TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/17 W165 2176215-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.01.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

17.01.2019

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W165 2176218-1/4E

W165 2176217-1/2E

W165 2176215-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX, geb. XXXX, 2. XXXX, geb. XXXX und 3. XXXX, geb. XXXX, alle StA Somalia, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerden gegen die Bescheide der österreichischen Botschaft Addis-Abeba vom 06.07.2017, GZ: Addis-Abeba ÖB/KONS/0176/2016, AS3, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 35 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 68/2013, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgendem: BF1) brachte am 07.04.2016 bei der österreichischen Botschaft Addis-Abeba (im Folgenden: ÖB Addis-Abeba) für sich und ihre fünf minderjährigen Kinder (BF2 und BF3 sowie weitere drei minderjährige Kinder) Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 ein.

Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehegatte und angebliche Vater der BF, ebenfalls ein Staatsangehöriger Somalias, namhaft gemacht, welchem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgendem: BFA) vom 18.05.2015 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Die damit verbundene befristete Aufenthaltsberechtigung der Bezugsperson wurde bislang stets verlängert und ist aktuell bis 18.05.2020 gültig.

Die Einreiseanträge der drei gemeinsamen minderjährigen Kinder der BF1 und der Bezugsperson wurden mit Bescheiden der ÖB Addis-Abeba vom 15.07.2017 positiv beschieden und stellten diese nach mittels Visums erfolgter legaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 31.07.2017 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich. Die Anträge auf internationalen Schutz wurden mit Bescheiden des BFA vom 10.10.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen und diesen jeweils gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005, somit von deren Vater im Rahmen eines Familienverfahrens abgeleiteter Status von subsidiär Schutzberechtigten, zuerkannt. Die damit verbundene befristete Aufenthaltsberechtigung wurde bislang stets verlängert und ist aktuell bis 18.05.2020 aufrecht.

Den (beschwerdegegenständlichen) Einreiseanträgen waren verschiedene Unterlagen, wie Geburtsurkunden und Reisepasskopien der BF angeschlossen, in denen diese als somalische Staatsangehörige ausgewiesen werden. Unter einem wurde eine äthiopische Heiratsurkunde über eine zwischen der BF1 und der Bezugsperson am 02.01.1994 vor einem Beamten in Äthiopien erfolgte und am selben Tag durch ein äthiopisches Standesamt registrierte Eheschließung (in englischer Sprache) vorgelegt. In der Heiratsurkunde werden die Staatsangehörigkeit der BF1 und der Bezugsperson mit Somali angegeben.

In weiterer Folge veranlasste die ÖB Addis-Abeba DNA-Abstammungsuntersuchungen hinsichtlich der BF2 und dem BF3 sowie der anderen drei minderjährigen Antragsteller, die zu folgenden Ergebnissen führten: Leibliche Mutterschaft der BF1 zu BF2 und BF3 sowie zu den drei anderen minderjährigen antragstellenden Kindern, leibliche Vaterschaft der Bezugsperson lediglich zu den drei anderen minderjährigen Kindern der BF1, keine leibliche Vaterschaft der Bezugsperson zu BF2 und BF3.

Zu den seitens der ÖB Addis-Abeba an das BFA weitergeleiteten Einreiseanträgen samt Unterlagen teilte das BFA der ÖB Addis Abeba mit Schreiben vom 28.04.2017 gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Antragsteller keine Familienangehörigen im Sinne des AsylG 2005 seien. In der angeschlossenen Stellungnahme vom 28.04.2017 wurde näher ausgeführt, dass schon die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren mangels Familienangehörigeneigenschaft der Antragsteller nicht vorliegen würden. Bei der Erstantragstellerin handle es sich nicht um eine Familienangehörige im Sinne des AsylG, zumal die Ehe nicht im Heimatland bestanden habe. Die behauptete Gültigkeit der Ehe liege nicht vor, da diese gegen den odre-public-Grundsatz verstoße (Doppelehen, Zwangsehen, Kinderehen, Stellvertreter- bzw. Telefonehen), zumal aus der vorgelegten Heiratsurkunde eindeutig hervorgehe, dass die Erstantragstellerin einen Tag nach ihrem 14. Geburtstag geheiratet habe. Beim Zweit- und Drittantragsteller handle es sich nicht um die leiblichen Kinder der Bezugsperson, was aufgrund des Abstammungsgutachtens feststehe. Im vorliegenden Fall hätten sich derart gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und im Sinne von § 35 Abs. 5 AsylG relevanten Familienverhältnisses ergeben, da sich aus dem Ermittlungsverfahren bzw. den niederschriftlichen Angaben ergeben habe, dass die Eigenschaft als Familienangehörige im Sinne des § 35 AsylG 2005 nicht bestehe, sodass eine Statusgewährung nicht wahrscheinlich sei. Durch das Abstammungsgutachten sei als erwiesen anzusehen, dass es sich bei der BF2 und beim BF3 zwar um die Kinder der BF1 handle, nicht jedoch um die Kinder der Bezugsperson. Aufgrund der vorgelegten Heiratsurkunde sei weiters bewiesen, dass die Ehe zwischen der BF1 und der Bezugsperson nicht im Heimatland bestanden habe, was sich auch aus den Aussagen der Bezugsperson in ihrer Einvernahme ergebe. Weiters stehe durch die vorgelegte Heiratsurkunde fest, dass es sich um eine Kinderehe handle, die gegen den ordre-public-Grundsatz verstoße, zumal die BF1 die Ehe einen Tag nach Erreichen ihres 14. Geburtstages geschlossen habe. Aus oben dargelegten Gründen sei zum derzeitigen Zeitpunkt die Zuerkennung des Status im Sinne des § 35 Abs. 4 AsylG nicht wahrscheinlich.

Mit Schreiben vom 02.05.2017, den BF zugestellt am 04.05.2017, übermittelte die ÖB Addis-Abeba die Mitteilung und Stellungnahme des BFA vom 28.04.2017 mit der Aufforderung, die angeführten Ablehnungsgründe innerhalb einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

Nach Einräumung einer Fristerstreckung brachten die BF mit Schreiben vom 11.05.2017 am 12.05.2017 eine Stellungnahme bei der ÖB Addis Abeba ein: Die BF1 sei somalische Staatsbürgerin, die Eheschließung der BF1 mit der Bezugsperson habe am 02.01.1994 in Äthiopien stattgefunden. Wie seitens des BFA richtigerweise festgestellt, sei die BF1 zum Zeitpunkt der Eheschließung erst 14 Jahre alt gewesen. Nach der Eheschließung hätten die beiden damals noch sehr jungen Eheleute bis zum Jahr 2000 jeweils bei ihren Eltern gelebt. Im Jahr 2000 sei die nunmehr 20 Jahre alte BF1, wie in der somalischen Gesellschaft üblich, zu ihrem Ehemann und seiner Familie gezogen und hätten von da an mit ihren in den darauffolgenden Jahren geborenen Kindern, den Eltern der Bezugsperson und den Kindern des Bruders der Bezugsperson zusammengelebt. Das gesamte gemeinsame Familienleben sei in Äthiopien verbracht worden und durch die Flucht der Bezugsperson unfreiwillig unterbrochen worden. Am 07.04.2016 habe die BF1 für sich und ihre fünf minderjährigen Kinder Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gem. § 35 AsylG 2005 an die ÖB Addis Abeba gestellt. Mit DNA-Gutachten vom 05.04.2017 sei festgestellt worden, dass die BF1 die leibliche Mutter aller fünf antragstellenden Kinder sei. Die Bezugsperson sei der leibliche Vater von drei Kindern der BF1, es sei jedoch ausgeschlossen, dass die Bezugsperson der leibliche Vater der BF2 und des BF3 sei. Dieser Umstand sei der Bezugsperson und der BF1 nicht bekannt gewesen. Alle Kinder seien als gemeinsame Kinder aufgewachsen, sie würden die Bezugsperson alle gleichermaßen als ihren Vater ansehen. Gemäß den Bestimmungen des IPR-Gesetzes müsse im vorliegenden Fall das somalische Eherecht zur Bestimmung der Gültigkeit der Ehe herangezogen werden, allerdings nur in dem Fall, dass die rechtlichen Bestimmungen den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung nicht widersprechen würden. Tatsächlich sei eine Eheschließung in Österreich frühestens ab vollendetem 16. Lebensjahr möglich. Dessen ungeachtet handle es sich bei der Ehe der BF1 um eine gültige Ehe im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005. Im Sinne der Formulierung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 habe die Ehe bereits im Herkunftsstaat bestanden, da diese Formulierung nicht auf den Zeitpunkt und Ort der Eheschließung, sondern auf den Zeitraum des bisherigen gemeinsamen Familienlebens abstelle. So habe die BF1 ihren Ehegatten zwar zu einem Zeitpunkt geheiratet, als diese noch minderjährig gewesen sei, jedoch mit diesem und den gemeinsamen Kindern auch weit über ihre Volljährigkeit hinaus als Ehegattin zusammengelebt. Es habe somit über 13 Jahre lang ein gemeinsames Familienleben stattgefunden. Selbst wenn das BFA an seiner Auffassung festhalten sollte, dass im vorliegenden Fall keine gültige Ehe vorliege, müsste im Fall der BF die Gewährung eines Einreisetitels aus den Gründen des Art. 8 EMRK in Erwägung gezogen werden, da den gemeinsamen Kindern der BF1 und der Bezugsperson die Einreise gewährt werde. Der Verfassungsgerichtshof habe in einem ähnlich gelagerten Fall, in welchem der Mutter von vier ebenfalls antragstellenden Kindern anders als ihren Kindern die Einreise verweigert worden sei, ausgesprochen, dass der Mutter nach Art. 8 EMRK die Einreise zu gestatten sei, um das Familienleben mit ihrem Ehemann und ihren Kindern in Österreich fortsetzen zu können (VfGH 6.6.2014, B 369/2013).. Da der BF1 ein Einreisetitel gem. § 35 AsylG 2015 zu erteilen sei, müsse in weiterer Folge auch ihren beiden leiblichen Kindern nach § 34 Abs. 6 AsylG 2005 die Einreise gewährt werden. Demnach sei ein Familienverfahren nicht möglich, wenn es sich um Familienangehörige eines Fremden handle, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt worden sei, es sei denn, es handle sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges, lediges Kind.

Nach Weiterleitung der Stellungnahme der BF vom 11.05.2017 an das BFA setzte das BFA die ÖB Addis-Abeba mit Schreiben vom 03.07.2017 in Kenntnis, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrechterhalten werde. Es stehe fest, dass es sich bei der BF2 und beim BF3 nicht um die Kinder der Bezugsperson handle und diese daher keine Familienangehörigen im Sinne des AsylG 2005 seien. Das BFA habe ausgehend von der unbestrittenen Sachverhaltsannahme, dass die behauptete Ehe zwischen der BF1 und der in Österreich subsidiär schutzberechtigten Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat - das sei aufgrund der somalischen Staatsangehörigkeit der Betroffenen nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 Somalia - bestanden habe, die Familieneigenschaft des Paares schon aus diesem Grunde verneint, ohne dass es einer eingehenderen Prüfung bedurft hätte, ob die nach dem Vorbringen in Äthiopien geschlossene Ehe im Sinne des § 16 Abs. 2 IPRG überhaupt als gültig beurteilt werden könne. Zu prüfen wäre allerdings, ob für die BF1 allenfalls ein von ihrem in Österreich aufhältigen minderjährigen Kindern abgeleiteter Schutzstatus in Betracht kommen könne. Ein solcher Einreisetitel wäre im Falle der Zuerkennung eines eigenständigen (nicht vom Vater abgeleiteten) Status an zumindest eines der Kinder der Bezugsperson möglich, derzeit sei über die Anträge auf internationalen Schutz der Kinder jedoch noch nicht entschieden worden.

Mit Bescheiden der ÖB Addis-Abeba vom 06.07.2017 wurden die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 mit der Begründung abgewiesen, dass die BF keine Familienangehörigen seien.

Gegen die Bescheide richten sich die am 07.08.2017 fristgerecht eingebrachten gleichlautenden Beschwerden, in denen im Wesentlichen wie bisher vorgebracht wird. Die unterlassene Auseinandersetzung mit den in der Stellungnahme vorgebrachten Argumenten, Beweismitteln und Anträgen stelle eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör bzw. einen Begründungsmangel dar, der nicht nur eine Verletzung von Vorschriften, sondern willkürliches Verhalten der Behörde darstelle und den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belaste. Hätte die Behörde ihrer Ermittlungspflicht folgend das Vorbringen der BF in ihrer Stellungnahme gebührend berücksichtigt, hätte diese eindeutig zu einem für die BF günstigeren Ergebnis kommen können.

Mit Schreiben des BMI vom 09.11.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 13.11.2017, wurden die Beschwerden samt Verwaltungsakten mit dem Hinweis vorgelegt, dass gegenständlich keine Beschwerdevorentscheidungen ergangen und keine Vorlageanträge gestellt worden seien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt werden der unter I. dargelegte Verfahrensgang und Sachverhalt.

