TE Lvwg Erkenntnis 2019/2/8 405-9/686/1/5-2019

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Veröffentlicht am 08.02.2019
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Entscheidungsdatum

08.02.2019

Index

L92105 Behindertenhilfe Rehabilitation Salzburg
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BehindertenG Slbg 1981 §17
BehindertenG Slbg 1981 §10a
BehindertenG Slbg 1981 §18 Abs1
AVG §3 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch die Richterin Mag. Dr. Eva Lackinger-Vogl über die Beschwerde der Frau AB AA, geboren am ZZZ, vertreten durch EE FF, GG-Straße, LL gegen den Bescheid der belangten Behörde Bezirkshauptmannschaft MM vom 18.9.2018, Zahl XXX/7-2018,

zu Recht e r k a n n t :

I.     Gemäß § 28 VwGVG iVm § 3 Z 3 AVG wird der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft MM vom 18.9.2018, Zahl XXX/7-2018, wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 10a Salzburger Behindertengesetz (SBG) eine Hilfeleistung durch Unterbringung im NN LL gewährt. Überdies wurde ein Kostenbeitrag in der Höhe von € 1.414,89 zu der oben angeführten Hilfeleistung vorgeschrieben. In der Begründung führt die belangte Behörde aus, dass auf Grund der Unterbringung im NN, welche nach § 10a SBG als Hilfe zur sozialen Betreuung gewährt worden sei, Menschen mit Behinderungen auch ihr verwertbares Vermögen bei der Finanzierung der Maßnahme heranzuziehen hätten. Bei der Vermögenserhebung mit Schreiben vom 13.7.2018 sei festgestellt worden, dass der Schonvermögensbetrag von derzeit € 5.235,- um € 1.414,89 überschritten worden sei. Der im Spruch genannte Beitrag sei sohin als Kostenbeitrag einzubringen.

Gegen diesen Bescheid wurde durch die Erwachsenenvertretung der Beschwerdeführerin, VertretungsNetz Salzburg, eine Beschwerde erhoben. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, dass § 330a ASVG im Rahmen einer Verfassungsbestimmung ein Verbot des Pflegeregresses und somit des Zugriffes auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen zur Abdeckung der Pflegekosten im Rahmen der Sozialhilfe normiere. Es entspreche der überwiegenden Ansicht zu der noch jungen Bestimmung, dass § 330a ASVG auch stationäre Leistungen der Behindertenhilfe erfasse. Nach weiteren Ausführungen zur unmittelbaren Anwendbarkeit des Pflegeregresses gemäß § 330a ASVG auf den Bereich der Behindertenhilfe kommt die Beschwerde zum Schluss, dass nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung das LVwG in der Sache selbst zu entscheiden habe bzw der angefochtene Bescheid mit Beschuss aufzuheben sei und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen sei. Ein Kostenbeitrag aus dem Vermögen der Behinderten sei nach Einführung des Pflegeregresses mit 1.1.2018 nicht mehr zulässig.

Mit Schreiben vom 15.1.2019 wurde die gerichtliche Erwachsenenvertretung sowie die belangte Behörde aufgefordert, zu der Frage Stellung zu nehmen, dass sich seitens des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg erhebliche Zweifel an der örtlichen Zuständigkeit der belangten Behörde ergeben haben. Zu diesem Schreiben wurde weder von der belangten Behörde noch von der gerichtlichen Erwachsenenvertretung bis zur Erstellung dieses Erkenntnisses eine Stellungnahme abgegeben.

Alleine auf Grundlage des Verwaltungsaktes konnte zur Rechtsfrage der örtlichen Zuständigkeit der belangten Behörde eine Entscheidung getroffen werden, weshalb die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen konnte.

I. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin Frau AB AA, geboren am ZZZ, ist seit 3.1.2005 in der AD-Straße, LL, im NN LL, mit Hauptwohnsitz gemeldet. Beim NN LL handelt es sich um eine Einrichtung für Personen, die auf Grund ihrer psychischen Erkrankung eine langfristige, intensive und individuelle Bezugsbetreuung rund um die Uhr benötigen. Zuvor war die Beschwerdeführerin von 27.4.1998 bis 3.1.2005 in der PP-Straße in LL mit Hauptwohnsitz gemeldet. An dieser Anschrift befand sich damals das Wohnheim NN LL. Für die Zeit zuvor finden sich im Zentralen Melderegister keine Informationen.

Aus der im Akt aufliegenden Bestellungsurkunde eines Sachwalters zu QQQ vom 24. März 1997 ist ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin zuvor in RR wohnhaft gewesen ist.

Der Bescheid der belangten Behörde, mit dem zum einen die Hilfeleistung gemäß § 10a Salzburger Behindertengesetz zuerkannt wurde und zum anderen ein einmaliger Kostenbeitrag gemäß § 17 Salzburger Behindertengesetz in der Höhe von € 1.414,89 vorgeschrieben wurde, wurde am 18.9.2018 erlassen.

Beweiswürdigend ist in vorliegender Angelegenheit auszuführen, dass sich die obigen Feststellungen zweifelsfrei aus dem Verwaltungsakt ergeben haben. Da eine verfahrensrechtliche Entscheidung zu treffen war, konnten weitere Feststellungen, insbesondere die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg unterbleiben.

Einschau wurde genommen in das Zentrale Melderegister sowie auch in den von der Verwaltungsbehörde vorgelegten Vorakt hinsichtlich der Beschwerdeführerin für den Zeitraum von 1998 bis 2016.

II. Rechtlage

Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen in vorliegender Angelegenheit lauten wie folgt:

§ 1 Salzburger Behindertengesetz 1981 (SBG) - Zielsetzung

(1) Ziel dieses Gesetzes ist es, Menschen mit Behinderungen im Land Salzburg durch Hilfeleistungen die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.

(2) Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind so auszulegen, dass sie in die Zuständigkeiten des Bundes nicht eingreifen.

§ 10a Salzburger Behindertengesetz 1981 (SBG) - Hilfe zur sozialen Betreuung

(1) Die Hilfe zur sozialen Betreuung in Einrichtungen soll Menschen mit Behinderungen dazu dienen, einen nicht weiter verbesserungsfähigen Entwicklungsstatus zu stabilisieren, dem Verlust an persönlichen Fähigkeiten entgegenzuwirken und nachteilige Entwicklungen so gut wie möglich zu verzögern.

(2) Während des Aufenthaltes in einer Einrichtung der sozialen Betreuung ist Menschen mit Behinderungen ein Taschengeld nach Maßgabe des § 10 Abs 3 zu gewähren.

§ 17 Salzburger Behindertengesetz 1981 (SBG) - Kostenbeiträge

(1) Menschen mit Behinderungen sowie die für sie gesetzlich unterhaltspflichtigen Personen haben zu den Kosten der Eingliederungshilfe mit Ausnahme der Hilfe durch geschützte Arbeit entsprechend ihrer finanziellen Leistungskraft im Rahmen ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht beizutragen. Als gesetzlich unterhaltspflichtige Personen im Sinne dieses Gesetzes haben nur der Ehegatte oder eingetragene Partner (frühere Ehegatte bzw eingetragene Partner) sowie die im ersten Grad Verwandten des Menschen mit Behinderungen zu gelten. Erreichte das Ausmaß des Kostenbeitrages die Gesamtkosten der Hilfeleistung, kommt eine solche nicht in Betracht. Von einem Kostenbeitrag kann insoweit abgesehen werden, als dadurch der Erfolg der Hilfeleistung gefährdet oder ihrer Zielsetzung widersprochen würde.

(2) Menschen mit Behinderungen haben zu den Kosten der ihnen gewährten Eingliederungshilfe beizutragen:

1.

aus ihrem Einkommen;

2.

aus einem allfälligen Bezug von pflegebezogenen Geldleistungen, soweit diese nicht gesetzlich auf den Träger der Behindertenhilfe übergehen oder als Taschengeld gebühren. Die Landesregierung hat durch Verordnung festzulegen, in welcher Höhe der Beitrag unter Zugrundelegung des zeitlichen Ausmaßes der Inanspruchnahme der Maßnahme zu leisten ist; und

3.

aus ihrem verwertbaren Vermögen bei der Hilfe zur sozialen Betreuung.

Die Verbindlichkeit zum Ersatz der Kosten dieser Hilfe geht gleich einer anderen Schuld auf den Nachlass des Menschen mit Behinderungen über. Erben haften dabei jedoch stets nur bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses. Sie können gegenüber Ersatzforderungen nicht einwenden, dass der Mensch mit Behinderungen zu Lebzeiten den Ersatz hätte verweigern können. Handelt es sich bei den Erben um die Eltern, Kinder oder Ehegatten oder eingetragene Partner des Menschen mit Behinderungen, ist darauf Bedacht zu nehmen, dass durch den Kostenersatz ihre Existenz nicht gefährdet wird.

(3) Bei Hilfe zur sozialen Betreuung (§ 10a) entfällt der Kostenersatz:

a)

für Kinder gegenüber Eltern,

b)

für Eltern gegenüber volljährigen Kindern.

(4) Die gemäß Abs 1 beitragspflichtigen Personen sind zu einem nachträglichen Kostenbeitrag nur verpflichtet, wenn nachträglich bekannt wird, daß sie zur Zeit der Durchführung der Hilfeleistung zu Beitragsleistungen hätten herangezogen werden können.

(5) Für diese Kostenbeiträge und den Ersatz der Kosten der Eingliederungshilfe durch Dritte gelten, soweit nicht anderes bestimmt ist, die Bestimmungen des 9. Abschnittes des Sozialhilfegesetzes.

§ 18 Salzburger Behindertengesetz 1981 (SBG) - Verfahren

(1) Eingliederungshilfe ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, auf Antrag des Anspruchsberechtigten oder von Amts wegen zu leisten. Als Anspruchsberechtigter gilt der Mensch mit Behinderungen, bei der Erprobung auf einem Arbeitsplatz (§ 9 Abs. 1 lit. b) sowie der geschützten Arbeit (§ 11) der Betriebsinhaber. Gegen den Willen eines Menschen mit Behinderungen oder des gesetzlichen Vertreters kommt eine Hilfeleistung nicht in Betracht. Die Zuerkennung, Änderung und Einstellung der Eingliederungshilfe erfolgt, ausgenommen im Fall des Zustandekommens einer Vereinbarung gemäß § 11 Abs 4, durch Bescheid. Für bereits gesetzte Maßnahmen und vergangene Zeiträume kommt eine nachträgliche Hilfeleistung nicht in Betracht; dies gilt nicht für Leistungen, die nach der Antragstellung durch den Sozialhilfeträger auf Grund eines Bescheides erbracht wurden. Ändern sich die Voraussetzungen für die Hilfeleistung, so ist diese, sofern nicht besonderes bestimmt ist, den geänderten Gegebenheiten entsprechend neu festzusetzen. Dasselbe gilt, wenn nachträglich hervorkommt, daß die Voraussetzungen für die Hilfeleistung nicht in der ihr zugrundegelegten Weise gegeben waren.

(2) Leistungen der sozialen Dienste für Menschen mit Behinderungen können nur auf Antrag gewährt werden.

(3) Für die Besorgung der Aufgaben der Eingliederungshilfe ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde, für die der sozialen Dienste für Menschen mit Behinderungen und für die Aufgaben nach § 4b Abs 2 die Landesregierung sachlich zuständig. Die Landesregierung kann nichtbehördliche Aufgaben zur Besorgung an die Bezirksverwaltungsbehörde übertragen, soweit dies der Einfachheit, Zweckmäßigkeit, Raschheit und Kostenersparnis dient.

(4) Die Behinderung (§ 2) ist durch ein Gutachten einer mit Behindertenangelegenheiten betrauten Ärztin des Amtes der Landesregierung bzw eines solchen Arztes (Sozialärztin bzw Sozialarzt) festzustellen. Erforderlichenfalls kann dafür auch eine Expertin oder ein Experte auf dem Gebiet der jeweiligen Beeinträchtigung herangezogen werden.

(5) Die Entscheidung über die (Weiter-)Gewährung und Einstellung von Maßnahmen der Eingliederungshilfe nach § 5 ist nach Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme eines Sachverständigenteams zu treffen. Die Stellungnahme ist im Rahmen einer Teamberatung schriftlich abzugeben. Die davon betroffene Person kann auf ihren Wunsch an der Teamberatung teilnehmen und dazu auch eine Vertrauensperson mitnehmen. Die Stellungnahme hat insbesondere zu enthalten:

1.

bei Empfehlung einer (Weiter-)Gewährung von Maßnahmen:

a)

die Bezeichnung der geplanten Maßnahme,

b)

das angestrebte Ziel der geplanten Maßnahme und

c)

eine Begründung über die Eignung der geplanten Maßnahme;

2.

bei Empfehlung einer Einstellung von Maßnahmen: eine Darstellung des Sachverhalts und der wesentlichen Gründe für die Einstellung.

(6) Dem Sachverständigenteam nach Abs 5 gehören jedenfalls an:

1.

ein Vertreter bzw eine Vertreterin der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde und

2.

eine Sozialärztin oder ein Sozialarzt gemäß Abs 4.

Nach Bedarf können dem Sachverständigenteam auch weitere Personen beigezogen werden, sofern sie fachliche Kenntnisse oder Berufserfahrungen im Zusammenhang mit Menschen mit Behinderungen haben oder bezüglich der (geplanten) Maßnahme sachkundig sind. Weiters können Vertreter bzw Vertreterinnen der für Behinderung und Inklusion zuständigen Abteilung des Amtes der Landesregierung jederzeit an den Teamberatungen teilnehmen.

(7) Dem Menschen mit Behinderungen und notwendigen Begleitpersonen gebührt der Ersatz der unvermeidlichen Reise- und Aufenthaltskosten, die im Zusammenhang mit der Eingliederungshilfe oder dadurch erwachsen, daß der Mensch mit Behinderungen einer Ladung durch eine zur Vollziehung dieses Gesetzes berufene Behörde Folge leistet.

§ 18a Salzburger Behindertengesetz 1981(SBG) - örtliche Zuständigkeit

Die örtliche Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde für die Besorgung der Aufgaben der Eingliederungshilfe (§ 5) richtet sich nach dem Hauptwohnsitz des Menschen mit Behinderungen. Wird auf Grund einer Maßnahme des Wohnens in der betreffenden Wohneinrichtung der Hauptwohnsitz begründet, bleibt jene Bezirksverwaltungsbehörde örtlich zuständig, in deren Zuständigkeitsbereich sich der Hauptwohnsitz vor der erstmaligen Aufnahme in eine Wohneinrichtung befunden hat.

§ 23 Salzburger Behindertengesetz 1981 (SBG)

(…)

(10) Das Inhaltsverzeichnis sowie § 19a in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 123/2017 treten mit 1. Jänner 2018 in Kraft.

(11) Die §§ 4c, 15b, 18a, 19, 19a, 19b, 19c, 19d, 21a und 21b in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 82/2018 treten mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

§ 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) - Zuständigkeit

Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Behörden richtet sich nach den Vorschriften über ihren Wirkungsbereich und nach den Verwaltungsvorschriften.

§ 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG)

Enthalten die in § 1 erwähnten Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit keine Bestimmungen, so sind in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung die Bezirksverwaltungsbehörden sachlich zuständig.

§ 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG)

Soweit die in § 1 erwähnten Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nichts bestimmen, richtet sich diese

1.

in Sachen, die sich auf ein unbewegliches Gut beziehen: nach der Lage des Gutes;

2.

in Sachen, die sich auf den Betrieb eines Unternehmens oder einer sonstigen dauernden Tätigkeit beziehen: nach dem Ort, an dem das Unternehmen betrieben oder die Tätigkeit ausgeübt wird oder werden soll;

3.

in sonstigen Sachen: zunächst nach dem Hauptwohnsitz (Sitz) des Beteiligten, und zwar im Zweifelsfall des belangten oder verpflichteten Teiles, dann nach seinem Aufenthalt, dann nach seinem letzten Hauptwohnsitz (Sitz) im Inland, schließlich nach seinem letzten Aufenthalt im Inland, wenn aber keiner dieser Zuständigkeitsgründe in Betracht kommen kann oder Gefahr im Verzug ist, nach dem Anlaß zum Einschreiten; kann jedoch auch danach die Zuständigkeit nicht bestimmt werden, so ist die sachlich in Betracht kommende oberste Behörde zuständig.

III. Erwägungen

Das Salzburger Behindertengesetz bestimmt in § 18 Abs 3 SBG die sachliche Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden für die Besorgung der Aufgaben der Eingliederungshilfe. Das SBG trifft jedoch keine Regelung eines territorialen Anknüpfungspunktes an den Amtssprengel einer konkreten Bezirksverwaltungsbehörde im Land Salzburg für die Besorgung der Aufgaben der Eingliederungshilfe.

Eine solche örtliche Zuständigkeit wurde erst mit der Novelle LGBl Nr 82/2018 in das Salzburger Behindertengesetz integriert. Dort heißt es nun im § 18a SBG, dass sich die örtliche Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde für die Besorgung der Aufgaben der Eingliederungshilfe nach dem Hauptwohnsitz des Menschen mit Behinderungen richtet. Wird auf Grund einer Maßnahme des Wohnens in der betreffenden Wohneinrichtung der Hauptwohnsitz begründet, bleibt jene Bezirksverwaltungsbehörde örtlich zuständig, in deren Zuständigkeitsbereich sich der Hauptwohnsitz vor der erstmaligen Aufnahme in eine Wohneinrichtung befunden hat.

Diese Novelle des Salzburger Behindertengesetzes, die mit dem Salzburger Datenschutzgrundverordnungs-Anpassungsgesetz 2018 eingeführt wurde, ist gemäß § 21b Abs 11 SBG am auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft getreten. Die Kundmachung des LGBl Nr 82/2018 erfolgte am 22.11.2018, § 18a SBG ist somit am 23.11.2018 in Kraft getreten. Zuvor fehlt, wie bereits ausgeführt, ein gesetzlicher Anknüpfungspunkt für eine örtliche Zuständigkeit im Salzburger Behindertengesetz. Da der Bescheid der belangten Behörde am 18.9.2018 erlassen wurde und zur Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides abzustellen ist (VwGH 26.6.2014, Ra 2014/03/0004 sowie VwGH 3.7.1984, 83/07/0301), ist daher in vorliegender Angelegenheit zur Frage der örtlichen Zuständigkeit auf die allgemeinen Bestimmungen des AVG zurückzugreifen. Demnach bestimmt sich die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Behörde nach den Vorschriften über den Wirkungsbereich der Behörden und den Verwaltungsvorschriften gemäß § 1 AVG. Soweit diese Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit, wie im vorliegenden Fall nichts bestimmen, richtig sich die örtliche Zuständigkeit nach § 3 AVG. Die in § 3 AVG festgesetzten subsidiären territorialen Anknüpfungspunkte sind folglich auf den vorliegenden Fall anzuwenden. § 3 Z 1 und 2 AVG stellen Spezialregelungen dar, während Z 3 als Auffangregelung und subsidiäre Regelung anzusehen ist. Soweit nicht Gefahr in Verzug vorliegt, bestimmt sich also die örtliche Zuständigkeit zunächst nach dem Hauptwohnsitz der natürlichen Person. Örtlich zuständig ist demnach jene sachlich zuständige Behörde, in deren Sprengel der Hauptwohnsitz des Beteiligten liegt (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG, §3, Rz 2-5).

Im Zentrum des Salzburger Behindertengesetzes steht gemäß der Zielsetzung in § 1 SBG der Mensch mit Behinderungen, dem durch die Hilfeleistungen die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden soll. Gemäß § 18 Abs 1 SBG ist der Mensch mit Behinderungen auch Anspruchsberechtigter der Eingliederungshilfe. Als Beteiligter im Sinne des § 3 Z 3 AVG ist folglich der Mensch mit Behinderungen anzusehen, sodass sich mangels anderer in Frage kommender territorialer Anknüpfungspunkte die örtliche Zuständigkeit der sachlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde für die Auferlegung einer Leistung nach § 17 SBG sowie der Zuerkennung einer Eingliederungshilfe nach § 10a SBG zunächst nach dem Hauptwohnsitz des Menschen mit Behinderungen zu richten hat.

Die Beschwerdeführerin hat nun seit 1998 ihren Hauptwohnsitz in der Stadt Salzburg. Insbesondere war die Beschwerdeführerin daher zum Zeitpunkt der Erstellung des hier verfahrensgegenständlichen Bescheides in der Stadt Salzburg gemeldet und sind keinerlei Anknüpfungspunkte zum Sprengel der Bezirkshauptmannschaft MM erkennbar. Daraus folgt, dass die Bezirkshauptmannschaft MM zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung unzuständig war, da die entsprechende Novelle, die eine Zuständigkeit für die "Herkunftsgemeinde" normiert, erst mit 23.11.2018, somit nach Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides in Kraft getreten ist.

Eine Unzuständigkeit der Verwaltungsbehörde ist vom Verwaltungsgericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen (vgl VwGH 25.5.2016, Ra2015/06/0095; VwGH 15.12.2014, Ro2014/17/0121 sowie Muzak, Stöger, Kolonovits, Verwaltungsverfahrensrecht, Rz 84). Folglich war der hier verfahrensgegenständliche Bescheid ersatzlos zu beheben.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Sozialrecht, Behindertengesetz, Beteiligte, Mensch mit Behinderung, territoriale Anknüpfungspunkte, Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2019:405.9.686.1.5.2019

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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