TE Vwgh Erkenntnis 2008/2/28 2006/16/0129

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.02.2008
beobachten
merken

Index

L34009 Abgabenordnung Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
BAO §201;
BAO §215;
BAO §216;
BAO §239 Abs1;
BAO §289;
BAO §92;
LAO Wr 1962 §149;
LAO Wr 1962 §162;
LAO Wr 1962 §163;
LAO Wr 1962 §185 Abs1;
LAO Wr 1962 §224;
LAO Wr 1962 §66;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des MS in W, vertreten durch die Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 10, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 26. Juni 2006, Zl. ABK - 50/06, betreffend Getränkesteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Zurückweisung des Rückzahlungsantrages hinsichtlich der Jahre 1995 bis 1997 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Soweit der angefochtene Bescheid die Abweisung des Rückzahlungsantrages hinsichtlich des Jahres 2000 betrifft, wird er wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 8. Mai 1998 beantragte der Beschwerdeführer, der ein Kaffeehaus betreibt, "je einen Feststellungsbescheid für das Jahr 1995, das Jahr 1996 und das Jahr 1997 zu erlassen, aus denen hervorgeht, wie viel wir im jeweiligen Jahr unter dieser Steuernummer an Getränkesteuer auf Grund der eingereichten Getränkesteuererklärungen und damit übereinstimmenden Getränkesteuerzahlungen zu entrichten hatten". Sein rechtliches Interesse liege darin, dass der Beschwerdeführer "durch Ergreifen der dazu notwendigen Rechtsbehelfe geprüft" haben wolle, ob seine "angebliche Getränkesteuerpflicht" mit der Richtlinie 92/12/EWG bzw. mit der 6. Umsatzsteuer-Richtlinie konform sei.

Mit Spruchpunkt I. des Bescheides vom 2. Oktober 2001 setzte die Abgabenbehörde erster Instanz für den Beschwerdeführer Getränkesteuer für alkoholfreie Getränke und Speiseeis für die Jahre 1995 bis 1999 fest. Mit Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde "gemäß § 185 Abs. 3 zweiter Satz WAO für überwälzte und bisher nicht entrichtete Getränkesteuer betreffend den Zeitraum 2000 ein Betrag von 5.347,40 ATS … zur Zahlung vorgeschrieben".

Begründend wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, die Höhe der nunmehr festgesetzten Getränkesteuer für Speiseeis und alkoholfreie Getränke stehe auf Grund des ziffernmäßig nicht bestrittenen Ergebnisses einer Revision fest. Bei amtlichen Erhebungen sei festgestellt worden, dass die jeweiligen Verkaufspreise Inklusivpreise einschließlich Getränkesteuer gewesen seien. Da somit vom Konsumenten für das (alkoholische) Getränk ein Preis verlangt worden sei, der neben dem Entgelt die Getränkesteuer beinhaltet habe, stehe fest, dass die Getränkesteuer wirtschaftlich von einem anderen als dem Abgabepflichtigen getragen worden sei. Zu Spruchpunkt II. führte die Abgabenbehörde erster Instanz aus, die überwälzte Abgabe bezüglich alkoholischer Getränke sei nicht entrichtet worden und daher gesondert vorzuschreiben gewesen.

Diesem Bescheid angeheftet findet sich eine Tabelle mit der Überschrift "Berechnung der Einforderung", in welcher für die Jahre 1995 bis 2000 die Getränkesteuer getrennt für alkoholfreie Getränke bzw. Speiseeis und alkoholische Getränke sowie die diesbezüglichen Zahlungen auf dem Abgabenkonto ausgewiesen wurden.

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2001 erhob der Beschwerdeführer dagegen Berufung.

Ebenfalls mit einem Schreiben vom 23. Oktober 2001 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Rückzahlung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke für die Jahre 1995 bis 2000.

Mit Bescheid vom 12. November 2001 wurde der Rückzahlungsantrag vom 23. Oktober 2001 mit der Begründung abgewiesen, dass die Getränkesteuer wirtschaftlich von einem anderen als dem Abgabepflichtigen getragen worden sei.

