TE Bvwg Beschluss 2019/1/24 W185 2176496-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.01.2019
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Entscheidungsdatum

24.01.2019

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W185 2176522-1/9E

W185 2176496-1/5E

W185 2176511-1/5E

W185 2176505-1/5E

W185 2176501-1/5E

W185 2176494-1/5E

W185 2176509-1/5E

W185 2176520-1/5E

W185 2176517-1/5E

W185 2176515-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 09.10.2017, Zl. Addis Abeba-ÖB/RECHT/0035/2017, aufgrund des Vorlageantrags von 1) XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , 2) XXXX , geb. XXXX , 3) XXXX ,

geb. XXXX , 4) XXXX , geb. XXXX , 5) XXXX , geb. XXXX , 6) XXXX ,

geb. XXXX , 7) XXXX , geb. XXXX , 8) XXXX , geb. XXXX , 9) XXXX , geb. XXXX und 10) XXXX , geb. XXXX , sämtliche StA. Somalia, die minderjährigen Beschwerdeführer XXXX und XXXX gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX alias XXXX alias XXXX , sämtliche vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerden gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 17.07.2017, beschlossen:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs 3 VwGVG stattgegeben, die bekämpften Bescheide behoben und die Angelegenheit zur Erlassung neuer Entscheidungen an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Am 26.08.2016 stellten die Beschwerdeführer, Staatsangehörige Somalias, bei der Österreichischen Botschaft Addis Abeba (in der Folge: ÖB Addis Abeba) elektronisch Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG; am 29.09.2016 sprachen die Genannten auch persönlich bei der nunmehr belangten Behörde vor. Als Bezugsperson wurde der vermeintliche Gatte der Erstbeschwerdeführerin bzw Vater der neun minderjährigen Beschwerdeführer, XXXX , StA. Somalia, angegeben.

Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) vom 19.11.2015, rechtskräftig seit 22.12.2015, wurde der Bezugsperson der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Den (vor Ort ausgefüllten) Anträgen angeschlossen waren jeweils Kopien der Geburtsurkunden der Beschwerdeführer in somalischer und englischer Sprache, Kopien der Reisepässe, eine Heiratsurkunde in englischer Sprache die Erstbeschwerdeführerin und die Bezugsperson betreffend sowie eine Passkopie der Bezugsperson, der Asylbescheid des Bundesamtes vom 19.11.2015 die Bezugsperson betreffend sowie eine Meldebestätigung der Bezugsperson. Weiters war ein Schreiben der Somali Community & Literacy Center, Addis Abeba, datiert mit 16.09.2016 in englischer Übersetzung angeschlossen, in welchem ausgeführt wird, dass Frau XXXX , die Mutter von XXXX und XXXX , seit dem 1. Jänner 2009 in Mogadischu vermisst werde. Bestätigt wurde weiters, dass der Vater der genannten Kinder, Herr XXXX , in Österreich aufhältig sei.

Am 20.10.2016 wurden die Einreiseantrage seitens der ÖB zur Abgabe einer Stellungnahme an das Bundesamt übermittelt.

In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG, datiert mit 23.10.2017(!), führte das Bundesamt aus, dass die Gewährung des Status eines Asylberechtigten oder eines subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Beschwerdeführer keine Familienangehörigen im Sinne des AsylG seien. Begründend wurde ausgeführt, dass die Anträge der minderjährigen XXXX , von der nicht gesetzlichen bzw gewillkürten Vertreterin gestellt worden seien und die Zustimmung zur Ausreise der oben angeführten minderjährigen Kinder seitens der gesetzlichen Vertreterin fehle. Auch hätten die Antragsteller die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Abs 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht nachweisen können. Näheres ergebe sich aus der beiliegenden Stellungnahme.

In der beiliegenden Stellungnahme des Bundesamtes, datiert mit 07.02.2017 (!) wurde ausgeführt, dass XXXX für sich, ihre mj Kinder und für die Kinder der Bezugsperson Einreiseanträge nach § 35 AsylG gestellt habe. Sie sei gesetzliche Vertreterin für die mj XXXX und XXXX . Sie sei nicht gesetzliche Vertreterin der übrigen mj Kinder. Als Bezugsperson sei XXXX angeführt worden. Der Bezugsperson sei mit Bescheid des Bundesamtes vom 19.11.2015, rechtskräftig seit 22.12.2015, der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden. Die Erstbeschwerdeführerin bringe vor, die Ehefrau der Bezugsperson zu sein; zum Nachweis habe sie eine Heiratsurkunde vorgelegt. Weiters habe sie angegeben, dass die Bezugsperson der leibliche Vater der mj Kinder sei. Es lägen schon die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren nicht vor, da die Anträge der minderjährigen XXXX , von der nicht gesetzlichen bzw gewillkürten Vertreterin gestellt worden seien, die Zustimmung zur Ausreise der oben angeführten minderjährigen Kinder seitens der gesetzlichen Vertreterin fehle sowie die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 vom Antragsteller nicht erfüllt worden seien [...]. Im vorliegenden Fall hätten sich derart gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten (im Sinne von § 35 Abs 5 AsylG) Familienverhältnisses ergeben, weil:

-

Aufgrund der ha. aufliegenden Erkenntnisse über bedenkliche Urkunden aus dem Herkunftsstaat der Verfahrenspartei, wonach es möglich sei, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt, auch entgegen der wahren Tatsachen auch widerrechtlich zu erlangen, aus Sicht der Behörde keineswegs davon ausgegangen werden könne, dass das behauptete Familienverhältnis als (im Sinne eines vollen Beweises) erwiesen anzusehen sei;

-

Es hätten sich zudem massive Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Urkunden (aus den niederschriftlichen Einvernahmen, dem Akteninhalt bzw der Äußerungen der ÖB) ergeben,

sodass eine Statusgewährung nicht wahrscheinlich sei. Hiezu sei Folgendes näher auszuführen:

