TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/31 W122 2204227-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.12.2018
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Entscheidungsdatum

31.12.2018

Norm

BDG 1979 §14
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W122 2204227-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Vorsitzender sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Friedrich PAUL und Dr. Christian SINGER als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, vertreten durch MILCHRAM, EHM, MÖDLAGL Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Personalamtes Wien der Österreichischen Post AG, vom 16.07.2018, GZ. PAW-012076/16-A06, betreffend Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

A)

Der Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Vorverfahren

Mit einem Gutachten vom 04.07.2016 wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin neurologisch unter einem beidseitigen Cervicalsyndrom leiden würde und degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule hätte. Weiters bestünde eine Lumbago sowie ein Carpaltunnelsyndrom. Psychiatrischerseits fände sich eine chronifizierte Depression. Die Beschwerdeführerin würde unter einem dramatischen Belastungssyndrom mit flashbacks und affektive Instabilität leiden. Sie wäre nicht mehr geeignet, ein Postamt zu leiten da ihre psychische Belastbarkeit herabgesetzt sei. Für Tätigkeiten ohne Schalterverkehr wäre die Beschwerdeführerin als arbeitsfähig zu betrachten.

Mit Gutachten vom 19.01.2017 durch eine Gutachterin der Pensionsversicherung und Fachärztin für Psychiatrie wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin eine ängstliche Persönlichkeitsveränderung mit Rückzugstendenzen und einem ängstlich bedingten Vermeidungsverhalten hätte. Die posttraumatische Belastungsstörung wäre noch fassbar, die akuten Symptome der Störung jedoch mittlerweile abgeklungen. Klinisch bzw. psychiatrisch zeige die Untersuchung eine leicht ängstlich-gefärbte Stimmungslage. Es bestehe auch eine leichte Affektlabilität, Antrieb und Affizierbarkeit wären gut, kognitive Defizite wären nicht fassbar. Der Beschwerdeführerin wäre durchschnittliche psychische Belastbarkeit, fallweise besonderer Zeitdruck sowie schwieriges geistiges Leistungsvermögen zuzumuten. Nicht zumutbar wäre Nachtarbeit.

2. Bescheid

Mit angefochtenem Bescheid vom 16.07.2018 wurde die Beschwerdeführerin von Amts wegen gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 in den Ruhestand versetzt. Der Bescheid wurde am 17.07.2018 zugestellt.

Begründend führte die belangte Behörde an, der Beschwerdeführerin wäre es nicht mehr möglich die Anforderungen eines Arbeitsplatzes einer Leiterin eines Postamtes zu erfüllen, da ihr zumindest ständiges stehen, sehr gute Auffassungsgabe und Konzentrationsfähigkeit, fallweise schweres heben und tragen, Arbeiten unter überdurchschnittlichem Zeitdruck und Kundenkontakt nicht mehr möglich und zumutbar wäre. Ein anderer der dienstrechtlichen Stellung entsprechender Arbeitsplatz den die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Gesundheitszustandes noch ausüben könnte, stünde nicht zur Verfügung.

Hauptursachen wären eine posttraumatische Persönlichkeitsveränderung, Cervicobrachialsyndrom bei Bandscheibenvorfall, und Lumbago ("Hexenschuss").

Der Beschwerdeführerin wären überwiegend sitzende, stehende und gehende Tätigkeiten, eine ständig leichte und überwiegend mittlere körperliche Belastbarkeit und überwiegend leichte sowie lediglich fallweise mittelschwere Hebe- und Trageleistungen zumutbar. Es gebe keine Einschränkungen hinsichtlich Feinarbeit, Grobarbeit und Fingerfertigkeit. Auch Schichtarbeit, reine Bildschirmarbeit sowie ein bildschirmunterstützter Arbeitsplatz wären möglich. Auch witterungsbedingte Expositionen wären zumutbar. Betreffend geistiges Leistungsvermögen wären der Beschwerdeführerin schwierige (verantwortungsvolle) Tätigkeiten mit durchschnittlicher psychischer Belastbarkeit (Auffassungsgabe und Konzentrationsfähigkeit) unter fallweise besonderem durchschnittlichen Zeitdruck zumutbar. Nicht möglich wären der Beschwerdeführerin Nachtarbeit, Kundenkontakt, schwere Hebe- und Trageleistungen sowie körperlich schwere Beanspruchung. Eine Besserung wäre nicht möglich.