Mit Spruchpunkt A. ("Berufungsvorentscheidung") des Bescheides vom 11. November 2004 änderte die Abgabenbehörde erster Instanz auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers vom 23. Oktober 2001 den Spruch des Bescheides vom 2. Oktober 2001 (unter gleichzeitiger Behebung seines Spruchpunktes II.) dahingehend ab, dass zunächst die Bemessungsgrundlagen (aufgeschlüsselt nach alkoholischen Getränken, alkoholfreien Getränken und Speiseeis) der Jahre 1995 bis 1999 dargestellt wurden, wobei jene für alkoholische Getränke der Jahre 1995 bis 1997 mit Null ausgewiesen wurden. Anschließend wurde die Getränkesteuer für die genannten Jahre jeweils in einem Betrage festgesetzt.

Mit Spruchpunkt B. ("Bescheid") des Bescheides vom 11. November 2004 wurde - wieder nach Darstellung der Bemessungsgrundlagen für alkoholische Getränke, für alkoholfreie Getränke und Speiseeis - die Getränkesteuer für das Jahr 2000 mit EUR 8.481,86 festgesetzt. Dabei wurde die Bemessungsgrundlage betreffend alkoholische Getränke (Steuersatz 10 %) mit EUR 2.642,38 festgestellt, sodass hierauf ein Abgabenbetrag von EUR 264,24 entfällt.

Begründend wurde ausgeführt, mit Antrag vom 8. Mai 1998 sei nur für die Jahre 1995 bis 1997 ein rechtzeitiger Rechtsbehelf eingebracht worden. Für 1998 und 1999 sei erstmals ein Rechtsbehelf anlässlich der Revision am 26. April 2000, somit nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 9. März 2000, eingebracht worden, weshalb die Getränkesteuer für diese Jahre auch für alkoholische Getränke vorzuschreiben gewesen sei. Nachdem die Getränkesteuer mangels rechtzeitigen Rechtsbehelfs für den Monat Jänner 2000 zur Gänze festzusetzen gewesen sei (siehe Spruchpunkt B), habe die noch nicht entrichtete Abgabe für alkoholische Getränke für dieses Jahr auch nicht gesondert vorgeschrieben werden müssen, weshalb der Bescheid vom 2. Oktober 2001 hinsichtlich seines Spruchpunktes II. zu beheben gewesen sei.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2004 stellte der Beschwerdeführer hinsichtlich der Berufungsvorentscheidung (Spruchpunkt A. des Bescheides vom 11. November 2004) einen Vorlageantrag. Im selben Schreiben stellte er hinsichtlich der Getränkesteuer für alkoholische Getränke der Jahre 1995 bis 1997 einen Rückzahlungsantrag, in welchem er ausführte:

"Sollte es der Abgabenbehörde nicht bereits auf Grund des vom Berufungswerber am 8. 5. 1998 eingebrachten Rechtsbehelf möglich sein, die vom Berufungswerber für die Jahre 1995 bis 1997 entrichtete Getränkesteuer auf alkoholische Getränke …. an den Berufungswerber zurückzuzahlen, so stellt der Berufungswerber den nachstehenden Antrag auf Rückzahlung der vom Berufungswerber für die Jahre 1995 bis 1997 entrichteten Steuer auf alkoholische Getränke."

     Weiters erhob der Beschwerdeführer im selben Schreiben

Berufung gegen die Abgabenfestsetzung für das Jahr 2000 und

stellte den Antrag, "dass für die Monate ab Februar 2000 keine

Getränkesteuer auf alkoholische Getränke festgesetzt, die ... für

diesen Zeitraum bereits entrichtete Getränkesteuer auf

alkoholische Getränke dem Abgabenkonto ... gutgeschrieben und der

Betrag ... rückerstattet wird".

Mit Bescheid vom 14. Jänner 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 20. Dezember 2004 "auf Rückzahlung der Getränkesteuer für die Jahre 1995, 1996, 1997 und 2000" wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, die Abgabenbehörde erster Instanz habe bereits mit Bescheid vom 12. November 2001 den Antrag vom 23. Oktober 2001 auf Rückzahlung der Getränkesteuer für die Jahre 1995 bis 2000 abgewiesen. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen.

Mit Schreiben vom 10. Februar 2005 erhob der Beschwerdeführer gegen den Zurückweisungsbescheid vom 14. Jänner 2005 Berufung und begründete dies damit, dass es sich beim Rückzahlungsantrag vom 20. Dezember 2004 lediglich um einen Eventualantrag für den Fall gehandelt habe, dass die Abgabenbehörde nicht bereits auf Grund des vom Beschwerdeführer am 8. Mai 1998 eingebrachten Rechtsbehelfs über die Rückzahlung der Getränkesteuer für die Jahre 1995 bis 1997 entscheiden könne. Es hätte zunächst über den Primärantrag abgesprochen werden müssen und erst nach dessen Abweisung über den Eventualantrag. Überdies liege keine entschiedene Sache vor, weil mit Berufungsvorentscheidung vom 11. November 2004 die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke für die Jahre 1995 bis 2000 ziffernmäßig neu festgesetzt worden sei. Somit sei eine für die Entscheidung maßgebende Änderung der Umstände eingetreten. Die Zurückweisung des Rückzahlungsantrages vom 20. Dezember 2004 sei rechtswidrig, weil keine entschiedene Sache vorliege.

In Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers vom 23. Oktober 2001 wurde mit Berufungsentscheidung vom 25. Februar 2005 der Spruch des Bescheides vom 2. Oktober 2001 zusammengefasst dahingehend geändert, dass zunächst die Bemessungsgrundlagen (aufgeschlüsselt nach alkoholischen Getränken, alkoholfreien Getränken und Speiseeis) der Jahre 1995 bis 2000 dargestellt wurden, wobei jene für alkoholische Getränke der Jahre 1995 bis 1997 mit Null ausgewiesen wurden. Anschließend wurde die Getränkesteuer für die genannten Jahre jeweils in einem Betrag festgesetzt.

Nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung wurde mit dem angefochtenen Bescheid über die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid vom 14. Jänner 2005 entschieden und der erstinstanzliche Bescheid insofern abgeändert, als sein Spruch wie folgt zu lauten habe:

"Der Antrag des (Beschwerdeführers) vom 20. Dezember 2004 auf Rückzahlung der Getränkesteuer wird, soweit er sich auf die Jahre 1995 bis 1997 bezieht, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen; soweit sich derselbe Antrag auf das Jahr 2000 bezieht, wird er gemäß § 185 Abs. 1 der Wiener Abgabenordnung - WAO ... abgewiesen."

Begründend wurde ausgeführt, mit Bescheid vom 12. November 2001 sei der Rückzahlungsantrag vom 23. Oktober 2001 für die Jahre 1995 bis 2000 (rechtskräftig) abgewiesen worden. Mit Ansuchen vom 20. Dezember 2004 habe der Beschwerdeführer für die Jahre 1995 bis 1997 und 2000 einen weiteren Rückzahlungsantrag gestellt, welcher mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 14. Jänner 2005 zurückgewiesen worden sei.

