TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/10 L525 2144591-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.12.2018
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Entscheidungsdatum

10.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L525 2144591-1/12E

Schriftliche Ausfertigung des am 21.11.2018 verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, alias XXXX, StA: Bangladesch, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.12.2016, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.11.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer - ein bengalischer Staatsbürger - stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 25.9.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde er am 26.9.2015 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, aufgrund der wirtschaftlichen Lage sei er gezwungen gewesen sein Heimatland zu verlassen. Seine Eltern seien schwer krank und er brauche für ihre Behandlung sehr viel Geld. Er wolle in Österreich arbeiten und Geld verdienen. Im Falle seiner Rückkehr in seine Heimat befürchte er, dass sie vor Armut sterben würden.

Mit Sachverständigengutachten vom 23.1.2016 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung am 25.9.2015 bereits den 18. Geburtstag überschritten habe.

Der Beschwerdeführer wurde am 19.2.2016 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab zunächst an, er sei gesund, verstehe den Dolmetsch. Befragt, ob er im Verfahren bis dato immer die Wahrheit gesagt habe und ob seine Angaben jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert worden seien, führte der Beschwerdeführer aus, es seien viele Fragen auf Hindi gestellt worden, er habe nicht alles verstanden. Er habe zwar eine Rückübersetzung erhalten, doch sei nicht alles mitprotokolliert worden, was er gesagt habe. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, sein Bruder war Politiker für die BNP-Partei, seit die AL (gemeint: Awami League) an der Macht sei, sei sein Bruder von dieser Partei angezeigt worden und mit dem Tode bedroht worden. Der Beschwerdeführer sei dann von den AL Anhängern erpresst worden, er solle Schutzgeld bezahlen. Am Anfang hätten sie 700.000 Taka wollen, der Beschwerdeführer habe aber kein Geld gehabt und habe dann das Land verlassen. Eine Anzeige sei von der Polizei nicht aufgenommen worden. Eigentlich hätte sein Bruder das Problem mit der AL gehabt, diese habe erst als dieser weg sei vom Beschwerdeführer Geld verlangt.

Mit Schreiben vom 4.3.2016 legte der Beschwerdeführer ein Konvolut an Bestätigungen aus Bangladesch, darunter eine Geburtsurkunde vor.

Der Beschwerdeführer wurde am 10.11.2016 abermals durch das BFA niederschriftlich einvernommen, der Beschwerdeführer gab aber an, er verstehe den Dolmetsch nicht gut. Die Einvernahme wurde daraufhin abgebrochen.

Der Beschwerdeführer wurde am 7.12.2016 abermals niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab zunächst an, er verstehe den Dolmetscher. Der Beschwerdefüher legte ein Konvolut an Integrationsbescheinigungen vor:

* Kopie von Zeitungsberichten, die den Beschwerdeführer bei der Mithilfe in einer karitativen Kleidersammlung zeigen, sowie beim Ehrenamtstreff

* Unterstützungsschreiben

* Bestätigung vom 4.11.2016 über ehrenamtliche Tätigkeiten bei der Kleiderbörse und Begegnungstreff für drei Stunden pro Woche sowie beim Ferienprogramm der Stadt Feldkirch (bei Bedarf)

* Bestätigung der Caritas vom 28.10.2016 über die Teilnahme am Projekt Nachbarschaftshilfe

* Teilnahmebestätigung des Vereins "Menschen.Leben" vom 14.10.2016 im Basisbildungskurs des Vereins mit einer Anwesenheitsquote von 84%.

* Teilnahmebestätigung vom 7.11.2016 des Kontaktchors, dass der Beschwerdeführer regelmäßig und zuverlässig an den wöchentlichen Proben teilnehme

Mit Bescheid des BFA vom 28.12.2016 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, eine asylrelevante Verfolgung sei nicht glaubhaft gemacht worden, Gründe für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz seien nicht hervorgekommen, eine maßgebliche Integration habe nicht festgestellt werden können.

Mit Schriftsatz vom 10.1.2017 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die Beschwerde führte - mit näherer Begründung - im Wesentlichen aus, dass die Angaben des Beschwerdeführers der Wahrheit entsprechen würden und eine mangelnde Schutzfähigkeit des Staates sich aus den Länderberichten ergeben würden. Eine innerstaatliche Fluchtalternative sei nicht gegeben.

Das erkennende Gericht führte am 21.11.2018 eine mündliche Verhandlung durch und übersandte im Zuge der Ladung die maßgeblichen Länderfeststellungen. Der Beschwerdeführer legte im Zuge der mündlichen Verhandlung abermals Zeitungsberichte über seine Integration vor, Fotos von ihm in seinem Alltag, eine Bescheidausfertigung des AMS Feldkirch vom 8.2.2018, sowie einen Lehrvertrag und eine Bestätigung durch seinen Arbeitgeber vom 17.11.2018, dass er seit dem 1.3.2018 in einem Lehrverhältnis stehe und das Arbeitsverhältnis aufrecht sei.

Mit Schreiben vom 23.11.2018 beantragte der Beschwerdeführer die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnis vom 21.11.2018.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer trägt den im Erkenntniskopf angeführten Namen, wurde am dort angeführten Datum geboren und ist bengalischer Staatsangehöriger, bekennt sich zum sunnitischen Islam und der Volksgruppe der Bengalen. Seine Identität steht nicht fest. Er stammt aus dem Dorf XXXX. Der Beschwerdeführer besuchte acht Jahre die Schule und hat anschließend die Elektrikerschule besucht, wo er auch weniger als ein Jahr gearbeitet hat. Die Eltern und die Schwester des Beschwerdeführers leben in Bangladesch.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 25.9.2015 in Österreich und reiste illegal in das Bundesgebiet ein. Der Beschwerdeführer bezieht keine Grundversorgung und steht seit dem 1.3.2018 in einem aufrechten Lehrverhältnis als Restaurantfachmann. Der Beschwerdeführer ist gesund, leidet ab und zu an Schlafstörungen und Kopfweh. Der Beschwerdeführer singt gelegentlich in einem Chor und nimmt an Freizeitveranstaltungen in Feldkirch teil, wie zB bei einem Begegnungsbrunch, an einer Sommerferien-Spielwoche für Kinder und Jugendliche oder an einem interkulturellen Mittagstisch. Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu Österreichern. Der Beschwerdeführer legte im Verwaltungsverfahren fünf Unterstützungsschreiben vor, wonach der Beschwerdeführer im Wesentliche immer sehr freundlich, pünktlich und hilfsbereit ist. Der Beschwerdeführer kann sich auf einfachem Niveau auf Deutsch verständigen. Der Beschwerdeführer ist gerichtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer besucht einen Fitnessclub. Der Beschwerdeführer lebt mit einem anderen bengalischen Staatsbürger zusammen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Bangladesch einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder er im Falle seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre.

Weiters kann unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bangladesch eine reale Gefahr einer Verletzung der EMRK bedeuten oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde. Es steht auch nicht fest, dass der Beschwerdeführer um sein Leben zu fürchten hat.

Eine berücksichtigungswürdige Integration konnte nicht festgestellt werden.

1.2 Länderfeststellungen:

Politische Lage

Bangladesch ist eine Volksrepublik (People' s Republic of Bangladesh) mit einer seit 1991 wieder geltenden parlamentarischen Demokratie als Regierungsform (GIZ 5.2017).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt Großteils zeremonielle Funktionen aus, die Macht liegt in den Händen des Premierministers als Regierungschef, der von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt wird. Der Premierminister, ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der 5-jährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige "Caretaker"-Regierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. GIZ 5.2017). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 5.2017). Aktuell hat Sheikh Hasina von der Awami League (AL) das Amt der Premierministerin inne (ÖB New Delhi 12.2016)

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten Abgeordneten (ÖB New Delhi 12.2016) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 14.1.2016). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der "Caretaker"-Regierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB New Delhi 12.2016).

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind stark politisiert und parteipolitisch durchdrungen (AA 3.2017a). AL und BNP werden quasi-dynastisch von Sheikh Hasina und Begum Khaleda Zia geführt, die das politische Vermächtnis ihrer ermordeten Männer fortführen und eine unangefochtene Machtstellung in ihrer jeweiligen Partei genießen. Sie beeinflussen den Kandidatenauswahlprozess für Partei- und Staatsämter und geben den Takt für die politischen Auseinandersetzungen vor. Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks (Hartals) großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 5.2017). Nennenswerte parlamentarische Stärke haben in der Vergangenheit sonst nur die Jatiya Party (JP) und die JI erzielt (GIZ 5.2017).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto jedoch die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten ist. Wie schon die Vorgängerregierungen, so baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in der Verwaltung, im Rechtswesen und im Militär aus. Auch im Regierungskabinett folgen Ernennungen und Umbesetzungen meist dem Prinzip der Patronage (GIZ 5.2017).

Bereits am 30.7.2011 hat das Parlament bei nur einer Gegenstimme, die BNP und ihre Verbündeten haben der Parlamentssitzung nicht beigewohnt, in der 15. Verfassungsänderung den Islam als Staatsreligion bestätigt, jedoch den Zusatz "Absolutes Vertrauen und der Glauben an den Allmächtigen Allah soll die Basis allen Handelns sein" aus der Verfassung gestrichen. Ungeachtet der ausgeprägten Leistungsdefizite staatlicher Institutionen, der undemokratischen innerparteilichen? Entscheidungsstrukturen und der in der letzten Dekade verstärkt gewalttätig ausgetragenen Parteienrivalität ist der Glauben an die Demokratie innerhalb der Bevölkerung ungebrochen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a).

Am 5.1.2014 boykottierte die BNP die 10. Parlamentswahlen wodurch die AL eine verfassungsändernde Mehrheit erreichen konnte. Weitere Sitze gingen an Koalitionspartner der AL. Die sehr geringe Wahlbeteiligung von nur ca. 30% bei den Parlamentswahlen 2014 ist auf den Wahlboykott der Opposition zurückzuführen. Es gab Berichte über massive Einschüchterungsversuche wahlbereiter Bürger seitens oppositioneller Gruppen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a). Am Wahltag wurden mindestens 21 Menschen getötet und über 130 Wahllokale in Brand gesetzt. Die Opposition reagierte bereits einen Tag nach den Wahlen mit Generalstreiks und in vielen Distrikten wurde über Attacken gegen ethnische und religiöse Minderheiten, v.a. Hindus, berichtet. Die AL versuchte mit gezielten Verhaftungen von Oppositionspolitikern den Druck auf das Regime zu schwächen (GIZ 5.2017).

Die verfassungsändernde Mehrheit im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration in den Händen der AL respektive der Regierung. Mit neuen Gesetzen zu Medien, Äußerungen im Internet, Absetzung von obersten Richtern und Förderung von NGOs aus dem Ausland wird diese Konzentration noch weiter verstärkt. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren (AA 3.2017a). Auch die BNP ist dadurch in der Defensive (GIZ 5.2017). Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 3.2017a). Mittlerweile wurden acht Todesurteile und mehrere lebenslange Haftstrafen ausgesprochen, sechs Hinrichtungen wurden vollstreckt. Dabei hat sich innerhalb der säkularen Zivilgesellschaft mit Blick auf das Kriegsverbrechertribunal ein grundlegender Dissens entwickelt: Während die einen auf rechtstaatliche Standards pochen und die Todesstrafe ablehnen, ist für andere, v.a. aus der urbanen Protestbewegung Shabagh, jedes Urteil unterhalb der Todesstrafe inakzeptabel (GIZ 5.2017).

Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 9.6.2017

-

NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 9.6.2017

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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

Sicherheitslage

Es gibt in Bangladesch keine Bürgerkriegsgebiete (AA 3.2017a).

Die Opposition organisierte Proteste und Straßenblockaden, unter denen die Wirtschaft leidet. Die Regierung reagiert mit Verhaftungen und mit Einschränkungen von Grundrechten. Sie will die öffentliche Ruhe mit allen Mitteln wiederherstellen. Die internationale Gemeinschaft verurteilte die Gewalt scharf und hat die Beteiligten zum Dialog aufgerufen (GIZ 5.2017).

Extremistische Gruppen, wie Jamaat-ul-Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansar al-Islam, die ihre Zugehörigkeit zu Daesh und Al Qaida auf dem indischen Subkontinent (AQIS) erklärten, haben Angriffe auf Angehörige religiöser Minderheiten, Akademiker, Ausländer, Menschenrechtsaktivisten und LGBTI-Personen, sowie weitere Gruppen durchgeführt (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). Medienberichten zufolge hat die Terrororganisation IS 2016 für 39 Morde die Verantwortung übernommen, der bengalische Al-Kaida-Ableger soll sich zu acht Taten bekannt haben (GIZ 5.2017). Die Sicherheitsbehörden waren zunächst nicht bereit, angemessene Schutzmaßnahmen zu veranlassen, gewährt aber in vielen Fällen inzwischen Personenschutz (AA 14.1.2016). Darüber hinaus kommt es regelmäßig zu intra- und interreligiöser Gewalt (AA 3.2017a; vgl. AI 22.2.2017). die Polizei tötete laut eigenen Angaben mindestens 45 mutmaßliche Terroristen in Schießereien (AI 22.2.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

-

AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

-

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017

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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017

Rechtsschutz/Justizwesen

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen Common Law. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem High Court, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem Appellate Court, dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB New Delhi 12.2016).

Die Gerichtsbarkeit ist überlastet und sieht sich von vielen Seiten Versuchen der Einflussnahme ausgesetzt. (AA 3.2017a). Zusätzlich behindern Korruption und ein erheblicher Verfahrensrückstand das Gerichtssystem. Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 1.2017). Straffälle gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2017). Richter des Obersten Gerichtshofs haben des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB New Delhi 12.2016). Durch eine kürzlich erfolgte Verfassungsänderung hat nunmehr das Parlament das Recht, oberste Richter abzusetzen (AA 3.2017a).

Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB New Delhi 12.2016).

Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB New Delhi 12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017

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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017

Folter und unmenschliche Behandlung

Obwohl Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, durch die Verfassung und Gesetze wie der "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" von 2013, verboten sind, gibt es weiterhin Vorwürfe von Misshandlungen durch Sicherheitskräfte und Geheimdienste. Menschrechtsorganisationen berichten, dass in den ersten neun Monaten des Jahres 2016 acht Personen zu Tode gefoltert wurden (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). Zusätzlich gab es 2016 laut Bericht von Odhikar 178 Fälle von außergerichtlichen Tötungen und 90 Fälle von erzwungenem Verschwinden Lassen (FH 1.2017).

Per Gesetz ist es Richtern möglich, über Verdächtige Untersuchungshaft zu verhängen, während Befragungen ohne Beisein eines Anwalts erfolgen können. Laut Menschrechtsorganisationen fanden viele Fälle von Folter in dieser Phase statt. Aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen kommt es selten zu Anzeigen, und folglich Bestrafungen oder Verurteilungen der verantwortlichen Sicherheitskräfte (USDOS 3.3.2017). 2013 hat sich mit der Praxis des "kneecapping" eine neue Art der Folter entwickelt. Dabei wird den Gefangenen in die Knie geschossen. Bei den Opfern, von denen einige invalide wurden, handelt es sich um Politiker, Journalisten und einfache Verdächtige. Diese Praxis hat auch 2016 angehalten (Odhikar 2017). Seit 2013 bis 2016 gab es 25 derartige Fälle (USDOS 3.3.2017)

Um Folter in Verwahrung zu reduzieren zu bekämpfen, hat der Oberste Gerichtshof Richtlinien für Strafverfolgungspersonal und Gerichte, bzgl. medizinischer Kontrollen und Ermittlungen zu Foltervorwürfen erlassen. Der Oberste Gerichtshof forderte außerdem die Regierung auf, einige Abschnitte des Strafprozessgesetzes zu ändern, um polizeilichen Missbrauch von Bürgern zu verringern (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017

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FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017

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Odhikar (2017): BANGLADESH - Annual Human Rights Report 2016, http://1dgy051vgyxh41o8cj16kk7s19f2.wpengine.netdna-cdn.com/wp-content/uploads/2017/01/AHRR-2016_Eng.pdf, Zugriff 12.6.2017

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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017

Korruption

Korruption ist in Bangladesch weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 14.1.2016). Auf dem Korruptionsindex von Transparency International belegte Bangladesch im Jahr 2016 den

145. von 176 Plätzen (TI 25.1.2017). Vor allem im Bereich der erstinstanzlichen Gerichte, der Gerichtsbediensteten, der öffentlichen Ankläger, der Magistrate und der Anwälte wird Korruption als ein weit verbreitetes Problem angesehen (ÖB New Delhi 12.2016). Laut einem Bericht von Transparency International Bangladesh (TIB) vom Juni 2016 haben 58 % der befragten Haushalte 2015 Bestechungsgeld gezahlt (USDOS 3.3.2017). Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden sowie die Rechtspflege genannt. Versicherungen, Banken und NRO genießen den besten Ruf (AA 14.1.2016).

Eine im Jahr 2013 erlassene Gesetzesänderung führte dazu, dass die Anti-Korruptions-Kommission (ACC) der Korruption verdächtigte Behördenbeschäftigte nur noch mit Zustimmung der Regierung anklagen darf. Faktisch hat die ACC in den vergangenen Jahren lediglich eine Handvoll von Regierungsvertretern angeklagt (AA 14.1.2016). Im Gegenzug wird der Regierung vorgeworfen den ACC für politisch motivierte Strafverfolgung zu nutzen (USDOS 3.3.2017). So nutzte die Regierung die ACC um gegen die oppositionelle BNP vorzugehen. Beispielsweise liefen 2016 gegen BNP Führerin Khaleda Zia Korruptionsermittlungen (FH 1.2017). Die Regierung setze auch Schritte um die weitverbreitete Polizeikorruption zu bekämpfen (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017

-

ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

-

TI - Transparency Index (25.1.2017): Corruption Perceptions Index 2016,

https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 26.6.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 28.6.2017

Allgemeine Menschenrechtslage

Bangladesch hat bisher zahlreiche UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert, u.a.:

* CAT - Convention against Torture and Other Cruel Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (ratifiziert 5.10.1998)

* CCPR - International Covenant on Civil and Political Rights (ratifiziert 6.9.2000)

* CEDAW - Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women (ratifiziert 6.11.1984)

* CERD - International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination (ratifiziert 11.6.1979)

* CESCR - International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights (ratifiziert 5.10.1998)

* CMW - International Convention on the Protection of the Rights of All Migrant Workers and Members of Their Families (unterzeichnet 7.10.1998, beigetreten 24.8.2011)

* CRC - Convention on the Rights of the Child (unterzeichnet 26.1.1990, ratifiziert 3.8.1990)

* CRC-OP-AC - Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the involvement of children in armed conflict (unterzeichnet 6.9.2000, ratifiziert 6.9.2000)

* CRC-OP-SC - Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the sale of children child prostitution and child pornography (unterzeichnet 6.9.2000, ratifiziert 6.9.2000)

* CRPD - Convention on the Rights of Persons with Disabilities (unterzeichnet 9.5.2007, ratifiziert 30.11.2007)

* CRPD-OP - Optional protocol to the Convention on the Rights of Persons with Disabilities (akzeptiert 12.5.2008)

* CAT, Art.20 - Inquiry procedure under the Convention against Torture (akzeptiert 5.10.1998)

* CRPD-OP, Art.6-7 - Inquiry procedure under the Convention on the Rights of Persons with Disabilities (akzeptiert 12.5.2008) (UNHROHC 2017).

Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in ihrem Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum High Court offen. Die "National Human Rights Commission" wurde im Dezember 2007 unter dem "National Human Rights Commission Ordinance" von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB New Delhi 12.2016).

Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen zählen Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Internet und in der Presse, weitverbreitete Korruption, geringe justizielle Kapazitäten, geringe Unabhängigkeit der Justiz sowie langwierige Untersuchungshaft. Behörden haben wiederholt Persönlichkeitsrechte der Bürger verletzt (USDOS 3.3.2017).

Menschenrechtsverletzungen finden auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und der RABs statt (GIZ 5.2017). Dazu zählen außergerichtliche Hinrichtungen, Verschwinden lassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen, Folter und weitere Gewaltausübungen durch Sicherheitskräfte, (USDOS 3.3.2017). In den ersten neun Monaten 2016 sollen nach Angaben der bengalischen Menschenrechtsorganisation Odhikar allein 118 Personen durch Strafverfolgungsbehörden getötet, acht Personen dabei zu Tode gefoltert bzw. geprügelt worden sein (GIZ 5.2017). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2000 Mitglieder der RABs wegen diverser Vergehen (ÖB New Delhi 12.2016).

Einige NGOs sind rechtlichen und informellen Einschränkungen ihrer Tätigkeiten ausgesetzt (USDOS 3.3.2017). Am 5. Oktober 2016 verabschiedete das Parlament den "Foreign Donation (Voluntary Activities) Regulation Act 2016", das die Arbeit von Organisation des Bürger- und politischen Rechts erschwert (UNHCR 15.5.2017). Das neue Gesetz verlangt die vorherige Zustimmung des Büros für NGO Angelegenheiten im Büro des Premierministers im Fall der Finanzierung durch ausländische Spenden (HRW 12.1.2017). Aufgrund von als abwertend angesehenen Meldungen oder Berichten über Regierungskörperschaften ist es nun möglich NGOs die Registrierung wieder zu entziehen. Kritischen Gruppen wurden Genehmigungen für Projekte nicht erteilt und sie sind Belästigung und Überwachung ausgesetzt (FH 1.2017). Die Kontrolle der Regierung über die Arbeit der NGOs ist dadurch signifikant gestiegen (AI 22.2.2017).

Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen bleibt ein Problem, vor allem für Kinder, die den Eintritt in eine öffentliche Schule anstreben. Fälle von gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten bestehen fort. Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung hat zugenommen (USDOS 3.3.2017).

Der "Information and Communication Technology Act 2006" (geändert 2009, 2013)" und der "Special Powers Act 1974" werden weiterhin als Instrumente der juristischen Belästigung von Regierungskritikern verwendet, die für ihre Kritik wegen Volksverhetzung inhaftiert werden können (UNHCR 15.5.2017).

Die Regierung unternimmt Anstrengungen den "Prevention and Suppression of Human Trafficking Act (PSHTA)" von 2012 umzusetzen, erreicht aber noch nicht die Minimalstandards zur Verhinderung von Menschenhandel. Für 2016 hat die Regierung 355 Opfer von Menschenhandel gemeldet (im Vergleich zu 1.815 bzw. 2.899 in den Jahren 2015 und 2014). Davon waren 212 Männer, 138 Frauen und fünf Kinder. 2016 wurden außerdem 122 Fälle von Sex- und 168 Fälle von Arbeitskräftehandel untersucht, sowie drei Menschenhändler zu 14 jährigen Haftstrafen verurteilt. Aufgrund kurzer und mangelhafter Untersuchungsdauern bleiben Verurteilungen jedoch selten (USDOS 27.6.2017).

Für Frauen und Kinder, die Opfer von Menschenhandel waren stellt die Regierung Zugang zu neun Mehrzweckunterkünften und Safe Häusern, die durch das Ministerium für soziale Wohlfahrt (MSW) verwaltet werden, zur Verfügung. NGOs kritisieren, dass die Unterstützung nicht ausreichend ist und die Gefahr neuerlich Opfer zu werden hoch ist. NGOs unterstützen männliche Opfer, bieten jedoch keine Unterkunft an (USDOS 27.6.2017).

Es sind Fälle bekannt geworden, in denen Kinder von ihren Eltern zur Ableistung von Schulden an Menschenhändler übergeben wurden (AA 14.1.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

-

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017

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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 27.6.2017

-

UNHCR - UN General Assembly - Human Rights Council (15.5.2017):

Joint written statement* submitted by World Organisation Against Torture, ODHIKAR - Coalition for Human Rights, non-governmental organizations in special consultative status, http://1dgy051vgyxh41o8cj16kk7s19f2.wpengine.netdna-cdn.com/wp-content/uploads/2017/06/Joint-written-statement-Odhikar_OMCT.pdf, Zugriff 12.6.2017

-

UNHROHC- United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (2017): View the ratification status by country or by treaty - Bangladesh,

http://tbinternet.ohchr.org/_layouts/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?CountryID=37&Lang=EN, Zugriff 27.6.2017

-

USDOS - US Department of State (27.6.2017): Trafficking in Persons Report 2017 - Country Narratives - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/342465/485841_de.html, Zugriff 27.7.2017

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wird von der Verfassung garantiert, von der Regierung für oppositionelle politische Parteien jedoch beschnitten. Proteste und Demonstrationen müssen vorab genehmigt werden und die Regierung hat das Recht Versammlungen von mehr als vier Personen zu verbieten (USDOS 3.3.2017).

Es sind Fälle bekannt geworden, in denen politischen Gruppen unter dem Vorwand der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gemäß § 144 Strafprozessgesetz die Versammlungsfreiheit abgesprochen wurde (AA 14.1.2016). 2016 hat die Regierung mehrere Treffen, Versammlungen und Kundgebungen die von verschiedenen politischen Parteien und progressiven Organisationen organisiert worden waren, verboten und angegriffen (Odhikar 2017; vgl. ÖB New Delhi). Durch Verhaftungen von Parteiaktivisten versucht die Regierung Kundgebungen zu verhindern. Oft werden Demonstranten bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften verletzt, gelegentlich sogar getötet (FH 1.2017).

Die Gründung von Gewerkschaften wurde aufgrund einer Gesetzesreform 2015 erleichtert, jedoch sehen sich Gewerkschaftsführer Entlassungen und körperlicher Einschüchterung ausgesetzt. Ebenso sehen sich Arbeitsrechts-Organisationen, wie Bangladesh Center for Workers' Solidarity Belästigung ausgesetzt. Beschwerden wegen unsicherer Arbeitsbedingungen, besonders in der schnell wachsenden Kleidungsherstellung, führen immer wieder zu Streiks. Im Zuge eines Wochenlangen Streiks im Dezember 2016 wurden mindestens 1.500 Arbeiter entlassen und Gewerkschaftsführer inhaftiert (FH 1.2017).

Frontorganisationen der Parteien AL und BNP (Studentenvereinigungen, Bauern- und Arbeitervertretungen) sind teilweise militant und weisen Strukturen krimineller Banden oder Milizen auf. So sind etwa Mitglieder der Studentenorganisationen Chattra League (AL) und Chattro Dal (BNP) mit Klein- und anderen Waffen ausgestattet und kontrollieren, anstelle der Universitätsverwaltung, die Vergabe von Bau- und Instandhaltungsarbeiten an der Universität. Andere Frontorganisationen sind in kriminelle Machenschaften wie Erpressung oder die illegale Kontrolle von Aufträgen im öffentlichen Beschaffungswesen verwickelt. Madrassen werden oft als Instrument genutzt, um Ideologien zu verbreiten und um als Deckmantel für militante Aktionen zu dienen. Allein die in Kuwait ansässige RIHS (Revival of Islamic Heritage Society) kanalisierte Gelder nach Bangladesch, mit denen mehr als 1.000 Moscheen und Madrassen errichtet wurden, auch mit dem Ziel, Jihadis zu rekrutieren (GIZ 8.2017).

Die Mitgliedschaft oder die Unterstützung einer Oppositionspartei führt nicht per se zu einer Verfolgung durch die Regierung. Allerdings hat die Regierung seit dem Wahlboykott Anfang 2014 viele Oppositionspolitiker verhaften lassen. Allein im Januar 2015 sollen 7.000 Aktivisten verhaftet worden sein, wobei auch vor hochrangigen Politikern nicht Halt gemacht wurde. Verhaftungen und strafrechtliche Verfahren werden traditionell mit Vorwürfen wegen Korruption, Steuerhinterziehung oder Erpressung begründet. Hinzu kommen nun auch Vorwürfe wegen Anstiftung zu bzw. Durchführung von Brandanschlägen (AA 14.1.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2017): Geschichte & Staat,

https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c3828, Zugriff 28.6.2017

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FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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