Entscheidungsdatum
14.12.2018Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W165 2182957-1/3E
W165 2182956-1/3E
W165 2182960-1/3E
W165 2182959-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidungen der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 05.12.2017, Zl. Damaskus-OB/KONS/0068/2017, aufgrund der Vorlageanträge von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , 3. XXXX , geb. XXXX und 4. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Syrien, über die Beschwerden gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 23.08.2017, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerden werden gemäß § 35 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) und die 2. Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF2) sind ein Ehepaar, die Dritt- und Viertbeschwerdeführer (im Folgenden: BF3 und BF4) sind deren gemeinsame Kinder.
Die Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), Staatsangehörige Syriens, stellten am 02.01.2017 bei der Österreichischen Botschaft Damaskus (im Folgenden: ÖB Damaskus) Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005.
Als Bezugsperson wurde der zum Antragszeitpunkt minderjährige Sohn des BF1 und der BF2 (Bruder der BF3 und des BF4) genannt.
Den Anträgen waren diverse Unterlagen wie Reisepasskopien, Geburtsurkunden, Auszüge aus dem syrischen Personenstandsregister, Heiratsvertrag, Eheschließungsurkunde, Asylbescheid der Bezugsperson, angeschlossen.
Der am 22.05.1999 geborenen Bezugsperson wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 09.11.2016, Zl. 1077553105-150832530, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.
Zu den seitens der ÖB Islamabad an das BFA weitergeleiteten Antragsunterlagen der BF teilte das BFA der ÖB Damaskus mit Schreiben vom 20.06.2017 gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. In der der Mitteilung angeschlossenen Stellungnahme vom 20.06.2017 führte das BFA näher aus, dass die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren nicht vorliegen würden, da die Bezugsperson in Österreich zum Entscheidungszeitpunkt über die Einreiseanträge bereits volljährig sei. Es komme darauf an, dass die Bezugsperson in Österreich auch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Einreiseantrag noch minderjährig sei. Zumal die Bezugsperson in Österreich mit 22.05.2017 volljährig geworden sei, sei im Falle der Antragsteller deren Einreise somit mangels gesetzliche Familieneigenschaft zu verweigern. Eine Statusgewährung im Sinne des § 35 Abs. 4 AsylG 2005 sei nicht wahrscheinlich.
Mit Schreiben vom 17.07.2017, zugestellt am 24.07.2017, übermittelte die ÖB Damaskus den BF die Mitteilung und Stellungnahme des BFA vom 20.06.2017 mit der Aufforderung, den angeführten Ablehnungsgrund innerhalb einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
Mit Schreiben vom 31.07.2017 brachten die BF durch ihre bevollmächtigte Vertreterin eine Stellungnahme bei der ÖB Damaskus ein: Die Behörde stütze ihre Entscheidung auf die Judikatur des VwGH, wonach bei Anträgen von Familienangehörigen, die einer minderjährigen Bezugsperson nachziehen würden wollen, nicht mehr das Antrags-, sondern das Entscheidungsdatum zur Bewertung der Minderjährigkeit relevant sei. Es müsse jedoch darauf aufmerksam gemacht werden, dass derzeit ein Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH anhängig sei, welches sich mit derselben Thematik wie im vorliegenden Fall beschäftige. Der in diesem Vorabentscheidungsverfahren vorzunehmende Ausspruch des EuGH zur Auslegung des Begriffes "unbegleiteter Minderjähriger" im Sinne der RL 2003/86/EG wäre auch für den vorliegenden Fall bindend. Die Beantwortung des genannten Vorabentscheidungsersuchens sei auch gegenständlich von Bedeutung, da sich die Umstände gleichen bzw. über den vorliegenden Fall hinausgehen würden. Auch gegenständlich handle es sich um den Anwendungsbereich der Richtlinie. Die Bezugsperson sei als unbegleiteter Minderjähriger nach Österreich eingereist, habe jedoch vor Erreichen der Volljährigkeit Asyl erhalten und sei der Antrag auf Familienzusammenführung auch vor diesem Datum gestellt worden. Die im Vorabentscheidungsersuchen angeführte "rückwirkende Gewährung" von Asyl sei gleichzusetzen mit der Feststellung, dass dem Antragsteller die Flüchtlingseigenschaft zukomme, was sich als deklarativer Akt gestalte. Das gegenständliche Verfahren müsse demnach bis zur Beantwortung des Vorabentscheidungsersuchens durch den EuGH ausgesetzt oder seinerseits dem EuGH vorgelegt werden.
