TE Vwgh Erkenntnis 1999/8/24 98/11/0192

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Veröffentlicht am 24.08.1999
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Index

90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §26 Abs3 idF 1998/I/002;
FSG 1997 §26 Abs7 idF 1998/I/002;
FSG 1997 §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des EK in O, vertreten durch Dr. Manfred Brugger, Rechtsanwalt in Silz Nr. 90, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 26. Juni 1998, Zl. IIb2-3-7-1-187/3, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, Nachschulung und ärztliche Untersuchung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit eine Nachschulung und eine amtsärztliche Untersuchung des Beschwerdeführers angeordnet werden, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 17. November 1997 wurde "gemäß § 26 Abs. 3" Führerscheingesetz-FSG

1. die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers für die Klasse B für vier Monate entzogen, 2. eine Nachschulung und 3. eine amtsärztliche Untersuchung des Beschwerdeführers angeordnet. Der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 17. Februar 1998 keine Folge gegeben. Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass an die Stelle des dort zitierten § 26 Abs. 3 "§ 24 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 3 und § 26 Abs. 2 Z. 2 FSG" treten.

In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 26 Abs. 2 Z. 2 FSG (in der Fassung BGBl. I Nr. 2/1998) ist, wenn beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b oder c StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen. Gemäß § 26 Abs. 8 FSG hat die Behörde bei einer Entziehung nach Abs. 1 Z. 3 oder Abs. 2 Z. 1 begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 anzuordnen, bei einer Entziehung gemäß Abs. 2 Z. 1 zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8.

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, zu Unrecht die strengeren Bestimmungen des FSG statt des KFG 1967 angewendet zu haben, da sich der gegenständliche Vorfall vom 18. Oktober 1997 noch vor dem Inkrafttreten des FSG ereignet habe.

Das FSG ist mit 1. November 1997 in Kraft getreten. Nach seinem § 41 Abs. 1 waren die bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängigen Verfahren auf Grund der §§ 64 bis 77 KFG 1967 nach der bisher geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Ein Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung wird nicht schon anhängig, wenn ein Tatbestand verwirklicht wird, auf den eine Entziehung gestützt werden kann, oder wenn Straßenaufsichtsorgane Ermittlungen durchführen oder Anzeige erstatten, sondern erst mit dem ersten Verfahrensschritt, den die Kraftfahrbehörde setzt, um die Voraussetzungen für eine Entziehung zu prüfen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. August 1998, Zl. 98/11/0132). Die Aktenlage bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass auf Grund der am 29. Oktober 1997 bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck eingelangten Anzeige gegen den Beschwerdeführer noch vor dem Inkrafttreten des FSG Ermittlungen zur Entziehung der Lenkberechtigung eingeleitet worden wären. Mit Datum 17. November 1997 wurde ein (am 19. November 1997 zugestellter) Mandatsbescheid genehmigt. Ermittlungen zur Entziehung der Lenkberechtigung wurden der Aktenlage nach erstmals am 9. Dezember 1997 eingeleitet (Anfrage an den zuständigen Gendarmerieposten, Strafregisterauskunft). Mangels Anhängigkeit eines Verfahrens zur Entziehung der Lenkerberechtigung nach dem KFG 1967 im Zeitpunkt des Inkrafttretens des FSG waren somit im Beschwerdefall die Bestimmungen dieses Gesetzes anzuwenden.

Die Kraftfahrbehörden gingen von der Annahme aus, der Beschwerdeführer habe in der Nacht zum 18. Oktober 1997 einen näher bezeichneten LKW in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und anschließend trotz entsprechender Aufforderung durch Straßenaufsichtsorgane eine Untersuchung des Alkoholgehaltes seiner Atemluft verweigert. Nach der Darstellung in der Anzeige vom 25. Oktober 1997 spielte sich der Vorfall vom 18. Oktober 1997 an näher bezeichneten Örtlichkeiten in der Zeit zwischen etwa 1 Uhr 23 und 1 Uhr 30 ab. Danach hielt der Beschwerdeführer bei einer Verkehrskontrolle trotz deutlich gegebener Anhaltezeichen mit dem von ihm gelenkten LKW nicht an. Daraufhin von den zwei kontrollierenden Straßenaufsichtsorganen verfolgt, stellte er den LKW auf einem näher bezeichneten Parkplatz ab und entfernte sich, nachdem er auf der Fahrerseite ausgestiegen war, eilig, ohne den Straßenaufsichtsorganen Beachtung zu schenken. Von den ihm unmittelbar folgenden Organen angehalten und zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert, verweigerte er diese.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, sich zur Tatzeit in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden und die Untersuchung der Atemluft verweigert zu haben. Er stellt lediglich das vorausgehende Lenken eines Kraftfahrzeuges in Abrede. Der LKW sei nicht von ihm sondern von seinem (nunmehr in der Türkei weilenden) Bruder gelenkt worden.

Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer selbst habe bei dem der Anzeige vom 25. Oktober 1997 zugrunde liegenden Vorfall den LKW gelenkt, als unhaltbar darzutun. Diese Annahme kann sich auf die mit den Angaben in der Anzeige übereinstimmenden Aussagen der den Beschwerdeführer kontrollierenden Straßenaufsichtsorganen stützen, sie hätten den ihnen bekannten Beschwerdeführer bereits beim vergeblichen Anhalteversuch als Lenker des LKW's erkannt, sie hätten das Fahrzeug unmittelbar darauf bis zum Abstellen auf dem näher bezeichneten Parkplatz verfolgt, hätten den Beschwerdeführer beim Aussteigen auf der Fahrerseite beobachtet, wobei sie keine andere Person im Fahrzeug hätten wahrnehmen können, sie seien dem sich eilig vom abgestellten Fahrzeug entfernenden Beschwerdeführer gefolgt und hätten ihn sodann angehalten und kontrolliert, wobei sich der Beschwerdeführer mit einem österreichischen Personalausweis ausgewiesen habe. Dass die belangte Behörde die von den beiden Straßenaufsichtsorganen bezeugte Darstellung des Geschehens für zutreffend erachtet hat und nicht der gegenteiligen, erst in der vom Rechtsvertreter verfassten Vorstellung vom 1. Dezember 1998 aufgestellten Behauptung gefolgt ist, nicht der Beschwerdeführer, sondern sein nunmehr in der Türkei weilender Bruder habe den LKW gelenkt, begegnet insbesondere deshalb keinen Bedenken, weil der Beschwerdeführer bei seiner Anhaltung durch die Straßenaufsichtsorgane seinen Bruder mit keinem Wort erwähnt hat. Dazu kommt, dass von den zwei in der Vorstellung als Beobachter des Geschehens zum Beweis dafür namhaft gemachten Zeugen, dass der Beschwerdeführer zu Fuß unterwegs gewesen, nicht von einem Gendarmeriefahrzeug verfolgt worden und auch nicht aus dem LKW ausgestiegen sei, der eine Zeuge erklärte, er kenne den Beschwerdeführer nicht und wisse auch nicht, um wen es sich handle, und der andere Zeuge an der angegebenen Anschrift unbekannt ist. Das gerügte Unterbleiben der Vernehmung weiterer vom Beschwerdeführer genannter Zeugen stellt deshalb keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, weil der Beschwerdeführer selbst nie behauptet hat, sie seien unmittelbare Zeugen des hier maßgeblichen Teiles des Vorfalles gewesen. Desgleichen bildet das gerügte Unterbleiben eines Ortsaugenscheines keinen wesentlichen Verfahrensmangel. Dies zum einen wegen der Unbestimmtheit des Beweisthemas ("Feststellung der Unrichtigkeit der Angaben der Gendarmeriebeamten" - Stellungnahme vom 11. Februar 1998) und zum anderen wegen dessen mangelnder Relevanz (auf die in der Berufung bezweifelte eindeutige Erkennbarkeit bei der vereitelten Fahrzeugkontrolle kommt es angesichts dessen nicht an, dass die Straßenaufsichtsorgane den Beschwerdeführer beim Abstellen des LKW's beobachteten, ihm sodann unmittelbar folgten und nach seiner Anhaltung seine Identität zweifelsfrei feststellten).

Rechtswidrig ist der angefochtene Bescheid allerdings insoweit, als damit ohne gesetzliche Grundlage eine Nachschulung und eine amtsärztliche Untersuchung des Beschwerdeführers angeordnet wurden. Die Rechtsgrundlage für derartige Anordnungen im Falle der Verweigerung der Untersuchung der Atemluft wurde erst durch die am 22. Juli 1998 (sohin nach Erlassung des angefochtenen Bescheides) in Kraft getretene zweite Führerscheingesetznovelle, BGBl. I Nr. 94/1998, (Z. 15 bis 17) geschaffen.

Der angefochtene Bescheid war somit in dem im Spruch bezeichneten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. August 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998110192.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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