Betreffend Gleichwertigkeit des Verweisungsarbeitsplatzes ging die belangte Behörde von der Verwendungsgruppe aus, in die die Beschwerdeführerin ernannt wurde. Es seien Verweisungsarbeitsplätze im örtlichen Bereich der Dienstbehörde Personalamt Wien zu berücksichtigen.

Der Arbeitsplatz eines Hilfsreferenten (Code 0062) würde ausscheiden, weil dieser überdurchschnittliche psychische Belastbarkeit (sehr gute Auffassungsgabe) erfordern würde. Der Arbeitsplatz im Umleitdienst (Code 0590) erfordere zumindest fallweise schwere Hebe-und Trageleistungen, Nachtdienst und Tätigkeiten unter überdurchschnittlichem Zeitdruck. Dieser Arbeitsplatz wäre der Beschwerdeführerin nicht zumutbar. Der Arbeitsplatz im Verteildienst in Umleitungen für eingeschriebene Inlandbriefsendungen, nicht bescheinigte Eilsendungen und Nachnamebriefsendungen, Nachgebühr oder Eingangsabgaben belastete nicht bescheinigte Briefsendungen, Rückscheinbriefe usw. (Code 0618) wäre mit Nachtdienst verbunden und es würden Tätigkeiten unter überdurchschnittlichem Zeitdruck anfallen. Dieser würde daher ebenfalls als Verweisungsarbeitsplatz ausscheiden. Der Arbeitsplatz eines Schichtführers des Turnusdienstes bei der maschinentechnischen Stelle (Code 0640) verlange Nachtdienst und könne der Beschwerdeführerin daher nicht zugemutet werden. Der Arbeitsplatz eines Sonderpostamtsassistenten (Code 5002) wäre der Beschwerdeführerin aufgrund der anfallenden mittelschweren bis fallweise schweren Hebe- und Trageleistungen nicht möglich. Ebenso falle dabei Kundenverkehr und Tätigkeiten unter überdurchschnittlichem Zeitdruck und mitunter Nachtdienst an. Die Tätigkeit eines Bearbeiters im Fuhrpark (Code 5009) würde als Verweisungsarbeitsplatz ausscheiden, da überdurchschnittliche psychische Belastbarkeit, Kundenverkehr und Tätigkeiten unter überdurchschnittlichem Zeitdruck anfallen würden. Der Arbeitsplatz im Universalschalterdienst (Code 5050) würde überdurchschnittliche psychische Belastbarkeit, Tätigkeiten unter überdurchschnittlichem Zeitdruck, Kundenverkehr und fallweise schwere Hebe- und Trageleistungen erfordern, was der Beschwerdeführerin nicht möglich wäre.

Es verbleibe kein Arbeitsplatz, den die Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung ihres Leistungskalküls noch ausüben könnte. Ein ihrer dienstrechtlichen Stellung mindestens gleichwertiger Verweisungsarbeitsplatz, dessen Aufgaben die Beschwerdeführerin noch erfüllen könnte, könnte der Beschwerdeführerin nicht zur Verfügung gestellt werden.

Mit Schreiben vom 08.02.2018 sei der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden, dass sie dauernd dienstunfähig wäre und ihre Versetzung in den Ruhestand in Aussicht genommen wäre. Infolge dessen hätte die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass sie bereits im Jahr 2016 eine Tätigkeit im Vertriebsinnendienst angenommen hätte und erfolgreich ausüben konnte. Ohne die Wertigkeit des von der Beschwerdeführerin zwischenzeitlich ausgeübten Arbeitsplatzes zu nennen führte die belangte Behörde an, dass dieser Arbeitsplatz keinen Einfluss auf die Sekundärprüfung der Verweisungsarbeitsplätze hätte.

Die ärztlichen Ausführungen wären schlüssig. Nach dem Beweisergebnis wäre die Beschwerdeführerin dienstunfähig. Die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter werde die Anweisung der Gesamtpension veranlassen.

3. Beschwerde

Mit Schriftsatz vom 08.08.2018 (Postaufgabedatum: 08.08.2018) erhob die Beschwerdeführerin durch ihren Rechtsvertreter fristgerecht Beschwerde und machte darin Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass das ärztliche Gesamtgutachten 1,5 Jahre alt wäre und nicht geeignet wäre, die Ruhestandsversetzung aus gesundheitlichen Gründen zu rechtfertigen. Die Beschwerdeführerin sei zweimal Opfer eines bewaffneten Raubüberfalls geworden und sei in beiden Fällen mit der Waffe bedroht worden und hätte das ihr anvertraute Bargeld dem Räuber aushändigen müssen. Aufgrund dieser Überfälle sei es ihr aus psychischen Gründen nicht mehr möglich in dieser Filiale zu arbeiten. Die Beschwerdeführerin hätte panische Angst die Filiale zu betreten, sodass sie in der Unternehmenszentrale in verschiedenen Bereichen eingesetzt worden wäre. Hierzu fühle sie sich auch nach wie vor in der Lage. Dies wäre der Behörde bekannt gewesen. Dennoch hätte man - um die Beschwerdeführerin in Pension zu drängen mit Bescheid ausgesprochen, dass sie zu einer anderen Postfiliale versetzt werde. Dabei sei in keinster Weise darauf Rücksicht genommen worden, dass ihr die Tätigkeit als Leiterin einer Postfiliale aufgrund der im Dienst erlittenen Beeinträchtigungen durch die beiden Raubüberfälle nicht mehr zugemutet werden könne. In diesem Zusammenhang sei gegen die Fürsorgeverpflichtung verstoßen worden, sodass diese dienstrechtliche Maßnahme willkürlich und rechtswidrig gewesen wäre. Die Beschwerde gegen die Versetzung sei mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.02.2017 (Anmerkung: W106 2129999-1/4E) als unbegründet abgewiesen worden. Begründet sei die Entscheidung damit worden, dass die Beschwerdeführerin Einwendungen erheben hätte können und bereits daher in einem solchen Fall eine Beschwerde zurückzuweisen wäre. Es sei beabsichtigt worden, die Beschwerdeführerin in Pension zu drängen. Die von ihr bekämpfte Vorgangsweise wäre als Missbrauch der Bestimmungen des Beamtendienstrechtsgesetzes anzusehen. Ein Dienstgeber, dem bekannt wäre, dass aufgrund im Dienst eingetretener Umstände eine bestimmte Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden könne und der trotz dieser Kenntnis die bescheidmäßige Versetzung auf gerade einen solchen Dienstposten vornehme handle gegen die gesundheitlichen Interessen des Dienstnehmers und verstoße damit gegen die ihn treffende Fürsorgeverpflichtung.

Darüber hinaus hätte die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass ihr bereits im Jahr 2016 eine Tätigkeit im Vertriebsinnendienst angeboten worden wäre und sie diese angenommen hätte. Diese Umstände seien gänzlich ignoriert worden.

Die Beschwerdeführerin beantragte, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen, jedenfalls aber eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

4. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht

Mit Schreiben vom 22.08.2018 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Bezug habender Verwaltungsakten zur Entscheidung vor und beantragte, der Beschwerde aus den im Bescheid angeführten Gründen keine Folge zu geben.

Am 05.10.2018 fand in den Räumlichkeiten des Bundesverwaltungsgerichtes in Wien eine mündliche öffentliche Verhandlung vor dem entscheidenden Senat statt. Die Beschwerdeführerin gab dabei unwidersprochen zu Protokoll, dass sie - abgesehen von schweren Hebe- und Trageleistungen und direktem Kundenkontakt am Schalter - keinerlei Einschränkungen hätte.

Im Anschluss an die mündliche Verhandlung und nach nicht-öffentlicher Sitzung des Senates wurde der oben angeführte Spruch verkündet.

In der Folge beantragte die belangte Behörde die Ausfertigung eines Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war bis zur gegenständlichen Ruhestandsversetzung der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Die Beschwerdeführerin wurde in die Verwendungsgruppe PT5 ernannt und dauernd auf dem Arbeitsplatz eines Leiters eines Postamtes in der Verwendungsgruppe PT4 verwendet.

Die Beschwerdeführerin wurde am 30.08.2011 und 02.02.2012 Opfer eines Raubüberfalles auf ihr Postamt und erlitt im Zuge dessen eine posttraumatische Belastungsstörung und Depression.

Zuletzt wurde die Beschwerdeführerin im Vertriebsinnendienst eingesetzt. Betriebliche Gründe für den Wegfall dieses Arbeitsplatzes wurden von der belangten Behörde nicht angeführt.

Die belangte Behörde prüfte nicht Verweisungsarbeitsplätze innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der obersten Dienstbehörde. Arbeitsplätze von kollektivvertraglich angestellten Bediensteten wurden in der Alternativprüfung ebenfalls nicht herangezogen.

Abgesehen von Schaltertätigkeiten mit direktem Kundenkontakt hat die Beschwerdeführerin keine Einschränkungen ihrer psychischen Belastungsfähikeit. Diese erfüllt durchschnittlichen Anforderungen. Fallweise besonderer Zeitdruck ist ihr (mehr als durchschnittlich) zumutbar. Nicht zumutbar sind der Beschwerdeführerin schwere körperliche Belastungen und schwere Hebe- und Tragetätigkeiten.

Die Beschwerdeführerin ist in der Lage, die Tätigkeiten auf dem Arbeitsplatz 0062 (Hilfsreferent) auszuüben. Auf diesem Arbeitsplatz sind Schaltertätigkeiten mit direktem Kundenkontakt nicht erforderlich. Die Tätigkeit eines Hilfsreferenten (Code 0062) umfasst überwiegend sitzende, fallweise stehende und fallweise gehende Arbeitshaltung. Das geistige Leistungsvermögen ist mit verantwortungsvoll zu bezeichnen. Die Auffassungsgabe wird als sehr gut gefordert. Die Konzentrationsfähigkeit genügt durchschnittlichen Anforderungen. Schwere oder mittelschwere Hebe- und Trageleistungen fallen nicht an. Die Tätigkeiten unterliegen durchschnittlichem Zeitdruck. Diese werden ausschließlich in geschlossenen Räumen im Tagdienst ausgeübt. Zu ca. 50 % wird die Arbeit vor dem Computer verrichtet. Gelegentlich fällt Kundenverkehr und Tätigkeit in einer Arbeitsgruppe an.

Die Beschwerdeführerin ist ebenfalls in der Lage, die Arbeitsplätze 0618 (Verteildienst), 0640 (Schichtführer des Turnusdienstes) und 5009 (Bearbeiter Fuhrpark) in der Verwendungsgruppe PT5 auszuüben. Ihr sind überdurchschnittlicher Zeitdruck, Schichtdienst und durchschnittliche psychische Belastbarkeit zumutbar.

Die belangte Behörde differenziert sowohl bei der Ausschreibung als auch bei Alternativverwendungen zwischen Arbeitsplätzen von Beamten und Arbeitsplätzen von Kollektivvertragsbediensteten. Letztere wurden im Zuge der Sekundärprüfung von der belangten Behörde nicht herangezogen.

Die Beschwerdeführerin ist geeignet, beispielsweise die Tätigkeiten mit den Codes 0401, 0418, 0419, 0446, 0447, 0062 (Hilfsreferent), 0618, 0640 und 5009 auszuüben.

Eine Organisationsmaßnahme, welche den Wegfall der Funktion Sachbearbeiter/administrativer Dienst (0401) in 1010 Wien begründen würde, konnte in ihren Grundzügen nicht dargestellt werden. Von einem Bestehen dieses Arbeitsplatzes muss ausgegangen werden. Eine Alternativverwendung in PT 4 wäre somit vorhanden. Zusätzlich gäbe es eine Liste von Verwendungen jener Bediensteten, die nach dem Jahr 2009 eingetreten sind und nicht in den vorgelegten Tabellen aufscheinen. Auch jene Arbeitsplätze stünden der Beschwerdeführerin zur Verfügung.

Der von der Beschwerdeführerin nach Verlust ihrer Schalterdienstfähigkeit in der Unternehmenszentrale erfolgreich ausgeübte Arbeitsplatz wurde von der belangten Behörde nicht geprüft.

2. Beweiswürdigung:

Im Vertriebsinnendienst wurde die Beschwerdeführerin nicht mehr eingesetzt, weil ihr ehemaliger Vorgesetzter eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter suchte, der eine höhere Ausbildung im Controllingbereich hat. Der diesbezüglichen Aussage der Beschwerdeführerin ist die belangte Behörde nicht entgegengetreten. Die ärztlichen und (privat)gutachterlichen Aussagen hinsichtlich der Einschränkungen beziehen sich lediglich auf direkten Kundenkontakt am Schalter und die körperliche Belastbarkeit der Beschwerdeführerin. Die übrigen Sachverhaltsfeststellungen konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage und den Erläuterungen im Zuge der Verhandlung getroffen werden.

Die Eignung der Beschwerdeführerin ergibt sich aus der Gegenüberstellung ihres medizinischen Restleistungskalküls und der jeweiligen Anforderungen auf den Arbeitsplätzen sowie aus dem in der mündlichen Verhandlung vermittelten Gesamteindruck der Beschwerdeführerin.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

In § 135a Abs. 2 BDG 1979 ist vorgesehen, dass bei Ruhestandsversetzungen von Amts wegen (§ 14 BDG 1979) die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch einen Senat zu erfolgen hat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann das Verwaltungsgericht, soweit das Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt, ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

§ 14 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979, BGBl. Nr. 333/1979 idgF, lautet auszugsweise:

"Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit

§ 14. (1) Die Beamtin oder der Beamte ist von Amts wegen oder auf ihren oder seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er dauernd dienstunfähig ist.

(2) Die Beamtin oder der Beamte ist dienstunfähig, wenn sie oder er infolge ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung ihre oder seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihr oder ihm im Wirkungsbereich ihrer oder seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben sie oder er nach ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihr oder ihm mit Rücksicht auf ihre oder seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

(3) Soweit die Beurteilung eines Rechtsbegriffes im Abs. 1 oder 2 von der Beantwortung von Fragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen oder berufskundlichen Fachwissens fallen, ist von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter - ausgenommen für die gemäß § 17 Abs. 1a des Poststrukturgesetzes (PTSG), BGBl. Nr. 201/1996, den dort angeführten Unternehmen zugewiesenen Beamtinnen und Beamten - Befund und Gutachten einzuholen. Für die gemäß § 17 Abs. 1a PTSG zugewiesenen Beamtinnen und Beamten ist dafür die Pensionsversicherungsanstalt zuständig.

(4) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid rechtskräftig wird, wirksam.