Nach Weiterleitung der Stellungnahme der BF vom 31.07.2017 an das BFA setzte das BFA die ÖB Damaskus mit Mitteilung und Stellungnahme vom 17.08.2017 in Kenntnis, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe. Im vorliegenden Fall hätten sich derart gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten (im Sinne von § 35 Abs. 5 AsylG 2005) Familienverhältnisses ergeben, da die in Österreich aufhältige Bezugsperson zum Entscheidungsdatum über die Anträge durch die ÖB Damaskus das 18. Lebensjahr bereits vollendet habe und es sich demnach zum prüfungsrelevanten Zeitpunkt nicht mehr um eine minderjährige Person handle. Insoweit auf ein beim EuGH anhängiges Vorabentscheidungsverfahren (Rs C-550/16) verwiesen und die Aussetzung des gegenständlichen Einreiseverfahrens bis zur Entscheidungsfindung des EUGH angeregt werde, sei darauf hinzuweisen, dass das BFA nach den Maßstäben inländischer Höchstgerichtsjudikaturen entscheide und eine allfällige vorübergehende Aussetzung einer ehestmöglichen Erledigung entgegenstehe. Nach Ansicht des BFA stehe die abermals negative Wahrscheinlichkeitsprognose im Einklang mit der Judikatur des VwGH. Darüber hinaus sei in Bezug auf Art. 8 EMRK anzuführen, dass die in Österreich lebende Bezugsperson bereits seit dem Jahr 2015 nicht mehr im Familienverband mit den Eltern lebe, sondern mit deren Wissen mit ihrem volljährigen Bruder die gemeinsame Reise nach Österreich bestritten habe. Trotz Volljährigkeit der Bezugsperson bestehe kein wie immer geartetes Abhängigkeitsverhältnis zu den Eltern. Art. 8 EMRK schreibe auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr werde im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen.
Mit Bescheiden der ÖB Damaskus vom 23.08.2017 wurden die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 abgewiesen.
In den gegen die Bescheide fristgerecht eingebrachten Beschwerden vom 19.09.2017 wurde im Wesentlichen wie in der Stellungnahme vom 31.07.2017 vorgebracht. Das in der Rs C-550/16 beim EuGH anhängige Vorabentscheidungsverfahren stelle eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar, womit das gegenständliche Verfahren bis zur Beantwortung des Vorabentscheidungsersuchens ausgesetzt werden müsse. Die Behörde habe von einer Aussetzung abgesehen und sich in keiner Weise damit auseinandergesetzt, ob das Vorabentscheidungsverfahren auf die Umstände des vorliegenden Falles zutreffe, womit die Bescheide mit Rechtswidrigkeit belastet seien.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 05.12.2017 wies die ÖB Damaskus die Beschwerden gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab. Neben der Wiedergabe des Verfahrensganges und der vorgenommenen rechtlichen Begründung wurde ausgeführt, dass für eine in der Beschwerde angesprochene Aussetzung nach § 38 Abs. 2 AVG im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung kein Raum bestehe. Davon abgesehen sei der Beschwerdefall entscheidungsreif und stelle die Frage im Vorabentscheidungsersuchen des EuGH Rs C-550/16 für das vorliegende Beschwerdeverfahren - wegen der anders gelagerten Fallgestaltung - keine Vorfrage zur Klärung der Hauptfrage dar. Abgesehen davon sehe die RL 2003/86/EG (Familienzusammenführungsrichtlinie) zwar die Zusammenführung bestimmter Familienangehörigen vor, die unionsrechtlichen Rahmenbedingungen würden jedoch nicht vorgeben, dass im Rahmen des Familiennachzugs zu Asylberechtigen auch den nachziehenden Familienangehörigen ein asylrechtlicher Status erteilt werden müsse. Da die Ausstellung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 in einem asylrechtlichen Kontext nur eine von mehreren im nationalen österreichischem Recht vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung darstelle, habe schon aus diesem Grund die Klärung der an den EuGH herangetragenen Rechtsfrage auf das gegenständliche Einreiseverfahren keine unmittelbare Auswirkung und stelle insofern keine Vorfrage dar.
Am 18.12.2017 wurden bei der ÖB Damaskus Vorlageanträge gem. § 15 VwGVG eingebracht und darin wie in den Beschwerden vorgebracht.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 10.01.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 16.01.2018, wurden die Vorlageanträge samt Verwaltungsakten übermittelt.
Mit E-Mail der bevollmächtigten Vertreterin der BF vom 07.05.2018 wurde beim Bundesverwaltungsgericht unter Verweis auf die Entscheidung des EuGH in der Rs C - 550/16 vom 12.04.2018 eine Beschwerdeergänzung eingebracht. Der EuGH habe nunmehr mit Urteil vom 12.04.218 festgestellt, dass unter den Begriff "unbegleiteter Minderjähriger" im Sinne der RL 2003/86/EG auch eine Person falle, die zum Zeitpunkt der Asylantragstellung minderjährig gewesen, im Laufe des Asylverfahrens volljährig geworden und der nach Erreichen der Volljährigkeit Asyl gewährt worden sei. Das österreichische Asylgesetz sei - da es mangels heranzuziehender Alternativen im NAG und FPG die einzige taugliche Rechtsgrundlage für eine Familienzusammenführung in der vorliegenden Konstellation darstelle - richtlinienkonform auszulegen. Somit stehe die österreichische einfachgesetzliche Rechtslage einer positiven Verfahrenserledigung keineswegs entgegen. Im gegenständlichen Fall sei die Bezugsperson am Tag des Antrages auf internationalen Schutz minderjährig gewesen. Zum Zeitpunkt der Asylgewährung sei die Bezugsperson 17 Jahre alt gewesen. Die Einreiseanträge seien am 02.01.2017, somit innerhalb von drei Monaten nach Zuerkennung des Status der Bezugsperson, gestellt worden. Die Bezugsperson sei somit trotz Erreichen der Volljährigkeit als "unbegleiteter Minderjähriger" im Sinne der RL 2003/86/EG anzusehen und den BF daher die Einreise zu gewähren.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt werden der unter I. dargelegte Verfahrensgang und Sachverhalt.
Eine Familienangehörigeneigenschaft der BF zur Bezugsperson im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 kann nicht festgestellt werden. Die am 22.05.1999 geborene Bezugsperson ist während des Verfahrens über die Einreiseanträge der BF nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 volljährig geworden. Das Geburtsdatum der Bezugsperson wurde seitens der BF niemals bestritten. Der BF3 und dem BF4 kommt bereits aufgrund ihrer Geschwistereigenschaft zur Bezugsperson keine Familienangehörigeneigenschaft im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG zu.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus den Akten der ÖB Damaskus, den vorgelegten Unterlagen und dem Bescheid des BFA vom 09.11.2016, Zl. 1077553105-150832530, womit der Bezugsperson der Status eines anerkannten Flüchtlings zuerkannt wurde.
Das unstrittige Geburtsdatum der Bezugsperson (22.05.1999) ergibt sich aus den Angaben der BF und aus dem Bescheid des BFA über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an die Bezugsperson.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerden:
Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF lauten:
Familienverfahren im Inland
§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind."
Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:
Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG2005
§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152 uvam).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem abweichenden Ergebnis:
Verfahrensgegenständlich wurden am 02.01.2017 Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der Sohn bzw. Bruder namhaft gemacht, der in Österreich mit Bescheid vom 09.11.2016 der Status eines anerkannten Flüchtlings zuerkannt wurde.
Die Vertretungsbehörde hat die Einreiseanträge der BF, gestützt auf die negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA, abgewiesen. Wie nachstehend dargelegt wird, ist die Vorgansweise der Vertretungsbehörde nicht zu bemängeln, sodass die Abweisung der Anträge zu Recht erfolgt ist:
Aus den vorliegenden Akten und Unterlagen ergibt sich zweifelsfrei, dass die unstrittig am 22.05.1999 geborene Bezugsperson im Zeitpunkt der Entscheidung der Vertretungsbehörde über die Einreiseanträge der BF nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 mit Bescheiden vom 23.08.2017 volljährig gewesen ist. Die Bezugsperson hat ihre Volljährigkeit am 22.05.2017 erreicht, womit der Familienangehörigenbegriff des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 in Bezug auf den BF1 und die BF2 nicht erfüllt ist (zu BF3 und BF4 siehe unten).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in das Familienverfahren nach § 34 AslG 2005 nicht mehr vor, wenn die minderjährige Bezugsperson während des Verfahrens nach § 35 AsylG 2005 volljährig wird (vgl. VwGH vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0253-0254 und die in Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung jüngst ergangenen Erkenntnisse des VwGH vom 03.05.2018, Ra 2017/19/0609 bis 0611-10 und vom 24.05.2018, Ra 2017/01/0430).
Wenn die BF die Entscheidung des EuGH in der Rs C-550/16 vom 12.04.2018 ins Treffen führen, ist darauf hinzuweisen, dass der VwGH
In den beiden vorstehend zuletzt zitierten Erkenntnissen ausdrücklich festgehalten hat, dass sich auch aus der Entscheidung des EuGH Rs C-550/16 vom 12.04.2018 im Hinblick auf den dortigen nicht vergleichbaren Ausgangssachverhalt, dass ein Asylwerber während seines (eigenen) Asylverfahrens die Volljährigkeit erreicht hat, keine abweichende Beurteilung ergibt.
War somit, wie im konkreten Fall, die Bezugsperson im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde über die Einreiseanträge zweifellos und unbestritten nicht mehr minderjährig, sind die Eltern der Bezugsperson (BF1 und BF2) sohin nicht als Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 anzusehen.
Was die Geschwister der in Österreich lebenden Bezugsperson (BF3 und BF4) betrifft, so handelt es sich um keine zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährigen ledigen Kinder eines Fremden im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005, sodass auch diese vom maßgeblichen Familienangehörigenbegriff des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 nicht erfasst werden. So hat auch der VwGH in seinem Erkenntnis vom 03.05.2018, Ra 2017/19/0609 bis 0611-10, bestätigt, dass aufgrund des - insoweit von vornherein als klar einzustufenden - Gesetzeswortlautes Geschwister nicht als Familienangehörige gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 gelten.
Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach zur Regelung des § 35 AsylG 2005 festgehalten, dass die Familienzusammenführungsrichtlinie nicht regelt, unter welchen Voraussetzungen einem Familienangehörigen eines Asylberechtigten selbst der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist. Die Erlangung eines Visums nach § 35 AsylG 2005 zielt jedoch gerade darauf ab, dem Drittstaatsangehörigen ein Einreisevisum zum Zweck des Stellens eines Antrages auf internationalen Schutz im Inland zu ermöglichen. Die Bestimmungen des § 34 und § 35 AsylG 2005 können somit Fälle erfassen, die an sich der Familienzusammenführungsrichtlinie unterliegen würden, gleichzeitig jedoch den Familienangehörigen eine günstigere Rechtsstellung einräumen, als es diese Richtlinie verlange. Es könne allerdings nicht als unionsrechtswidrig angesehen werden, wenn nicht allen Angehörigen von Asylberechtigten dieser Status eingeräumt wird (vgl. VwGH vom 22.11.2017, Ra 2017/19/0218).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung weiters bereits darauf hingewiesen hat, stellt die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 nur eine von mehreren im österreichischen Recht vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung dar, und zwar mit dem asylspezifischen Zweck, für die nachziehenden Personen nach Einreise in das Bundesgebiet ein Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 zu eröffnen und diesen denselben Schutz wie dem bereits in Österreich aufhältigen Angehörigen zu gewähren. Diesem Zweck wird aber - beispielsweise - nicht entsprochen, wenn den Eltern eines im Laufe des Verfahrens nach § 35 AsylG 2005 volljährig gewordenen Asylberechtigten die Einreise nach Österreich gestattet würde, da diese bei Beantragung des internationalen Schutzes nach Einreise in das Bundesgebiet nicht mehr dem Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 unterliegen würden. Der Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 erweist sich daher (etwa) in einer solchen Konstellation von vornherein als ungeeignetes Mittel, um dem Anliegen eines Fremden auf Familienzusammenführung mit ihrem in Österreich befindlichen (bereits volljährig gewordenen) Sohn zu entsprechen. Es ist auf andere - im NAG und im Fremdenpolizeigesetz 2005 eröffnete - Möglichkeiten der Familienzusammenführung und der Erteilung von entsprechenden Einreisetiteln zu verweisen (vgl. VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0253, 0254).
Auch der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 18.09.2015 zu E 360-361/2015-21, keine verfassungsrechtlichen Bedenken in Bezug auf eine im Entscheidungszeitpunkt nicht (mehr) vorliegende Eigenschaft der BF als Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 gesehen.
Anzumerken ist, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 ist, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung, die vom Verfassungsgerichtshof nicht beanstandet wurden, im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Bei Erteilung eines Einreisetitels ist zu berücksichtigen, dass Art. 8 EMRK im Allgemeinen kein Recht auf Einreise in ein bestimmtes Land gewährt (EGMR 02.08.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00, newsletter 2001, 159 uva). Art. 8 EMRK gewährt auch kein unmittelbares Zuwanderungsrecht und lässt den Mitgliedstaaten der EMRK bei der Regelung der Einwanderungspolitik einen breiten Ermessensspielraum (vgl. VfSlg 17.013/2003 und 18.613/2008). Die - unter Gesetzesvorbehalt stehende - Regelung des Art. 8 EMRK schreibt auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen). Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen". Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.
Zusammenfassend erweisen sich Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 im vorliegenden Fall sohin von vornherein als ungeeignetes Instrument, um dem Anliegen der BF auf Familienzusammenführung mit ihrem in Österreich befindlichen (bereits volljährig gewordenen) Sohn bzw. Bruder zu entsprechen. Die BF sind vielmehr auf die anderen im NAG und FPG vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung und die Ausstellung entsprechender Einreisetitel zu verweisen.
Im Hinblick darauf, dass im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels besteht, war spruchgemäß zu entscheiden.
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erlassen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Angehörigeneigenschaft, Einreisetitel, Familienzusammenführung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W165.2182959.1.00Zuletzt aktualisiert am
13.02.2019