TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/28 W200 2177338-1

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Veröffentlicht am 28.11.2018
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Entscheidungsdatum

28.11.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VOG §1
VOG §4

Spruch

W200 2177338-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Svoboda als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 05.10.2017, Zl. GZ-114-615381-000, betreffend die Abweisung des Antrags auf

I. Ersatz des Verdienstentganges und auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld sowie

II. Ersatz der Kostenübernahme für Psychotherapie

nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde zu I. und II. wird gemäß § 28 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) idgF abgewiesen.

B)

Die Revision gegen I. und II. ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 28.10.2015 einen Antrag auf Ersatz des Verdienstentganges sowie Pauschalentschädigung für Schmerzensgeld gemäß dem Verbrechensopfergesetz (VOG).

Zum Verbrechen gab er an, dass sich dieses am 25.07.2015 in XXXX ereignet hätte, und verwies auf ein Polizeiprotokoll.

Dem Protokoll über die Zeugenvernehmung des Stadtpolizeikommandos Meidling vom 28.10.2015 ist zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer mitgeteilt wurde, dass er am 26.07.2015, 21:32 Uhr mit der Rettung vom Wilhelminenspital in das AKH Wien überstellt worden sei. Dort seien folgende Verletzungen festgestellt worden: Bruch des rechten Scheitelbeins, des rechten Stirnbeins und Hirnblutung rechts. Laut Rettung sei er liegend in XXXX gefunden worden. Auf die Frage, wie es zu den Verletzungen gekommen sei, gab er an, dass seine Erinnerungen am Samstag, dem 25.07.2015 abends aufhörten. Was danach sei, könne er nicht sagen. Seine Tochter hätte ihm im Nachhinein gesagt, dass er zu Hause gewesen sein musste, da er - als er gefunden worden sei - Joggingkleidung getragen hätte. Seine Erinnerung setze erst wieder zwei Wochen nach dem Vorfall im AKH ein. Er könne nicht sagen, wie es zu diesen Verletzungen gekommen sei. Jedoch komme es zurzeit immer wieder zu kurzen Flashbacks. Da sehe er Lichtblitze und eine Holzlatte mit Nägeln. Er hätte auch ein Gefühl, dass er etwas unterschreiben müsse. Ob diese Erinnerungen in seinem Kopf entstünden oder den Tatsachen entsprächen, wüsste er nicht. Weiters wolle er noch anfügen frisch geschieden zu sein und mit seiner Ex-Frau Streitigkeiten bezüglich seiner in der Slowakei liegenden Wohnung zu haben. Er hätte ihr diese nach der Scheidung schenken sollen. Dies hätte er auch geplant gehabt, er hätte jedoch von seiner Tochter erfahren, dass seine Ex-Frau einen neuen Freund hätte. Er hätte den Schenkungsvertrag unterschreiben sollen, dann wäre aber auch seine Tochter leer ausgegangen. Aus diesem Grund hätte er den Vertrag nicht unterschrieben. Der Vertrag stamme vom 07.04.2015. Von ihm werde im Laufe des nächsten Jahres die Sache wegen der Wohnung in der Slowakei gerichtsanhängig gemacht. Er sei in der letzten Juniwoche in der Slowakei gewesen. Da er den Kontakt mit seiner Ex-Frau und deren Freund vermeiden wolle, hätte er sich in einem Hotel einquartiert. Seine Ex-Frau sei plötzlich sehr freundlich zu ihm gewesen und wollte unbedingt wissen, wo er wohne. Er wollte von seiner Ex-Frau den Grundbuchsauszug der Wohnung haben. Er hätte gewusst, dass dieser bei seiner Ex-Schwiegermutter aufbewahrt wäre. Sie hätte ihn jedoch nur ausgelacht und gesagt, dass er den nie bekommen werde. Circa eine Woche vor seinem Aufenthalt in Slowakei hätte er ein Telefongespräch mit seiner Ex-Frau gehabt. Darin hätte sie ihn bedroht, dass er lebenslang ins Gefängnis komme. Er könne nicht ausschließen, dass der Vorfall in XXXX , bei dem er schwer verletzt worden sei, in einem Zusammenhang mit den Streitigkeiten betreffend diese Wohnung stehe. In einem etwaigen Strafverfahren schließe er sich als Privatbeteiligter an.

Am 23.12.2015 langte beim Sozialministeriumservice eine E-Mail ein, dass der Beschwerdeführer auch den Ersatz von Psychotherapiekosten beantrage.

Weiters ist dem Akt ein Protokoll einer Zeugeneinvernahme eines Parkaufsichtsorgans des XXXX parks zu entnehmen. Der Zeuge sagte aus, dass er am 26.07.2015 einen Anruf einer Mitarbeiterin XXXX erhalten hätte, die ihm am Telefon kurz gesagt hätte, dass etwas passiert wäre. Er sei mit dem PKW zu ihr gefahren und hätte eine Gruppe von Personen stehend gesehen, hätte diese gefragt was los sei und ob jemand Erste Hilfe benötigen wurde. Eine Besucherin hätte gesagt, dass die Rettung schon informiert sei. Am Boden sei ein unbekannter Mann gelegen. Erst als sie ihn zusammen aufgesetzt hätten, hätte eine unbekannte Passantin am Hinterkopf eine schwere blutende Wunde bemerkt. Dann hätten sie ihn gleich vorsichtig auf die Parkbank rechtsseitig des Weges gesetzt, wobei er keine Worte von sich gegeben hätte und nur versucht hätte sich auf die Wunde zu greifen. Seine Hände seien aber in Folge des Sturzes sehr schmutzig gewesen. Die Mitarbeiterin XXXX hätte ihm zweimal erklärt und eindeutig bestätigt, dass dieser Mann bei ihr beim Tor normal hereingekommen sei und aus unbekannter Ursache von selbst gestürzt sei. Er hätte während dieser Zeit kein Wort gesagt. Die Passanten hätten zwar auch mit ihm geredet, aber er hätte immer nur aufstehen wollen und hätte geschrien: "Lassen Sie mich in Ruhe, ich will nur nach Hause!". Danach sei die Rettung samt Notarzt gekommen. Er hätte dann nochmals mit der diensthabenden Mitarbeiterin XXXX gesprochen und sie hätte ihm noch einmal mitgeteilt, dass der Mann gestürzt sei und sie sofort die Rettung angerufen und ihn verständigt hätte. Es seien sehr viele Besucher bzw. Passanten bereits im Parkbereich gewesen. Eine Waffe, ein Brett oder ähnliches sei ihm nicht aufgefallen. Er selbst hätte den persönlichen Eindruck gehabt, dass dieser Mann etwas durcheinander sei, weil er sich immer so bewegt hätte, wie bei einem epileptischen Anfall und er hätte auch etwas Schaum vor dem Mund gehabt. Ob dies von den Verletzungen gestammt hätte oder aufgrund seines Zustands im Allgemeinen, könne er nicht mehr sagen.

Die Mitarbeiterin, die XXXX Dienst geleistet hatte, ist am 22.10.2015 verstorben.

Laut Abschlussbericht des Stadtpolizeikommandos Wien Meidling vom 11.04.2016 wird unter dem Pkt. "Erhebungsergebnis" angeführt, dass die Ausführungen des Opfers nicht nur aufgrund seiner eigenen Angaben als zweifelhaft scheinen. Ebenso handle es sich hierbei um Angaben, die laut Opfer undefinierbare Flashbacks seien und bis dato nicht bestätigt werden konnten.

Die Staatsanwaltschaft Wien hat am 15.04.2016 das gegen unbekannte Täter eingeleitete Strafverfahren gemäß § 197 Abs. 2 StPO abgebrochen.

Mit Schreiben vom 22.06.2016 erfolgte gemäß § 45 Abs. 3 AVG ein Parteiengehör, in dem dem Beschwerdeführer mitgeteilt wurde, dass die grundsätzlichen Anspruchsvoraussetzungen gemäß § Abs. 1 VOG nicht gegeben seien. Er sei am 26.07.2015 liegend mit der Rettung in das Wilhelminenspital gebracht worden. Ursprünglich sei ein fraglicher Epilepsieanfall angenommen worden bzw. er hätte einen Schlag mit einem Gegenstand auf den Hinterkopf bekommen. In weiterer Folge sei er ins AKH gebracht worden. Er könne sich an den Unfallhergang nicht erinnern. Am 11.08.2015 sei er in häusliche Pflege entlassen worden. Es wurde in diesem Parteiengehör auf seine Zeugeneinvernahme und die Zeugeneinvernahme des Parkaufsichtsorgans hingewiesen.

Nach vorliegender Sachlage sei es zwar möglich, dass ein Fremdverschulden vorliege, es könne aber nicht mit der nach dem Verbrechensopfergesetz erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die bei dem genannten Vorfall erlittenen Verletzungen bzw. Gesundheitsschädigungen auf eine mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung zurückzuführen sei. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung die Folgen der objektiven Beweislosigkeit oder die Unmöglichkeit entscheidungsrelevante Tatsachen festzustellen - auch bei amtswegiger Ermittlungspflicht - von dem zu tragen seien, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten wolle.

Der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers übermittelte einen Bericht des neurologischen Rehabilitationszentrums XXXX : In diesem Bericht sei vermerkt, dass die vorliegende Verletzung nicht durch einen Sturz, selbst bei schnellem Laufen, verursacht werden hätte können. Demnach müsse eine Tat im Sinne des § 84 ff StGB vorgelegen haben, die anspruchsbegründend im Sinne des VOG sei - unabhängig davon, ob der Täter verurteilt werde oder unbekannt bleibe.

In weiterer Folge legte der Beschwerdeführer noch ein für die XXXX erstelltes nervenärztliches Sachverständigengutachten (neurologisch und psychiatrisch) vor. Beim Gutachter handelt es sich um den Leiter eines neurotraumatologischen Rehabilitationszentrums eines der größten Unfallkrankenhäuser Wiens, der Verletzungen aller Schweregrade, die neuropsychiatrische Aspekte umfassen, auch im akutem Stadium des Traumas, natürlich auch akute Schädel-Hirn-, Rückenmarks-, Wirbelsäulen- und sonstige Verletzungen sowie reaktive seelische Störungen nach Traumen betreut.

Unter Zugrundelegung der Primärkrankengeschichte, des Aktenvermerks der LPD Wien, Stadtpolizeikommando Meidling und des Protokolls der Zeugenvernehmung des Parkaufsichtsorgans hielt der Gutachter aus medizinisch-nervenärztlicher Fachsicht fest: "Aufgrund dieser polizeilichen Ermittlungen und Zeugenaussagen einerseits und der zweifelsfrei aufgrund der Gehirnverletzung bestehenden retrograden, kongraden und posttraumischen Amnesie andererseits handelt es sich bei dem gegenständlichem Sturzunfall - wie ab 2016 wiederholt in der Dokumentation bezeichnet - nicht um einen Überfall. Die Annahme, dass es sich bei dem Vorfall um einen Überfall, basierend auf späteren Angaben des Geschädigten gehandelt haben könnte, sei nach der Kenntnis der gesamten vorliegenden Aktenlage ernstlich in Zweifel zu ziehen. Eine paranoid-imponierende Verarbeitung von vorbestehenden familiären Problemen erscheint differenzialdiagnostisch als Quelle der - bei tatsächlichem Vorliegen einer hirnorganischen Amnesie durch das isolierte SHT - konfabulatorischen Vermutungen des Untersuchten über den Unfallhergang nicht ausgeschlossen, wobei eine Alkoholvorgeschichte bei sozialer Isolation mit instabilen sozialen Gefüge, wie auch die rechtsfrontotemporalen Kontusionen als diesbezüglich fördernde Faktoren angesehen werden sehen können. (...)

Möglich, aber nicht gesichert scheine auch als Ursache des Sturzes ein epileptischer Anfall in Frage zu kommen. (...)

Zweifelsfrei sei es durch den Sturz auf den Hinterkopf, wobei die sturzbedingte Krafteinwirkung auf den Hinterkopf durch eine "occipital-linksseitige, ca. 1 cm lange, nicht klaffende, kaum blutende Rissquetschwunde mit glatten Wundrändern" als gesichert anzunehmen sei, zu folgenden interkraniellen Verletzungen im Sinne eines isolierten Schädel-Hirn-Traumas: (...)

Eine posttraumatische Belastung könne schon deswegen nicht diagnostiziert werden, weil eine vollständige Amnesie für das Unfallgeschehen vorliege."

Im Zuge einer Stellungnahme machte der Vertreter des Beschwerdeführers geltend, dass ein Selbstverschulden ausgeschlossen werde. Auch die behandelnden Ärzte des neurologischen Rehabilitationszentrums XXXX hätten ein Selbstverschulden definitiv ausgeschlossen, da "ein Sturz auch bei schnellem Laufen physikalisch an der hochparietalen Kalotte keine derartige Knochenverletzung und traumatischen Hirnschäden erzeugen könne". Dadurch wäre ein Selbstverschulden im Sinne eines simplen Stolperns strikt ausgeschlossen. Zur unterstellten Alkoholisierung wurde darauf hingewiesen, dass bei der Erstversorgung der Blutalkoholspiegel negativ getestet worden sei. Ein weiterer Punkt, der gegen die Annahme des Vorliegens eines Selbstverschuldens spreche, sei, dass keine Hinweise auf einen Schlaganfall, epileptischen Anfall oder sonstige Hinweise, die auf ein plötzliches Zusammenbrechen hindeuten, gefunden werden hätten können. Im Umkehrschluss spreche demnach viel für ein Fremdverschulden. Es hätten sich am 26.07.2015 viele Menschen in unmittelbarer Umgebung vom Beschwerdeführer befunden. In einem unbeobachteten Moment wäre es nur zu leicht gewesen, ihm mit einem harten Gegenstand einen kräftigen Stoß auf den Hinterkopf zu geben. Motive der Ex-Ehefrau wären aufgrund der Vorgeschichte des Ex-Ehepaares auch gegeben.

Hinsichtlich der Zeugenaussage des Parkaufsichtsorgans wurde darauf hingewiesen, dass die unmittelbare Zeugin des Tathergangs verstorben sei. In der ZPO und der StPO herrsche auch der Unmittelbarkeitsgrundsatz. Es sei verabsäumt worden, bei den umstehenden Passanten, die mit einer Zeugenbefragung Aufschlüsse hätten geben können, die Identität gleich zum Tatzeitpunkt aufzunehmen. Zur Aussage vom Parkaufsichtsorgan wurde auf den verstrichenen Zeitraum von etwa sieben Monaten ab dem Vorfall hingewiesen und es wurde das Wiedergegebene in Frage gestellt.

Mit Bescheid des Sozialministeriumservice vom 05.10.2017 wurde der Antrag

I. vom 28.10. auf Ersatz des Verdienstentganges sowie Pauschalentschädigung für Schmerzensgeld gemäß § 1 Abs. 1, 3 und Abs. 6, § 3 sowie § 6a VOG und

II. vom 23.12.2015 auf Kostenübernahme einer psychotherapeutischen Krankenbehandlung gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 5 sowie § 4 Abs 5 VOG abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt:

"Es kann aufgrund der festgestellten Ermittlungsergebnisse nicht mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass Sie Opfer einer zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten, rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung im Sinne des § 1 Abs 1 VOG wurden.

Wie beweiswürdigend festgehalten, werden die von Ihnen erlittenen Verletzungen und die Gesundheitsschädigung nicht bezweifelt.

Es konnte jedoch nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ein Kausalzusammenhang der vorliegenden Gesundheitsschädigungen mit einem Verbrechen angenommen werden.

Für die Auslegung des Begriffes "wahrscheinlich" ist nach der höchstgerichtlichen Judikatur der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend. Für die Begründung eines Anspruches auf Leistungen nach dem VOG ist die Wahrscheinlichkeit, dagegen nicht die bloße Möglichkeit einer Verursachung der Gewissheit gleichgestellt. Die Wahrscheinlichkeit ist nur dann gegeben, wenn erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen des Verbrechensopfergesetzes muss mit Wahrscheinlichkeit feststehen, dass Sie Opfer eines Verbrechens wurden.

Die bloß abstrakte Möglichkeit der Verursachung reicht aber für eine Leistung nach den Bestimmungen des Verbrechensopfergesetzes nicht aus, denn dafür ist eine gemäß diesem Gesetz maßgebliche Wahrscheinlichkeit gefordert.

Die Annahme, dass Ihre Gesundheitsschädigung durch ein Verbrechen verursacht wurde, könnte also nur auf der Grundlage einer Wahrscheinlichkeit in dem Sinne erfolgen, dass erheblich mehr für als gegen das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 1 Abs. 1 VOG spricht. Für eine derartige Annahme fehlen jedoch - wie unter Pkt. 2. dargelegt - ausreichende Anhaltspunkte. Die Annahme der Wahrscheinlichkeit bezieht sich sowohl auf die Voraussetzung der tatbildmäßigen Handlung als auch auf den ursächlichen Zusammenhang der Gesundheitsschädigung bzw. Körperverletzung mit dieser Handlung {Ernst - Prakesch, Die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, 1974, S. 13, FN 8 zu § 1 VOG),

Im vorliegenden Fall konnte jedenfalls keine Vorsatztat als wesentliche Ursache der Gesundheitsschädigung angenommen werden.

Ergänzend wird angemerkt, dass die Gesetzeslage nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes keine Handhabe dafür bietet, dass bei nicht geklärter Ursache einer Gesundheitsschädigung d.h. "im Zweifel" grundsätzlich für den Beschädigten zu entscheiden sei (BVwG vom 27. Februar 2017, W 200 2001084-1/25E)."

In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde vorab betont, dass das Strafverfahren von der Behörde bloß abgebrochen wurde, weil der Täter bzw. die Täterin unbekannt blieb. Mit einer Einstellung des Strafverfahrens nach § 190 StPO hätte dies natürlich nichts zu tun. Nach dieser Norm hätte die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung einer Straftat abzusehen und das Ermittlungsverfahren insoweit einzustellen, als die dem Ermittlungsverfahren zu Grunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht sei oder sonst die weitere Verfolgung des Beschuldigten aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre oder kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung des Beschuldigten besteht. Dies wäre hier nicht der Fall.

Die Behörde begründe ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass sie ausschließlich dem für XXXX eingeholten Gutachten vom 12.12.2016 folge, insbesondere der Passage "Diesbezüglich ist aus medizinisch-nervenärztlicher Fachsicht festzustellen: aufgrund dieser polizeilichen Ermittlungen und Zeugenaussagen einerseits und der zweifelsfrei aufgrund der Gehirnverletzung bestehenden retrograden, kongraden und posttraumatischen Amnesie andererseits handelt es sich bei dem gegenständlichen Sturzunfall, wie ab 2016 wiederholt in der Dokumentation verzeichnet, nicht um einen Überfall".

Dem Sachverständigen stehe aus medizinisch- nervenärztlicher Fachsicht die Beurteilung von polizeilichen Ermittlungen und Zeugenaussagen nicht zu. Damit werde nämlich in unzulässiger Weise in die Beweiswürdigung der Behörde eingegriffen. Das Gutachten hätte also diesbezüglich einen Mangel (weitere folgen) und dürfe damit der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden. Tatsächlich hätten die polizeilichen Ermittlungen zu einem Strafverfahren geführt, was eben das genaue Gegenteil der Ansicht des Sachverständigen darstelle. Wäre schon von vorne herein die Begehung einer Straftat ausgeschlossen worden, wäre ein Ermittlungsverfahren gar nicht eingeleitet worden. Dieses sei nur abgebrochen worden.

An dieser Stelle sei auch auf die Zeugenaussagen und die Beweiswürdigung als solche näher einzugehen, wobei im Wesentlichen das Vorbringen aus der Stellungnahme vom 09.05.2017 wiederholt wird:

Die einzige Zeugenaussage im Sinne eines Beweismittels sei jene des Parkwächters, der XXXX Dienst hatte. Er wurde von seiner Kollegin, Parkwächterin XXXX , betreffend einen Notfall angerufen und um sein dringendes Erscheinen gebeten. Er hätte bedauerlicherweise nicht als unmittelbarer Zeuge den Unfall bzw. Tathergang miterlebt hat, sondern komme nur als Zeuge vom Hörensagen in Frage. ln der ZPO und der StPO herrsche jedoch der Unmittelbarkeitsgrundsatz. Unmittelbare Zeugen seien jenen vom Hörensagen explizit vorzuziehen, weil deren Aussagen eine höhere Beweiskraft zukomme.

Es sei verabsäumt worden, bei den umstehenden Passanten, die mit einer Zeugenbefragung Aufschlüsse hätten geben können, die Identität gleich zum Tatzeitpunkt aufzunehmen. Zur Aussage vom Parkaufsichtsorgan wurde auf den verstrichenen Zeitraum von etwa sieben Monaten ab dem Vorfall hingewiesen. Inwieweit ihm eine genaue Rekonstruktion des Vorfalls am 26.07.2015 möglich sei, bleibe fraglich. Gemäß seiner Aussage, hätte ihm die verstorbene Augenzeugin mitgeteilt, sie habe den Beschwerdeführer XXXX normal hereingehen gesehen. Er sei aus einer ihr unbekannten Ursache gestürzt. Laut seiner Aussage sei "ein Haufen Personen" beim Torbereich und um das Opfer herumgestanden. Daher bleibe höchst fraglich, inwieweit die Augenzeugin das Tatgeschehen genau mit verfolgen konnte. Es sei sehr wahrscheinlich, dass erst der Aufprall am Boden ihre Blicke auf sich gezogen hat.

Im Ergebnis konnten die Zeugen einerseits einen Unfallvorgang nicht verifizieren und andererseits die Begehung einer Straftat am Beschwerdeführer nicht falsifizieren. Laut der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können zwar entsprechende Feststellungen zu einer Vorsatztat davon abhängig gemacht, ob "erheblich mehr für als gegen das Vorliegen der Vorsatztat spricht", allerdings hätte der VwGH dadurch keine Beweisregeln festgelegt. Genau davon geht die Behörde aber aus, wenn sie offenbar meint, dass sie aufgrund Ermangelung "objektivierbarer Unterlagen" keine Feststellungen treffen konnte.

Weiters enthalte das für die Versicherung erstellte Gutachten die Bemerkung, dass es sich gegenständlich aufgrund der Amnesie nicht um einen Überfall handeln könne. Dies sei nicht nachvollziehbar:

Amnesie kann sowohl nach Unfällen, beispielsweise bei einem Schädel-Hirn-Trauma oder einer Gehirnerschütterung, als auch bei Epilepsie, Meningitis, Enzephalitis oder einem Hirnschlag auftreten. Mögliche Ursachen für eine Amnesie seien außerdem die Hypoxie, die Demenz oder Migräne sowie eine Elektrokonvulsionstherapie. Bei traumatischen Erlebnissen, einer sog. Gehirnwäsche oder Hypnose kann es zur dissoziativen Amnesie kommen (Zitat aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Amnesie).

Damit überhaupt eine Schlüssigkeitsprüfung des Gutachtens vorgenommen werden kann, hat der Sachverständige auch darzulegen "auf welchem Weg er zu seinen Schlussfolgerungen gekommen ist" (Aigner G., Der Amtssachverständige im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, JB! 1983, 352 mit Verweis auf: VwGH vom 25.01.1979, 1647/77).

Nach übereinstimmender Auffassung in Lehre und Judikatur ist daher das wesentlichste Kriterium die Schlüssigkeit des Gutachtens. "Eine Sachverständigenäußerung, die sich in der Abgabe eines allgemein

gehaltenen Urteils erschöpft, ... ist mit einem wesentlichen Mangel

behaftet und als Beweismittel unbrauchbar." (Aigner G., Der Amtssachverständige im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, JB! 1983, 359).

Zu den Ausführungen "möglich aber nicht gesichert scheint als Ursache des Sturzes ein epileptischer Anfall in Frage zu kommen" wurde moniert, dass die Annahme einer bloßen Möglichkeit nicht Grundlage einer gutachterlichen Stellungnahme sein dürfe.

Zum Schreiben vom 07.09.2016 des neurologischen Rehabilitationszentrums XXXX hätte die Behörde festgehalten, dass es sich nicht um ein Sachverständigengutachten handle. Dem sei zu entgegnen, dass die Qualität einer Fachmeinung nicht davon abhänge, ob sie formal in ein als solches bezeichnetes "Gutachten" eingebettet sei, sondern vielmehr davon, ob sie nach den Regeln der Wissenschaft erstellt und schlüssig begründet sei. Die fachliche Qualifikation des Vorstandes und ärztlichen Direktors eines neurologischen Rehabilitationszentrums sei ohne jeden Zweifel gegeben, es sei auch kein Grund ersichtlich, warum dessen Meinung unzutreffend oder "parteiisch" sein sollte.

