TE Lvwg Erkenntnis 2018/9/7 VGW-101/056/14049/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.09.2018
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Entscheidungsdatum

07.09.2018

Index

83 Naturschutz Umweltschutz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AWG 2002 §6 Abs5
VerpackungsV 2014 §3
AVG §52

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Zeller über die Beschwerde der A. GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, vom 28.06.2017, Geschäftszahl: …, betreffend Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) und der Verpackungsverordnung 2014,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Entscheidungsgründe

1.) Mit dem angefochtenen Bescheid wurde von der belangten Behörde gemäß § 6 Abs. 5 AWG 2002 festgestellt, dass Stahlumhüllungen der von der A. GmbH (die Beschwerdeführerin) vertriebenen Sodakapseln und Sahnekapseln Verpackungen im Sinne des § 3 Z. 1 in Verbindung mit Anhang 2 Verpackungsverordnung 2014 darstellen.

Aus der Begründung geht zusammengefasst hervor, dass der Feststellungsantrag am 31.01.2017 gemäß § 6 Abs. 5 AWG 2002 eingebracht worden sei. Den Angaben der Antragstellerin nach handle es sich bei den Kapseln um keine Verpackung. Da diese gemäß § 3 Z. 1 lit. a Verpackungsverordnung 2014 ein integraler Teil des Produkts seien, welches zur Umschließung, Unterstützung oder Konservierung dieses Produktes während seiner gesamten Lebensdauer benötigt werde und alle Komponenten für die gemeinsame Verwendung, den gemeinsamen Verbrauch und die gemeinsame Entsorgung bestimmt seien.

Beigelegt sei ein Privatgutachten gemäß LMSVG. Daraus gehe hervor, dass beide Kapseln im Tiefziehvorgang hergestellt würden. Nach dem Befüllen mit Kohlendioxid werde der Verschluss der Sodakapsel aufgeschweißt und im Falle der Sahnekapsel werde dieser nach dem Befüllen mit Distickstoffoxid der Verschluss aufgebördelt. Daher seien die Umhüllung der Sodakapseln und der Sahnekapseln integraler Bestandteil des Produktes. Denn aus § 3 Z. 1 lit. a Verpackungsverordnung 2014 sei abzuleiten, dass ein integraler Produktbestandteil dann vorläge, wenn es das Produkt ohne die erforderliche Umhüllung nicht gäbe.

Auf Grundlage des eingeholten amtlichen Sachverständigengutachtens vom 07.04.2014 sowie dem ergänzenden Gutachten auf Antrag der Antragstellerin ergebe sich Folgendes:

Die Befunde und das Gutachten des Amtssachverständigen seien nachvollziehbar und vollständig. Der Gutachter B. sei aus dem Lebensmittelbereich und daher nicht besonders geeignet zur Beurteilung des abfallrechtlichen Sachverhaltes. Die Angaben des Privatsachverständigen, dass aufgrund des aufgeschweißten bzw. aufgebördelten Verschlusses sowie aufgrund des Umstandes, dass es das Produkt, nämlich das Gas, ohne die Umhüllung nicht gäbe und daher die Umhüllung aus lebensmittelrechtlicher Sicht nicht als Verpackungselement deklariert werden könne, sei nicht nachvollziehbar und sei abfallrechtlich nicht korrekt.

Stahlflaschen stellten bereits nach der Definition des § 3 Z. 1 der Verpackungsverordnung 2014 Verpackungen dar. Sie seien ebenso im Anhang 2 Z. 1 zur Verpackungsverordnung 2014 angeführt. Im § 3 Z. 1 Verpackungsverordnung 2014 seien nämlich Packmittel zur Aufnahme, zum Schutz, zur Handhabung, zur Lieferung und zur Darbietung von Waren angeführt. Gase könnten grundsätzlich nur in Druckgasbehältern veräußert werden. Daher sei ein Einwegdruckgasbehälter oder eine Einwegstahlflasche jedenfalls eine Verpackung, so sie nicht weitere integrale Produktbestandteile enthielte, welche zu einer anderen Einstufung führten. Wenn demonstrativ „wieder befüllbare Stahlflaschen“ angeführt seien, seien die Ausführungen des Amtssachverständigen nachvollziehbar, wonach es für die Einstufung von Verpackungen auf die Wiederbenutzbarkeit von Stahlflaschen und diesen vergleichbaren Druckgaskapseln nicht ankomme.

Die Kapsel selbst enthalte keinerlei Bestandteile, welche eine aktive Funktion bei der Befüllung übernehmen würde. Sie seien vergleichbar mit den angeführten wieder befüllbaren Stahlflaschen und auch den nach Gebrauch leeren Getränkesystemkapseln. Gegenständlich läge ein spezieller Entleermechanismus vor (Dorn, welcher beim Aufschrauben der Kapsel in das Gerät einen aufgeschweißten oder aufgebördelten Verschluss durchbohre), diese Stahlumhüllung stelle jedoch keinen integralen Produktbestandteil im Sinne der Verpackungsverordnung 2014 dar. Die Kapsel als Druckgasbehälter stelle lediglich eine spezielle Verpackungsform dar, welche auf die speziellen Anforderungen des Füllgutes abgestimmt sei. Die Druckgaskapseln würden auch nicht während der gesamten Lebensdauer des darin enthaltenen Gases benötigt werden, da das enthaltene Gas in ein anderes Behältnis (nämlich Sodasiphon oder Sahnesiphon) umgefüllt werde und es erst dort seine Funktion erfülle.

Die Entleerung eines Produktes aus seiner Umhüllung bzw. die Umfüllung des Produktes in ein anderes Behältnis stelle keine gemeinsame Verwendung, keinen gemeinsamen Verbrauch und keine gemeinsame Entsorgung dar.

Zum Argument der Antragstellerin, wonach der integrale Produktbestandteil „Gas“ in der gleichen Sekunde, in welcher es ausströme sich mit Wasser oder Sahne verbinde und dadurch ein neues Produkt, nämlich Schlagsahne oder Sodawasser, entstünden und damit das Produkt Druckgaskapsel untergehe und verbraucht sei, sei Folgendes dazu zu erwägen:

§ 3 Z. 1 lit. aa) und lit. bb) würden § 3 Z. 1 lit. a einschränken. Die Norm führe an, dass der Gegenstand integraler Teil eines Produktes sei. Dies sei bereits, wie oben ausgeführt (zu Verschluss und Dorn der gegenständlichen Druckgaskapseln), verneint worden. Zusätzlich verlange die Norm, dass dieser integrale Produktbestandteil zur Umschließung, Unterstützung oder Konservierung dieses Produktes während seiner gesamten Lebensdauer benötigt werde und dass alle Komponenten für die gemeinsame Verwendung, den gemeinsamen Verbrauch oder die gemeinsame Behandlung bestimmt seien. Dies seien kumulative Voraussetzungen für die Einstufung als Nichtverpackung. Das Fehlen einer der 3 Voraussetzungen würde daher die Einstufung als Verpackung bedingen.

Bereits die 1. Voraussetzung sei nach dem Gutachten des Amtssachverständigen nicht erfüllt (insbesondere fehle eine aktive Funktion des Verschlusses und die Vergleichbarkeit mit Stahlflaschen und Getränkesystemkapseln, die nach Gebrauch leer sind), ferner sei die Lebensdauer des Gases nicht mit dem Umfüllvorgang beendet und daher die Druckgaskapseln nicht während der gesamten Lebensdauer des Gases benötigt und schließlich würde die Druckgaskapsel nicht gemeinsam verwendet, verbraucht oder entsorgt, da sie vor Gebrauch bzw. Verbrauch des Gases entsorgt werde.

Zum Argument der Antragstellerin, dass mit dem Umfüllvorgang ein neues Produkt, Sodawasser bzw. Schlagobers, entstünde, sei auszuführen, dass bereits der 1. der kumulativen Tatbestände – nämlich die Frage des integralen Produktbestandteils – nicht gegeben sei und es daher nicht erforderlich sei, ein zusätzliches Gutachten einzuholen.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wird ausgeführt, dass nach alter Rechtslage der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung zur Zl. 2003/07/0030 zur Kenntnis gelangt sei, dass Druckgaskapseln, obwohl sie auch eine Funktion beim Gebrauch hätten, als Verpackung im Sinne der Verpackungsordnung 1996 zu qualifizieren seien. Die Verpackungsverordnung 1996 sei nunmehr dahingehend geändert worden, dass nunmehr Ausnahmetatbestände für integrale Produktbestandteile enthalten seien. Dies in Einklang mit der, der Verpackungsverordnung zu Grunde liegenden geänderten Verpackungsrichtlinie der EU 2004/12/EG. Die Intention der Richtlinie sei offensichtlich, dass nicht ersetzbare, integrale Produktbestandteile aus der Richtlinie auszunehmen seien. Die Änderung der Verpackungsverordnung in § 3 Z. 1 lit. a entspräche der Richtlinienänderung.

Relevanter Sachverhalt sei, dass die Beschwerdeführerin seit Jahrzehnten Druckgaskapseln als Sahne- und Sodakapseln vertreibe. Diese Druckgaskapseln würden in einem sogenannten Tiefziehvorgang aus Stahlblech hergestellt und im Falle der Sodakapseln mit Kohlendioxid befüllt, im Falle der Sahnekapseln mit Distickstoffoxid befüllt. Die Stahlumhüllung der Kapselhülle umhülle das Kohlendioxid und das Distickstoffoxid während der gesamten Lebensdauer bis zur Verwendung des Produktes. Erst bei der Verwendung bzw. beim Verbrauch des Gases werde der Verschluss der Druckgaskapsel beim Festschrauben auf das entsprechende Behältnis für Sodawasser bzw. Sahne durch einen Dorn durchbohrt. Dadurch weiche das entsprechende Gas in das jeweilige Behältnis aus.

Im Falle des Sodawassers gehe das Kohlendioxid eine homogene Verbindung mit dem Wasser ein, wodurch Sodawasser entstünde. Bei der Sahnekapsel gehe das Distickstoffoxid eine homogene Verbindung mit der Sahne ein, es entstehe Schlagsahne.

Das Gutachten des Sachverständigen B. vom 17.12.2016 halte fest, dass die Stahlumhüllung der Druckgaskapsel ein integraler Bestandteil des Produktes sei und dieser Bestandteil zur gemeinsamen Verwendung bestimmt sei. Das Produkt würde ohne die Stahlumhüllung nicht existieren, weshalb die Kapsel keine Verpackung im Sinne der Verpackungsverordnung sei.

Die Wirkungsweise der Druckgaskapseln sei vom Amtssachverständigen in der Stellungnahme vom 07.04.2017 richtig beschrieben worden. Er habe auch richtig ausgeführt, dass die Druckgaskapsel deswegen nötig sei, weil es sich bei beiden Produkten um in spezieller Art und Weise verflüssigte Gase, welche hinsichtlich chemischer Zusammensetzung, Masse, Aggregatszustand usw. klar spezifiziert seien, handle. Jedoch sei die Schlussfolgerung des Amtssachverständigen falsch, dass die Druckgaskapseln deswegen nicht zum Produktbestandteil würden, da sie unter Druck stünden. Ferner hätte der Amtssachverständige die Druckgaskapseln nicht mit den im Anhang 2 der Verpackungsverordnung angeführten, wieder befüllbaren Stahlflaschen vergleichen dürfen, die Druckgaskapseln der Beschwerdeführerin seien nicht wieder befüllbar. Ebenso hätte der Amtssachverständige die Druckgaskapseln nicht mit den im Anhang 2 der Verpackungsverordnung angeführten Getränkesystemkapseln vergleichen dürfen. Dies deswegen, da ein Vergleich technisch nicht zulässig sei, da für Getränkesystemkapseln charakteristisch sei, dass diesen auf mechanischem Weg leichte Öffnungen zugeführt würden und durch diese Öffnungen heißes Wasser einströme, das entsprechende Produkt (etwa Kaffee, Kakao, Tee) damit durchströmt werde und dadurch die entsprechenden Getränke entstünden. Hier verbleibe das Produkt bei den überwiegend vertriebenen Formen in den Getränkesystemkapseln. Bei Druckgaskapseln sei genau das Gegenteil der Fall, da das in den Druckgaskapseln umschlossene Produktbestandteil Gas entströme und direkt beim Entströmen verbraucht werde. Dadurch würden neue Produkte, nämlich Sahne oder Sodawasser entstehen.

Wie bereits in der dazu ergangenen Stellungnahme im Verwaltungsverfahren stünden hygienische, technische und wirtschaftliche Gründe dagegen, dass die Druckgaskapseln wieder befüllbar vertrieben würden. Aus hygienischen Gründen sei auszuführen, dass die Produkte der Lebensmittelhygieneverordnung VO 852/2004/EG unterlägen und die Druckgaskapseln auf dieser Grundlage nach der Verwendung gereinigt werden müssten. Eine gesicherte Reinigung sei technisch nicht möglich, da aufgrund des gegebenen Materials die Art und der Grad der möglichen Verschmutzung, Kontaminierung oder Korrosion nicht bestimmt werden könnte. Aus technischen Gründen sei eine Wiederverwendung der Druckgaskapseln deswegen nicht möglich, da diese zur Vermeidung von Verschmutzung nach der Verwendung bis zur Wiederbefüllung verschlossen werden müssten und derartige Vorrichtungen die Verwendung der Druckgaskapseln in den dafür vorgesehenen handelsüblichen Sahnegeräten oder Sodasiphons ausschließen würden. Wirtschaftliche Gründe sprächen insofern gegen eine Wiederverwendung, als das die Ausstattung der Druckgaskapseln mit Vorrichtungen, welche eine Verschmutzung oder Korrosion gesichert ausschließen könnten, nicht die Kosten der Druckgaskapseln erheblich erhöhen würden, sondern vor allem auch die Druckgaskapseln vom Markt ausschließen würden, dass sie dann nicht für handelsübliche Sahnegeräte oder Sodasiphons tauglich wären.

Im 2. Gutachten des Amtssachverständigen vom 04.05.2017 habe dieser damit argumentiert, dass die Druckgaskapseln nicht während der gesamten Lebensdauer des verflüssigten Gases benötigt würden, weil das Gas in ein anderes Behältnis umgefüllt werde und erst dort seine Funktion erfülle. Dazu sei in der Stellungnahme ausgeführt worden, dass in dem Moment, in dem das Gas ausströme eine Verbindung mit der Sahne oder dem Wasser eingegangen werde und dadurch die neuen Produkte „Schlagsahne“ oder „Sodawasser“ entstünden, wodurch der Produktbestandteil verflüssigtes Gas gleichzeitig untergehe und verbraucht werde.

Entgegen der Rechtsansicht der Behörde stelle die Druckgaskapsel einen integralen Teil des Produktes dar. Eine Definition sei weder in der VO 2004/12/EG enthalten, noch in der Verpackungsverordnung selbst. Der Wille des EU-Gesetzgebers bzw. des Verordnungsgesetzgebers sei nicht durch historische Auslegung ermittelbar.

Eine Wortinterpretation des Wortes „integral“ ergebe, dass dies „zu einem Ganzen dazugehörend und erst zu dem machend was es ist“ bedeute. Genau dies läge vor. Wie auch der Amtssachverständige ausgeführt habe diene die Druckgaskapsel dazu, den Produktbestandteil „verflüssigtes Gas“ genau bis zur Verwendung in der verflüssigten Form zu erhalten. Daher sei die Stahlumhüllung ein integraler Bestandteil des Produkts „Druckgaskapsel“.

Die aktive Funktion der Druckgaskapseln beim Verbrauch werde dadurch erfüllt, dass das verflüssigte Gas in seiner konkreten Ausgestaltung bis zum Ausströmen in den Sahne-oder Sodasiphon erhalten bleibe. Würde die Stahlumhüllung vor der Befüllung beschädigt, würde das verflüssigte Gas sofort entweichen und das Produkt durch Verbindung mit der Luft automatisch untergehen. Damit sei aber auch bereits das 2. Merkmal, wonach der integrale Produktbestandteil zur Umschließung, Unterstützung oder Konservierung des Produktes während seiner gesamten Lebensdauer benötigt werde, erfüllt. Denn das verflüssigte Gas höre beim bestimmungsgemäßen Einstreuen in das Soda-oder Sahnegerät in der gleichen Sekunde zu existieren auf, weil es eine Verbindung mit dem Wasser oder der Sahne eingehe.

Dadurch werde auch die 3. Eigenschaft, wonach alle Komponenten (hier Druckgaskapseln und verflüssigtes Gas) für die gemeinsame Verwendung, den gemeinsamen Verbrauch oder die gemeinsame Behandlung bestimmt seien erfüllt.

Der Amtssachverständige habe im Gutachten nicht festgestellt, dass die Lebensdauer des Gases nicht mit dem Umfüllvorgang beendet sei. Die Rechtsansicht der belangten Behörde sei in diesem Umfang nicht durch das Amtssachverständigengutachten gedeckt. Denn der Amtssachverständige habe den Einwand der Beschwerdeführerin dahingehend, dass das verflüssigte Gas in der gleichen Sekunde, in der es ausströme, eine Verbindung mit dem Wasser oder der Sahne eingehe und dadurch untergehe, technisch nicht mehr überprüft.

Ebenso sei das Argument der Behörde rechtlich nicht nachvollziehbar, dass aufgrund des Umstands, dass auch wieder befüllbare Stahlflaschen im Anhang 2 angeführt seien (und Verpackungen darstellten) daraus zu schließen sei, dass umso mehr auch nicht wieder befüllbare Stahlflaschen jedenfalls als Verpackungen anzusehen seien. Denn aufgrund der neuen gesetzlichen Regelung des § 3 Z. 1 Z. 1 Verpackungsverordnung 2014 wäre je nach Ausgestaltung von nicht wieder befüllbaren Stahlflaschen zu überprüfen, ob die Stahlflaschen die Tatbestandsvoraussetzungen „integraler Teil des Produktes, der zur Umschließung, Unterstützung oder Konservierung dieses Produktes während seiner gesamten Lebensdauer benötigt wird, und alle Komponenten sind für die gemeinsame Verwendung, den gemeinsamen Verbrauch oder die gemeinsame Behandlung bestimmt sind“ erfüllt würden oder nicht. Je nachdem seien dann die nicht wieder befüllbaren Stahlflaschen als Verpackung oder eben als nicht Verpackung zu qualifizieren.

2.) Aus dem vorliegenden Akteninhalt geht - soweit dies mangels Aktenblattnummerierung sowie ungebundener Vorlage mehrerer Aktenteile nachvollziehbar ist - folgender Sachverhalt hervor:

Mit Antrag, eingelangt am 02.02.2017, wurde Feststellung gemäß § 6 Abs. 5 AWG 2002 dahingehend begehrt, dass die Stahlumhüllungen der von der Antragstellerin vertriebenen Sodakapseln und Sahnekapseln keine Verpackung im Sinne der Verpackungsverordnung 2014 seien.

Begründend wird – nach Darlegung der Wirkungsweise und Produktbeschreibung - ausgeführt, dass die Rechtslage nach Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.09.2004, Z. 2003/07/0030 nunmehr geändert sei. Es seien nun integrale Bestandteile eines Produktes nach § 3 Z. 1 lit. a der Verpackungsverordnung 2014 ausgenommen. Aufgrund der beschriebenen technischen Wirkungsweise seien die Voraussetzungen der Verordnung erfüllt, weshalb die Stahlumhüllung der Druckgaskapseln aufgrund der geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen nicht mehr als Verpackung im Sinne der Verpackungsverordnung zu qualifizieren seien. Aus dem vorgelegten Gutachten ergebe sich, dass die Stahlumhüllung integraler Teil des Produktes Sahnekapsel oder Sodakapsel sei, die zur Umschließung des Produktes, des Kohlendioxids oder des Distickstoffoxid während der gesamten Lebensdauer benötigt werde. Weiters seien alle Komponenten für die gemeinsame Verwendung und den gemeinsamen Verbrauch bestimmt. Die Stahlumhüllung schließe das Kohlendioxid und das Distickstoffoxid bis zur Verwendung bzw. zum Verbrauch. Erst bei der Verwendung werde die Druckgaskapsel durch den Dorn durchstoßen, wodurch das Kohlendioxid oder das Distickstoffoxid in den entsprechenden Behälter ausströme. Durch diese Verbindung würden die ursprünglich vertriebenen Produktbestandteile Kohlendioxid und Distickstoffoxid untergehen.

Auch aus dem Umstand, dass im Anhang 2 der Verpackungsverordnung nur wieder befüllbaren Stahlflaschen für verschiedene Arten von Gasen als Verpackung eingestuft würden, ergebe sich im Umkehrschluss, dass die Stahlumhüllungen der Sahnekapseln und Sodakapseln keine Verpackungen seien.

Beigelegt ist dem Antrag ein Gutachten von Univ.-Prof. Dr. B., Professor für Lebensmittelchemie und Lebensmitteltechnologie an der Technischen Universität, staatlich befugter Lebensmittel-Gutachter gemäß § 73 LMSVG, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für allgemeine Lebensmittelchemie, Lebensmitteltechnologie, Ernährungsberatung, Biochemie und Agrokulturchemie, vom 17.12.2016. Daraus geht unter Bezugnahme eines Gutachtens aus dem Jahre 2001, auf Grundlage einer Rechtsmeinung des rechtlichen Vertreters der Antragstellerin sowie auf Grundlage der Verpackungsverordnung sowie auf Basis seiner Befugnis als staatlich befugter Lebensmittel-Gutachter unter Herstellung von lebensmittelrechtlichen und lebensmittelchemischer und lebensmitteltechnologischen Bezügen hervor, dass unter Zitierung von § 3 Z. 1 lit. a der Verpackungsverordnung 2014 eine Verpackung dann nicht als Verpackung gelten würde, wenn die Umhüllung ein integraler Bestandteil des Produktes sei und die Umhüllung auch Bestandteil des Produktes zur gemeinsamen Verwendung bestimmt sei. Dies bedeute, dass es das Produkt ohne die erforderliche Umhüllung nicht gäbe. Interpretationen die feststellen würden, dass die oben angeführte Umhüllung ein Verpackungselement sei, sei lebensmittelrechtlich und fachlich falsch. Die angeführten Fakten, nämlich dass die Metallumhüllung des Produktes unverzichtbarer Bestandteil sei und das gesamte Produkt ohne Kapsel nicht funktionstüchtig wäre, ergebe, dass die Kapsel keine Verpackung im Sinne der Verpackungsverordnung 2014 sei.

Aus dem Gutachten des amtlichen Sachverständigen vom 07.04.2017 geht hervor, dass es sich bei den zu beurteilenden Gegenständen um Druckgaskapseln handle, welche komprimierte Gase enthalten würden. Sahnekapseln enthielten Distickstoffoxid, Sodakapseln enthielten Kohlendioxid. Die gegenständlichen Druckgaskapseln würden mittels Tiefziehverfahren aus Stahlblech hergestellt, mit dem entsprechenden Gas befüllt und anschließend der Verschluss aufgeschweißt bzw. aufgebördelt. Bei der Verwendung der Kapsel werde dieser in einen Aufsatz des entsprechenden Gerätes zur Herstellung von Sodawasser (Sodawasserflasche bzw Sodasiphon) bzw. Schlagobers (Sahnespender/Sahnesiphon) gelegt. Beim Aufschrauben des Aufsatzes durchbohre ein Dorn den Kapselverschluss und das enthaltene Gas ströme über ein Ventil in die Flasche. Somit werde ein mit Gas befülltes Behältnis entleert. Sobald die Kapsel leer sei, könne sie wieder aufgeschraubt und entsorgt werden, da das oben angeführte Ventil das Entweichen des Gases aus der Flasche verhindere. Im Falle der Sahnekapsel ströme das Gas (N2O) aus der Druckkapsel in den Gerätebehälter und bewirke das Aufschäumen des Schlagobers infolge der Ausdehnung des Gases nach dem Austreten des Füllgutes aus dem Sahnegerät. Die Wirkung des Gases sei hier eine rein mechanische. Im Falle der Sodakapsel ströme CO2 aus der Kapsel in den mit Leitungswasser befüllten Siphonbehälter, ginge mit Wasser in Lösung, durch Reaktion mit Wasser entstünde Kohlensäure, der pH-Wert des Wassers sinke und das Wasser enthalte dadurch den typischen leicht säuerlichen Geschmack.

In beiden Fällen enthielten die Kapseln ein definiertes, komprimierte Gas in einer bestimmten Menge.

Die Funktionsweise zwischen wieder befüllbaren Kapseln und Einwegkapseln sei ident, bis vor wenigen Jahrzehnten seien derartige Druckgaskapseln zumindest für Soda wieder befüllbar erhältlich gewesen.

Im Rahmen der demonstrativen Aufzählung im Anhang 2 sei als Beispiel auch die wieder befüllbare Stahlflasche für verschiedene Arten von Gasen genannt. Dabei handle es sich um Druckgasflaschen.

Eine Druckgasflasche sei ein Druckbehälter für den Transport und die Lagerung von unter hohem Druck stehenden Gasen wie Stickstoff, Sauerstoff, Kohlendioxid, Methangas, Aragon, Helium, Azetylen usw. die Gase dienten den unterschiedlichsten technischen bzw. auch medizinischen Zwecken. Die gehandelte Ware sei jeweils das komprimierte Gas. Beim Gebrauch des Gases habe die Flasche auch eine gewisse Funktion (Ventile, Anschlüsse, Druckregler und dergleichen seien angebracht), die Flasche würde allerdings nicht als integraler Teil des Produktes Druckgas gelten, sondern als Verpackung eingestuft werden. Druckbehälter mit kleinerem Volumen (oft für Einweg-Verwendung) würden Gaskartuschen genannt, noch kleinere auch Gaskapseln.

Bei einem anderen Beispiel aus der demonstrativen Aufzählung im Anhang 2 handle es sich um Getränkesystemkapseln (z.B. Nespressokapseln). Hier werde hinsichtlich der Einstufung zwischen Kapseln, welche nach Gebrauch leer seien (diese würden als Verpackung gelten) und Kapseln, welche mit Inhalt entsorgt würden (diese würden nicht als Verpackung gelten) unterschieden. Zwar sei das System der nach Gebrauch leeren Getränkesystemkapseln nicht weit verbreitet, die Anwendung (Einsetzen der Kapsel in ein Gerät-der Kapselinhalt werde in das Gerät überführt) sei allerdings mit der Anwendung der Sahne- und Sodakapseln durchaus vergleichbar.

Zusammenfassend sei auszuführen, dass es sich sich bei den gegenständlichen Druckgaskapseln um Behältnisse für komprimierte Gase handle. Diese Gase seien hinsichtlich chemischer Zusammensetzung, Masse, Aggregatzustand usw. klar spezifiziert. Das in der Kapsel abgefüllte Gas stelle daher eine handelbare Ware dar. Die Tatsache, dass die Kapseln unter Druck stünden, würden sie deswegen nicht zum Produktbestandteil machen. Die Kapsel stelle lediglich eine spezielle Verpackungsform dar, welche auf die speziellen Anforderungen des Füllgutes abgestimmt sei. Die Druckgaskapsel diene somit zur Aufnahme, zum Schutz, zur Handhabung, zur Lieferung und zur Darbietung der Ware. Die Kapsel selbst enthalte keinerlei Bestandteile, die eine aktive Funktion bei der Befüllung der Sahne- bzw. Sodageräte übernehmen würden. Die Kapsel werde aufgeschraubt, das Gas in das Gerät entleert und anschließend die leere Kapsel wieder entfernt. Von ihrer Funktion her entspräche die Kapsel den in Anhang 2 der Verpackungsverordnung als Beispiele für Verpackungen genannten wieder befüllbaren Stahlflaschen für verschiedene Arten von Gasen.

Aus der dazu ergangenen Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 19.04.2017 geht hervor, dass der Amtssachverständige die Funktionsweise der Druckgaskapseln richtig beschrieben habe, jedoch zu falschen Schlussfolgerungen gelangt sei. Er habe eine rechtliche Beurteilung der technischen Funktionsweise der Druckgaskapseln durchgeführt, was einem Amtssachverständigen nicht zustehe.

Die rechtlichen Schlussfolgerungen seien deswegen unrichtig, da sie von falschen Grundlagen ausgingen. So habe der Amtssachverständige zu Unrecht die von der Beschwerdeführerin vertriebenen Druckgaskapseln mit den im Anhang 2 genannten wieder befüllbaren Stahlflaschen verglichen. Druckgaskapseln seien jedoch nicht wieder befüllbar, daher seien seine Schlussfolgerungen falsch. Die Kapseln seien faktisch und technisch nicht wieder befüllbar. Ferner würden - in der Stellungnahme näher ausgeführte - hygienische, technische und wirtschaftliche Gründe dagegen sprechen, die Druckgaskapseln wieder befüllbar auszugestalten.

Daher sei zu folgern, dass die Umhüllung in der aktuellen Form einen integralen Bestandteil des Produktes darstelle.

Ferner sei die Ansicht des Amtssachverständigen unrichtig, wonach die Druckgaskapseln mit den im Anhang 2 genannten Getränkesystemkapseln vergleichbar seien. Es handle sich hier technisch betrachtet um unterschiedliche Kapseln. Weder die Verpackungsrichtlinie der EU noch der Anhang zur Verpackungsverordnung enthielten eine Definition des Begriffs „Getränkesystemkapseln“. Im Geschäftsverkehr seien derzeit vorwiegend derartige Getränkesystemkapseln für Kaffee im Umlauf. Die Funktionsweise ließe sich jedoch nicht mit jener von Druckgaskapseln vergleichen. Charakteristisch sei, dass den Kapseln auf mechanischem Wege eine leichte Öffnung zugefügt werde und durch diese Öffnung heißes Wasser einströme. Das heiße Wasser durchströme das gesamte Produkt, wodurch die entsprechenden Getränke entstünden. Bei Druckgaskapseln sei jedoch das Gegenteil der Fall. Durch das Einströmen des Gases würde dieses verbraucht und würde das neue Produkt „Sahne“ bzw. „Sodawasser“ entstehen.

Aus dem ergänzenden Gutachten des Sachverständigen vom 04.05.2017 geht hervor, dass Gegenstände dann als Verpackung gelten würden, wenn sie der Begriffsbestimmung des § 3 Ziffer 1 der Verpackungsverordnung 2014 unterliegen würden. Dies gelte auch dann, wenn Gegenstände andere Funktionen ebenso erfüllen würden, es sei denn, der Gegenstand sei integraler Teil eines Produktes, der zur Umschließung, Unterstützung oder Konservierung dieses Produktes während seiner gesamten Lebensdauer benötigt werde und alle Komponenten für die gemeinsame Verwendung, den gemeinsamen Verbrauch oder die gemeinsame Entsorgung bestimmt seien.

Aus technischer Sicht sei zur Frage ob die Druckgaskapsel während der gesamten Lebensdauer des darin enthaltenen Gases benötigt werde auszuführen, dass dies zu verneinen sei, als das enthaltene Gas in ein anderes Behältnis umgefüllt werde und erst dort seine Funktion erfülle. Die Entleerung eines Produktes aus seiner Umhüllung in anderes Behältnis stelle keine gemeinsame Verwendung, keinen gemeinsamen Verbrauch und auch keine gemeinsame Entsorgung dar. Hinsichtlich der Argumentation der Beschwerdeführerin, dass die gegenständlichen Druckgaskapseln aus hygienischen, technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht wieder befüllbar seien und daher der Vergleich mit den im Anhang 2 der Verpackungsverordnung als Verpackung genannten “wieder befüllbaren Stahlflaschen für verschiedene Arten von Gasen“ nicht zutreffend sei, sei festzuhalten, dass Anhang 2 eine demonstrative Auflistung enthalte. Wesentlich sei nicht die Wiederbefüllbarkeit, sondern die Funktion der Flaschen. Eine Druckgasflasche sei bis zur Entleerung des darin enthaltenen Gases erforderlich. Ob sie nach der Entleerung wieder befüllt werde oder nicht sei für die Einstufung der Flasche als Verpackung irrelevant. Wesentlich sei hier die Funktion. Daher sei der Vergleich der gegenständlichen Druckgaskapseln mit wieder befüllbaren Stahlflaschen zutreffend. Die Funktion der Gasumhüllung sei sowohl bei den Druckgaskapseln als auch bei den als Verpackung eingestuften wieder befüllbaren Stahlflaschen ident.

In der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 15.05.2017 führt sie zum ergänzenden Gutachten des Amtssachverständigen aus, dass bei den im Gutachten des Sachverständigen von 07.04.2017 richtig beschriebenen Vorgängen sich aus technischer Sicht ergebe, dass der Produktbestandteil „Gas“ in der gleichen Sekunde, in der es ausströme, entweder eine Verbindung mit dem Wasser oder der Sahne eingehe und dadurch die neuen Produkte „Schlagsahne“ oder „Sodawasser“ entstünden, wodurch das Produkt Druckgaskapseln untergehe und verbraucht werde. Das Produkt „Gas“ würde ohne die erforderliche Umhüllung nicht existieren. Dieser Ansicht sei auch der Amtssachverständige nicht entgegengetreten. Daraus folge, dass der integrale Produktbestandteil „Stahlumhüllung“ der Druckgaskapsel während der gesamten Lebensdauer des integralen Produktbestandteiles „Gas“ zur Umschließung und Konservierung bis zur gemeinsamen Verwendung und dem gemeinsamen Verbrauch benötigt werde gerade der Umstand der Notwendigkeit, nämlich dass ein Produktbestandteil zur Umschließung und zur Konservierung während der gesamten Lebensdauer benötigt werde, werde in der Verpackungsverordnung als Definition eines integralen Bestandteiles gebraucht.

Eine technische Möglichkeit, ein aus der Druckgaskapseln ausgetretenes Gas weiter bestehen zu lassen oder in die Verpackung rückzuführen, bestünde nicht.

Der Amtssachverständige handle voreingenommen und sei Experte für Abfallvermeidung und Abfallverwertung. Er habe offensichtlich von vornherein eine vorgefasste Meinung, welche einerseits auf der alten Rechtslage fuße und andererseits auf der Fixierung auf sein Fachgebiet und daher nicht zutreffend sein könne. Die technische Beurteilung der Stahlumhüllung durch den Sachverständigen Dr. B. sei zutreffend und richtig. Der Amtssachverständige habe falsch ausgeführt, dass bei entsprechenden Stahlkapseln von der Funktionsweise her kein Unterschied zwischen Einwegkapseln und wieder befüllbaren Kapseln bestünde und die Druckgaskapseln auch wieder befüllbar ausgeführt werden könnten. Dies sei unrichtig und werde im Ergänzungsgutachten auch nicht mehr bestritten.

Im Anhang 2 der Verpackungsverordnung seien nur wiederbefüllbare Stahlflaschen als Gegenstände angeführt, welche als Verpackung gelten würden. Nicht wieder befüllbare Stahlflaschen seien im Anhang nicht genannt, woraus sich zweifelsfrei ergebe, dass sie nicht als Verpackungen gelten würden.

Daraus ergebe sich, dass der Gesetzgeber und Verordnungsgeber allein das Kriterium der Wiederbefüllbarkeit oder eben das Kriterium der Nichtwiederbefüllbarkeit zum entscheidenden Unterscheidungskriterium dafür normiert habe, ob die Stahlflaschen als Verpackungen oder als Nicht-Verpackungen gelten sollten. Da die Druckgaskapseln der Beschwerdeführerin nicht wieder befüllbar seien und der Umschließung von Gasen dienten, würden die Bestimmungen des Anhanges 2 gelten und sie nicht als Verpackung einzustufen seien.

3.) In der Sache fand vor dem Verwaltungsgericht Wien am 02.05.2018 eine öffentliche Verhandlung statt, zu welcher zwei Vertreter der Beschwerdeführerin mit dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin, ein Vertreter der belangten Behörde sowie der amtliche Sachverständige, DI C., erschienen und Folgendes zu Protokoll gaben:

2 Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin gibt Folgendes zu Protokoll:

Die Adresse der Beschwerdeführerin ist nunmehr D.-gasse, Wien.

Wir möchten vorab auf drei Punkte hinweisen:

1.  Das Produkt, um welches es hier geht ist die jeweilige Stahlkapsel plus deren Inhalt. Das Produkt ist nicht das Gas alleine. Gase wie vorliegend sind anders auch zu erwerben, aber auf anderem Wege ist es nicht möglich, Soda oder Sahne herzustellen. Wenn man solche Geräte, wie vorliegend dafür gedacht, verwendet. Z.B. „Sodastream“ ist ein anderes System als gegenständlich vorliegend.

Auf Nachfrage des Behördenvertreters:

Unsere Kapseln sind technisch möglich auch bei anderen Geräten verwendet zu werden. Wir geben aber keine Garantie dafür ab. Z.B. sind unsere Kapseln verwendbar für E. und weitere Vertreiber. Die Beschwerdeführerin vertreibt Kapseln plus eigene Geräte. Diese sind technisch aufeinander abgestimmt.

Die Vertreter der Beschwerdeführerin (A. GmbH ) geben als Partei einvernommen Folgendes zu Protokoll:

Dazu ist noch auszuführen, dass es natürlich grundsätzlich für die beiden gegenständlichen Gase die Funktion gibt, einerseits bei Wasser zu karbonisieren, bzw. Aufschlaghilfe für Schlagobers zu sein (bzw. für andere Produkte), andererseits für die gegenständlichen Produkte die weitere Funktion der Gase relevant ist: Nämlich die Treibgasfunktion. Diese unterstützt, dass das jeweilige hergestellte Produkt entnommen werden kann. Daher bleibt ein Teil des zugeführten Gases in der Flasche, um diese Treibgasfunktion zu erfüllen.

2.   Wir möchten darauf hinweisen, dass nach Ansicht der Behörde die Kapsel eine „aktive Funktion“ haben soll und wird ausgeführt, dass sie diese nicht hat. Jedoch fordert das Gesetz nicht, dass eine derartige aktive Funktion vorliegen muss. Gegenständlich ist eine Umhüllung bis zur gemeinsamen Entsorgung von Gesetzes wegen nicht gefordert und daher gegenständlich auch nicht entscheidungsrelevant.

3.  Möchten wir darauf hinweisen, dass ein Teil des Gases, welches die Treibgasfunktion übernimmt, im Siphon bzw. Flasche vorhanden ist. Das Gas ist nicht mehr entnehmbar. Mit entnehmbar meinen wir rückführbar.

Der Vertreter der belangten Behörde gibt Folgendes zu Protokoll:

Zu 1. Punkt:

Dazu möchte ich auf § 3 Z 1 lit a der Verpackungsverordnung verweisen:

Auch wenn es andere Funktionen noch gibt, können Gegenstände dennoch als Verpackung eingestuft sein. Daher ist eine Verpackung nicht dann jedes Mal zu verneinen, wenn auch eine andere Funktion vorliegt.

Ferner möchte ich zum 1. Punkt, wie oben dargelegt, ausführen:

§ 3 Z 1 lit a, aa und bb stellen Ausnahmebestimmungen dar für integrale Teile. Aus der Formulierung unter aa: „zur Umschließung … dieses Produkts“ ergibt sich, dass das Produkt nur das Gas selbst sein kann, Produktbegriffe, welche Gas und Umhüllung umfassen, ergibt sich daraus nicht.

Zu 2. Punkt:

Zur aktiven Funktion:

Wir sind davon ausgegangen, dass drei Komponenten relevant sind:

-    integraler Teil

-    zur Konservierung während der gesamten Lebensdauer des Produktes

-    Und alle Komponenten für den gemeinsamen Verbrauch/Verwendung

Ob man nun dies als drei Komponenten sieht oder als zwei, ist insofern nicht relevant: Denn wenn es kein integraler Teil ist, dann sind die möglichen Ausnahmen jedenfalls nicht relevant und zutreffend.

Im Bescheid wurde von uns vor allem die Frage behandelt, ob ein integraler Teil gegenständlich vorliegt.

Es stimmt, das Gesetz sieht keine „aktive Funktion“ vor, aber in der Behördenpraxis wird jedenfalls dahingehend unterschieden, ob Bestandteile, wie etwa der Verschluss, komplex sind, eine zusätzliche Funktion haben und insofern „aktiv“ sind, oder nicht. Relevant war gegenständlich, dass der vorliegende Verschluss der Kapsel nur Verschluss ist und insofern nicht komplex genug.

Dazu der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin:

Der Verschluss ist Teil der Umhüllung.

Dazu der Amtssachverständige:

Ich bringe ein Beispiel des Einwegfeuerzeuges. Dieses steht auch unter Druck, ist eine Gasverpackung mit Zündmechanismus. Das Feuerzeug hat daher noch mehr Funktionen als bloß das Gas aufzubewahren. Ein derartiges Produkt ist keine Verpackung. Die Hülle ist ein integraler Teil. Die wesentliche Funktion besteht in der zusätzlichen Funktion des Produktes, Feuer zu erzeugen und nicht nur Gas aufzubewahren.

Die Funktion der Umschließung, Unterstützung und Konservierung des Produktes ist immer grundlegend notwendig.

Der Prokurist der Beschwerdeführerin führt aus:

Diese Funktionen sind nötig solange das Produkt existiert. Relevante Frage ist hier, ob diese Funktionen während der gesamten Lebensdauer des Produktes notwendig ist oder nicht. Dies trifft nicht auf alle Produkte zu und ist eine relevante Abgrenzungsfrage.

Der Vertreter der belangten Behörde gibt weiters an:

Neben diesen drei Kriterien gibt es noch weitere Kriterien im Satz 1 § 3 Z 1 der Verordnung. Diese sind jedenfalls Kriterien grundlegender Art für eine Verpackung.

Zu § 3 Z 1 lit bb:

Eine gemeinsame Behandlung liegt nicht vor, ebenso wenig gemeinsamer Verbrauch. Im Ergänzungsgutachten hat der Amtssachverständige die gemeinsame Verwendung verneint, ebenso den gemeinsamen Verbrauch.

Die Vertreter der Beschwerdeführerin geben an:

Wir gehen davon aus, dass ein gemeinsamer Verbrauch und gemeinsame Verwendung vorliegt. Dies deswegen, da beim Austritt des Gases, wie dargelegt, dieses untergeht und ein neues Produkt entsteht. Das heißt, das Gas geht unter: Es verändert sich und ist nicht mehr in den alten Zustand rückführbar.

Der Amtssachverständige dazu:

Es entsteht bei Co² gegenständlich nur teilweise Kohlensäure bei Mineralwasser. Zu einem überwiegenden Teil liegt das Co² gelöst im Wasser vor.

Die Vertreter der Beschwerdeführerin dazu:

Ein weiterer Teil ist Treibgas.

Die Kapsel hat Verpackungsfunktion, aber sie ist integraler Bestandteil.

Die Funktion der Kapsel ist die Konservierung, Umhüllung und Umschließung des Gases während der gesamten Lebensdauer des Gases.

Das Beispiel, welches der Amtssachverständige gerade gebracht hat:

Salz kann man in verschiedenen Verpackungen kaufen, es gibt unterschiedliche Möglichkeiten der Umschließung. Salz wird nach Beigabe in Speisen mit diesen vermischt (wie hier). Jedoch ist beim gegenständlichen Produkt und dem gegenständlichen System der Anwendung (spezielle Geräte) es so, dass es keine andere Handelsform für das Gas gibt als diese speziellen Druckkapseln. Dies ist der relevante Unterschied zu z.B. Salz. Das ist für uns der wesentliche Unterschied. Darüber hinaus hat Salz auch noch andere Funktionen als Würze.

Der Amtssachverständige führt aus:

Zum Beispiel der wiederbefüllbaren Stahlflaschen:

Ich selbst bin im technischen Ausschuss … zur Erlassung der Verpackungsrichtlinie gewesen …: Zum Werdegang kann ich sagen, dass die Beispielliste lang diskutiert wurde und dann Konsens erzielt wurde, dass diese Stahlflaschen auch darunter fallen. Bei Nicht-Wiederbefüllbaren Stahlflaschen war dies von vornherein unstrittig, sonst wären diese auch in die Liste aufgenommen worden. Gleichgelagert ist zum gegenständlichen Fall der Umstand, dass es sich um komprimiertes Gas handelt, welches einen Druckbehälter braucht.

Darauf der Prokurist der Beschwerdeführerin:

Beispiel Nespresso im Vergleich zu anderen entleerbaren Systemkapseln:

Relevant bei diesen Beispielen ist, ob es integraler Bestandteil ist.

Der Vertreter der belangten Behörde führt aus:

Es handelt sich um eine demonstrative Aufzählung im Anhang, daraus kann man daher nicht e contrario einen Ausschluss daraus schließen.

Darauf die Vertreter und der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin:

Das Gas kommt unter Druck in das Behältnis mit flüssigem Schlagobers und geht schon in diesem Zeitpunkt eine Verbindung mit dem flüssigen Schlagobers ein. Das Gas ist darin gelöst, ein Teil des Gases bleibt als Treibgas ohnedies übrig. Man könnte daher ab diesem Zeitpunkt kein flüssiges Schlagobers mehr aus der Flasche entnehmen, auch wenn man das Gas auslässt.

Jedoch ist nach der Entnahme nochmals eine Änderung des Volumens des Schlagobers gegeben und möglicherweise auch der Konsistenz.

Ähnlich verhält es sich beim Co².

In der Druckgaskapsel ist das Gas flüssig, die Kapsel ist zu 75% gefüllt.

Auf Vorhalt der Stellungnahme der Beschwerdeführerin, wonach bei Beschädigung der Kapsel das Gas entweicht, sich mit Luft vermischt und untergeht:

Im Gegensatz zu z.B. Mineralwasser, Wein, Bier: Es gibt keine andere Form der Aufbewahrung für dieses Gas bezogen auf das spezielle Produktsystem der Beschwerdeführerin als die vorliegende Stahlkapsel. Wasser, Bier, … könnte man bei Beschädigung auch in einem anderen Behältnis aufbewahren.

Auf Vorhalt der Stellungnahme vom 15.05.2017:

Produkt/Produktbestandteil: Für uns ist das Produkt: Sahne/Sodakapsel plus Inhalt. Sohin alles in allem die Stahlkapsel mit Umhüllung (z.B. Rostschutz) und Inhalt.

Der Amtssachverständige erklärt:

Auch die als Beispiel genannten Stahlflaschen sind solche, welche mittels Gas unter Druck stehen.

Der Rechtsvertreter und die Vertreter der Beschwerdeführerin geben an:

Für die gegenständliche Handhabung und Benutzung ist es relevant, dass das Gas unter Druck steht und eine bestimmte Menge vorhanden ist.

Die Menge ist daher für eine einmalige Verwendung in einer „Haushaltsmenge“ gedacht, würde man eine größere Aufbewahrung des Gases wählen, dann müsste man für die Entnahme dosieren, sonst wäre es ein Sicherheitsrisiko, wenn zu viel Gas in das Gerät einströmt. Eine Dosierung wäre bei diesem System an Geräten nicht möglich.

Der Amtssachverständige:

Wie oben dargelegt, ist ein Teil des Co² gelöst in Wasser, ein geringer Teil ist Kohlensäure und ein Teil ist als Gas in nach wie vor komprimierter (jedoch weniger komprimiert als vorher) Teil in der Flasche vorhanden und wirkt als Treibgas. Wieviel Anteil an Gas der letzte Teil ist, kann ich nicht sagen.

Der Rechtsvertreter und die Vertreter der Beschwerdeführerin:

Noch zur Frage einer „aktiven Funktion“:

Die Funktion der Kapsel ist eine statische (keine dynamische).“

4.) Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Die Verpackungsverordnung 2014, BGBl. II Nr. 184/2014 (idF VerpackVO 2014) lautet auszugsweise wie folgt:

Begriffsbestimmungen

§ 3. Im Sinne dieser Verordnung ist oder sind

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

„Verpackungen“ aus verschiedenen Packstoffen hergestellte Packmittel, Packhilfsmittel oder Paletten zur Aufnahme, zum Schutz, zur Handhabung, zur Lieferung und zur Darbietung von Waren. Der Begriff Verpackungen wird zusätzlich durch die nachstehenden Kriterien bestimmt. Die in Anhang 2 angeführten Gegenstände sind Beispiele für die Anwendung dieser Kriterien.

a)

Gegenstände gelten als Verpackungen, wenn sie der oben genannten Begriffsbestimmung entsprechen, unbeschadet anderer Funktionen, die die Verpackung möglicherweise ebenfalls erfüllt, es sei denn,

aa)

der Gegenstand ist integraler Teil eines Produkts, der zur Umschließung, Unterstützung oder Konservierung dieses Produkts während seiner gesamten Lebensdauer benötigt wird, und

bb)

alle Komponenten sind für die gemeinsame Verwendung, den gemeinsamen Verbrauch oder die gemeinsame Behandlung bestimmt.

Anhang 2 der Verordnung lautet auzusgweise:

Beispiele für Verpackungen gemäß § 3 Z 1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

Gegenstände gelten als Verpackungen, wenn sie der in § 3 Z 1 genannten Begriffsbestimmung entsprechen, unbeschadet anderer Funktionen, die die Verpackung möglicherweise ebenfalls erfüllt, es sei denn, der Gegenstand ist integraler Teil eines Produkts, der zur Umschließung, Unterstützung oder Konservierung dieses Produkts während seiner gesamten Lebensdauer benötigt wird, und alle Komponenten sind für die gemeinsame Verwendung, den gemeinsamen Verbrauch oder die gemeinsame Entsorgung bestimmt.

 

Beispiele für dieses Kriterium

Gegenstände, die als Verpackungen gelten

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schachteln für Süßigkeiten

Klarsichtfolie um CD-Hüllen

Versandhüllen für Kataloge und Magazine mit Inhalt

Backförmchen für kleineres Backwerk, die mit dem Backwerk verkauft werden

Rollen, Röhren und Zylinder, um die flexibles Material aufgespult ist (z.B. Kunststofffolie, Aluminium, Papier), ausgenommen Rollen, Röhren und Zylinder, die Teile einer Produktionsanlage sind und nicht zur Aufmachung eines Produkts als Verkaufseinheit verwendet werden

Blumentöpfe, die nur für den Verkauf und den Transport von Pflanzen bestimmt sind und in denen die Pflanze nicht während ihrer Lebenszeit verbleiben soll

Glasflaschen für Injektionslösungen

CD-Spindeln (die mit CDs verkauft werden und nicht zur Lagerung verwendet werden sollen)

Kleiderbügel (die mit einem Kleidungsstück verkauft werden)

Streichholzschachteln

Sterilbarrieresysteme (Beutel, Trays und Materialien, die zur Erhaltung der Sterilität des Produkts erforderlich sind)

Getränkesystemkapseln (zB Kaffee, Kakao, Milch), die nach Gebrauch leer sind

Wiederbefüllbare Stahlflaschen für verschiedene Arten von Gasen, ausgenommen Feuerlöscher

 

Gegenstände, die nicht als Verpackungen gelten

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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