(5) Die Ruhestandsversetzung tritt nicht ein, wenn der Beamtin oder dem Beamten spätestens mit dem Tag vor ihrer Wirksamkeit mit ihrer oder seiner Zustimmung für die Dauer von längstens zwölf Monaten vorübergehend ein anderer Arbeitsplatz zugewiesen wird, dessen Anforderungen sie oder er zu erfüllen imstande ist. Mehrere aufeinander folgende Zuweisungen sind zulässig, sofern sie insgesamt die Dauer von zwölf Monaten nicht überschreiten. Die Versetzung in den Ruhestand wird in diesem Fall wirksam, wenn

1. die Beamtin oder der Beamte nach einer vorübergehenden Zuweisung einer weiteren Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes nicht zustimmt oder

2. die vorübergehende Verwendung auf einem neuen Arbeitsplatz ohne weitere Zuweisung oder vorzeitig beendet wird oder

3. die Beamtin oder der Beamte der dauernden Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes spätestens nach Ablauf des zwölften Monats nach der erstmaligen Zuweisung nicht zustimmt.

Die Versetzung in den Ruhestand wird in diesen Fällen mit dem Monatsletzten nach Ablauf der jeweiligen vorübergehenden Verwendung wirksam.

(6) ...

(7) Solange über eine zulässige und rechtzeitige Beschwerde gegen eine Versetzung in den Ruhestand nicht entschieden ist, gilt der Beamte als beurlaubt. Die Beurlaubung endet mit dem Antritt einer neuen Verwendung gemäß Abs. 5.

(8) ..."

3.2. Die Frage der Dienstunfähigkeit des Beamten ist zunächst in Ansehung des aktuellen bzw. des zuletzt inne gehabten Arbeitsplatzes zu prüfen. Darunter ist jener Arbeitsplatz zu verstehen, welcher ihm zuletzt dienstrechtlich wirksam zugewiesen war (Verwaltungsgerichtshof, 19.09.2003, 2003/12/0068). In diesem Zusammenhang vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass es für die Feststellung der Wertigkeit eines Arbeitsplatzes nicht auf einen nach Organisationsnormen gesollten Zustand ankommt; entscheidend sind vielmehr die nach Maßgabe der herrschenden Weisungslage wirksam zugewiesenen Arbeitsplatzaufgaben (Verwaltungsgerichtshof, 22.06.2016, 2013/12/0245, mit weiteren Hinweisen). Dies gilt auch für die Beurteilung der Frage, von welcher aktuellen Verwendung (von welchem Arbeitsplatz) als Maßstab für weitere zu setzende Personalmaßnahmen auszugehen ist (Verwaltungsgerichtshof, 30.04.2014, 2013/12/0149; 19.10.2016, Ra 2015/12/0041). Dies ist auf die Primärprüfung zu übertragen.

Dienstunfähigkeit setzt also voraus, dass ein Beamter nicht mehr imstande ist, die ihm zuletzt auf Dauer zugewiesenen Aufgaben auszuüben. Im Fall der Beschwerdeführerin war es unstrittig, dass sie die Aufgaben einer Filialleiterin nicht mehr ausüben konnte.

3.3. Ist die Dienstfähigkeit, bezogen auf den bisher innegehabten Arbeitsplatz nicht mehr gegeben, so ist weiters im Rahmen einer Sekundärprüfung ausgehend von der verbliebenen Restarbeitsfähigkeit zu prüfen, ob dem Beamten kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben der Beamte noch erfüllen kann und dessen Ausübung ihm im Hinblick auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zumutbar ist (VwGH 30.09.1996, ZI. 95/12/0154).

Im Rahmen der Sekundärprüfung spielt unter anderem die gesundheitliche Verfassung des Beamten und die Gleichwertigkeit des Verweisungsarbeitsplatzes eine Rolle. Dabei sind grundsätzlich alle Tätigkeiten der betreffenden Verwendungsgruppe und deren Anforderungen in physischer und psychischer Hinsicht im Wirkungsbereich der jeweiligen obersten Dienstbehörde anzuführen und anzugeben, ob der Beamte auf Grund der festgestellten Restarbeitsfähigkeit imstande ist, diese Tätigkeiten auszuüben, wobei es vorerst nicht darauf ankommt, ob diese Arbeitsplätze frei sind (Prüfung der Verweisungstauglichkeit VwGH 13.03.2002, ZI. 2001/12/0138).

Bei der Prüfung der Gleichwertigkeit ist von jener Verwendungsgruppe auszugehen, in die der Beamte ernannt worden ist (Verwaltungsgerichtshof, 16.12.1998, Zl. 97/12/0172, VwSlg. 15045 A/1998). Dabei sind alle Tätigkeiten der betreffenden Verwendungsgruppe und deren Anforderungen in physischer und psychischer Hinsicht im Wirkungsbereich der jeweiligen obersten Dienstbehörde (Verwaltungsgerichtshof 20.12.2005, Zl. 2005/12/0058) anzuführen und anzugeben, ob der Beamte auf Grund der festgestellten Restarbeitsfähigkeit im Stande ist, diese Tätigkeiten auszuüben, wobei es vorerst nicht darauf ankommt, ob diese Arbeitsplätze frei sind (Prüfung der Verweisungstauglichkeit; VwGH 13.03.2002, Zl. 2001/12/0138; 30.06.2010, 2009/12/0154).

Von dieser Verpflichtung könnte die Dienstbehörde nur dann entbunden sein, wenn entweder überhaupt keine Restarbeitsfähigkeit des Beamten besteht oder dargelegt wird, dass überhaupt keine Arbeitsplätze seiner Verwendungsgruppe frei sind, bzw., dass sämtliche freien Arbeitsplätze seiner Verwendungsgruppe der bisherigen Verwendung nicht gleichwertig oder aber nicht im Sinne des § 14 Abs. 2 BDG 1979 zumutbar sind (VwGH 30.05.2011, Zl. 2010/12/0136, mwN).

3.4. Fallbezogen ist zu überprüfen, ob die belangte Behörde zu Recht von der dauernden Dienstunfähigkeit der Beschwerdeführerin auf ihrem zuletzt zugewiesenen Arbeitsplatz ausgegangen ist, sowie ob aufgrund des Restarbeitsfähigkeits-Kalküls Verweisungsarbeitsplätze im Wirkungsbereich der obersten Dienstbehörde zur Verfügung stehen, zu deren Erfüllung die Beschwerdeführerin imstande ist.

Die negative Sekundärprüfung der belangten Behörde konnte nicht als stichhältig erachtet werden, da weder der Versetzungsbereich der obersten Dienstbehörde noch die adäquate psychische Belastbarkeit der Beschwerdeführerin gewürdigt wurden.

Die Frage, ob der Beschwerdeführerin der Arbeitsplatz im Vertriebsinnendienst auf Dauer oder lediglich vorübergehend zugewiesen war, konnte außer Betracht bleiben, da bereits unter der Annahme einer primären Dienstunfähigkeit auf dem Arbeitsplatz einer Filialleiterin (PT4) die Sekundärprüfung ergab, dass der Beschwerdeführerin ein Arbeitsplatz zugewiesen werden hätte können, da ihre Belastbarkeit lediglich hinsichtlich Schaltertätigkeit mit direktem Kundenkontakt und schwerer körperlicher Belastung eingeschränkt ist.

Der Beschwerde war daher stattzugeben unter Bescheid aufzuheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. In der rechtlichen Beurteilung wurde unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass die gegenständlich maßgebliche Rechtsfrage nämlich die Voraussetzungen für das Vorliegen der dauernden Dienstunfähigkeit gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 hinreichend von der höchstgerichtlichen Judikatur beantwortet ist. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die Problematik der mangelnden Gleichwertigkeit von Alternativarbeitsplatz und zuletzt auf Dauer zugewiesenem Arbeitsplatz bei einer (im Vergleich zur Ernennungsverwendungsgruppe) dauernden Höherverwendung steht der gegenständlichen Entscheidung nicht entgegen.

Schlagworte

Begründungsmangel, dauernde Dienstunfähigkeit, dienstliche Aufgaben,
ersatzlose Behebung, Österreichische Post AG, Restarbeitsfähigkeit,
Ruhestandsversetzungsverfahren, Verweisungsarbeitsplatz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W122.2204227.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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