Eine Familienangehörigeneigenschaft der BF zur Bezugsperson im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 kann nicht festgestellt werden. Eine im Herkunftsstaat bestandene Ehe der BF1 mit der Bezugsperson (beide Staatsangehörige Somalias), liegt nicht vor. Die BF1 hat eine äthiopische Heiratsurkunde über eine am 02.01.1994 (einen Tag nach ihrem 14. Geburtstag) vor einem Beamten mit der Bezugsperson geschlossene und am selben Tag von einem äthiopischen Standesamt registrierte Eheschließung vorgelegt.

Der Umstand, dass die Eheschließung der BF1 mit der Bezugsperson in Äthiopien erfolgt ist, wurde von den BF nicht bestritten.

Bei der BF2 und beim BF3 handelt es sich - durch ein DNA-Gutachten festgestellt - um keine leiblichen Kinder der Bezugsperson, sondern lediglich um leibliche Kinder der BF1. Bei den anderen drei minderjährigen Kindern der BF1, für die ebenso Einreiseanträge gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt wurden, handelt es sich um durch DNA-Gutachten festgestellt, um gemeinsame Kinder der BF1 und der Bezugsperson. Die BF1 ist laut Abstammungsgutachten sowohl die Mutter der BF2 und des BF3 als auch der drei weiteren minderjährigen antragstellenden Kinder.

Der Umstand, dass es sich bei der BF2 und Beim BF3 um keine leiblichen Kinder der Bezugsperson handelt, wurde von den BF nicht bestritten.

Den gemeinsamen Kindern der BF1 und der Bezugsperson wurden am 15.07.2017 von der ÖB Addis-Abeba Einreisevisa ausgestellt und diesen nach Einreise in das Bundesgebiet mit Bescheiden des BFA vom 10.10.2017 von der Bezugsperson im Rahmen eines Familienverfahrens nach § 34 AsylG 2005 von ihrem Vater (Bezugsperson) abgeleiteter subsidiärer Schutz zuerkannt.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus den Akten der ÖB Addis-Abeba, den vorgelegten Unterlagen und den Angaben der BF.

Der Ort der Eheschließung der BF1 mit der Bezugsperson (Äthiopien) ergibt sich aus der vorgelegten Heiratsurkunde und wurde auch von den BF nicht bestritten. Die mangelnde leibliche Vaterschaft der Bezugsperson zur BF2 und zum BF3 ergibt sich aus einem Abstammungsgutachten und wurde auch von den BF nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:

§ 34 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 145/2017 lautet:

(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.

§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 68/2013 lautet:

(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:

(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.

§ 11 und 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lauten:

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

...

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt der Vertretungsbehörde keine eigene Prüfungskompetenz zu (VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152 uvam).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, da die negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA zutreffend ist und der darauf gestützten Entscheidung der Vertretungsbehörde im Ergebnis beizupflichten ist:

Im vorliegenden Fall wurden Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gem. § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich subsidiären Schutz genießende angebliche Ehemann und angebliche Vater der BF genannt.

Die gegenständlichen Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels wurden am 07.04.2016, und somit vor Inkrafttreten des § 35 AsylG idF BGBl I Nr. 24/2016 am 01.06.2016, eingebracht. Gemäß der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 24 AsylG war daher § 35 AsylG idF BGBl I. Nr. 68/2013, anzuwenden.

Gemäß § 35 Abs. 5 AsylG idF BGBl I Nr. 68/2013 ist ein Ehegatte nur dann als Familienangehöriger zu qualifizieren, sofern die Ehe bereits im Herkunftsstaat bestanden hat. Der Nachweis, dass eine rechtsgültige Ehe zwischen einem Antragsteller und seiner Bezugsperson bereits vor der Flucht aus jenem Staat, dessen Staatsangehörigkeit die Bezugsperson besitzt, bestanden hat, ist daher zwingend geboten.

