübertritts kurzzeitig festgenommen und bestraft. Die zunehmende Umzäunung entlang der Verwaltungsgrenzen beeinträchtigte weiterhin die Rechte der Anwohner, einschließlich des Rechts auf Arbeit, Nahrung und einen angemessenen Lebensstandard, da der Zugang zu ihren Obstgärten, Weiden und Ackerland verloren ging (AI 22.2.2018).

In Südossetien leben kaum noch ethnische Georgier. Das Recht auf Rückkehr der Vertriebenen wird von den dortigen de facto-Behörden verwehrt. Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um sie zum Verlassen zu bewegen. Als Ausnahme ist die Anwesenheit der im Gebiet von Akhalgori (Südossetien) lebenden Georgier gegenwärtig akzeptiert (AA 11.12.2017).

Die südossetischen Behörden haben gegenüber UN-Vertretern ihre Offenheit für die Rückkehr von Binnenvertriebenen nach Südossetien bekundet, allerdings hauptsächlich in den Bezirk Akhalgori und unter der Voraussetzung, dass sich die Personen nur dort aufhalten werden. Besuche im Bezirk Akhalgori scheinen für die Vertriebenen und ihre Angehörigen möglich zu sein. Die zuständigen südossetischen Behörden haben rund 4.300 neue Grenzübertrittsdokumente ("propusk") ausgestellt, die neben rund 1.000 südossetischen sogenannten "Pässen" auch das Überschreiten der Verwaltungsgrenze ermöglichen (UN-GA 3.5.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen in Südossetien am 9.4.2017 gewann der bisherige Parlamentsvorsitzende, Anatoly Bibilov mit 54,8% Prozent (PEC 12.4.2017). Der bisherige Amtsinhaber, Leonid Tibilov, der seitens Moskau unterstützt wurde, erhielt nur 30% (RFE/RL 11.4.2017; vgl. EN 12.4.2017). Analysten sahen nebst der schlechten Wirtschaftslage die Parteinahme des Kremls und die wachsende Präsenz russischer Offizieller im südossetischen Staatsapparat als Hauptursache für die Niederlage Tibilovs (EN 12.4.2017). Gleichwohl verfolgt der Sieger Bibilov im Unterschied zu Tibilov, der seine Politik der Interessenslage Russlands anpasste, eine möglichst schnelle Aufnahme in den russischen Staatsverband und folglich die Vereinigung mit Nordossetien. Hierfür schlug er bereits ein Referendum bis Ende 2017 vor (RFE/RL 11.4.2017). Die Europäische Union und USA verurteilten die Wahlen als unzulässig (EN 12.4.2017).

Quellen:

? AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

? AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html, Zugriff 13.4.2018

? EN - EurasiaNet.org (12.4.2017): South Ossetia: Voters Opt Against the Kremlin Favorite, http://www.eurasianet.org/node/83221, Zugriff 13.4.2018

? FH - Freedom House (1.2017): FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - South Ossetia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/south-ossetia, Zugriff 13.4.2018

? RFE/RL - Radio Free Europe/ Radio Liberty (11.4.2017): South Ossetia's Bibilov Wins Election, Puts Moscow In A Bind, http://www.rferl.org/a/south-ossetia-bibilov-victory-presidential-election/28424108.html, Zugriff 13.4.2018

? PEC - ??????????????? ?????????????? ????????? "???" [südossetische Nachrichtenagentur]: Anatoly Bibilov won the presidential election with 54.8% of votes - the CEC, http://cominf.org/en/node/1166511548, Zugriff 13.4.2018

? UN_GA - UN General Assembly (3.5.2017): Status of internally displaced persons and refugees from Abkhazia, Georgia and the Tskhinvali region/South Ossetia, Georgia [A/71/899], https://www.ecoi.net/en/file/local/1402817/1226_1499079794_n1712489.pdf, Zugriff 13.4.2018

3. Rechtsschutz / Justizwesen

Erhebliche Fortschritte gab es insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug, wo eine menschenrechtswidrige Behandlung, die in der Vergangenheit systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann. Der Aufbau eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der aktuellen Regierung. Die dritte Reformwelle vom Dezember 2016 garantiert vor allem die unparteiische Zuteilung von Rechtsfällen an Richter. NGOs, die den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch begleiten, mahnen weiterhin die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung in einem transparenten Verfahren an. Demgegenüber neigen Politiker und andere prominente Interessenvertreter aus Wirtschaft und Medien dazu, Richtern bei Gerichtsentscheidungen in brisanten Fällen pauschal politische Motive bzw. Korruption zu unterstellen. In einigen Fällen wurde der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg angerufen. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und deutliche Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess. Die Praxis lang andauernder Untersuchungshaft wurde im Fall Ugulava, des ehemaligen Bürgermeisters von Tiflis vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig beurteilt und verfassungskonform beschränkt (AA 11.12.2017).

