TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/10 W222 2104560-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.12.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.12.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §57

Spruch

W222 2104560-3/3E

W222 1419877-4/3E

W222 2104558-3/3E

W222 2209892-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.11.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.11.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.11.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.11.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF1) ist mit der Beschwerdeführerin (BF2) verheiratet. Sie sind die Eltern der minderjährigen Beschwerdeführer (BF3 und BF4). Die Beschwerdeführer sind indische Staatsangehörige.

Der BF1 reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellt am 02.06.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.06.2011 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bzw. der Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Der Beschwerdeführer wurde aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.

Gegen diese Entscheidung wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

Der Asylgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 29.08.2011, GZ: C14 419.877-1/2011/8E die Beschwerde gemäß §§ 3, 8 und 10 Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs mit 08.11.2011 in Rechtskraft.

Am 29.02.2012, 07.11.2012, 26.01.2013, 24.03.2013, 30.08.2013 und 13.11.2013 wurde der BF1 wegen rechtswidrigen Aufenthaltes gem. §120/1a FPG von der LPD Wien angezeigt.

Die BF2 reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellt am 17.01.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am XXXX kam die Tochter (BF3) der Beschwerdeführer BF1 und BF2 in Österreich zur Welt. Am 02.12.2014 wurde für die BF3 durch ihre gesetzliche Vertretung ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.03.2015 wurde die Anträge der BF2 und BF3 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und 55 AsylG 2005 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerinnen eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerinnen gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.).

Gegen diese Entscheidung wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.07.2015 wurden die Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.06.2015 gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1, 10 Abs.1 Z3, 55, 57 AsylG 2005 i.d.g.F., § 9 BFA-VG in der geltenden Fassung und §§ 52, 55 FPG i.d.g.F als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidungen erwuchsen mit 06.08.2015 in Rechtskraft.

Am 29.02.2016 stellten BF1, BF2 und BF3 Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikels 8 EMRK.

Am XXXX kam der Sohn BF4 der Beschwerdeführer in Österreich zur Welt und wurde durch seine gesetzliche Vertretung am 06.09.2018 ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt.

Mit Mandatsbescheiden vom 06.09.2018 wurde eine Wohnsitzauflage gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVm §57 Abs. 1 AVG erlassen.

Am 13.09.2018 erhoben die Beschwerdeführer durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter Vorstellung gegen diesen Mandatsbescheid.

Am 03.10. und 10.10.2018 wurden die Beschwerdeführer durch das BFA einvernommen.

Mit Schreiben vom 12.09.2018 und 16.10.2018 gaben die Beschwerdeführer durch ihre rechtsfreundliche Vertretung eine Stellungnahme zur Verhängung der Wohnsitzauflage ab.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.10.2018 wurden die Anträge auf Mängelheilung vom 12.09.2018 gemäß § 4 Abs.1 Z 2 und Z3 AsylG-DV iVm § 8 Abs. 1 Z1 AsylG-DV 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) sowie die Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 idgF als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Unter einem wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG idgF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG idgF erlassen (Spruchpunkt III.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt IV.) und ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt V.). Gegen diese Entscheidungen wurden fristgerecht Beschwerden erhoben.

Mit Mandatsbescheiden vom 15.11.2018 des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde den Beschwerdeführern gemäß 57 Abs. 1 VBG in Verbindung mit § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen bis zu ihrer Ausreise durchgängig Unterkunft in der Betreuungseinrichtung XXXX zu nehmen. Diese Verpflichtung hätten sie binnen 3 Tagen nachzukommen. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Bescheide wurde ausgeschlossen.

Gegen diese Mandatsbescheide wurden fristgerecht Beschwerden erhoben.

Die gegenständlichen Beschwerden und die bezugshabenden Verwaltungsakte wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 07.12.2018 vom BFA vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer BF1 ist Staatsangehöriger von Indien und stammt aus dem Punjab. Der BF1 stellte am 02.06.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher in zweiter Instanz mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29.08.2011, GZ: C14 419.877-1/2011/8E rechtskräftig abgewiesen wurde. Gegen den Beschwerdeführer besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung.

Die Beschwerdeführerin BF2 ist Staatsangehörige von Indien und stammt aus dem Punjab. Die BF1 stellte am 17.01.2014 für sich und für die am XXXX geborene Tochter BF3 am 02.12.2014 Anträge auf internationalen Schutz, welche in zweiter Instanz mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.07.2015, GZ: W160 2104560-1/9E und W160 2104558-1/4E rechtskräftig abgewiesen wurden. Gegen die Beschwerdeführerinnen besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung.

Die Beschwerdeführer kamen ihrer Ausreiseverpflichtung bislang nicht nach.

Der BF1 ist seit 12.08.2011 und die BF2 seit 23.01.2014 durchgehend in Wien aufrecht gemeldet. Eine Ortsanwesenheit kann angenommen werden. Die Beschwerdeführer BF1 und BF2 leben mit ihren zwei Kindern BF3 und BF4 in einer gemeinsamen Wohnung. Die BF3 geht in Wien in den Kindergarten und absolviert eine logopädische Therapie.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen stützen sich auf den Inhalt der Akten des Bundesamtes sowie die des Asylgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Feststellungen zum Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich, zum Ausgang der Verfahren über ihre Anträge auf internationalen Schutz, ihrer Ausweisung, zum Bestehen einer Rückkehrentscheidung, zum Verbleib in Österreich trotz rechtskräftiger Ausweisung und Rückkehrentscheidung und zum Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise ergeben sich unstrittig aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer durchgehend in Wien aufrecht gemeldet sind, stützt sich auf den ZMR-Auszug.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Zu A)

§ 57 FPG lautet auszugsweise:

"Wohnsitzauflage

§ 57. (1) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet (§ 46a) ist, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn

1. keine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 gewährt wurde oder

2. nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

(2) Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen gemäß Abs. 1 Z 2 vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige

1. entgegen einer Anordnung des Bundesamtes oder trotz eines nachweislichen Angebotes der Rückkehrberatungsstelle ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen hat;

2. nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seinen Wohnsitz oder den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts gewechselt und das Bundesamt davon nicht in Kenntnis gesetzt hat;

3. an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne der § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitwirkt;

4. im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen;

5. im Asylverfahren oder im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung über seinen Herkunftsstaat oder seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht hat.

(3) [...]

(4) Die Verpflichtungen des Drittstaatsangehörigen aufgrund einer Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ruhen, wenn und solange

1. die Rückkehrentscheidung gemäß § 59 Abs. 6 oder die Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 vorübergehend nicht durchführbar,

2. sein Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 46a geduldet oder

3. ihm die persönliche Freiheit entzogen ist.

(5) Wird eine Rückkehrentscheidung gemäß § 60 Abs. 3 gegenstandslos oder tritt eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 4 außer Kraft, tritt auch die Wohnsitzauflage außer Kraft.

(6) Die Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) anzuordnen. In diesem sind dem Drittstaatsangehörigen auch die Folgen einer allfälligen Missachtung zur Kenntnis zu bringen."

§ 46 FPG lautet auszugsweise:

"[...]

(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

[...]"

Aus den Erläuterungen zum FRÄG 2017 betreffend § 57 FPG ergibt sich auszugsweise Folgendes:

"[...] Die Erlassung einer Wohnsitzauflage soll dabei nicht systematisch erfolgen, sondern hat jedenfalls abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls zu ergehen. Dabei sind insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Art. 8 EMRK - insbesondere im Hinblick auf das Bestehen familiärer Strukturen, die Wahrung der Familieneinheit und die besonderen Bedürfnisse von Minderjährigen auch im Sinne der Jugendwohlfahrt - zu berücksichtigen. Die Wohnsitzauflage soll daher als ultima ratio nur dann angeordnet werden, wenn der Drittstaatsangehörige seiner Verpflichtung zur Ausreise bislang nicht nachgekommen ist und aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls anzunehmen ist, dass er auch weiterhin seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird.

[...]

Zu Abs. 1:

[...]

Die zweite Konstellation soll auch jene Fälle umfassen, in denen zwar eine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wurde, der Drittstaatsangehörige aber nicht innerhalb der Frist ausgereist ist und anzunehmen ist, dass er seiner Ausreiseverpflichtung auch weiterhin nicht nachkommen wird.

[...]

Zu Abs. 2:

In Abs. 2 werden jene Tatsachen näher definiert und demonstrativ aufgezählt, welche im Sinne des Abs. 1 Z 2 die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

Ein Hinweis auf die mangelnde Bereitschaft zur Ausreise ist naturgemäß dann gegeben, wenn der Drittstaatsangehörige selbst angibt, dass er nicht bereit ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Es kann des Weiteren davon ausgegangen werden, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird, wenn er ein ihm angebotenes oder angeordnetes Rückkehrberatungsgespräch zum Zweck der freiwilligen Ausreise nicht wahrnimmt. Ebenso wird davon auszugehen sein, dass der Drittstaatsangehörige nicht bereit ist auszureisen, wenn er während einer gewährten Frist zur freiwilligen Ausreise nicht ausgereist ist und anschließend seinen Wohnsitz bzw. den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts ändert, ohne das Bundesamt hiervon in Kenntnis zu setzen. Ferner kann von mangelhafter Bereitschaft zur Ausreise ausgegangen werden, wenn der betreffende Drittstaatsangehörige es unterlässt, an der Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten mitzuwirken oder ein vorhandenes Reisedokument vernichtet oder sich dessen auf sonstige Weise entledigt. Hat der Drittstaatsangehörige bereits im Verfahren über seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht und damit die Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten erschwert bzw. verhindert, wird ebenfalls von einer mangelnden Bereitschaft zur Ausreise auszugehen sein.

Da es sich bei Abs. 2 um eine demonstrative Aufzählung handelt, kommen auch weitere Umstände in Betracht, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird. Weitere denkbare Gründe in diesem Sinne sind etwa falsche oder widersprüchliche Angaben zum Vorliegen einer Voll- oder Minderjährigkeit bzw. voneinander abweichende Altersangaben in Verfahren vor verschiedenen Behörden (dazu VwGH 25.02.2015, Ra 2014/20/0045) sowie die Verschweigung von vorhandenen Identitätsdokumenten. Hievon sollen beispielsweise jene Fälle erfasst sein, in denen Drittstaatsangehörige im Verfahren vor dem Bundesamt angeben, über keine Identitätsdokumente zu verfügen, während sie im Verfahren vor anderen Behörden (bspw. dem Standesamt im Zuge einer Eheschließung) oder Gerichten solche vorlegen.

[...]

Zu Abs. 6:

Die Auferlegung der Wohnsitzauflage gemäß § 57 erfolgt mittels Mandatsbescheid gemäß §57 AVG. Ein solcher kann erlassen werden, wenn es sich um die Vorschreibung einer Geldleistung oder wegen Gefahr in Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt. Für den vorgeschlagenen § 57 ist der Tatbestand "Gefahr in Verzug" maßgeblich: In der Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 1 ist der Ausschluss einer Frist zur freiwilligen Ausreise an die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Rückkehrentscheidung (§ 18 Abs. 2 BFA-VG) geknüpft. Somit wurde bereits im Falle einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde und der Nichtgewährung einer Frist gemäß § 55 festgestellt, dass eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt. Dadurch ist die Erlassung der Wohnsitzauflage in dieser Konstellation mittels Mandatsbescheid aufgrund der bereits zuvor anlässlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung festgestellten Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zulässig. Hinsichtlich der zweiten Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 2 liegt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vor, wenn anzunehmen ist, dass der Drittstaatsangehörige weiterhin nicht ausreisen wird (zumal er dies bereits während der Frist für die freiwillige Ausreise nicht getan hat). Das bloße unrechtmäßige Verbleiben im Bundesgebiet sowie ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt, ohne dass bereits eine entsprechende Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung auferlegt oder feststellt, und unabhängig davon, ob die Einreise bereits unrechtmäßig oder rechtmäßig erfolgte, stellt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (VwGH 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042; 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042). Dies muss umso mehr gelten, wenn bereits eine im Wege eines rechtsstaatlichen Verfahrens getroffene Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtungfeststellt oder auferlegt, und der Drittstaatsangehörige dieser Verpflichtung auch nach Ablauf einer ihm eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachkommt bzw. die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ihr weiterhin nicht nachkommen wird. Weiters ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt und der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Daher ist in diesen Fällen von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen, wodurch die Erlassung der Wohnsitzauflage mittels Mandatsbescheides gerechtfertigt ist."

Die belangte Behörde weist in den angefochtenen Bescheiden darauf hin, dass gegen die Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung bestehe, sie die Frist zur freiwilligen Ausreise ungenützt ließen und sie diese massiv seit sieben bzw. vier Jahren missachteten. Dass dieses Verhalten alleine ausreicht, eine Wohnsitzauflage zu erlassen ergibt sich weder aus dem Gesetzestext noch aus den oben dargestellten Erläuterungen zum FRÄG 2017 betreffend § 57 FPG. Zur Erlassung einer Wohnsitzauflage als ultima ratio bedarf es konkreter Umstände des Einzelfalles, die zur Annahme führen, dass der Drittstaatsangehörige weiterhin seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird. Auch der Umstand, dass die Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt haben, rechtfertigt nicht die Annahme, dass diese ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen werden. Seit 2012 ist ein Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates betreffend den Beschwerdeführer BF1 anhängig. Am 17.07.2012 ersuchte das BMI die Botschaft der Republik Indien um Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer BF1. Die Beschwerdeführer BF1 und BF2 legten ihre Geburtsurkunden im Verfahren vor. Es besteht eine enge Bindung der Beschwerdeführer an ihren Wohnort Wien. Der BF1 lebt seit über sieben Jahren durchgehend in Wien. Seit ca. vier Jahren leben BF1, BF2 und BF3 gemeinsam in einer Wohnung in Wien. 2018 kam der Sohn BF4 zur Welt. BF3 besucht in Wien den Kindergarten und absolviert eine logopädische Therapie.

Keine im Verwaltungsakt vorliegenden Ergebnisse sprechen dafür, das Verhalten der Beschwerdeführer rechtlich unter die Anwendung von § 57 FPG zu subsumieren.

Den Beschwerden gegen die angefochtenen Bescheide war daher stattzugeben und die Bescheide gem. § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos zu beheben.

Die Anregung in der Beschwerde, ein Gesetzesprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof anzuregen, wird nicht aufgegriffen, da seitens des Bundesverwaltungsgerichts keine Zweifel an der Verfassungskonformität der anzuwendenden Bestimmungen bestehen.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, im gegenständlichen Fall erfüllt. Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung reicht aber bei sonstigem Vorliegen der Voraussetzung des § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht aus, um eine Verhandlungspflicht zu begründen (vgl. VwGH 22.11.2006, Zl. 2005/20/0406 und viele andere).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Einzelfallprüfung, Rückkehrentscheidung, Wohnsitzauflage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W222.2104560.3.00

Zuletzt aktualisiert am

20.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten