TE Lvwg Erkenntnis 2018/11/21 LVwG-AV-1135/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.11.2018
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Entscheidungsdatum

21.11.2018

Norm

BAO §215 Abs4
BAO §239 Abs1
BauO NÖ 2014 §38
BauO NÖ 2014 §39

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde des A, vertreten durch B, Rechtsanwälte in ***, vom 15. Oktober 2018 gegen den Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 6. September 2018, Zahl: ***, mit welchem einer Berufung gegen einen Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 20. Juli 2018, Zahl: ***, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Rückerstattung eines Abgabenbetrages in Höhe von € 8.959,75, keine Folge gegeben wurde, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 279 Bundesabgabenordnung – BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1. Sachverhalt und verwaltungsbehördliches Verfahren:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 26. Juli 1979, AZ.: ***, wurden den damaligen Eigentümern des Grundstückes Nr. ***, KG ***, anlässlich der Teilung für die neu entstandenen Bauplätze Nr. *** und Nr. *** jeweils Aufschließungsbeiträge in Höhe von ATS 43.206,- bzw. ATS 44.628,- vorgeschrieben.

Mit Kaufvertrag vom 28. Februar 2017 kaufte Herr A (in der Folge: Beschwerdeführer) das Grundstück *** (Fläche 777 m²), EZ. ***. Sein Eigentumsrecht wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 8. März 2017 zu TZ. *** einverleibt.

Mit Kaufvertrag vom 28. Februar 2017 kaufte der Beschwerdeführer das Grundstück *** (alt, Fläche 829 m²), EZ. ***. Sein Eigentumsrecht wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 8. März 2017 zu TZ. *** einverleibt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 31. Oktober 2017 wurde dem Beschwerdeführer die Vereinigung der beiden Grundstücke *** (EZ ***) und *** (EZ ***) bewilligt. Das Grundstück *** wurde dem Grundstück *** (EZ ***) mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 7. Jänner 2018 zu TZ. *** und *** zugeschrieben.

Das nunmehrige Grundstück Nr. *** (neu, Fläche 1606 m²), EZ. ***, KG ***, befindet sich im alleinigen Eigentum des Beschwerdeführers.

Dem Beschwerdeführer wurde weder eine Aufschließungsabgabe noch eine Ergänzungsabgabe vorgeschrieben. Ebenso wenig wurden von ihm Zahlungen aus einem dieser Titel an die Abgabenbehörde geleistet.

Mit Schreiben vom 12. Februar 2018 stellte der Beschwerdeführer an den Bürgermeister der Marktgemeinde *** einen „Antrag auf Rückerstattung der anteiligen Aufschließungsgebühr“ in Höhe von € 8.959,75.

Da beim Teilen eines aufgeschlossenen Grundstückes eine Ergänzungsabgabe nach den derzeitig geltenden Sätzen zu entrichten sei, müsse nach dem Gleichheitsprinzip im umgekehrten Fall der Zusammenlegung zweier bereits aufgeschlossener Grundstücke eine Rückerstattung der Differenz erfolgen. Nach Zusammenlegung der Grundstücke *** und *** betrage diese nach seiner Berechnung € 8.959,75. Er stelle den Antrag auf Rückzahlung und ersuche um bescheidmäßige Erledigung.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 20. Juli 2018, Zahl: ***, wurde dieser Antrag des Beschwerdeführers vom 12. Februar 2018 als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass die NÖ Bauordnung im gegenständlichen Fall keine gesetzliche Bestimmung für eine Rückzahlung einer Aufschließungsabgabe in der beantragten Form vorsehe.

Mit Schriftsatz vom 2. August 2018 erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung Berufung gegen diesen Bescheid. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass sich durch die nunmehrige Vereinigung der Grundstücke *** und *** gegenüber den Aufschließungskosten für das Gesamtgrundstück eine Überzahlung von € 8.959,75 ergebe.

Es sei richtig, dass die NÖ Bauordnung 2014 für den Fall der Teilung eines Grundstückes die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe vorsehe. Das Gesetz enthalte keine Bestimmung für den Fall der Zusammenlegung zweier Grundstücke, für die bereits zuvor Aufschließungskosten vorgeschrieben worden seien.

Aufgrund der gesetzlichen Berechnungsformel gebe sich für zwei Grundstücke ein höherer Betrag als für ein Grundstück im gesamten summierten Ausmaß. Damit liege eine Ungleichbehandlung vor, die einen Eingriff in Eigentumsrechte des Grundstückseigentümers bedeute. Die Gemeinde habe noch keinen Aufwand getätigt für zwei Grundstücke, durch die Zusammenlegung zu einem Grundstück verringere sich der Aufwand der Gemeinde. Das Gesetz enthalte eine einseitige und gleichheitswidrige Bestimmung, dass bei Teilung zwar eine Ergänzungsabgabe vorgeschrieben werden könne, bei Zusammenlegung eine Refundierung einer Überzahlung nicht erfolge. Bei analoger Anwendung der Bestimmungen des § 39 NÖ Bauordnung ergebe sich indirekt ein Anspruch auf Ausstellung einer Gutschrift für den Eigentümer von zwei zusammengelegten Grundstücken.

Dem Beschwerdeführer sei bewusst, dass allenfalls die Befassung des Verfassungsgerichtshofes notwendig sei, um abzuklären, ob die Bestimmungen der NÖ Bauordnung verfassungswidrig seien.

Diese Berufung vom 2. August 2018 gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters vom 20. Juli 2018 wurde vom Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** in seiner Sitzung vom 6. September 2018 behandelt. Dabei wurde vom Gemeindevorstand beschlossen, der Berufung keine Folge zu geben.

Mit dem aufgrund dieses Beschlusses ausgefertigten, nunmehr angefochtenen Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 6. September 2018, Zahl: ***, wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 20. Juli 2018 keine Folge gegeben und die Abweisung seines Rückerstattungsantrages abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Höhe des vom Beschwerdeführer ermittelten Rückzahlungsbetrages nicht nachvollzogen werden könne, bei der erstmaligen Entrichtung der Aufschließungsabgabe sei ein Betrag von € 6.383,- (umgerechnet von ATS) bezahlt worden. Wie schon im Bescheid des Bürgermeisters angeführt, könne festgestellt werden, dass keine gesetzliche Bestimmung für eine Rückzahlung einer Aufschließungsabgabe vorgesehen sei.

Dagegen richtet sich die mit Schreiben vom 15. Oktober 2018 durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung eingebrachte Beschwerde des A. Beantragt wurde die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass dem Antrag auf Rückerstattung stattgegeben werde.

Im Wesentlichen wird das Berufungsvorbringen wiederholt. Es fehle eine gesetzliche Regelung für den Fall, dass zwei getrennte Grundstücke zusammengelegt werden, wohingegen gemäß § 39 NÖ Bauordnung bei einer Trennung von Grundstücken eine Ergänzungsabgabe vorgeschrieben werden könne.

Es besteht kein logischer Grund für eine Ungleichbehandlung dieser beiden Fälle. Es müsse daher auch konsequenterweise die Zusammenlegung von Grundstücken geregelt werden und wäre die Ungleichbehandlung als gleichheitswidrig anzusehen und stelle einen unzulässigen Eingriff in das Eigentum eines österreichischen Staatsbürgers dar. Es werde daher angeregt, dass das Landesverwaltungsgericht eine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der betreffenden Bestimmungen der NÖ Bauordnung beim VfGH beantrage, um eine allfällige Verfassungswidrigkeit überprüfen zu können.

Die Beschwerde wurde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes am 29. Oktober 2018 zur Entscheidung vorgelegt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch.

Im Wesentlichen ist der festgestellte Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid sowie aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers.

2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung (BAO):

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 215. (1) Ein sich aus der Gebarung (§ 213) unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen ist zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

(2) Das nach einer gemäß Abs. 1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde des Bundes verbleibende Guthaben ist zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde des Bundes hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

(3) Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so ist ein nach Anwendung der Abs. 1 und 2 noch verbleibendes Guthaben unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen zugunsten derjenigen zu verwenden, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes im eigenen Namen über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

(4) Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.

§ 239. (1) Die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) kann auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so können Rückzahlungen mit Wirkung für ihn unbeschadet der Vorschrift des § 80 Abs. 2 nur an diejenigen erfolgen, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

(2) Die Abgabenbehörde kann den Rückzahlungsbetrag auf jenen Teil des Guthabens beschränken, der die der Höhe nach festgesetzten Abgabenschuldigkeiten übersteigt, die der Abgabepflichtige nicht später als drei Monate nach der Stellung des Rückzahlungsantrages zu entrichten haben wird.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

2.2. NÖ Bauordnung 2014:

Aufschließungsabgabe

§ 38. (1) Dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland ist von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2

         1.       ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz (§ 11) erklärt oder

         2.       eine Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage (§ 23 Abs. 3) auf einem Bauplatz nach § 11 Abs. 1 Z. 2, 3 und 5 erteilt wird.

Die Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage auf einem Bauplatz gilt als erstmalig, wenn auf diesem Bauplatz am 1. Jänner 1970 und danach kein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden ist. Die Aufschließungsabgabe nach Z. 2 ist nicht vorzuschreiben, wenn die Errichtung eines Gebäudes nach § 23 Abs. 3, vorletzter Satz, bewilligt wird. Wird auf demselben Bauplatz ein weiteres Gebäude Gebäude im Sinn des § 23 Abs. 3 erster Satz oder eine großvolumige Anlage errichtet, ist die Abgabe vorzuschreiben.

(3) Die Aufschließungsabgabe (A) ist eine einmal zu entrichtende, ausschließliche Gemeindeabgabe nach § 6 Abs. 1 Z. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45/1948 in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012. Sie wird aus dem Produkt von Berechnungslänge (BL), Bauklassenkoeffizient (BKK) und Einheitssatz (ES) errechnet:

A = BL x BKK x ES

Bei der Vorschreibung ist jeweils der zum Zeitpunkt der Bauplatzerklärung oder Erteilung der Baubewilligung (Abs. 1) geltende Bauklassenkoeffizient und Einheitssatz anzuwenden. …

(4) Die Berechnungslänge ist die Seite eines mit dem Bauplatz flächengleichen Quadrates:

Bauplatzfläche = BF
BL = ?BF

(5) Der Bauklassenkoeffizient beträgt:

in der Bauklasse I       1,00 und

bei jeder weiteren zulässigen Bauklasse um je  0,25 mehr,

in Industriegebieten ohne Bauklassenfestlegung 2,00

bei einer Geschoßflächenzahl

- bis zu 0,8        1,5

- bis zu 1,1        1,75

- bis zu 1,5        2,0

- bis zu 2,0        2,5 und

- über 2,0        3,5

Ist eine höchstzulässige Gebäudehöhe festgelegt, ist der Bauklassenkoeffizient von jener Bauklasse abzuleiten, die dieser Gebäudehöhe entspricht.

Im Baulandbereich ohne Bebauungsplan beträgt der Bauklassenkoeffizient mindestens 1,25, sofern nicht eine Höhe eines Gebäudes bewilligt wird oder zulässig ist, die einer höheren Bauklasse entspricht als der Bauklasse II.

(…)

Ergänzungsabgabe

§ 39. (1) Bei der Änderung der Grenzen von Bauplätzen (§ 10) ist für jeden der neugeformten Bauplätze eine Ergänzungsabgabe vorzuschreiben, wenn das Gesamtausmaß oder die Anzahl der Bauplätze vergrößert wird. Der Abgabentatbestand ist erfüllt, wenn auf der vorgelegten Anzeige und dem Duplikat die Bestätigung der Nichtuntersagung (§ 10 Abs. 5 erster Satz) oder die Bezugsklausel (§ 10 Abs. 5 zweiter Satz) angebracht wird (Datum der Bestätigung oder der Bezugsklausel). …

Die Höhe der Ergänzungsabgabe (EA) wird wie folgt berechnet:

Von der Summe der neuen Berechnungslängen wird die Summe der damaligen Berechnungslängen abgezogen. Der Differenzbetrag wird mit dem zur Zeit der Anzeige der Grenzänderung (§ 10) geltenden Bauklassenkoeffizienten und Einheitssatz multipliziert und das Produkt nach dem Verhältnis der neuen Berechnungslängen auf die neuen Bauplätze aufgeteilt;

z. B. 3 Bauplätze neu (1, 2, 3), 2 Bauplätze alt (a, b)

EA = [(BL1 + BL2 + BL3) – (BLa + BLb)] x BKK x ES

EA/m (Ergänzungsabgabe pro Meter) = EA : (BL1 + BL2 + BL3)

EA für Bauplatz 1 = EA/m x BL1

EA für Bauplatz 2 = EA/m x BL2

EA für Bauplatz 3 = EA/m x BL3

Erfolgt die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe für einen Bauplatz, der durch eine Teilfläche des Grundstücks vergrößert wurde, für das eine Vorauszahlung nach § 38 Abs. 2 vorgeschrieben wurde, sind die entrichteten Teilbeträge anteilsmäßig zu berücksichtigen. Der Anteil ergibt sich aus dem Verhältnis des Ausmaßes der Teilfläche zum Gesamtausmaß der Grundstücksfläche, für die die Vorauszahlung nach § 38 Abs. 2 entrichtet wurde. Bei der Berechnung der auf den Anteil entfallenden Vorauszahlung ist der Einheitssatz, der der Vorschreibung der Ergänzungsabgabe zu Grunde zu legen ist, heranzuziehen.

(3) Eine Ergänzungsabgabe ist auch vorzuschreiben, wenn mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2 eine Baubewilligung für den Neu- oder Zubau eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage erteilt wird und

- bei einer Grundabteilung (§ 10 Abs. 1 NÖ Bauordnung, LGBl. Nr. 166/1969, und NÖ Bauordnung 1976 bzw. NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200) nach dem 1. Jänner 1970 ein Aufschließungsbeitrag bzw. nach dem 1. Jänner 1989 eine Ergänzungsabgabe oder

- bei einer Bauplatzerklärung eine Aufschließungsabgabe vorgeschrieben und bei der Berechnung

- kein oder

- ein niedrigerer Bauklassenkoeffizient angewendet wurde als jener, der der im Bebauungsplan nunmehr höchstzulässigen Bauklasse oder Gebäudehöhe entspricht. Im Baulandbereich ohne Bebauungsplan ist ein Bauklassenkoeffizient von mindestens 1,25 zu berücksichtigen, sofern nicht eine Höhe eines Gebäudes bewilligt wird oder zulässig ist, die einer höheren Bauklasse entspricht als der Bauklasse II.

Die Höhe dieser Ergänzungsabgabe wird wie folgt berechnet:

Von dem zur Zeit der Baubewilligung (§ 23) anzuwendenden Bauklassenkoeffizienten wird der bei der Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages bzw. der Aufschließungsabgabe oder der Ergänzungsabgabe angewendete Bauklassenkoeffizient – mindestens jedoch 1 – abgezogen und die Differenz mit der Berechnungslänge und dem zur Zeit der Baubewilligung geltenden Einheitssatz multipliziert: BKK alt = 1 oder höher

EA = (BKK neu – BKK alt) x BL x ES neu

(4) Die Ergänzungsabgabe ist eine ausschließliche Gemeindeabgabe nach § 6 Abs. 1 Z 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl.Nr. 45/1948 in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012. Für die Ergänzungsabgabe gelten die Bestimmungen des § 38 Abs. 4 bis 6 und 9 sinngemäß. Falls bisher kein Aufschließungsbeitrag und keine Aufschließungsabgabe eingehoben wurde, gilt auch § 38 Abs. 7 sinngemäß. Wenn eine Ergänzungsabgabe nach Abs. 1 für Bauplätze im Baulandbereich ohne Bebauungsplan vorzuschreiben ist, beträgt der Bauklassenkoeffizient mindestens 1,25, sofern auf den neugeformten Bauplätzen nicht Gebäude mit einer Höhe zulässig sind, die einer höheren Bauklasse entspricht als der Bauklasse II.

2.3. Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG:

Artikel 133.

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2.4. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3. Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Mit Schreiben vom 12. Februar 2018 stellte der Beschwerdeführer einen „Antrag auf Rückerstattung der anteiligen Aufschließungsgebühr“ somit auf Rückzahlung eines behaupteten Guthabens in Höhe von € 8.959,75.

Mit der angefochtenen Berufungsentscheidung wurde dieser Antrag in zweiter Instanz abgewiesen.

Gemäß § 239 Abs. 1 BAO kann auf Antrag des Abgabepflichtigen die Rückzahlung von Guthaben erfolgen.

Ein Guthaben entsteht erst dann, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe der Lastschriften übersteigt, wenn somit auf ein und demselben Abgabenkonto per Saldo ein Überschuss zu Gunsten des Abgabepflichtigen besteht (VwGH 28.2.2008, 2006/16/0129; 25.6.2009, 2007/16/0121).

Maßgebend hiebei sind die tatsächlich durchgeführten Buchungen, nicht diejenigen, die nach Ansicht des Abgabepflichtigen hätten durchgeführt werden müssen (VwGH 26.6.2003, 2002/16/0286-0289; 1.3.2007, 2005/15/0137; 25.2.2010, 2009/16/0311; 24.1.2013, 2012/16/0025).

Den Rückzahlungsanspruch hat derjenige Abgabenschuldner, der die Abgabe tatsächlich entrichtet hat oder in dessen Namen dieselbe entrichtet worden ist (VwGH 25.3.1994, 92/17/0136; 12.8.2002, 2001/17/0104).

Zahlungen aus Anlass der Aufschließung der verfahrensgegenständlichen Grundstücke wurden an die Abgabenbehörde zuletzt 1979 von den damaligen Eigentümern geleistet. Mit diesen Zahlungen wurde bescheidmäßig rechtskräftig festgesetzten Zahlungsverpflichtungen entsprochen.

Eine Rückzahlung allfälliger Überzahlungen hätte nur von denjenigen, die diese Zahlungen tatsächlich entrichtet haben, gemäß § 1478 ABGB binnen dreißig Jahren, gefordert werden können.

Dass vom Beschwerdeführer aus dem Titel einer Aufschließungsabgabe oder Ergänzungsabgabe Zahlungen an die Abgabenbehörde geleistet worden wären, wurde von ihm nicht behauptet und konnte auch nicht festgestellt werden.

Ein Guthaben auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers aus allfälligen die Summe der Lastschriften übersteigenden Zahlungen konnte dementsprechend überhaupt nicht entstehen, auch nicht in der behaupteten Höhe.

Für die Feststellung eines Guthabens aus Anlass der Zusammenlegung von Bauplätzen enthält die NÖ Bauordnung 2014 keine Rechtsgrundlage.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Rechtslage nach der NÖ Bauordnung 1976 dargetan (vgl. VwGH 30.1.1992, 88/17/0144), dass die Abgabepflicht für eine Aufschließungsabgabe nicht notwendigerweise von der Erbringung der Aufschließungsarbeiten durch die Gemeinde in Hinsicht auf das jeweilige Grundstück abhängig ist. Zwar seien die nach § 14 Abs. 7 der NÖ Bauordnung 1976 als Aufschließungsbeiträge bezeichneten Gemeindeabgaben im Rahmen des Haushaltes der Gemeinde zweckgebunden, müssten aber keineswegs dem betreffenden Grundstück zu Gute kommen. Die Verpflichtung zur Erbringung von Aufschließungsbeiträgen sei grundsätzlich von der tatsächlichen Durchführung der Aufschließung unabhängig.

Im Hinblick auf die unveränderte Rechtsnatur dieser Abgabe ist diese Rechtsprechung auch im Falle der Anwendung der NÖ Bauordnung 2013 weiterhin einschlägig.

Dem Gesetz ist eine Verpflichtung zur Rückzahlung der Aufschließungsabgabe nicht zu entnehmen (VwGH 28.4.2003, 2003/17/0026).

Das Fehlen einer diesbezüglichen gesetzlichen Regelung ist auch verfassungsrechtlich nicht bedenklich (VfGH 11.12.2002, B 1690/02).

Mangels Bestehen des vom Beschwerdeführer behaupteten Guthabens war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs. 1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

3.2. Zu Spruchpunkt 2 – Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Aufschließungsabgabe; Ergänzungsabgabe; Guthaben; Rückzahlung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1135.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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