Im Dezember 2016 wurde ein Paket von Gesetzesänderungen zur Justizreform verabschiedet. Die Änderungen betrafen insbesondere die Veröffentlichung aller Entscheidungen, die schrittweise Einführung der elektronischen Zufallszuweisung von Fällen sowie das Auswahlverfahren der Richterkandidaten und das Disziplinarverfahren (Schaffung der Institution des Untersuchungsinspektors). Die Änderungen betrafen jedoch nicht andere, seit langem bestehende Punkte, einschließlich der Anwendung der Probezeit. Eine erste umfassende Justizstrategie und ihr fünfjähriger Aktionsplan wurden vom Hohen Rat der Justiz im Mai 2017 angenommen. Dieser sieht spezifische Maßnahmen und Indikatoren in den Kapiteln Unabhängigkeit, Rechenschaftspflicht, Qualität und Effizienz sowie Zugang zur Justiz vor. In Bezug auf den Zugang zur Justiz sind die vom Hohen Rat der Justiz (HCoJ) eingeführten Verfahren zur Ernennung von Richtern und Gerichtspräsidenten sowie die Disziplinarverfahren allerdings nicht vollständig transparent und rechenschaftspflichtig. Die neue Verfassung führte die Ernennung von Richtern des Obersten Gerichtshofs durch das Parlament auf Vorschlag des Obersten Gerichtshofs sowie die Ernennung von Richtern auf Lebenszeit ein. Im Januar 2017 wurden die Geschworenenprozesse, die 2010 beim Stadtgericht von Tiflis eingeführt wurden, auf andere Regionen Georgiens und auf weitere Arten von Vergehen ausgeweitet. Anfang 2017 wurden die Strafverfolgungsstrategie, der neue Ethikkodex und ein Beurteilungssystem für Staatsanwälte verabschiedet (EC 9.11.2018).

Die Einmischung der Exekutive und der Legislative in die Justiz ist nach wie vor ein erhebliches Problem, ebenso wie der Mangel an Transparenz und Professionalität bei den Verfahren. Im Jahr 2017 äußerten sich Oppositionelle und andere besorgt darüber, dass die politische Einmischung ein wesentlicher Faktor in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gewesen sei, so die Rückgabe des TV Senders "Rustavi 2" an seinen ehemaligen Miteigentümer, der mit der Regierungspartei Georgischen Traum verbunden ist. Das Urteil wurde allerdings später vom Europäischen Gericht für Menschenrechte aufgehoben (FH 1.2018, vgl. AI 22.2.2018).

Ende Mai 2018 musste der Generalstaatsanwalt Georgiens vor dem Hintergrund von Protesten zurückgetreten, in denen tausende Demonstranten ihre Empörung über ein, ihrer Meinung nach, unfaires Gerichtsurteil im Mordfall von zwei Schülern in Tiflis zum Ausdruck brachten (CK 5.6.2018). Die Demonstranten glaubten, dass andere als die beiden Beschuldigten für den Tod verantwortlich waren und der Strafe entkamen, weil ihre Verwandten in der Generalstaatsanwaltschaft arbeiteten (RFE/RL 4.6.2018). Führende NGOs des Landes haben sich geweigert, sich an der Ernennung eines neuen Generalstaatsanwaltes unter der Leitung von Justizministerin Teya Tsulukiani zu beteiligen, sondern haben im Gegenteil deren Rücktritt gefordert (CK 5.6.2018, vgl. JAMnews 6.6.2018). Das Parlament hat am 31.5.2018 als Reaktion auf die Entlassung der Beschuldigten durch das Gericht in Tiflis eine Untersuchungskommission zum Mordfall eingerichtet (civil.ge 6.6.2018). Die Demonstrationen haben die Ansicht mancher Georgier über Korruption und eine Atmosphäre der Straflosigkeit in der herrschenden Elite des Landes widergespiegelt (RFE/RL 4.6.2018).

Quellen:

? AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

? AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html, Zugriff 17.4.2018

? Caucasian Knot (5.6.2018): Activists demand resignation of Georgia's MoJ head, http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/43375/, Zugriff 7.6.2018

? Civil.ge (6.6.2018): Parliament Approves Teen Murder Probe Commission, https://civil.ge/archives/243789, Zugriff 7.6.2018

? EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

? FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 17.4.2018

? JAMnews (6.6.2018): Georgian NGOs demand resignation of Minister of Justice, https://jam-news.net/?p=106350, Zugriff 7.6.2018

? RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (4.6.2018): Georgian Protest Leader Gives Authorities Progress Ultimatum, https://www.rferl.org/a/tbilisi-subway-workers-strike-as-new-antigovernment-protests-expected/29270264.html, Zugriff 7.6.2018

4. Sicherheitsbehörden

Seit dem Regierungswechsel im Oktober 2012 ist von Machtmissbrauch von Amtsträgern nicht mehr die Rede. Eine von NGOs angemahnte organisatorische Trennung der Sicherheitsdienste vom Innenministerium ist bisher aber nicht durchgeführt worden (AA 11.12.2017).

Meinungsumfragen zeigen einen Rückgang des Vertrauens der Öffentlichkeit in das Strafverfolgungssystem. Umfragen zufolge waren 2013 noch 60% der Georgier und Georgierinnen mit der Leistung der Polizei zufrieden. Dieser Wert fiel jedoch im April 2017 Jahres auf 38%. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Unzufriedenen mit der Polizei von einem einstelligen Prozentwert auf 14% (NDI/CRRC 4.2017).

Hochrangige Zivilbehörden üben nicht immer eine wirksame Kontrolle über das Innenministerium und den Staatssicherheitsdienst aus. Die zivilen Behörden behielten jedoch die effektive Kontrolle über das Verteidigungsministerium bei. (USDOS 20.4.2018).

Die Behörden weigern sich oft, denen, die Missbrauch vorwerfen, einen Opferstatus zu gewähren, und nehmen ihnen die Möglichkeit, die Ermittlungsakten einzusehen (HRW 18.1.2018).

Die Straffreiheit für Menschenrechtsverletzungen durch Strafverfolgungsbeamte blieb bestehen, während die Regierung weiterhin einen unabhängigen Ermittlungsmechanismus versprach, aber nicht einführte. Im Juni 2017 schlug die Regierung statt eines unabhängigen Ermittlungsmechanismus eine neue Abteilung innerhalb der Staatsanwaltschaft vor, die den mutmaßlichen Missbrauch durch Strafverfolgungsbeamte untersuchen sollte (AI 22.2.2018).

Quellen:

? AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

? AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html, Zugriff 18.4.2018

? Eurasianet (5.7.2017): Georgia: Are the Police Backsliding? https://eurasianet.org/s/georgia-are-the-police-backsliding, Zugriff 18.4.2018

? HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422446.html, Zugriff 17.4.2018

? NDI/CRRC - National Democratic Institute/Caucasus Research Resource Centers (4.2017): Public attitudes in Georgia Results of a April 2017 survey carried out for NDI by CRRC Georgia, https://www.ndi.org/sites/default/files/NDI_April_2017_political%20Presentation_ENG_version%20final.pdf, Zugriff 18.4.2018

? USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practces 2017 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1430256.html, Zugriff 23.5.2018

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Ombudsmann und zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen bekanntwerdende Vorfälle von Gewaltanwendung und ggf. unzureichend betriebene Ermittlungen öffentlich an (AA 11.12.2017).

Die Analyse der vom Amt des Chefanklägers Georgiens erhaltenen Informationen zeigt, dass die Untersuchung anhängiger Strafverfahren mit Vorfällen angeblicher Misshandlung verzögert und unwirksam ist. Dennoch haben die Behörden keine positiven Anstrengungen unternommen, um einen unabhängigen Mechanismus zur Untersuchung von Folter, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung durch Strafverfolgungsbeamte einzurichten. Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich allerdings die Einschätzung von Vorfällen angeblicher Misshandlung verbessert (PD 10.12.2017).

Seit November 2016 erhielt die Georgian Young Lawyers' Association (GYLA) mindestens 20 Beschwerden wegen Folter und Misshandlung durch die Polizei und fünf durch das Gefängnispersonal. Laut GYLA haben die Behörden die Vorwürfe nicht wirksam untersucht (HRW 18.1.2018).

Quellen:

? AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

? HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422446.html, Zugriff 6.6.2018

? PD - The Public Defender of Georgia (10.12.2017): 10 December Report on the Situation of the Protection of Human Rights and Freedoms in Georgia,

http://www.ombudsman.ge/uploads/other/4/4957.pdf, Zugriff 18.4.2018

6. Korruption

Während das Land bei der Bekämpfung der Kleinkriminalität erhebliche Fortschritte gemacht hat, bleibt die Korruption innerhalb der Regierung ein Problem. Dies kann unter anderem in Form von Bestechungsgeldern, dem Austausch von Insiderinformationen und Einschüchterungen geschehen. Die Durchsetzung von Antikorruptionsmaßnahmen auf hohem Niveau fehlt (FH 1.2018; vgl. GAN 8.2017).

Die georgischen Rechtsvorschriften zur Korruptionsbekämpfung sind weitgehend im Strafgesetzbuch enthalten, das einen soliden Rechtsrahmen zur Eindämmung der Korruption im Land vorsieht, auch wenn die Durchsetzung, die durch die mangelnde Unabhängigkeit der Strafverfolgungsbehörden behindert wurde, in einigen Bereichen noch immer fehlt. Defizite bestehen beispielsweise im Justizwesen und im öffentlichen Auftragswesen (GAN 8.2017).

Die Anti-Korruptions-Behörde des Europarates, GRECO, lobte am 17.1.2017 den beträchtlichen Fortschritt bei der Reduzierung der Korruption in Georgien. Insbesondere wurden die Maßnahmen hervorgehoben, wonach öffentliche Vertreter, darunter Parlamentarier, Richter und Staatsanwälte der höheren Ebene ihr Vermögen deklarieren müssen. Laut GRECO sei es wichtig, diese Bestimmungen auf alle Staatsanwälte auszuweiten und diese konstant zu überprüfen. Hinsichtlich der Parlamentsabgeordneten empfiehlt GRECO die Veröffentlichung von Unvereinbarkeitsbest

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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