Zum Vorbringen, dass es sich bei dem Ansuchen vom 20. Dezember 2004 lediglich um einen Eventualantrag gehandelt habe und die Abgabenbehörde über diesen erst nach Abweisung des Primärantrages vom 8. Mai 1998 hätte entscheiden dürfen, sei festzustellen, dass letztgenannter Antrag ausschließlich die Erlassung eines Feststellungsbescheides betreffend die Jahre 1995 bis 1997 zum Gegenstand gehabt habe. In diesem Sinne habe die Abgabenbehörde erster Instanz den Bescheid vom 2. Oktober 2001 (Spruchpunkt I.) erlassen. Der Antrag vom 23. Oktober 2001 sei der erste Rückzahlungsantrag des Beschwerdeführers, der (überdies) nicht als Eventualantrag zu qualifizieren sei, gewesen. Über diesen sei mit Bescheid vom 12. November 2001 abgesprochen worden. Zum Vorbringen, mit Berufungsvorentscheidung vom 11. November 2004 habe die Abgabenbehörde die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke für die Jahre 1995 bis 2000 ziffernmäßig neu festgesetzt und es sei somit eine für die Entscheidung maßgebende Änderung der Umstände eingetreten, werde ausgeführt, dass bereits mit Bescheid vom 2. Oktober 2001 (Spruchpunkt I.) die Getränkesteuer für alkoholfreie Getränke und Speiseeis für die Jahre 1995 bis 1997 festgesetzt worden sei. Diese Abgabenfestsetzung für die genannten Jahre finde sich in der Berufungsvorentscheidung vom 11. November 2004 wieder. Daraus ergebe sich aber, dass zum Zeitpunkt des neuerlichen Rückzahlungsantrages vom 20. Dezember 2004 hinsichtlich der Jahre 1995 bis 1997 keine Änderung der Entscheidungsgrundlage eingetreten sei und daher Identität der Sache vorliege.

Richtig zu stellen sei allerdings gewesen, dass sich durch den erstinstanzlichen Bescheid vom 11. November 2004 eine Änderung der Entscheidungsgrundlage für das Jahr 2000 ergeben habe und daher der Rückzahlungsanspruch für dieses Jahr neu zu beurteilen gewesen sei. Da die Getränkesteuer für das Jahr 2000 mit Bescheid vom 11. November 2004, bestätigt mit Berufungsentscheidung vom 25. Februar 2005, rechtmäßig festgesetzt worden sei, könne im Umfang dieser Festsetzung kein Guthaben bestehen, zumal auch keine diese Festsetzung übersteigenden Zahlungen erfolgt seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "Recht auf Entscheidung über den Rückzahlungsantrag des Beschwerdeführers in der Sache und in seinem Recht auf Rückzahlung der Getränkesteuer" verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wenn die Abgabenvorschriften die Selbstbemessung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, gilt nach § 149 Abs. 1 WAO die Abgabe durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstbemessung als festgesetzt. Nach Abs. 2 leg. cit. hat die Abgabenbehörde die Abgabe mit Bescheid festzusetzen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung der Erklärung unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstbemessung als unrichtig erweist. Von der bescheidmäßigen Festsetzung ist abzusehen, wenn der Abgabepflichtige nachträglich die Mängel behebt.

Soweit Guthaben des Abgabepflichtigen nicht zur Tilgung fälliger Schuldigkeiten zu verwenden sind, sind sie gemäß § 162 Abs. 2 WAO nach Maßgabe der Bestimmungen des § 185 WAO zurückzuzahlen.

Nach § 185 Abs. 1 WAO kann der Abgabepflichtige die Rückzahlung von Guthaben (§ 162 Abs. 2 WAO) beantragen. Die Rückzahlung kann auch von Amts wegen erfolgen.

Ein Guthaben entsteht erst dann, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe der Lastschriften übersteigt, wenn somit auf ein und demselben Abgabenkonto per Saldo ein Überschuss zu Gunsten des Abgabepflichtigen besteht (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2006, Zl. 2005/16/0112, mwN).

Ein Rückzahlungsanspruch steht gemäß § 185 Abs. 3 WAO insoweit nicht zu, als die Abgabe wirtschaftlich von einem Anderen als dem Abgabepflichtigen getragen wurde; insoweit führt die Herabsetzung der Abgabenfestsetzung durch Selbstbemessung oder Abgabenbescheid auch nicht zu einer Gutschrift. Soweit eine derart überwälzte Abgabe noch nicht entrichtet wurde, hat die Abgabenbehörde diese mit gesondertem Bescheid vorzuschreiben.

Die Einreichung der Erklärung betreffend eine Selbstbemessungsabgabe bewirkt kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung die Festsetzung der Abgabe. Damit verbinden sich dieselben Rechtswirkungen wie mit einer bescheidmäßigen Festsetzung. Die "Quasirechtskraft" einer solchen Festsetzung durch Erklärung wird allerdings durch die bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe, wie sie in den Fällen des § 149 Abs. 2 WAO vorgesehen ist, wieder durchbrochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/16/0150, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass dann, wenn nach der bei Selbstbemessungsabgaben durch die Einreichung der Steuererklärung bewirkten Festsetzung der Abgabe (wozu es keines Bescheides bedarf) der Abgabepflichtige einen Antrag auf Rückerstattung stellt, der mit einer Unrichtigkeit der Selbstbemessung begründet wird, dieser Antrag zunächst als solcher auf bescheidmäßige Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe zu werten und zunächst bescheidmäßig über die Abgabenfestsetzung und erst anschließend über das Rückzahlungsbegehren zu entscheiden ist (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1996, Zl. 95/16/0238, und vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/16/0150, mwN).

Strittig ist im Beschwerdefall, ob der Rückzahlungsantrag des Beschwerdeführers vom 20. Dezember 2004 zu Recht hinsichtlich der Jahre 1995 bis 1997 zurückgewiesen und hinsichtlich des Jahres 2000 abgewiesen wurde.

Zurückweisung des Rückzahlungsantrages betreffend die Jahre 1995 bis 1997

Der Beschwerdeführer vertritt auch in seiner Beschwerde die Ansicht, die belangte Behörde hätte nicht vor der Erledigung seines Antrages vom 8. Mai 1998 (als Rückzahlungsantrag) über den Rückzahlungsantrag vom 20. Dezember 2004 entscheiden dürfen, weil es sich bei letzterem lediglich um einen Eventualantrag gehandelt habe.

Maßgebend für die Wirksamkeit einer Prozesserklärung ist das Erklärte, nicht das Gewollte. Allerdings ist das Erklärte der Auslegung zugänglich. Parteienerklärungen im Verwaltungsverfahren sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, d. h. es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss (vgl. die bei Ritz, BAO3, Tz 1 zu § 85 zitierte hg. Rechtsprechung).

Dem Antrag des Beschwerdeführers vom 8. Mai 1998 kann seinem Wortlaut nach kein Begehren auf Rückzahlung von Getränkesteuer entnommen werden. Vielmehr ist der genannte Antrag ausschließlich auf eine abgabenbehördliche Feststellung (richtig wohl: Festsetzung) der Getränkesteuer für 1995 bis 1997 unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts gerichtet, um damit die vorangegangene Abgabenfestsetzung durch Selbstbemessung zu korrigieren.

Aus dem Wortlaut des Antrages vom 20. Dezember 2004 ("Sollte es der Abgabenbehörde nicht bereits auf Grund des vom Berufungswerber am 8. 5. 1998 eingebrachten Rechtsbehelfs möglich sei(n), die vom Berufungswerber für die Jahre 1995 bis 1997 entrichtete Getränkesteuer auf alkoholische Getränke … an den Berufungswerber zurückzahlen") ergibt sich, dass es sich dabei nicht um einen verfahrensrechtlich zulässigen Eventualantrag handelt, der für den Fall der abweislichen Erledigung eines Primärantrages gestellt wird, sondern um einen Sachantrag, der unter einer Bedingung gestellt wurde. Bedingte Erklärungen sind jedoch unzulässig (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2574f, sowie das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2003, Zl. 2003/16/0030, mwN).

Ein Anbringen ist zurückzuweisen, wenn es unzulässig ist (vgl. Ritz, BAO3, § 311 BAO, Tz 10, und die dort zitierte hg. Rechtsprechung). Daraus ergibt sich, dass die Abgabenbehörde erster Instanz den Rückzahlungsantrag vom 20. Dezember 2004 zu Recht zurückgewiesen hat. Allerdings erfolgte diese Zurückweisung - sowohl nach dem Spruch als auch nach der Begründung des Bescheides vom 14. Jänner 2005 - aus dem Grunde der entschiedenen Sache.

Dass sich aus dem von der Behörde zum Anlass für die Zurückweisung eines Antrages genommenen rechtlichen Grund unterschiedliche Rechtsfolgen für die Partei ergeben können, die zur Folge haben, dass die Partei durch eine verfehlte Wahl des rechtlichen Zurückweisungsgrundes durch die Behörde in ihrer Rechtsstellung verletzt wird, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits (insbesondere im Zusammenhang mit Berufungsverfahren) wiederholt ausgesprochen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. September 2000, Zl. 2000/07/0102, mwN, und vom 9. Dezember 2004, Zl. 2000/14/0197).

Die Zurückweisung eines Antrages wegen entschiedener Sache ist ihrem normativen Gehalt nach nicht einer Zurückweisung des Antrages wegen Unzulässigkeit als bedingte Prozesshandlung gleichzuhalten. Auf Grund der erstgenannten Zurückweisung stünde nämlich fest, dass bereits eine Entscheidung bei gleicher Sach- und Rechtslage ergangen wäre. Dadurch wäre aber der Beschwerdeführer - anders als bei der zweitgenannten Zurückweisung - an einer neuerlichen Antragstellung (in Form einer unbedingten Prozesserklärung) gehindert, sodass die verfehlte Wahl des Zurückweisungsgrundes den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hätte.

Es ist daher zunächst zu beurteilen, ob die Abgabenbehörde sich bei der Wahl des Zurückweisungsgrundes vergriffen hat. Es ist nämlich nicht denkunmöglich, eine Zurückweisung auf zwei oder mehrere zutreffende Gründe zu stützen. Daher ist zu prüfen, ob dem neuerlichen Rückzahlungsantrag vom 20. Dezember 2004 tatsächlich das Hindernis der durch den Bescheid vom 12. November 2001 bereits entschiedenen Sache (res iudicata) entgegengestanden ist.

Auch im Abgabenverfahren sind neuerliche (wiederholte) Anträge, denen die materielle Rechtskraft einer bereits vorliegenden Entscheidung entgegensteht, unzulässig (sog. Wiederholungsverbot; vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 944). Dabei kommt es darauf an, ob die bereits entschiedene Sache ident mit jener ist, deren Entscheidung im Wege des neuerlichen Antrages begehrt wird. Abgesehen von der Identität des Begehrens und der Partei(en) muss Identität des anspruchserzeugenden Sachverhaltes gegeben sein, damit das Verfahrenshindernis der res iudicata vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1997, Zl. 97/16/0024, mwN).

Gemäß § 185 Abs. 1 WAO kann die Rückzahlung von Guthaben (§ 162 Abs. 2) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.

Ein Guthaben entsteht erst dann, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe der Lastschriften übersteigt, wenn somit auf ein und demselben Abgabenkonto per Saldo ein Überschuss zu Gunsten des Abgabepflichtigen besteht. Maßgebend hiebei sind die tatsächlich durchgeführten Buchungen, nicht diejenigen, die nach Ansicht des Abgabepflichtigen hätten durchgeführt werden müssen. Die Frage der Rechtmäßigkeit von Buchungen ist nicht im Rückzahlungsverfahren, sondern auf Antrag des Abgabepflichtigen im Abrechnungsbescheidverfahren (§ 163 WAO) zu klären. Erst nach Verwendung gemäß § 162 Abs. 1 WAO verbleibende Guthaben sind auf Antrag oder von Amts wegen rückzahlbar (vgl. z.B. das zur BAO ergangene hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1999, Zl. 99/16/0115).

Der Beschwerdeführer hat mit Antrag vom 23. Oktober 2001 - nach der Aktenlage - erstmals die Rückzahlung der Getränkesteuer für alkoholische Getränke (sowohl der Jahre 1995 bis 1997 als auch 1998 bis 2000) begehrt. Die Abgabenbehörde hätte - so nicht bereits eine solche vorgelegen wäre - die bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer für alkoholische Getränke für die Jahre 1995 bis 2000 vornehmen und anschließend über den Rückzahlungsantrag entscheiden und dabei aussprechen müssen, ob ein rückzahlbares Guthaben vorliegt oder nicht.

Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, dass im Zeitpunkt des ersten Rückzahlungsantrages vom 23. Oktober 2001 bereits mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 2. Oktober 2001 eine Abgabenfestsetzung vorgelegen sei.

Aus dem eindeutigen Wortlaut des Spruches des Abgabenbescheides vom 2. Oktober 2001 ergibt sich jedoch, dass mit diesem Bescheid hinsichtlich der strittigen Jahre 1995 bis 1997 die Getränkesteuer (ausschließlich) für alkoholfreie Getränke und Speiseeis festgesetzt wurde. Über die Getränkesteuer für alkoholische Getränke für diese Jahre enthält dieser Bescheid keinen Abspruch und damit auch keine Nullfestsetzung. Auch der bloße Hinweis in der Begründung zum Spruchpunkt I. auf den Preis für "das (alkoholische) Getränk", der die Getränkesteuer enthalten habe, erlaubt es nicht, den Wortlaut des Spruches dahingehend zu deuten, dass damit die Getränkesteuer für alkoholische Getränke für den genannten Zeitraum mit Null festgesetzt worden sei. Auch der Umstand, dass es rechtswidrig gewesen wäre, hätte die Abgabenbehörde über die Getränkesteuer für alkoholische Getränke in einem gesonderten Bescheid abgesprochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2007, Zl. 2006/16/0183), steht dieser Beurteilung angesichts des eindeutigen Wortlauts des Spruchpunktes I. nicht entgegen. Entgegen der Auffassung der belangte Behörde ist es in diesem Zusammenhang auch unerheblich, dass sich aus der Berufungsvorentscheidung vom 11. November 2004 bzw. der Berufungsentscheidung vom 25. Februar 2005 für die Jahre 1995 bis 1997 - wegen der Nullfestsetzung für alkoholische Getränke - insgesamt keine höheren Abgabenbeträge ergaben, sind doch zur Deutung des Spruches eines Bescheides nachfolgende Bescheide nicht heranzuziehen. Dazu kommt, dass dem Bescheid vom 2. Oktober 2001 eine Tabelle mit der Überschrift "Berechnung der Einforderung" beigeheftet war, aus welcher für die genannten Jahre sehr wohl Getränkesteuer für alkoholische Getränke ausgewiesen wird. Dass auch die Abgabenbehörde erster Instanz und die belangte Behörde den Umstand der fehlenden Abgabenfestsetzung erkannten, ergibt sich aus den Abänderungen des genannten Bescheides durch die Berufungsvorentscheidung vom 11. November 2004 und durch die Berufungsentscheidung vom 2. Oktober 2004, durch welche die Getränkesteuer für alkoholische Getränke jeweils erstmals mit Null festgesetzt wurde.

Der Rückzahlungsantrag vom 23. Oktober 2001 war ausschließlich auf die Rückzahlung der Getränkesteuer für alkoholische Getränke der Jahre 1995 bis 1997 gerichtet, die somit zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht bescheidmäßig festgesetzt war. Die Abweisung dieses Antrages mit Bescheid vom 12. November 2001 erfolgte daher - rechtswidrigerweise - ohne vorherige Abgabenfestsetzung und erwuchs mangels Berufung in Rechtskraft. Über das Vorliegen eines Guthabens enthält dieser Bescheid keinen Abspruch. Lediglich in seiner Begründung wird ausgeführt, dass die Abgabe wirtschaftlich von einem anderen getragen wurde. Daraus allein kann aber noch nicht geschlossen werden, dass auf dem Abgabenkonto kein rückzahlbarer Saldo zu Gunsten des Abgabepflichtigen besteht.