Durch dieses Schreiben sei die die Meinung des von der Versicherung beauftragten Sachverständigen, wonach es sich beim gegenständlichen Vorfall aufgrund der Amnesie nicht um einen Überfall handeln könne, fachlich wiederlegt

Aus rechtstheoretischer Sicht werde abschließend festgehalten, dass Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Nachweis der Kausalität nicht ausschließlich zu Lasten des Beschwerdeführers gehen können. Dies ganz besonders auch dann, wenn amtswegige Ermittlungspflicht besteht. Der Beschwerdeführer sei seiner Mitwirkungspflicht intensiv nachgekommen, hätte in seiner Stellungnahme klar und deutlich die Kausalität herausgearbeitet und Expertisen von anderen Sachverständigen vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist slowakischer Staatsbürger, stellte am 28.10.2015 einen Antrag auf Ersatz des Verdienstentganges und auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld nach den Bestimmungen des Verbrechensopfergesetzes (VOG) sowie am 23.12.2015 einen Antrag auf Ersatz der Kostenübernahme einer psychotherapeutischen Krankenbehandlung.

Der Beschwerdeführer wurde am 26.7.2015 im XXXX mit einer occipital linksseitigen, ca. 1 cm langen, nicht klaffenden, kaum blutenden Rissquetschwunde, Hämatoma subdurale dext. mit leichten Mittelinienshift, Hämatoma subdur. dext. Fract.front.dext. (S02.00), Fract. pariet.dext. (S02.00)" aufgefunden.

Der Beschwerdeführer leidet unter einer retrograden, kongraden und posttraumatischen Amnesie, er kann sich nicht daran erinnern, wie er die Verletzungen erlitten hat.

Nicht festgestellt werden kann die Annahme, dass der Beschwerdeführer am 26.7.2015 XXXX mit Wahrscheinlichkeit von einer Person schwer am Körper verletzt wurde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers gründet sich auf der Eintragung in das Zentrale Melderegister.

Die Feststellung zum Auffinden des Beschwerdeführers XXXX mit den beschriebenen Verletzungen und Folgen ergeben sich aus dem Abschlussbericht des Stadtpolizeikommandos Wien Meidling vom 11.4.2016, insbesondere aus der Zeugenvernehmung vom 14.02.2016 des Parkaufsichtsorgans.

Die Verletzungen des Beschwerdeführers sind durch den Nachbehandlungsbericht des AKH Wien vom 26.7.2015 objektiviert.

Zur Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer durch eine Person eine schwere Körperverletzung gemäß § 84 StGB oder eine Gesundheitsschädigung erlitten hat, ist auszuführen:

Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn erheblich mehr für als gegen das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 VOG spricht.

Diesen Grad der Wahrscheinlichkeit ergeben die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens angesichts folgender Beweiswürdigung nicht:

Der Beschwerdeführer gab im Zuge der Einvernahme an, dass seine Erinnerung am 25.07.2015 - am Tag vor dem Vorfall - abends aufhöre. Er sei mit dem Firmenauto auf dem Heimweg gewesen. Laut seiner Tochter müsste er daheim gewesen sein, weil er mit einem Jogginganzug bekleidet aufgefunden worden sei.

Im vom Beschwerdeführer vorgelegten im Verfahren der XXXX eingeholten, vom Beschwerdeführer der belangten Behörde vorgelegten Gutachten wird vom bestellten Facharzt für Neurologie beschrieben, dass "aufgrund der polizeilichen Ermittlungen und Zeugenaussagen einerseits und der zweifelsfrei aufgrund der Gehirnverletzung bestehenden retrograden, kongraden und posttraumatischen Amnesie andererseits handelt es sich bei dem gegenständlichen Sturzunfall, wie ab 2016 wiederholt in der Dokumentation verzeichnet, nicht um einen Überfall."

Der Gutachter führt weiters aus "möglich, aber nicht gesichert scheint auch als Ursache des Sturzes ein epileptischer Anfall in Frage zu kommen" (...) Zweifelsfrei kam es aber durch den Sturz auf den Hinterkopf, wobei die sturzbedingte Krafteinwirkung auf den Hinterkopf durch eine "occipital linksseitige ca. 1cm lange nicht klaffende, kaum blutende Rissquetschwunde mit glatten Wundrändem" als gesichert anzunehmen ist, zu folgenden intrakraniellen Verletzungen im Sinne eines isolierten SHT: (...)"

Der Sachverständige schließt in seinen Ausführungen einen Überfall definitiv aus.

Dem Vertreter ist zwar zuzustimmen, dass die Ausführungen zum Ausschluss des Überfalls aufgrund des Vorliegens der Amnesie nicht nachvollziehbar sind, ebensowenig nachvollziehbar sind aber auch die Bemerkungen im Schreiben der Rehabilitationsklinik XXXX vom 7.9.2016. ("Es wird der zu Beginn geäußerte Zweifel am Verbrechensgeschehen rasch durch das medizinische Argument widerlegt, dass ein Sturz auch bei schnellem Laufen physikalisch an der hochparietalen Kalotte keine derartige Knochenverletzung und traumatischen Hirnschäden erzeugen kann."), da im Schreiben keine weitere Begründung dahingehend enthalten ist.

Der Vertreter des Beschwerdeführers kritisiert das von der Versicherung eingeholte Gutachten, bringt dessen Unschlüssigkeit vor - insbesondere zur Verletzungsursache - übersieht dabei aber, dass das Gutachten weder von der belangten Behörde noch vom BVwG in Auftrag gegeben wurde, sondern vom Beschwerdeführer selbst der belangten Behörde vorgelegt wurde, d.h. weder die Fragestellung an den Gutachter von der belangten Behörde beeinflussbar war noch diese eine Ergänzung oder Korrektur des Gutachtens in Auftrag geben kann. Es entspricht auch nicht den Tatsachen, dass die belangte Behörde ihre Beweiswürdigung ausschließlich mit dem von der Versicherung eingeholte Gutachten begründet.

Der belangten Behörde ist zu folgen, dass das Schreiben der Rehaklink XXXX hinsichtlich des wahrscheinlichen Geschehensverlaufes im deutlichen Gegensatz zu den Angaben der Zeugen und der polizeilichen Erhebungen steht.

Auch die Aussagen des Parkwachorgans, der zwar selbst keine Wahrnehmungen zu dem Vorfall hat, jedoch von einer - bereits verstorbenen - Augenzeugin (einem anderen Parkaufsichtsorgan) zu Hilfe gerufen wurde und von ihr Informationen erhalten hat, gehen in die Richtung, dass kein Überfall stattgefunden hat.

Alleine aus dem Umstand des Ablebens der Augenzeugin kann nicht daraus geschlossen werden, dass die Aussagen des von ihr zu Hilfe gerufenen Parkwachorgans über die von ihr zu ihm getätigten Aussagen über ihre Wahrnehmungen nicht verwertet werden dürfen.

Auch die Begründung, dass durch den langen verstrichenen Zeitraum zwischen dem Vorfall und der Zeugeneinvernahme die Beweiskraft der Zeugenaussage insofern eingeschränkt sei als die genaue Rekonstruktion des Vorfalls am 26.07.2015 fraglich erscheine, kann vom erkennenden Senat nicht nachvollzogen werden: Der Zeuge hat in seiner Einvernahme bei der Polizei detailreich seine eigenen Wahrnehmungen geschildert. Weiters hat er die Aussagen seiner verstorbenen Kollegin ihm gegenüber wiedergegeben, konkret dass der Beschwerdeführer bei der verstorbenen Kollegin am Tor vorbeigegangen ist und in weiterer Folge alleine aus unbekannter Ursache zu Fall kam. Auch dem Zeugen selbst ist weder eine Waffe noch ein Brett oder Ähnliches aufgefallen.

Festzuhalten ist in dem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer seine Exfrau bzw. deren neuen Freund der Körperverletzung beschuldigt, ohne irgendeine Erinnerung an den Vorfall zu haben. Er schließt dies alleine aus der erlittenen Verletzung. Der Vertreter des Beschwerdeführers konstruiert dazu in einer Stellungnahme, dass es in einem unbeobachteten Moment es nur zu leicht gewesen wäre, ihm mit einem harten Gegenstand einen kräftigen Stoß auf den Hinterkopf zu geben - es hätten sich am 26.07.2015 viele Menschen in unmittelbarer Umgebung vom Beschwerdeführer befunden. Motive der Ex-Ehefrau wären aufgrund der Vorgeschichte des Ex-Ehepaares auch gegeben. Es ist für den erkennenden Senat verwunderlich, dass der Vertreter des Beschwerdeführers keine namentliche Anzeige gegen die Exfrau des Beschwerdeführers erstattet hat, wenn er von deren Tathandlung ausgeht, insbesondere um für seinen Mandanten in weiterer Folge einen Schadenersatzanspruch geltend zu machen.

Auch die Beschwerdebegründung, dass es höchst fraglich sei, inwieweit die (verstorbene) Augenzeugin das Tatgeschehen genau mitverfolgen konnte, sondern es sehr wahrscheinlich sei, dass erst der Aufprall am Boden ihre Blicke auf sich gezogen hat, ist rein spekulativ.

Der erkennende Senat erkennt keinen Grund, warum die Augenzeugin oder das einvernommene Parkaufsichtsorgan die Unwahrheit sagen hätten sollen.

Dem Vertreter des Beschwerdeführers ist zuzustimmen, dass es für das gegenständliche Ermittlungsverfahren besser gewesen wäre, die Augenzeugin selbst zu befragen, in Anbetracht der Umstände hat die belangte Behörde und der erkennenden Senat die Aussage des Parkaufsichtsorgans in seiner Beweiswürdigung zu verwerten.

Wenn vom Vertreter vorgebracht wird, dass es unterlassen worden sei, die Identität der Personen festzustellen, die um den am Boden liegenden Beschwerdeführer herumgestanden seien, und man deshalb den Vorfall nicht durch Aussagen von Augenzeugen rekonstruieren könne, so ist dem entgegenzuhalten, dass dies auch ein Indiz dahingehend ist, dass es von keiner der Personen im Umkreis des gestürzten Beschwerdeführers offensichtlich für notwendig erachtet wurde, die Polizei zu alarmieren, was wiederum den Schluss zulässt, dass kein körperlicher Übergriff durch eine Person gesetzt wurde.

Die vom Beschwerdeführer vorgelegten psychotherapeutischen Befundberichte sind ebenso nicht geeignet, eine Änderung der Beurteilung herbeizuführen. Das darin Festgehaltene basiert auf den Aussagen des Beschwerdeführers bzw. dessen Nachbarn, der die Vermutung äußert in Zusammenhang mit der Scheidung von der Exfrau bzw. einem Helfer zusammengeschlagen worden zu sein - dies wird aber immer nur als Hypothese in den Raum gestellt, um eine Ursache für den Sturz zu finden.

Voraussetzung für eine Hilfeleistung nach dem VOG 1972 ist u.a., dass erheblich mehr für als gegen das Vorliegen einer Vorsatztat spricht (Hinweis E vom 26. April 2013, 2012/11/0001).

Es lässt sich für den erkennenden Senat aus dem vorliegenden Sachverhalt nicht ableiten, dass die Verletzungen durch Übergriffe durch eine Person entstanden sind bzw. dass es wahrscheinlich ist, dass durch eine Person Übergriffe erfolgt sind.

In einer Gesamtbetrachtung - aufgrund des Abschlussberichts des Stadtpolizeikommando Meidling, der Aussagen des Parkaufsichtsorgans sowie der ausschließlichen Vermutung des Beschwerdeführers, dass er Opfer eines Übergriffs mit den oben angeführten Verletzungen war - lässt das Ergebnis des Ermittlungsverfahren nicht den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer durch eine Person, somit überhaupt durch Fremdeinwirkung, eine schwere Körperverletzung gemäß § 84 StGB oder eine Gesundheitsschädigung erlitten hat, da bereits nicht wahrscheinlich ist, ob gegen den Beschwerdeführer eine Tathandlung gemäß § 1 Abs. 1 VOG gesetzt wurde.

Die Folgen der objektiven Beweislosigkeit oder des Nichtfestgestelltseins einer Tatsache sind aber - auch bei amtswegiger Ermittlungspflicht - von dem zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will. (VwGH vom 01.12.1988, Zl. 88/09/0135)

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A I.)

§ 1 Abs. 1 1. Satz VOG besagt:

Anspruch auf Hilfe haben österreichische Staatsbürger, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie

1. durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben oder

2. durch eine an einer anderen Person begangene Handlung im Sinne der Z 1 nach Maßgabe der bürgerlich-rechtlichen Kriterien einen Schock mit psychischer Beeinträchtigung von Krankheitswert erlitten haben oder

3. als Unbeteiligte im Zusammenhang mit einer Handlung im Sinne der Z 1 eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, soweit nicht hieraus Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz, BGBl. Nr. 20/1949, bestehen,

und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist.

Hilfe ist auch dann zu leisten, wenn der Täter nicht bekannt ist oder wegen seiner Abwesenheit nicht verfolgt werden kann. (§ 1 Abs. 2 Z. 3 VOG)

Hilfe ist Unionsbürgern in gleicher Weise wie österreichischen Staatsbürgern zu leisten, wenn die Handlung nach Abs. 1 Z. 1 im Inland oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug, unabhängig davon, wo sich dieses befindet, begangen wurde. (§ 1 Abs. 6 Z. 1 VOG)

Die im § 1 normierte Wahrscheinlichkeit gilt für Tatbestandsmäßigkeit (Voraussetzung der tatbildmäßigen Handlung) und für die Kausalität (ursächlicher Zusammenhang der Gesundheitsschädigung mit dieser Handlung).

Da im konkreten Fall - wie in der Beweiswürdigung ausgeführt - nicht festgestellt werden kann, dass eine tatbildmäßige Handlung mit Wahrscheinlichkeit von einer Person gesetzt wurde und diese eine Körperverletzung des Beschwerdeführers verursacht hat, war spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG).

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt, konkret die Feststellung, dass die Verursachung der Verletzungen des Beschwerdeführers durch einen Dritten nicht wahrscheinlich ist, kann als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, GZ 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Sohin ist der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre, zumal der Beschwerdeführer selbst an Amnesie leidet und nur Spekulationen äußern kann, und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

? Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Entscheidungsrelevant waren im gegenständlichen Fall Sachverhaltsfeststellungen.

Schlagworte

VerbrechensopferG, Voraussetzungen, Wahrscheinlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W200.2177338.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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