Im Zuge der Prüfung des bestehenden Familienverhältnisses hätten sich bei einer Gegenüberstellung der Angaben (Antragstellung erst 10 Monate nach rk Bescheid der Bezugsperson, keine Angaben der Antragstellerin über die Eheschließung) Widersprüche und massive Zweifel am tatsächlichen Bestehen des Familienlebens ergeben. Nicht nur, dass die Antragstellerin die Daten der Eheschließung bei der Antragstellung nicht angeführt habe, sondern auch die Tatsache, dass die Bezugsperson bei seiner Einvernahme angegeben habe, dass es für beide Eheschließungen keine Heiratsurkunde geben würde. Bei Antragstellung habe die Antragstellerin jedoch eine Heiratsurkunde, ausgestellt am 27.02.2016, vorgelegt. Weiters würden bei den mj Kindern der angeblich verschwundenen 2. Ehefrau die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren fehlen. Von den Antragstellern seien die Voraussetzungen nach § 60 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht erfüllt worden. Aufgrund dessen und mangels vorgelegter, relevanter und unbedenklicher Beweismittel sei keineswegs vom Nachweis im Sinne eines vollen Beweises des Familienverhältnisses auszugehen. Aus den oben dargelegten Gründen sei zum derzeitigen Zeitpunkt die Zuerkennung des Status iSd § 35 Abs 4 AsylG 2005 nicht wahrscheinlich.

Mit Schreiben vom 13.02.2017, übernommen am 16.02.2017, wurde der Erstbeschwerdeführerin, dem mj XXXX und XXXX , eine Aufforderung zur Stellungnahme übermittelt. Es wurde mitgeteilt, dass das Bundesamt nach Prüfung des Antrags mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei; dies aus folgendem Grund: "Der Antragsteller konnte die Erfüllung folgender Erteilungsvoraussetzung/en gemäß § 60 Abs 2 Z 1 - 3 AsylG 2005 nicht nachweisen. Näheres ergibt sich aus der beiliegenden Stellungnahme des Bundesamtes. Daraus ergibt sich, dass Ihr Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG in Verbindung mit § 35 Abs 4 Asylgesetz abzulehnen ist". Es werde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

Mit Schreiben vom 13.02.2017, übernommen am 16.02.2017, wurde der XXXX sowie XXXX , eine Aufforderung zur Stellungnahme übermittelt. Es wurde mitgeteilt, dass das Bundesamt nach Prüfung des Antrags mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei; dies aus folgendem Grund/aus folgenden Gründen:

-

Der Antragsteller konnte die Erfüllung folgender Erteilungsvoraussetzung/en gemäß § 60 Abs 2 Z 1 - 3 AsylG 2005 nicht nachweisen. Näheres ergibt sich aus der beiliegenden Stellungnahme des Bundesamtes (Anm: vom 07.02.2017):

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Die Anträge der mj. XXXX und XXXX , von der nicht gesetzlichen bzw gewillkürten Vertreterin gestellt wurden;

-

Die Zustimmung zur Ausreise von der gesetzlichen Vertreterin der oben angeführten mj Kinder fehlt.

Näheres ergibt sich aus der beiliegenden Stellungnahme des Bundesamtes (Anm: vom 07.02.2017).

In einer Stellungnahme vom 22.02.2017 brachten die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die leiblichen Kinder bzw die Ehefrau der Bezugsperson zu sein, welcher mit Bescheid des Bundesamtes vom 19.11.2015 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei. Im Jahr 1995 habe die damals zwanzigjährige Bezugsperson die damals achtzehnjährige XXXX geheiratet. Die Eheschließung habe der Vater der Bezugsperson, welcher als Mullah in seinem Heimatort tätig gewesen sei, durchgeführt. Als Zeugen hätten der Bruder von XXXX und ein weiterer namentlich genannter Bekannter der Familie fungiert. Dieser Ehe würden sechs Kinder entstammen ( XXXX ). Anfang 2000 habe die damals siebenundzwanzigjährige Bezugsperson die damals einundzwanzigjährige XXXX geheiratet. Zwei Brüder der Genannten hätten als Zeugen fungiert. Die Hochzeit sei von XXXX in seinem Gästehaus durchgeführt worden. Dieser Ehe würden sieben Kinder entstammen ( XXXX ). Bei beiden Eheschließungen hätte es sich um traditionelle Eheschließungen gehandelt; beide Ehen würden bis zum heutigen Tag bestehen. Die Bezugsperson habe aufgrund Bedrohung durch Al-Shaabab am 21.10.2009 Somalia verlassen. Im Jahr 2009 sei XXXX verschwunden; deren Verbleib sei bis heute unbekannt. Sie habe von ihren Verwandten seither nicht ausfindig gemacht werden können. Auch über die somalische Community hätten sich keine Hinweise auf deren Verbleib ergeben. Sie habe sich seither auch nicht bei ihren Verwandten gemeldet. Es sei also ungewiss, ob die Genannte überhaupt noch am Leben sei. Nach dem Verschwinden von XXXX seien deren sieben Kinder von XXXX sowie von der Mutter der Bezugsperson betreut worden. Im Jahr 2011 sei dann auch die Mutter der Bezugsperson spurlos verschwunden. XXXX sei dann mit allen Kindern zu ihren Eltern in der Nähe von Mogadischu gezogen. Seit dem Verschwinden von XXXX sei XXXX für alle Belange der Kinder von XXXX zuständig. Am 26.08.2016 habe XXXX für sich und für alle 9 bei ihr lebenden Kinder bei der ÖB Addis Abeba einen schriftlichen Einreiseantrag eingebracht, um das Familienleben mit der Bezugsperson in Österreich fortsetzen zu können. Bei XXXX und XXXX handle es sich um zwei Kinder aus erster Ehe der Bezugsperson mit XXXX . Eine Antragstellung für die weiteren 4 Kinder aus dieser Ehe sei nicht mehr möglich gewesen, da die Töchter XXXX seit etwa 2 Jahren verschwunden seien, XXXX verstorben und Sohn XXXX bereits volljährig sei. Bei den weiteren Antragstellern handle es sich um die 7 Kinder der Bezugsperson aus zweiter Ehe mit XXXX , welche seit dem Jahr 2009 von XXXX betreut würden und für deren Belange sie seitdem zuständig sei. Die persönliche Vorsprache aller Antragsteller bei der ÖB sei am 29.09.2016 erfolgt. Zu den vom Bundesamt herangezogenen Ablehnungsgründen sei Folgendes anzumerken: Handle es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs 1 AsylG um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016, somit vor dem 01.06.2016, rechtskräftig zuerkannt worden sei, so seien laut § 75 Abs 24 AsylG die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von 3 Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 gestellt worden sei. Die Bezugsperson habe den Status als Asylberechtigter mit Bescheid vom 19.11.2015, somit vor dem 01.06.2016, zuerkannt erhalten. Die Antragsteller hätten die Einreiseanträge schriftlich am 26.08.2016 eingebracht. Die in § 35 Abs 1 iVm § 75 Abs 24 AsylG normierte Übergangsfrist von 3 Monaten ab Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 sei somit gewahrt worden. Damit müssten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs 2 Z 1 bis 3 gegenständlich nicht erfüllt werden. Zum Grund der fehlenden Zustimmung seitens der leiblichen Mutter sei Folgendes festzuhalten:

Wie bereits dargelegt, sei die leibliche Mutter der sieben mj Kinder verschwunden und deren Verbleib bis heute unbekannt. Eine Zustimmung der leiblichen Mutter zur Ausreise der Kinder sei somit nicht zu erlangen. Die Ablehnung der Einreisetitel dieser mj Kinder bedeute einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben gemäß Art 8 EMRK, da nunmehr ein Zusammenleben der Genannten auch mit deren leiblichem Vater verunmöglicht würde. Abgesehen davon würde daraus eine Missachtung der Kinderrechtskonvention resultieren. Eine entsprechende Interessenabwägung sei vom Bundesamt und der ÖB nicht durchgeführt worden. Der VfGH habe in seiner jüngeren Rechtsprechung wiederholt gefordert, in Visaverfahren nach § 35 AsylG auch die Einhaltung des Art 8 EMRK zu berücksichtigen und sicherzustellen (VfGH 23.11.2015, E 1510-1511/2015-15). In diesem Zusammenhang sei nochmals festzuhalten, dass XXXX seit dem Verschwinden der leiblichen Mutter der sieben mj Kinder für sämtliche deren Belange zuständig sei. Der leibliche Vater befinde sich in Österreich. Falls die Behörde der Ansicht sein sollte, dass eine Antragstellung der Genannten nur mit der Zustimmung des leiblichen Vaters möglich sei, so werde eine entsprechende Zustimmungserklärung der Bezugsperson nachgereicht, in welcher diese seine Ehefrau XXXX ermächtige, seine Kinder aus 2. Ehe im Rahmen der Familienzusammenführung zu vertreten. Die Behörde zweifle offenkundig auch die Echtheit der eingereichten Dokumente - Reisepass, Geburtsurkunde und Heiratsurkunde - an, da es in Somalia möglich sei, fast alle Dokumente unwahren Inhalts zu besorgen. Angesichts der Lage in Somalia sei der Behörde zuzustimmen, dass somalische Dokumente nicht als unbedenklich angesehen werden könnten. Dies allein könne aber nicht der Grund für die Ablehnung der Anträge sein. Dem würden sowohl Art 8 EMRK als auch die Art 11 und 17 der RL 2003/86/EG widersprechen. Demnach müsse die Behörde, sollte ein Antragsteller nicht in der Lage sein, seine familiären Bindungen mit amtlichen Unterlagen zu belegen, andere Nachweise für das Bestehen dieser Bindungen prüfen. Dass es in Somalia generell möglich sei, Dokumente unwahren Inhalts ausstellen zu lassen, könne nicht als alleiniger Ablehnungsgrund gelten, da es dadurch somalischen Staatsbürgern generell unmöglich gemacht werde, Ehepartner im Rahmen des Familienverfahrens gem. § 35 ASylG nachzuholen, was unvereinbar mit Art. 8 EMRK sei. Die Behörde habe daher andere Beweismittel zu prüfen. Als weitere Beweismittel könnten gegenständlich sämtliche Einvernahmeprotokolle der Bezugsperson herangezogen werden. Die Bezugsperson habe darin immer sämtliche Antragsteller angeführt. Der Bezugsperson wäre überdies die Möglichkeit zur Einvernahme als Zeuge im Familienverfahren einzuräumen gewesen. Das Bundesamt hätte bei Zweifeln bezüglich der Familieneigenschaft die Bezugsperson als Zeugen einvernehmen müssen. Das Ermittlungsverfahren entspreche somit nicht den Anforderungen des Art 17 Familienzusammenführungs-RL sowie der Judikatur des EuGH. Eine umfassende Bewertung aller relevanter Faktoren im Einzelfall sei gegenständlich nicht erfolgt. Gemäß § 13 Abs 4 BFA-VG habe das Bundesamt oder das BVwG einem Fremden, der sich in einem Verfahren nach § 35 AsylG auf ein Verwandtschaftsverhältnis berufe, welches er nicht mit unbedenklichen Unterlagen nachweisen könne, die Vornahme einer DNA-Analyse zu ermöglichen. Über diese Möglichkeit sei der Fremde zu belehren. Unter dem Begriff "ermöglichen" sei eine organisatorische Hilfestellung seitens der Behörde zu verstehen. Es könne den gesetzlichen Bestimmungen nicht entnommen werden, dass bei Zweifeln an der Verwandtschaft eine Abweisung auch ohne Belehrung gem. § 13 Abs 4 BFA-VG erfolgen könne; in dieser Frage werde der Behörde kein Ermessen eingeräumt. Auch das BVwG habe mehrfach festgestellt, dass das Unterlassen der Belehrung einen wesentlichen Verfahrensmangel darstelle. Was den Vorwurf der Antragstellung erst 10 Monate nach Zuerkennung von Asyl an die Bezugsperson betreffe, sei festzuhalten, dass die Organisierung der Dokumente für eine Familienzusammenführung einige Monate in Anspruch nehmen könne. Die für die Antragstellung erforderlichen Dokumente (Pässe, Geburtsurkunden, Heiratsurkunde) seien alle bereits im Februar 2016 ausgestellt worden; es seien dafür auch hohe Kosten angefallen. Auch die Ausstellung von Einreisevisa für Äthiopien, um eine Vorsprache an der ÖB Addis Abeba zu ermöglichen, hätten zusätzlich Zeit und finanzielle Mittel erfordert. Der Zeitpunkt der Antragstellung könne den Antragstellern jedoch ohnedies nicht vorgehalten werden, da die Antragstellung - wie bereits oben dargelegt - bereits vor Ablauf der im AsylG festgelegten Übergangsfrist erfolgt sei. Was die Tatsache betreffe, dass die Erstbeschwerdeführerin bei Antragstellung das Datum der Eheschließung mit der Bezugsperson nicht angeführt habe, sei darauf hinzuweisen, dass es möglich sei, dass ihr das genaue Datum selbst nicht bekannt sei. Die Festmachung von bestimmten Ereignissen erfolge regelmäßig am Alter von Personen. So habe auch die Bezugsperson bei ihrer Einvernahme nie ein Datum der Eheschließung angegeben, sondern stets sein Alter sowie das Alter seiner Ehefrau zum Zeitpunkt der Eheschließung. Bei Berechnung des Jahres der Eheschließung aus diesen Altersangaben und den Angaben des Datums der Eheschließung in der vorgelegten Heiratsurkunde würden sich die Angaben decken. Überdies sei in diesem Zusammenhang anzumerken, dass die Erstbeschwerdeführerin Analphabetin sei. Was den Vorhalt betreffe, die Bezugsperson hätte bei deren Einvernahme angegeben, dass es hinsichtlich beider Eheschließungen keine Heiratsurkunden gäbe, bei Antragstellung nunmehr jedoch eine Heiratsurkunde (ausgestellt am 27.02.2016) vorgelegt worden sei, sei Folgendes zu entgegnen: Es sei in Somalia durchaus nicht üblich, sich im Zeitpunkt der Eheschließung eine Heiratsurkunde ausstellen zu lassen. Erst als eine solche für die Abwicklung des Einreiseverfahrens benötigt worden sei, sei deren Ausstellung 2016 beantragt worden. Aus all diesen Umständen könne nicht auf ein Fehlen der Familienangehörigeneigenschaft geschlossen werden. Zudem habe die Erstbeschwerdeführerin mit der Bezugsperson sechs gemeinsame Kinder, wovon zwei auch einen Einreiseantrag gestellt hätten. Die gesamte Familie sei von der Bezugsperson in deren Asylverfahren auch stets erwähnt worden. Sollten dennoch immer noch Zweifel daran bestehen, dass es sich bei der Erstbeschwerdeführerin um die Ehefrau der Bezugsperson handle, könne ein DNA-Gutachten dies widerlegen. Letztlich sei noch festzuhalten, dass entgegen der Ansicht des Bundesamtes, die Familieneigenschaft keineswegs bewiesen, sondern lediglich wahrscheinlich sein müsse (VwGH 1.3.2016, Ro 2015/18/0002), sodass bei bloßer Wahrscheinlichkeit ein Einreisetitel erteilt werden müsse. In eventu werde beantragt, die Bezugsperson als Zeugen einzuvernehmen sowie die Antragsteller oder die Bezugsperson über die Möglichkeit eines DNA-Tests gem. § 13 Abs 4 BFA-VG zu belehren.

Am 23.02.2107 übermittelte die ÖB Addis Abeba die o.a. Stellungnahme der Beschwerdeführer zur neuerlichen Prüfung an das Bundesamt.

Am 07.03.2017 ersuchte das Bundesamt die ÖB um Übermittlung der Abgängigkeitsanzeige die 2. Frau der Bezugsperson betreffend. Mit E-Mail vom 08.03.2017 teilte die ÖB Addis Abeba mit, dass die Anzeige habe gefunden werden können und merkte an, dass das ausstellende "Somali Zentrum" "für alles und jeden alle möglichen Bestätigungen ausstellt ohne Überprüfungen durchzuführen...".

Nach Übermittlung der Stellungnahme an das Bundesamt teilte dieses am 15.03.2017 (datiert mit 23.10.2017) mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe. Die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei; dies aus folgenden Gründen:

-

aufgrund der widersprüchlichen Angaben massive Zweifel über das tatsächliche Vorliegen der Familieneigenschaft bestehen;

-

die Anträge der minderjährigen XXXX , von der nicht gesetzlichen bzw gewillkürten Vertreterin gestellt wurden;

-

die Zustimmung zur Ausreise von der gesetzlichen Vertreterin der o. a. mj Kinder fehlt;

-

kein Obsorgebescheid über die gerichtlich übertragene Obsorge an die Antragstellerin für die mj Kinder der Bezugsperson vorliegt.

Näheres ergebe sich aus der beiliegenden Stellungnahme des Bundesamtes. In dieser 2. Stellungnahme des Bundesamtes vom 15.03.2017 wurde dargelegt, dass die Antragstellerin vorbringe, die Ehefrau der Bezugsperson in Österreich zu sein und zwecks Nachweises auch eine Heiratsurkunde vorgelegt habe. Weiters gebe die Antragstellerin an, dass die Bezugsperson der leibliche Vater der mj Kinder sei. Die geltend gemachte Familieneigenschaft müsse eindeutig und unzweifelhaft feststehen, damit eine Zuerkennung eines Status im Familienverfahren als wahrscheinlich angesehen werden könne. Gegenständlich würden jedoch die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren nicht vorliegen, da

-

die Anträge der minderjährigen XXXX , von der nicht gesetzlichen bzw gewillkürten Vertreterin gestellt wurden;

-

die Zustimmung zur Ausreise von der gesetzlichen Vertreterin der o. a. mj Kinder fehlt;

-

kein Obsorgebescheid über die gerichtlich übertragene Obsorge an die Antragstellerin für die mj Kinder der Bezugsperson vorliegt.

Im vorliegenden Fall hätten sich derart gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten (iSv § 35 AsylG) Familienverhältnisses ergeben, "weil

-

aufgrund der widersprüchlichen Angaben massive Zweifel über das tatsächliche Vorliegen der Familieneigenschaft bestehen;

-

aufgrund der ha. aufliegenden Erkenntnisse über bedenkliche Urkunden aus dem Herkunftsstaat der Verfahrenspartei, wonach es möglich ist, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt, auch entgegen der wahren Tatsachen auch widerrechtlich zu erlangen, aus Sicht der Behörde keineswegs davon ausgegangen werden kann, dass das behauptete Familienverhältnis als erwiesen (im Sinne eines vollen Beweises) anzunehmen ist;

-

und ergaben sich zudem massive Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Urkunden (aus den niederschriftlichen Einvernahmen, dem Akteninhalt bzw der Äußerungen der ÖB),

sodass eine Statusgewährung nicht wahrscheinlich ist".

Hiezu sei, eingehend auf die Stellungnahme der Beschwerdeführer, Folgendes näher auszuführen:

* zur fehlenden Zustimmung der leiblichen Mutter:

Die 2. Ehefrau und leibliche Mutter der sieben mj XXXX , sei laut Abgängigkeitsanzeige, ausgestellt am 16.09.2016, seit 01.01.2009, spurlos verschwunden. Für das Bundesamt sei es nicht nachvollziehbar und völlig unglaubwürdig, dass die Mutter bzw 2. Ehefrau der Bezugsperson am 01.01.2009 das Kind XXXX auf die Welt bringe und am selben Tag ohne das Kind spurlos verschwinde. Außerdem sei die Abgängigkeitsanzeige erst am 16.09.2016 erstellt worden; auf den Wahrheitsgehalt der Anzeige sei aufgrund des Amtswissens zur Urkundenbeschaffung gar nicht einzugehen. Weiters sei von der Bezugsperson weder im Jahr 2009 eine Abgängigkeitsanzeige erstellt worden noch habe diese die alleinige Obsorge beantragt. Auch habe es die am 21.10.2009 geflüchtete Bezugsperson verabsäumt, einen gewillkürten Vertreter zu bestellen bzw seine Mutter zu bevollmächtigen, beim Gericht die alleinige Obsorge bzw die Obsorgeberechtigung seiner 7 mj Kinder an seine 1. Ehefrau zu beantragen. Es liege weder eine Zustimmung der leiblichen Mutter zur Ausreise der 7 mj Kinder, ein unbedenklicher Bescheid über die alleinige Obsorge der Bezugsperson noch ein unbedenklicher Bescheid über die Obsorgeberechtigung der 1. Ehefrau für die 7 leiblichen Kinder der Bezugsperson vor, und somit seien die allgemeinen Voraussetzungen nicht erfüllt worden. Außerdem würden die Angaben der Bezugsperson bei ihrer Einvernahme am 10.11.2015 den widersprüchlichen Sachverhalt untermauern, wonach diese zu seiner 2. Ehefrau seit 01.10.2009 keinen Kontakt mehr habe bzw die Bezugsperson bei der Eheschließung mit seiner 2. Frau glaublich 27 Jahre und die Frau 21 Jahre alt gewesen sei. Er habe seit 21.10.2009, dem Zeitpunkt des Verlassens der Heimat, keinen Kontakt mehr zu seiner 2. Ehefrau. Wie die Bezugsperson sohin selbst angegeben habe, habe dieser seit Oktober 2009 keinen Kontakt mehr zu seiner 2. Ehefrau und leiblichen Mutter seiner 7 mj Kinder. Nach dem Gesagten sei ein spurloses Verschwinden der 2. Ehefrau am 01.01.2009 bzw mit einer Abgängigkeitsanzeige, welche nach über 7 Jahren erstellt worden sei, in keinster Weise nachvollziehbar; es bestünden erhebliche Zweifel am tatsächlichen Verschwinden der leiblichen Mutter bzw 2. Ehefrau. Dass die Bezugsperson trotz des spurlosen Verschwindens der 2. Ehefrau am 01.01.2009 weiterhin bis zum 21.10.2009 Kontakt mit der Genannten gehabt habe, untermauere den gänzlich widersprüchlichen Sachverhalt. Auch sei nie bei Gericht ein Antrag auf Todeserklärung hinsichtlich der 2. Ehefrau gestellt worden, wodurch in der Folge die Obsorgeberechtigung an die Bezugsperson übergehen würde (übergegangen wäre).

* Zum Bestehen des Familienverhältnisses:

Die vom Antragsteller geltend gemachte Familieneigenschaft müsse eindeutig und unzweifelhaft feststehen, damit eine Zuerkennung eines Status im Familienverfahren als wahrscheinlich angesehen werden könne. Wie bereits mehrmals dargelegt, würden die vorgelegten Dokumente nicht die volle Beweiskraft liefern.

* Zur Antragstellung:

Die Argumentation der Rechtsvertretung zur Antragstellung erst 10 Monate nach Asylzuerkennung an die Bezugsperson, zu den hohen Kosten der Dokumentenbeschaffung und dass die Terminvergabe der ÖB einige Monate gedauert hätte, sei nicht nachvollziehbar. Wie die Rechtsvertretung selbst ausgeführt habe, seien alle Dokumente im Februar 2016 ausgestellt worden. Außerdem seien die Vertretung und die Antragseinbringung durch das ÖRK nach Wissen des Bundesamtes nicht mit Kosten verbunden. Demnach hätte die Antragseinbringung bzw Antragstellung gleich nach Ausstellung der Dokumente erfolgen können und nicht erst 6 Monate später.

Aufgrund dessen und mangels vorgelegter, relevanter und unbedenklicher Beweismittel, sei keineswegs vom Nachweis iSd vollen Beweises des Familienverhältnisses auszugehen. Die Zuerkennung des Status iSd § 35 Abs 4 AsylG 2005 sei daher derzeit nicht wahrscheinlich.

Am 10.07.2016 übermittelte das Bundesamt - auf Nachfrage seitens der ÖB Addis Abeba - eine 2. Stellungnahme (im E-Mail tituliert als "Vorschlag", falls die ÖB die 2. Stellungnahme nicht bereits an die Beschwerdeführer übermittelt haben sollte), datiert mit 15.03.2017, in welcher zusammengefasst Folgendes ausgeführt wurde:

Betreff: XXXX und XXXX und nicht die gesetzliche Vertreterin der mj

Kinder:

XXXX

Die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren würden nicht vorliegen, da

-

die Anträge der minderjährigen XXXX , nicht von der gesetzlichen bzw gewillkürten Vertreterin gestellt wurden;

-

die Zustimmung zur Ausreise von der gesetzlichen Vertreterin der o. a. mj Kinder fehlt;

Im vorliegenden Fall hätten sich derart gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten (im Sinne von § 35 Abs 5 AsylG) Familienverhältnisses ergeben, weil:

-

aufgrund der ha. aufliegenden Erkenntnisse über bedenkliche Urkunden aus dem Herkunftsstaat der Verfahrenspartei, wonach es möglich ist, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt, auch entgegen der wahren Tatsachen auch widerrechtlich zu erlangen, aus Sicht der Behörde keineswegs davon ausgegangen werden kann, dass das behauptete Familienverhältnis als erwiesen (im Sinne eines vollen Beweises) anzunehmen ist;

-

und ergaben sich zudem massive Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Urkunden (aus den niederschriftlichen Einvernahmen, dem Akteninhalt bzw der Äußerungen der ÖB),

sodass - wie schon in der 1. Stellungnahme festgestellt - eine Statusgewährung nicht wahrscheinlich sei. Hiezu sei Folgendes anzuführen, dass aus der vorgelegten Stellungnahme des ÖRK (als Rechtsvertretung) keine neuen Gründe erkennbar gewesen seien, die zu einer anderslautenden Entscheidung hätten führen können. Auch die massiven Zweifel über das tatsächliche Bestehen der Familieneigenschaft nach § 35 hätten weder durch unbedenkliche Nachweise noch durch nachvollziehbare und widerspruchsfreie Angaben zerstreut werden können. Die in der 1. Stellungnahme angeführte fehlende Voraussetzung nach § 60 Abs 2 Z 1 - 3 AsylG 2005 komme nicht mehr zum Tragen, "da die Antragstellung per Mail am 30.08.2016 - somit innerhalb der Übergangsfrist AsylG - erfolgt" sei. Aus den oben dargelegten Gründen sei zum derzeitigen Zeitpunkt die Zuerkennung des Status iSd § 35 Abs 4 AsylG 2005 nicht wahrscheinlich.

Mit E-Mail vom 12.07.2017 übermittelte das Bundesamt folgende Schriftstücke an die ÖB Addis Abeba zur Weiterleitung:

1) Mitteilung des Bundesamtes gemäß § 35 Abs 4 AsylG 2005 (adressiert an die 7 mj Kinder der Bezugsperson), datiert mit 23.10.2017:

Betreff: Minderjährige Kinder: XXXX ;

Einbringung des Antrags durch XXXX :

Bezugnehmend auf die Note vom 20.10.2016, mit welcher gegenständlicher Einreiseantrag übermittelt worden sei, teile das Bundesamt mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei.

Dies aus folgendem Grund:

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Der Antrag nicht von der gesetzlichen bzw gewillkürten Vertreterin gestellt wurde;

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Die Zustimmung zur Ausreise von der gesetzlichen Vertreterin des o. a. mj Kindes fehlt.

Näheres ergebe sich aus der beiliegenden Stellungnahme des Bundesamtes.

Aus der angeschlossenen Mitteilung des Bundesamtes, datiert mit 23.10.2017, adressiert an XXXX , gesetzliche Vertreterin der mj Kinder: XXXX und XXXX , ergibt sich Folgendes:

Bezugnehmend auf die Note vom 20.10.2016, mit welcher gegenständlicher Einreiseantrag übermittelt worden sei, teile das Bundesamt mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei.

Dies aus folgendem Grund:

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aufgrund der ha. aufliegenden Erkenntnisse über bedenkliche Urkunden aus dem Herkunftsstaat der Verfahrenspartei, wonach es möglich ist, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt, auch entgegen der wahren Tatsachen auch widerrechtlich zu erlangen, aus Sicht der Behörde keineswegs davon ausgegangen werden kann, dass das behauptete Familienverhältnis als erwiesen (im Sinne eines vollen Beweises) anzunehmen ist;

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und ergaben sich zudem massive Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Urkunden (aus den niederschriftlichen Einvernahmen, dem Akteninhalt bzw der Äußerungen der ÖB).

Näheres ergebe sich aus der beiliegenden Stellungnahme des Bundesamtes.

In einem als "2. Stellungnahme" titulierten Schreiben des Bundesamtes, datiert mit 11.07.2017, adressiert an die XXXX und XXXX , wurde Folgendes mitgeteilt:

Die mj Antragstellerin/der mj Antragsteller bringe vor, die leibliche Tochter/der leibliche Sohn der Bezugsperson in Österreich zu sein.

Die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren würden nicht vorliegen, weil:

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der Antrag nicht von der gesetzlichen bzw gewillkürten Vertreterin gestellt wurde;

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die Zustimmung zur Ausreise von der gesetzlichen Vertreterin des o. a. mj Kindes fehlt.

Im vorliegenden Fall würden die allgemeinen Voraussetzungen für die Antragstellung nicht erfüllt, weshalb eine Statusgewährung, wie bereits in der Stellungnahme festgestellt, nicht wahrscheinlich sei. Aus der Stellungnahme des ÖRK als Rechtsvertreter seien keine neuen Gründe erkennbar gewesen, die zu einer anderslautenden Stellungnahme hätten führen können. Die in der 1. Stellungnahme festgestellten Ablehnungsgründe würden daher weiterhin aufrecht bleiben. Aus den dargelegten Gründen sei zum derzeitigen Zeitpunkt die Zuerkennung des Status iSd § 35 Abs 4 AsylG nicht wahrscheinlich.

In einem als "2. Stellungnahme" titulierten Schreiben des Bundesamtes, datiert mit 11.07.2017, adressiert an XXXX , StA Somalia, gesetzliche Vertreterin der mj Kinder XXXX , ergibt sich Folgendes:

Oben angeführte Person habe für sich und für ihre mj Kinder einen Einreiseantrag gemäß § 35 AsylG 2005 gestellt. Die Erstbeschwerdeführerin bringe vor, die Ehefrau der Bezugsperson in Österreich zu sein. Zwecks Nachweises habe sie eine Heiratsurkunde vorgelegt. Weiters habe sie angegeben, dass die Bezugsperson der Vater ihrer leiblichen Kinder sei. Im vorliegenden Fall hätten sich derart gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten (im Sinne vom § 35 Abs 5 AsylG 2005) Familienverhältnisses ergeben, weil

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aufgrund der ha. aufliegenden Erkenntnisse über bedenkliche Urkunden aus dem Herkunftsstaat der Verfahrenspartei, wonach es möglich ist, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt, auch entgegen der wahren Tatsachen auch widerrechtlich zu erlangen, aus Sicht der Behörde keineswegs davon ausgegangen werden kann, dass das behauptete Familienverhältnis als erwiesen (im Sinne eines vollen Beweises) anzunehmen ist;

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und ergaben sich zudem massive Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Urkunden (aus den niederschriftlichen Einvernahmen, dem Akteninhalt bzw der Äußerungen der ÖB),

sodass, wie bereits in der 1. Stellungnahme festgestellt, eine Statusgewährung nicht wahrscheinlich sei.

Aus der Stellungnahme des ÖRK als Rechtsvertreter seien keine neuen Gründe erkennbar gewesen, die zu einer anderslautenden Stellungnahme hätten führen können. Die massiven Zweifel über das tatsächliche Bestehen der Familieneigenschaft gemäß § 35 hätten weder durch unbedenkliche Nachweise noch durch nachvollziehbare und widerspruchsfreie Angaben zerstreut werden können. Die in der 1. Stellungnahme festgestellten Ablehnungsgründe würden daher weiter aufrecht bleiben. Die in der 1. Stellungnahme angeführte fehlende Voraussetzung nach § 60 Abs 2 Z 1 - 3 AsylG 2005 komme nicht mehr zum Tragen, "da die Antragstellung per Mail am 30.08.2016 - somit innerhalb der Übergangsfrist AsylG - erfolgt" sei. Aus den dargelegten Gründen sei zum derzeitigen Zeitpunkt die Zuerkennung des Status iSd § 35 Abs 4 AsylG nicht wahrscheinlich.

Mit Bescheid der ÖB Addis Abeba vom 17.07.2017, übernommen am 18.07.2017, adressiert an XXXX , wurde der Einreiseantrag gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen und angeführt, dass das Bundesamt nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten aus folgendem Grund/aus folgenden Gründen nicht wahrscheinlich sei:

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aufgrund der ha. aufliegenden Erkenntnisse über bedenkliche Urkunden aus dem Herkunftsstaat der Verfahrenspartei, wonach es möglich ist, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt, auch entgegen der wahren Tatsachen auch widerrechtlich zu erlangen, aus Sicht der Behörde keineswegs davon ausgegangen werden kann, dass das behauptete Familienverhältnis als erwiesen (im Sinne eines vollen Beweises) anzunehmen ist;

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und ergaben sich zudem massive Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Urkunden (aus den niederschriftlichen Einvernahmen, dem Akteninhalt bzw der Äußerungen der ÖB).

Daraus habe sich ergeben, dass der Antrag abzulehnen wäre. Die Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 22.02.2017 sei an das Bundesamt weitergeleitet worden. Das Bundesamt habe nach einer entsprechenden Prüfung mitgeteilt, dass durch das Vorbringen nicht habe unter Beweis gestellt werden können, dass die Stattgebung eines Antrags auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten entgegen der seinerzeit erfolgten Mitteilung wahrscheinlich wäre.

Die leiblichen Kinder der Erstbeschwerdeführerin, die XXXX , erhielten gleichlautende Bescheide.

Die am 18.07.2017 übernommenen Bescheide hinsichtlich der übrigen mj Antragsteller ( XXXX ), waren folgendermaßen begründet:

Das Bundesamt habe nach Prüfung mitgeteilt, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten aus folgendem Grund/aus folgenden Gründen nicht wahrscheinlich sei:

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die Anträge nicht von der gesetzlichen bzw gewillkürten Vertreterin gestellt wurden;

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die Zustimmung zur Ausreise von der gesetzlichen Vertreterin der o. a. mj Kinder fehlt.

Daraus habe sich ergeben, dass der Antrag abzulehnen wäre. Die Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 22.02.2017 sei an das Bundesamt weitergeleitet worden. Das Bundesamt habe nach einer entsprechenden Prüfung mitgeteilt, dass durch das Vorbringen nicht habe unter Beweis gestellt werden können, dass die Stattgebung eines Antrags auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten entgegen der seinerzeit erfolgten Mitteilung wahrscheinlich wäre.

Im Akt findet sich ein Schriftstück in englischer Sprache, tituliert mit "Power of Attorney", datiert mit 24.02.2917, unterfertigt von XXXX , worin dieser die Erstbeschwerdeführerin ermächtigt, ihn im Rahmen des Familienzusammenführungsverfahrens nach § 35 AsylG mit seinen mj Kindern XXXX , zu unterstützen. Im Speziellen ermächtige er die Genannte die mj Kinder zu unterstützen, indem sie diese im Rahmen des Familienzusammenführungsverfahrens zur ÖB Addis Abeba begleite.

Gegen die Bescheide der ÖB Addis Abeba wurden, vertreten durch das ÖRK, LV Tirol, Beschwerden erhoben. Im Zuge der Sachverhaltserzählung wurde erneut darauf hingewiesen, dass es sich bei beiden Eheschließungen der Bezugsperson um traditionelle Eheschließungen gehandelt habe und beide Ehen bis zum heutigen Tag bestehen würden. Den Ehen seien insgesamt 13 leibliche Kinder der Bezugsperson erwachsen. Aufgrund Bedrohung seitens Al-Shaabab habe die Bezugsperson Somalia am 21.10.2009 verlassen. Im Jahr 2009 sei auch die 2. Ehefrau der Bezugsperson, XXXX verschwunden. Deren Verbleib sei bis dato ungeklärt. Es sei ungewiss, ob die Genannte noch am Leben sei. Nach deren Verschwinden seien deren 7 mj Kinder von der Erstbeschwerdeführerin und der Mutter der Bezugsperson betreut worden. Im Jahr 2011 sei dann auch die Mutter der Bezugsperson spurlos verschwunden. Seit dem Verschwinden von XXXX sei die Erstbeschwerdeführerin auch für alle Belange der mj Kinder der XXXX zuständig. Die persönliche Vorsprache bei der ÖB Addis Abeba sei am 29.09.2016 erfolgt. In den Bescheiden seien - je nach Antragsteller - unterschiedliche Ablehnungsgründe angeführt worden. Die Behörde zweifle an der Echtheit der eingereichten Urkunden. Dies allein könne aber nicht Grund einer Antragsablehnung sein. In einem solchen Fall müsse die Behörde andere Nachweise für das Bestehen dieser Bindung prüfen; die Behörde habe sohin weitere Beweismittel zu prüfen. Dies könnten gegenständlich sämtliche Einvernahmeprotokolle der Bezugsperson sein. Die Bezugsperson habe darin immer sämtliche Antragsteller angegeben. Auch hätte die Bezugsperson als Zeuge einvernommen werden müssen. Weiters habe die Behörde auf angebliche Widersprüche in den Angaben der Bezugsperson Bezug genommen (Anm: Keine Heiratsurkunden vorhanden; Vorlage einer Heiratsurkunde im Einreiseverfahren etc). Die Urkunden seien erst im Zuge des Einreiseverfahrens benötigt und deshalb erst im Februar 2016 ausgestellt worden. Auch aus der Tatsache, dass die Stellung der Einreise erst 10 Monate nach Zuerkennung von Asyl an die Bezugsperson erfolgt sei, könne nicht auf das Nichtbestehen der Familieneigenschaft geschlossen werden. Die Familieneigenschaft müsse lediglich wahrscheinlich und keineswegs bewiesen sein wie die Behörde annehme. Sollten noch immer Zweifel daran bestehen, dass es sich bei der Erstbeschwerdeführerin um die Ehefrau der Bezugsperson handle, so könne dies durch ein DNA-Gutachten widerlegt werden. Im Verfahren sei jedoch keine Belehrung nach § 13 Abs 4 BFA-VG erfolgt. Die Vornahme einer DNA-Analyse solle dabei nicht das amtswegige Ermittlungsverfahren ersetzen, sondern lediglich dann zur Anwendung kommen, wenn ein Verwandtschaftsverhältnis angezweifelt werde. Unter dem Begriff "ermöglichen" sei eine organisatorische Hilfestellung seitens der Behörde zu verstehen. Dass bei Zweifeln an der Verwandtschaft eine Abweisung der Anträge auch ohne Belehrung gem. § 13 Abs 4 BFA-VG erfolgen könne, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Auch das BVwG habe bereits mehrmals judiziert, dass das Unterlassen einer Belehrung gem. § 13 Abs 4 BFA-VG einen wesentlichen Verfahrensmangel darstelle. Den Beschwerdeführern sei nicht die Möglichkeit eingeräumt worden, ihr bestehendes Familienleben durch einen DNA-Test unter Beweis zu stellen. Zur von der Behörde herangezogenen fehlenden Zustimmung der leiblichen Mutter zur Ausreise wurde im Wesentlichen das entsprechende Vorbringen in der Stellungnahme vom 22.02.2017 wiederholt und weiters ausgeführt, dass die Erstbeschwerdeführerin seit dem Verschwinden deren leiblicher Mutter nicht nur für die Pflege und Erziehung der 7 mj Kinder zuständig war, sondern auch für alle Belange vor Behörden. Die Genannte sei von der Bezugsperson, somit vom leiblichen Vater der 7 genannten mj Kinder, auf jeden Fall mündlich mit der Vertretung der Kinder beauftragt worden. Auch habe diese - in Abstimmung mit der Bezugsperson - die Vorbereitungen der Antragstellung nach § 35 AsylG übern

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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