Die bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer für alkoholische Getränke für die Jahre 1995 bis 1997 erfolgte erstmals mit Berufungsvorentscheidung vom 11. November 2004, somit drei Jahre nach dem ersten Rückzahlungsantrag des Beschwerdeführers und dessen Abweisung durch die Abgabenbehörde. Erst zu diesem Zeitpunkt wurden die durch Selbstbemessung festgesetzten Abgaben für alkoholische Getränke der Jahre 1995 bis 1997 durch die bescheidmäßigen Nullfestsetzungen ersetzt.

Bereits daraus ergibt sich aber, dass ab diesem Zeitpunkt von einer anderen Sachlage auszugehen ist, welche den Beschwerdeführer jedenfalls berechtigte, einen neuerlichen Antrag auf Rückzahlung der von ihm entrichteten Getränkesteuer für alkoholische Getränke zu stellen, über welchen die Abgabenbehörde hätte inhaltlich entscheiden müssen, wäre nicht der Rückzahlungsantrag aus anderen Gründen - wie im Beschwerdefall als unzulässige bedingte Prozesserklärung - zurückzuweisen gewesen.

Durch die verfehlte Wahl des Zurückweisungsgrundes wurde aber der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt.

Indem die belangte Behörde die Zurückweisung wegen entschiedener Sache der Abgabenbehörde erster Instanz (hinsichtlich der Jahre 1995 bis 1997) bestätigte, hat sie die Rechtslage verkannt und den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Abweisung des Rückzahlungsantrages betreffend das Jahr 2000

Der Rückzahlungsantrag (betreffend das Jahr 2000) wurde im Rahmen der Berufung vom 20. Dezember 2004 (gegen die Abgabenfestsetzung durch den Bescheid vom 11. November 2004) in Form einer unbedingten Prozesserklärung gestellt, sodass nicht von seiner Unzulässigkeit auszugehen ist.

Mit dem Bescheid vom 14. Jänner 2005 wurde u. a. dieser Antrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Gegen diese zurückweisende Entscheidung der Abgabenbehörde erster Instanz erhob der Beschwerdeführer Berufung.

"Sache" im Berufungsverfahren war somit allein die Frage, ob die Abgabenbehörde erster Instanz den Antrag auf Rückzahlung der Getränkesteuer zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat.

Die Berufungsbehörde darf in einem solchen Fall nur über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, nicht aber über den Inhalt des zurückgewiesenen Antrages entscheiden; der Berufungsbehörde ist es daher verwehrt, den erstinstanzlichen Bescheid in eine Sachentscheidung abzuändern, würde doch dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrages und damit der Partei eine Instanz genommen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 2. März 2006, Zl. 2005/15/0125, mwN).

Liegt der in erster Instanz angenommene Zurückweisungsgrund nicht vor, so hat die Berufungsbehörde den Zurückweisungsbescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die Abgabenbehörde erster Instanz über den Antrag unter Abstandnahme von dem zunächst gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Juli 1998, Zl. 98/20/0175).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde, der gemäß § 203 WAO die Entscheidung über Berufungen obliegt, jedoch den Spruch des Zurückweisungsbescheides insoweit abgeändert, als der Rückzahlungsantrag vom 20. Dezember 2004, soweit er sich auf das Jahr 2000 bezieht, abgewiesen wird. Damit wurde aber erstmals in der Sache des Rückzahlungsantrages für das Jahr 2000 abgesprochen, obwohl dies in die Zuständigkeit der Abgabenbehörde erster Instanz fällt.

Die (funktionelle) Unzuständigkeit der belangten Behörde war vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen wahrzunehmen.

Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er die Zurückweisung des Rückzahlungsantrages hinsichtlich der Jahre 1995 bis 1997 betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, soweit er die Abweisung des Rückzahlungsantrages hinsichtlich des Jahres 2000 betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. Februar 2008

Schlagworte

Verfahrensgrundsätze außerhalb des Anwendungsbereiches des AVG VwRallg10/2 Inhalt der Berufungsentscheidung Kassation Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2006160129.X00

Im RIS seit

16.04.2008

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten