TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/22 W258 2209560-1

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Veröffentlicht am 22.11.2018
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Entscheidungsdatum

22.11.2018

Norm

AVG §74 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
Datenschutz-GrundV Art.16
Datenschutz-GrundV Art.17
DSG Art.2 §24 Abs2
VwGVG §17
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W258 2209560-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerold PAWELKA-SCHMIDT als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichtern Dr. Gerd TRÖTZMÜLLER und Gerhard RAUB als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, gegen den Bescheid Datenschutzbehörde vom XXXX, GZ XXXX, in einer datenschutzrechtlichen Angelegenheit

A) zu Recht erkannt:

1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, der Bescheid ersatzlos behoben und der Behörde die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

2. Der Antrag auf Kostenersatz wird abgewiesen.

B) beschlossen:

Das Mehrbegehren, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst entscheiden, wird mangels Zuständigkeit zurückgewiesen.

C)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgegenständlich ist die Frage, ob die belangte Behörde die (Datenschutz-)Beschwerde des Beschwerdeführers (in Folge "BF") zu Recht zurückgewiesen hat, weil eine Geltendmachung einer Verletzung im Recht auf Löschung gemäß Art 17 DSGVO und hilfsweise im Recht auf Berichtigung gemäß Art 16 DSGVO nicht möglich sei.

I. Verfahrensgang:

Der BF beantragte mit Schreiben an die belangte Behörde vom 09.07.2018 unter Darlegung des verfahrensrelevanten Sachverhalts bestimmt bezeichnete Teile eines Aktenvermerks einer Mitarbeiterin des XXXX (in Folge mitbeteiligte Partei oder kurz "mP") über ein persönliches Gespräch am 28.02.2018 zwischen ihr und dem BF zu löschen, hilfsweise zu berichtigen, dh durch einen vom BF konkret ausformulierten Text zu ersetzen.

Über Mängelbehebungsaufträge der belangten Behörde vom 18.07. und 23.08.2018 legte der BF mit E-Mails vom 13.08.2018 und 23.08.2018 sein Löschungs- bzw Berichtigungsbegehren an die mP vom 09.07.2018 sowie die Antwort der mP vom 09.08.2018 vor und ergänzte sein Vorbringen ua dahingehend, dass die mitbeteiligte Partei dem Löschungs- und Berichtigungsbegehren nicht innerhalb eines Monats nachgekommen sei und beantragte, die Rechtsverletzung festzustellen sowie die Berichtigung bzw Löschung der unrichtigen Daten zu veranlassen. Primär begehre er ihre Löschung und er fühle sich in seinem Recht auf Löschung verletzt, hilfsweise begehrte er die Berichtigung der Daten.

Mit Bescheid vom 19.09.2018 wies die belangte Behörde die Datenschutzbeschwerde des BF zurück, weil eine gleichzeitige - wenn auch nur hilfsweise - Geltendmachung einer behaupteten Verletzung im Recht auf Löschung und im Recht auf Berichtigung nicht möglich sei.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des BF vom 11.10.2018 in der er im Wesentlichen ausführt, dass ein Eventualbegehren zulässig sei.

Mit Schriftsatz vom 15.11.2018 legte die belangte Behörde die Bescheidbeschwerde unter Anschluss des Verwaltungsaktes dem erkennenden Gericht vor.

Beweise wurden erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Der folgende Sachverhalt steht fest:

Der BF übermittelte an die belangte Behörde am 09.07.2018 eine mit "Datenberichtigung gem Art 16 DSGVO" betitelte E-Mail in der er nach Ausführungen zur Unrichtigkeit eines Aktenvermerks über ein persönliches Gespräch zwischen einer Mitarbeiterin der mP und ihm unter anderem ausführt:

"[...] Ich begehre die Löschung des zweiten und dritten Eintrags [des Aktenvermerks] zum 28.2.2018.

Hilfsweise begehre ich gem Art 16 DSGVO die Berichtigung des zweiten und dritten Eintrags:

[...]

Meine Begehren habe ich auch beim XXXX schriftlich (per E-Mail) eingebracht.

[...]"

Über Mängelbehebungsauftrag vom 18.07.2018 übermittelte der BF der belangten Behörde mit E-Mail vom 13.08.2018 den Löschungs- und Richtigstellungsantrag vom 09.07.2018 an die mP und führte auszugsweise aus (Fehler im Original):

"[...]

Ich [...] füge meiner Beschwerde [...] folgende Elemente bei:

1. Rechtsverletzung: Das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten wurden verletzt.

2. Gründe: Dem Antrag auf Berichtigung / Löschung wurde seitens des XXXX nicht binnen einem Monat nachgekommen.

3. Begehren: Die Rechtsverletzung festzustellen und die Berichtigung / Löschung unrichtiger Daten zu veranlassen.

[...]"

Über neuerlichen Mängelbehebungsauftrag vom 23.08.2018 übermittelte der BF der belangten Behörde das Antwortschreiben der mP auf sein Löschungs- und Berichtigungsbegehren und führte nach Verweis auf sein Vorbringen vom 09.07.2018, wonach er die Löschung, hilfsweise die Richtigstellung begehre, auszugsweise aus (Fehler im Original):

"Da sich in meinem Datenauszug im zweiten und dritten Eintrag zum 28.2.2018 Informationen befinden die unrichtig sind, sind diese zu Löschen (ich begehre daher die Löschung). Ich begehrte die Löschung folgender Sätze beim XXXX und wurde dem nicht entsprochen, weshalb eine Verletzung des Rechts auf Löschung unrichtiger Daten vorliegt.

[...]

Hilfsweise, begehre ich die Datenberichtigung. Dh, ich erachte als beste Lösung die Datenlöschung. Sollte ich jedoch mit diesem Begehren nicht durchdringen können, [...] kann ein zufriedenstellender und rechtmäßiger Zustand [...] auch durch eine Datenberichtigung hergestellt werden. Daher lautet mein Eventualbegehren auf Datenberichtigung. [...]"

Mit Bescheid vom 19.09.2018 wies die belangte Behörde die Datenschutzbeschwerde des BF zurück, weil eine gleichzeitige - wenn auch nur hilfsweise - Geltendmachung einer behaupteten Verletzung im Recht auf Löschung und im Recht auf Berichtigung nicht möglich sei.

2. Der Sachverhalt gründet auf der folgenden Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen auf dem unbedenklichen Verwaltungsakt.

3. Rechtlich folgt daraus:

Zu B)

3.1. Die Beschwerde ist, soweit sie eine über die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung hinausgehende Entscheidung begehrt, unzulässig.

3.1.1. Die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichts ist nämlich auf die "Sache" des Verfahrens beschränkt. Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist "Sache" in einem Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die "Rechtmäßigkeit der Zurückweisung"; eine meritorische Entscheidung ist dem Verwaltungsgericht verwehrt. Andernfalls würde den Parteien eine Instanz genommen und es wäre dem Verwaltungsgericht möglich, eine Entscheidung in der Sache unter Umgehung der zuständigen Behörde zu treffen (vgl VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002).

3.1.2. Die belangte Behörde hat die Datenschutzbeschwerde des BF wegen angeblicher Inhaltsmängel zurückgewiesen, ohne in der Sache zu entscheiden. Das erkennende Gericht ist daher nur befugt, über diese Frage zu entscheiden und es ist ihm eine inhaltliche Entscheidung selbst dann verwehrt, wenn der wesentliche Sachverhalt für eine inhaltliche Entscheidung feststehen würde. Prüfungsumfang des erkennenden Gerichts ist somit ausschließlich die Frage, ob die belangte Behörde die Datenschutzbeschwerde des BF zu Recht zurückgewiesen hat, weil die hilfsweise Geltendmachung mehrerer Rechte, in der sich der BF verletzt erachtet, unzulässig ist.

3.1.3. Die Beschwerde war daher, soweit sie eine über die Frage der Zuständigkeit der belangten Behörde hinausgehende Entscheidung begehrt, mit Beschluss zurückzuweisen.

Zu A1.)

3.2. Soweit mit der Beschwerde eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Datenschutzbeschwerde begehrt wird, eine solche ist als Vorfrage bereits implizit im Hauptantrag des BF auf inhaltliche Entscheidung enthalten, ist sie zulässig und berechtigt.

3.2.1. Nach § 24 Abs 2 DSG, der als lex specialis die allgemeinen Regelungen des § 13 AVG für Datenschutzbeschwerden konkretisiert, hat eine Datenschutzbeschwerde zu enthalten:

"1. die Bezeichnung des als verletzt erachteten Rechts,

2. soweit dies zumutbar ist, die Bezeichnung des Rechtsträgers oder Organs, dem die behauptete Rechtsverletzung zugerechnet wird (Beschwerdegegner),

3. den Sachverhalt, aus dem die Rechtsverletzung abgeleitet wird,

4. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

5. das Begehren, die behauptete Rechtsverletzung festzustellen und

6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist."

Einer Datenschutzbeschwerde sind darüber hinaus gegebenenfalls der zu Grunde liegende Antrag und eine allfällige Antwort des Beschwerdegegners anzuschließen (§ 24 Abs 3 DSG)

3.2.2. Für die Beurteilung eines Anbringens kommt es nicht auf Bezeichnungen und zufällige Verbalformen an, sondern auf den Inhalt des Anbringens, dh das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Parteischrittes (vgl VwGH 27.11.1998, 95/21/0912). Entscheidend ist, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszwecks und der Aktenlage objektiv verstanden werden muss (VwGH 19.01.2011, 2009/08/0059). Auch § 24 Abs 2 DSG darf nicht formalistisch ausgelegt werden und verlangt keine "formell und inhaltlich vollendete" Beschwerde (siehe zum vergleichbaren Fall der Maßnahmenbeschwerde nach § 67c AVG, dessen Abs 2 § 24 Abs 2 DSG entspricht, Hengstschläger/Leeb, AVG § 67c Rz 10 mwN).

3.2.3. Angewendet auf den Sachverhalt bedeutet das:

3.2.3.1. Der BF führt in seiner zweimal verbesserten Datenschutzbeschwerde mehrfach aus, dass er in seinem Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten verletzt und seinem Antrag auf Berichtigung bzw Löschung seitens der mP nicht binnen einem Monat nachgekommen worden sei und begehrt die Rechtsverletzung festzustellen sowie die Berichtigung bzw Löschung unrichtiger Daten zu veranlassen. Sowohl in seinem Antrag an die mP als auch in seiner (zweimal verbesserten) Beschwerde führt er ergänzend aus, dass er primär die Löschung der - konkret bezeichneten Dateneinträge - anstrebe und nur für den Fall, dass dies (rechtlich) nicht möglich sei, ihre Richtigstellung begehre.

3.2.3.2. Unter Berücksichtigung des objektiven Erklärungswerts begehrt der BF damit letztlich unter detailliertem Vorbringen des seinen Anträgen zu Grunde liegenden Sachverhalts, die belangte Behörde möge feststellen, dass ihn die mP, indem sie seinem Antrag auf Löschung bestimmt bezeichneter Daten nicht entsprochen hat, in seinem Recht auf Löschung gemäß Art 17 DSGVO verletzt hat, in eventu, dass ihn die mP, indem sie seinem Antrag auf Berichtigung bestimmt bezeichneter Daten auf eine konkret genannte Weise nicht entsprochen hat, in seinem Recht auf Berichtigung gemäß Art 16 DSGVO verletzt hat.

3.2.3.3. Der BF stellt daher nicht einen Antrag nach § 24 DSG, den er auf die Verletzung seines Rechts auf Löschung und hilfsweise auf Verletzung seines Rechts auf Berichtigung stützt, er stellt vielmehr einen Hauptantrag, der sich auf die Verletzung seines Rechts auf Löschung stützt und einen Eventualantrag, der sich auf die Verletzung seines Rechts auf Berichtigung stützt. Ein solcher Eventualantrag ist - wie der BF zutreffend ausführt - im Allgemeinen (zB VwGH 26.04.2007, 2004/03/0217) und mangels gegenteilige Regelung auch im Datenschutzbeschwerdeverfahren im Besonderen zulässig.

3.2.4. Indem die belangte Behörde dies verkannt hat, belastet sie den Bescheid mit Rechtswidrigkeit, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu A2.)

3.3. Gemäß § 74 Abs 1 AVG iVm § 17 VwGVG hat jeder Beteiligte die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten, weshalb der Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühren abzuweisen war.

3.4. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 2. Fall VwGVG abgesehen werden.

Zu C) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. So besteht zu den Rechtsfragen, die jeweils (zitierte) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und weicht das erkennende Gericht von dieser nicht ab. Sonstiger Hinweise auf Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung liegen nicht vor.

Schlagworte

Berichtigungsantrag, Datenlöschung, Datenschutzbeschwerde,
ersatzlose Behebung, Eventualantrag, Kognitionsbefugnis,
Kostenersatz - Antrag, Löschungsbegehren, Mehrbegehren,
Verfahrensgegenstand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W258.2209560.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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