Wie bereits vorstehend festgestellt, wurde die Ehe zwischen der BF1 und der Bezugsperson, beide unstrittig Staatsangehörige Somalias, jedoch in Äthiopien geschlossen, womit das Erfordernis des Bestehens der Ehe im Herkunftsstaat im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 nicht erfüllt ist. Das Vorbringen der BF1, das gesamte bisherige Familienleben in Äthiopien verbracht zu haben, vermag hieran nichts zu ändern. In Anbetracht dessen erübrigen sich weitere Ausführungen zur Rechtsgültigkeit der im Ausland geschlossenen Ehe (§ 16 Abs. 2 IPRG) sowie - im Hinblick auf die vorliegende Kinderehe, aus der drei gemeinsame Kinder der BF1 mit der Bezugsperson hervorgegangen sind - zum insbesondere relevanten ordre-public-Grundatz des § 6

IPRG.

Eine Familienangehörigeneigenschaft der BF1 zur Bezugsperson ist jedenfalls zu verneinen.

Auch die BF2 und der BF3 erfüllen jedoch unzweifelhaft nicht den Familienangehörigenbegriff des § 35 Abs. AsylG 2005, da es sich bei diesen durch ein Abstammungsgutachten festgestellt - und auch von den BF nicht bestritten - um keine leiblichen Kinder der in Österreich aufhältigen Bezugsperson handelt. Die BF2 und der BF3 sind somit keine zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährigen ledigen Kinder eines Fremden im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005, sodass auch diese insofern nicht vom maßgeblichen Familienangehörigenbegriff des § 35 Abs. 5 AsylG erfasst werden. Für die Auffassung, dass es ausreichend sein sollte, dass es sich bei den Antragstellern um ledige minderjährige Kinder als solche handelt, bietet der Gesetzeswortlaut keinen Raum.

Anzumerken ist, dass auch die - verfahrensgegenständlich ohnehin nicht als Bezugspersonen namhaft gemachten - (mittlerweile) in Österreich aufhältigen und hier subsidiären Schutz genießenden drei weiteren Kinder der BF1 (Halbgeschwister der BF2 und des BF3) nicht als mögliche Bezugspersonen der BF in Betracht kommen können:

So kann die BF1 ebenso von ihren drei in Österreich lebenden gemeinsamen Kindern mit der Bezugsperson keinen Schutzstatus ableiten:

Gemäß § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG 2005 sind die Bestimmungen dieses Abschnittes auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, nicht anzuwenden, es sei denn, es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.

§ 34 Abs. 6 Z 2 AsylG 2005 normiert sohin, dass sich Familienangehörige von Personen, denen ihrerseits internationaler Schutz bereits im Rahmen eines Familienverfahrens gemäß den §§ 34 und 35 AsylG 2005 gewährt wurde, nicht mehr auf das Familienverfahren nach den §§ 34 und 35 AsylG 2005 berufen können. Personen, die ihren Status daher nicht aus eigenem erlangt haben, sondern denen der Status gemäß § 34 AsylG 2005 auf Grund des Status ihrer familiären Bezugsperson zuerkannt wurde, sind im Sinne der Hintanhaltung von sogenannten Kettenfamilienverfahren keine tauglichen Bezugspersonen im Sinne des § 34 AsylG 2005 für deren Familienangehörige mehr. Die Bestimmung des § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG 2005 soll lediglich dann nicht gelten, wenn es sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges unverheiratetes Kind handelt. Ein solches kann daher seinen Status nach § 34 AsylG 2005 auch dann von seinen Eltern ableiten, wenn diese ihrerseits ihren Status bereits nach § 34 AsylG 2005 erhalten haben. Das Kind selbst ist aber wiederum keine taugliche Bezugsperson mehr, sodass die Kette daher jedenfalls bei diesem endet. Von einer Schutzgewährung ist allerdings niemand ausgeschlossen, wenn er die dafür erforderlichen Voraussetzungen aus eigenem erfüllt (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, Stand 05.01.2016, § 34 Abs. 6, Seite 932).

Wie bereits festgehalten, wurde den drei gemeinsamen Kindern der BF1 mit der Bezugsperson im Rahmen eines Familienverfahrens nach § 34 AsylG 2005 von ihrem Vater abgeleiteter subsidiärer Schutz zuerkannt. Daraus folgt, dass es sich bei der BF1 um eine Familienangehörige von Fremden handelt, denen ihrerseits der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten bereits im Rahmen eines Familienverfahrens nach dem vierten Abschnitt des AsylG 2005 zuerkannt wurde, sodass die Bestimmungen des Familienverfahrens gegenständlich nicht zur Anwendung kommen. Die hiervon getroffene Ausnahmeregelung des § 34 Abs. 6 Z 2 2. Halbsatz AsylG ("es sei denn, es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges, lediges Kind"), kommt gegenständlich nicht zum Tragen, da es sich bei der BF1 jedenfalls um kein minderjähriges, lediges Kind des Fremden im Sinne der zitierten Ausnahmebestimmung handelt.

Was die (Halb)geschwister der BF2 und des BF3 betrifft, so hat auch der VwGH in seinem Erkenntnis vom 03.05.2018, Ra 2017/19/0609 bis 0611-10, bestätigt, dass aufgrund des - insoweit von vornherein als klar einzustufenden - Gesetzeswortlautes Geschwister nicht als Familienangehörige gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 gelten. Geschwister kommen somit im Hinblick auf den in § 35 Abs. 5 AsylG 2005 abschließend definierten Familienangehörigenbegriff als mögliche Bezugspersonen nicht in Betracht.

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals zu einem Sachverhalt wie dieser gegenständlich vorliegt, Stellung genommen. So stellt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis Ra 2015/19/0154 vom 31.08.2015 unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom 02.09.2014, Ra 2014/18/0062, unmissverständlich klar, dass die (einfachgesetzliche) Rechtslage, wonach einer Fremden, deren Ehe mit einem Konventionsflüchtling nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden hat und die den Status als Asylberechtigte im Familienverfahren nur aus ihrer Verwandtschaft (Elternteil zu einem minderjährigen Kind) ableiten könnte, das seinerseits Asyl im Rahmen eines Familienverfahrens nach dem Vater erlangt hat, die Begünstigungen des Familienverfahrens nach § 34 AsylG 2005 nicht zukomme, eindeutig sei und keiner Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof bedürfe. Unter einem hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass er sich im zuletzt zitierten Erkenntnis auch schon mit verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken gegen diese Rechtslage auseinandergesetzt habe, sodass diesbezüglich auf die dortigen Erwägungen verwiesen werden könne.

Ebenso hat sich der Verfassungsgerichtshof mit den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG 2005 bei vergleichbarem Sachverhalt bereits auseinandergesetzt und diese nicht geteilt (vgl. VfGH 22.2.2013, U 2445/12 mit Hinweis auf VfGH 10.10.2012, U 1533/12).

Soweit die BF schließlich mit dem Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK argumentieren, ist auszuführen, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens allein ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 war, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung, die vom Verfassungsgerichtshof nicht beanstandet wurden, im gegenständlichen Fall - wie dargelegt - nicht vorliegen. Bei Erteilung eines Einreisetitels ist zu berücksichtigen, dass Art. 8 EMRK im Allgemeinen kein Recht auf Einreise in ein bestimmtes Land gewährt (EGMR 02.08.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00, newsletter 2001, 159 uva). Art. 8 EMRK gewährt kein unmittelbares Zuwanderungsrecht und lässt den Mitgliedstaaten der EMRK bei der Gewährung der Einwanderungspolitik einen breiten Ermessensspielraum (vgl. VfSlg 17.013/2003 und 18.613/2008). Die - unter Gesetzesvorbehalt stehende - Regelung des Art. 8 EMRK schreibt auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen).

Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch, wie bereits erwähnt, das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern ist unter Gesetzesvorbehalt gestellt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen". Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.

Das von den BF für ihren Standpunkt im Zusammenhang mit Art. 8 EMRK ins Treffen geführte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 06.06.2014, B 369/2013, ist nicht einmal verfahrenseinschlägig. Tragende Begründung der Behebung durch den VfGH war, dass die Ablehnung der Einreisebewilligung nicht auf die Kriterien der §§ 34 und 35 AsylG 2005, sondern auf § 21 Abs. 1 Z 2 FPG (nicht gesichert erscheinende Wiederausreise eines Fremden) gestützt wurde. Im Übrigen waren die damaligen antragstellenden und wie deren Mutter beschwerdeführenden Kinder leibliche Kinder der namhaft gemachten Bezugsperson.

Da die belangte Behörde über die betreffenden Einreiseanträge ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des BFA, dass die Zuerkennung des Status auf internationalen Schutz oder des Status subsidiär Schutzberechtigter an die BF in Bezug auf den in Österreich befindlichen angeblichen Ehemann und angeblichen Vater nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen.

In Anbetracht dessen, dass im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels besteht, war spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erlassen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

DNA-Daten, Ehe, Einreisetitel, Familienangehöriger, Kind

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W165.2176215.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten